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Einundzwanzigstes Kapitel

Das purpurne Zelt

»Es scheint, daß mit dem einbrechenden Frühling nicht nur Strauch und Baum, sondern auch unsere Hoffnung neu ergrünen solle. Wenigstens mochte ich es gern glauben. Aber freilich ist ein erhöhter Schein von Hoffnung meist nichts anderes, als jenes laute triumphierende Goldlicht am Rand des Abgrunds, wo der selbstmörderische Tag in die Nacht versinkt.«

Am Sonntag Invokavit war es, am zweiten Tag des Monats Martii, daß mich der Kanzler von Armagnac in dem Gewölbe des Archivs, wohin ich ihm gefolgt war, mit den obigen Worten anredete. Und dann erfuhr ich von ihm die große Neuigkeit.

»Habt Ihr einmal kürzlich«, fragte Meister Gratian, »auf dem Uhrturm durch das von Don Palamedes geschliffene Glas nach dem königlichen Feldlager hinausgeblickt, wie es sich hinter den aufgeworfenen Wällen und Laufgräben, Pallisaden, Batterien und Wagenburgen über die Talebene hin erstreckt, Zelt an Zelt gleich einer weißen Stadt, bis zu den Weinbergen, die zu den Höhen von Miradour und Astaffort hinaufsteigen?«

Ich hatte es natürlich nicht getan, denn ich würde mich der Sünde gefürchtet haben, ein Instrument aus den Händen des Herrn Palamedes auch nur mit den Fingerspitzen zu berühren. Das letztere verschwieg ich aber; der in diesen Dingen ungläubige Schreibersmann würde mir seinen Spott nicht geschenkt haben.

»Ihr habt es nicht getan, Pater Desiderius?« fuhr er fort. »Nun, Ihr seid ein Mönch, und die geringe Neugier in weltlichen Dingen, sagt man, macht einem Mönch Ehre. Immerhin seid Ihr auch der Sohn eines Ritters und Kriegsmanns und so ehrt Ihr kaum Euren Vater mit Eurer mönchischen Gleichgültigkeit für kriegerische Dinge. Wenn Ihr es aber getan hättet, so würdet Ihr gesehen haben, daß sich inmitten der unzähligen Gezelte ein neues erhoben hat, viel umfänglicher und höher als alle andern und nicht aus weißer Leinwand, sondern aus purpurfarbenem Getuch, also daß es sich um so deutlicher aus den andern hervorhebt.«

Kurz, Meister Gratian Favre berichtete, seit vier Tagen werde jenes auffallende, purpurne Zelt gesehen und seit vorgestern wisse der Graf auch, wer dort eingezogen sei, nämlich kein Geringerer als Seine Eminenz Giovanni Godefredi Kardinal-Erzbischof von Alby, der dem Grafen im Namen des Königs Unterhandlung und günstige Bedingungen angeboten habe.

»So hat sich also unser guter Ludovicus rexmeinte der Kanzler, »trotz dem Verrat seines Kardinals Balue, doch wieder einen Kirchenfürsten als ersten Ratgeber herangezogen. Der Lutz hält es wohl in allen Dingen anders als seine geheiligten Vorgänger, aber in diesem Punkt wagt er es nicht, von ihnen abzuweichen. Dazu hat er viel zu viel Ehrfurcht oder sagen wir kurz Furcht vor dem Papst in Rom. Denn wahrhaftig, dieser römische Priester ist der einzige Mensch der ganzen Christenheit, auf den dieser König von Frankreich ernstlich Rücksicht nimmt. Und der Lutz nimmt doch nur Rücksicht, wo es ihm die Furcht gebietet. Ich möchte nur wissen, was er getan hat, um den Papst zu besänftigen wegen seines schnellen Verfahrens gegen den Verräter Balue. Er hat auch gewiß in seiner Seele gezittert, als er seinem Gevatter Tristan befohlen hat, einen Träger des Purpurs in den eisernen Käfig zu stecken.«

»Und ziemt es sich nicht,« sagte ich, »daß der älteste Sohn der Kirche zugleich ihr treuester und ergebenster sei?«

Meister Gratians gelblich bewimperte und gerötete Augen unter der brauenlosen Stirnwölbung nahmen ihren bekannten spöttischen Glanz an, und er murmelte unverständliche Worte in seinen fuchsroten, verzottelten Bart.

