William Shakespeare
Das Leben und der Tod des Königs Lear
William Shakespeare

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Achter Auftritt.

Ein Edelmann, und sein Begleit.

Edelmann. O hier ist er, legt Hand an ihn. Mylord, eure theureste Tochter – –

Lear. Keinen Entsaz? wie, ein Gefangener? Ich bin recht dazu gebohren, der Narr des Glüks zu seyn. Begegnet mir wohl, ihr sollt Lösegeld haben. Laßt mir Wundärzte kommen, ich bin bis ins Gehirn gehauen worden.

Edelmann. Ihr sollt alles haben – –

Lear. Keine Helfer? Bin ichs allein? Wie, das könnte aus einem Mann einen Mann von Salz machen, der seine Augen für Garten-Sprengkrüge brauchte, den Staub des Herbstes zu legen. Ich will wie ein tapfrer Mann sterben, wie ein schmuker Bräutigam. Was? Ich will jovialisch seyn; Kommt, kommt, ich bin ein König. Meine Herren, Wissen Sie das?

Edelmann. Ihr seyd ein König, und wir gehorchen euch.

Lear. So schenk ich euch das Leben. Kommt, wenn ihr es davon tragen wollt, so müßt ihr lauffen. Sa, sa, sa, sa.

(Er geht ab.)

Edelmann. Ein Anblik der an dem niedrigsten Menschen erbärmlich, aber an einem König über allen Ausdruk ist. Du hast eine Tochter, welche die Natur von dem allgemeinen Fluch befreyt, den zwo über sie gebracht haben.

Edgar. Heil euch, mein edler Herr.

Edelmann. Sir, macht es kurz; was ist euer Begehren?

Edgar. Hörtet ihr etwas von einem bevorstehenden Treffen, Sir?

Edelmann. Das ist etwas unfehlbares, und landkündiges; das hört jedermann, der einen Ton hören kan.

Edgar. Aber mit eurer Erlaubniß, wie nähert sich die feindliche Armee?

Edelmann. Sehr eilfertig; der völlige Bericht wird jede Stunde erwartet.

Edgar. Ich danke euch, Sir; das ist alles, was ich wollte.

Edelmann. Ob die Königin gleich einer besondern Ursache wegen hier, so ist ihre Armee doch vorgerükt.

(Geht ab.)

Edgar. Ich danke euch, Sir.

Gloster. Ihr allgütigen Götter, nehmt meinen Athem von mir; laßt meine böse Seele mich nicht noch einmal versuchen, zu sterben eh es euch gefällt.

Edgar. Ihr betet recht, Vater.

Gloster. Nun, guter Sir, wer seyd ihr?

Edgar. Ein sehr armer Mann, zu den Streichen des Glüks zahm gemacht, den die Kenntniß und das Gefühl aller Arten von Elend gegen andre mitleidig macht.

Gloster. Herzlicher Dank! die Güte und der Segen des Himmels vergelt es dir – –


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