»Und auch das gehört bei dem Lutz dazu,« sprach er dann weiter, »daß der neue Günstling einem früheren Herrn untreu geworden ist. Da habt Ihr den Meister Commynes, ehemals der intimste Freund und Ratgeber Karls von Burgund, der ihn aus niedrigem Stand emporgehoben hat und ihn so wert und teuer hielt, daß er oft sogar das Bett mit ihm geteilt hat. Diesen Mann hat sich der Lutz gekauft, hat ihn zum Sire von Argenton und zum reichsten Mann des Königreichs gemacht und in niemand setzt er ein höheres Vertrauen als in diesen Abtrünnigen, diesen Verräter seines früheren Wohltäters. Und nicht anders steht es mit diesem Italiener Godfredi. Karl von Burgund hatte ihn seinerzeit zum Erzbischof von Arras erhoben und über und über mit Wohltaten überhäuft. Ich weiß nicht, wodurch er sich in den vlämischen Landen den Namen ›der Teufel von Arras‹ zugezogen hat. Aber dem Lutz scheint wohl dieser Name imponiert zu haben. Auch diesen Mann hat er sich gekauft und bedient sich seiner heut wie seiner rechten Hand ...«

Zu diesen Worten des Kanzlers muß ich eine Bemerkung machen. Obwohl sie abschweifend sind, habe ich sie doch unverkürzt wiedergegeben, weil Gott wollte, daß ihr grausamer Sinn schon in wenigen Tagen an dem Meister Gratian selber in Erfüllung gehen sollte. Der Kanzler hatte sich dessen, als er die obige Rede hielt, wohl nicht versehen, der Leser wird später an seine Worte zurückdenken.

Diese Andeutung mag für jetzt genügen und ich komme nun auf die Äußerungen des Kanzlers zurück über die auffallende Bereitwilligkeit des Königs zu unterhandeln.

»Unser Graf meint,« so sagte er, »die Gründe dieser Bereitwilligkeit sei einzig die Besorgnis des Königs um den gefangenen Eidam – und beglückwünscht sich darum jetzt erst recht zu dieser kostbaren Beute. Nach meinem Dafürhalten aber ist der Graf im Irrtum, und ich kann mich nicht genug wundern, daß unser Herr den Lutz auf einmal so wenig richtig beurteilt. Er könnte ihn wahrlich besser kennen. Dieser König macht sich aus seinem Eidam gar nichts. Er verachtet ihn. Ja, nur weil er nichts auf ihn hält, hat er ihn überhaupt zu seinem Schwiegersohn gemacht. Von jedem andern hätte er befürchtet, daß er ihm unbequem, wenn nicht gar gefährlich werden könne. Diesen Sire von Beaujeu darf er ungestraft als eine Null behandeln und so behandelt er ihn.«

Ich machte dagegen geltend, daß ja noch Herr Robert von Albret, Sire von Sainte Baseilhe, gefangen sei, der Bruder des Grafen von Astarac, und so möge von diesem der König zur Unterhandlung bestimmt worden sein. Aber Meister Gratian lachte mich aus.

»Bah,« sagte er, »der Lutz hat dem Grafen von Astarac für seine Dienste gewißlich schon die halbe Grafschaft Armagnac, wenn nicht die ganze zugesagt. lhr liebt es, seine Feldobersten königlich zu belohnen. Aber seine Politik läßt er sich von keinem vorschreiben. Und nie wird er um eines Menschen willen sich zu einem Schritt bringen lassen, den er nicht für eine politische Notwendigkeit hält. In diesem Punkt ist der Lutz mehr König als je einer. Seine Politik gilt ihm alles, die Menschen gelten ihm nichts. Seine Verachtung des Menschen, das ist ein echt königlicher Zug in ihm.«

Auf diese empörenden Worte wollte ich erwidern, aber der Kanzler ließ mich nicht zu Worte kommen.

»Wollt Ihr es noch einmal hören?« rief er ganz aufgebracht mit einem unheimlichen Funkeln aus seinen geröteten Augen. »In der Verachtung des Menschen, ja, darin ist der Lutz königlich. Nur Werkzeuge sind ihm die Menschen und wenn er sie für feine, sehr brauchbare Instrumente hält, läßt er es sich etwas kosten, trotz aller sonstigen Knickerei, und gibt viel Geld dafür her, und die er am teuersten bezahlt, mögen sich am meisten zusammennehmen vor ihm: er verachtet sie nicht weniger als die andern.«

Der Kanzler hatte sich außer Atem geredet, ich mochte seiner Hitzigkeit keinen Widerspruch entgegensetzen, es entstand eine Pause.

»Bei Gott,« sprach er darauf etwas ruhiger, »meine Auffassung ist allein die richtige. Und nun, Pater Desiderius, dieses Unglück, meinen Herrn nicht davon überzeugen zu können. Dieses Unglück, klar zu sehen und doch nicht nach seiner klaren Einsicht handeln zu können, handeln zu dürfen, vielleicht gar das Unheil mit verschulden zu müssen, weil uns wohl ein offener Blick gegeben ist, unsere Hände aber gebunden sind durch den Willen dessen, der unser Herr ist und den, ich weiß nicht was für eine grausame Gottheit mit Blindheit geschlagen hat.«

Ich mußte Meister Gratian daran erinnern, daß er mir von seiner persönlichen Auffassung, die er so unbedingt für die richtige hielt, gar nicht gesprochen hatte.

»Nun ja,« rief er aus, »aber versteht sie sich nicht ganz von selber? Sagt doch, mein frommer Vater, nicht wahr, wir sind von der Außenwelt abgeschnitten, wir wissen nicht, was vorgeht, leider. Aber wir können Schlüsse ziehen aus gegebenen Tatsachen. Eine solche Tatsache ist die Bereitwilligkeit des Königs, mit uns in Unterhandlung zu treten. Und was anders können wir daraus schließen, als daß ihn die Verhältnisse, sagen wir lieber, daß die Ereignisse – die wir nicht kennen – ihn dazu zwingen. Denn wie sollte er so hastig auf Unterhandlung dringen ohne den Zwang der Ereignisse, vielleicht sind die Engländer an der Küste von Guyenne gelandet. Franz von Bretagnen ist vielleicht vom Norden her in die Vendée eingedrungen. Oder König Eduard hat von seinem Calais aus sich der Stadt Rouen bemächtigt und marschiert auf Paris. Auch der Friede zwischen dem König und Karl von Burgund mag von neuem in die Brüche gegangen sein. Ist das nicht alles möglich, Vater?«

»Bei Gott ist nichts unmöglich,« antwortete ich.

»Bei Gott, bei Gott! – Auch beim Teufel,« rief der aufgeregte Kanzler. »Und seht, der Graf hält das alles für unmöglich, er glaubt nicht daran. Er glaubt nicht, das wird sein Verderben sein.«

Ich nickte unwillkürlich mit dem Kopf: »wie wahr Ihr sprecht.«

»Nicht das,« fast fauchend riefs der Kanzler, »nicht von seinem Glauben an das Evangelium und nicht von seinem ewigen Heil ist jetzt die Rede, sondern von seinem zeitlichen, das näher liegt.«

Diese gottlose Rede empörte mich.

»Wißt Ihr so genau,« fragte ich streng, »was näher liegt?«

Bei dieser Frage stutzte Meister Gratian.

»Ich habe Euch verletzt, Pater Desiderius, verzeiht,« sagte er besänftigend. »Aber das Schicksal unseres Herrn ließ mich nicht schlafen diese ganze Nacht, und nicht weil ich seine Lage für verzweifelt halte, sie erscheint mir vielmehr seit drei Tagen in einem günstigeren Licht als je, sondern ...«

Meister Gratian unterbrach sich.

»Seht,« begann er darauf wieder, »ich wollte in meiner Rede gegen Euch gar nicht so weit gehen. Es hat mich hingerissen wider meinen Willen, und nun muß ich Euch alles sagen. Ich fürchte um den Grafen. Er ist seltsam verändert. So, wie wenn ein anderer Geist in ihn gefahren wäre. Er hört kaum mehr auf die Stimme der nüchternen Vernunft, Er, dessen Geist ehemals so klar war und der so geradeaus ein Ziel verfolgte, wenn es noch so unmöglich schien, wenn die halbe Welt gegen ihn stand, er ist zaghaft geworden. Er hat nur noch einen Gedanken.«

Der Kanzler stockte – wie einer, der die Worte nicht findet oder den Faden verloren hat in seiner Rede.

»Kurz,« rief er unwillig, »es liegt ihm nur noch eines am Herzen, Frau Bertrade. Der sonst das Wort Mitleid nicht gekannt hatte, er steckt nun tief in dieser Schwäche. Sein eigenes Leben, ich weiß es nur zu genau, gilt ihm weniger als je, und er hätte für sich keinen höhern Wunsch, als dieses Leben, wenn es sein muß, auf den Mauern seines Kastells dem Feind so teuer als möglich zu verkaufen. Aber der Gedanke an Bertrade macht ihn feig. Er fühlt, daß er nicht den Mut fände, sie mit eigener Hand zu töten, und doch ist es für ihn eine noch viel grauenhaftere Vorstellung, sie in den Händen des Feindes zurückzulassen. Diese Vorstellung macht ihn nicht nur feige, sie benimmt ihm auch die Klarheit des Urteils, sonst könnte er unmöglich zögern, meiner Auffassung von der Notlage des Königs beizutreten und sich mit Festigkeit zu rüsten gegen den Mann im Purpurzelt. Auch diese Festigkeit fehlt ihm, ich fürchte, ich fürchte. Um sich meinen Gründen zu widersetzen, beruft er sich auf Palamedes. Aber Palamedes und die Sterne sind ihm nur ein Vorwand. Nur eins allein bestimmt noch sein Niesen: Seine Besorgtheit um die Herrin. Es klingt verächtlich, es auszusprechen, aber er ist so mit ihr wie eine Mutter mit ihrem Kinde.«

Wieder schwieg der Kanzler eine längere Weile, ein aufrichtiger tiefer Gram lag in seinen Zügen eingegraben.

»Er wird um ihretwillen in sein Verderben rennen,« hörte ich ihn dazwischen leise vor sich hinsagen, wie einer, der mit sich selber redet.

Dann legte er plötzlich seine Hand auf meinen Ärmel.

»Und denkt Euch, Pater,« sprach er von neuem; »man hat dem Grafen angeboten, sie in sichere Obhut bringen zu wollen, er hat aber das großmütige Anerbieten abgelehnt. Erinnert Ihr Euch noch des Herrn Gaston von St. Leu?«

Der ganze furchtbare Auftritt zwischen dem Grafen und jenem Jüngling, in dem nämlichen Archivgewölbe, wo wir uns befanden, wurde mir wie gegenwärtig bei dieser Frage des Kanzlers. Um so unglaublicher dünkte mich, was dieser nun erzählte.

Vor mehreren Tagen war ihm von einem alten Bettelweib in heimlicher Weise ein Brief überbracht worden; es war ein Schreiben des Herrn Gaston, der als Leutnant seines Vaters gegen uns im Lager stand und der sich in diesem Schreiben erbot, wenn der Graf diesen Dienst von ihm annehmen wolle, seine Base Bertrade persönlich aus der belagerten Stadt zu entführen und nach der Stadt Toulouse in das Kloster der Bernhardinerinnen zu seiner leiblichen Muhme, der dortigen Äbtissin, zu verbringen, mit der er sich schon vorher verständigt und die mit Freude bereit sei, die Herrin von Armagnac bei sich zu empfangen.

Die Ausführung seines Vorschlags dachte sich Herr Gaston so: Beim nächsten Neumond in lichtloser Nacht wollte er sich unter den lotrechten Felsen und Mauern des Kastells auf dem Fluß mit einem Kahn bereit halten, um Bertrade in Empfang zu nehmen, die man aus dem vorspringenden Söller des Nordturms in einem Weidenkorb hinunterlassen sollte. Da diese Seite der Festung, als unangreifbar, von den Belagerern kaum beachtet wurde, durfte das Unternehmen, wie Herr Gaston versicherte, für durchaus gefahrlos gelten.

»Auch nach meiner Ansicht«, so schloß der Kanzler seine Erzählung von diesem abenteuerlichen Brief, »war der Vorschlag vernünftig und leicht ausführbar.«

Diesmal kam an mich die Reihe des Ungeduldigwerdens.

»Und Ihr habt in der Tat dieses Anerbieten unserem Herrn vorgetragen,« fragte ich hastig und voll Begierde, über das Benehmen des Grafen dabei etwas zu erfahren.

»Wie ich Euch sagte,« antwortete Meister Gratian. »Der Herr Graf schien mir seltsam betroffen davon ...«

Nicht zu verwundern, sprach ich innerlich bei mir, und der Leser wird erraten, woran ich dachte.

»Ganz seltsam betroffen,« wiederholte der Kanzler. Seine Schläfen röteten sich und dann sah er lange wie in peinlicher Verlegenheit vor sich nieder. »Ich wußte nicht, was ich denken und sagen sollte, so unerklärlich erschien mir sein Verhalten. Ich verstehe mich sonst auf die Schriftzüge in dem Gesicht des Grafen und weiß darin zu lesen. Zum erstenmal versagte diese Wissenschaft. Ich wußte mir nicht im entferntesten zu denken, was im Innern des Grafen vorgehen mochte, und noch jetzt, wenn ich zurückdenke, stehe ich wie vor einem geheimnisvollen Rätsel.«

Gratian Favre ahnte nicht, daß ich allein zu seinem Rätsel den Schlüssel besaß.

»Nur so viel konnte ich erkennen,« sprach Meister Gratian wieder, »daß der Graf im Innern einen heftigen Kampf mit sich selber kämpfte. Und plötzlich stieß er ein gellendes Lachen aus, sprang auf, und indem er verächtlich mit der Achsel zuckte ›Herr Gaston von St. Leu ist ein Narr‹, sagte er, und aus dem Ton seiner Stimme erkannte ich, daß dies das letzte Wort in dieser Angelegenheit sein sollte. Darum lenkte ich ab und brachte die Rede auf die bevorstehenden Verhandlungen.

»Und mit aller Dringlichkeit bat ich zum zehntenmal, flehte ich, jetzt nichts zu überstürzen. Aber leider fand ich abermals ein unwilliges Ohr. Auch der Bischof, warf mir der Graf hin, sei meiner Meinung entgegen. Und doch weiß ich genau, daß der unglückliche Herr sich jetzt überhaupt um keinerlei Meinung schert, weder des Astrologen noch des Bischofs, am wenigstens, ach, um die seines Kanzlers.

»Nur ein Gedanke beherrscht ihn noch, er ist davon wie mir einem Bann geschlagen und kennt keine andere Rücksicht mehr als die eine. Sie heißt Bertrade. Und etwas ganz Böses ging schon daraus hervor, ich habe die Befürchtung früher einmal ausgesprochen, seine Vasallen fangen an, kopfscheu zu werden. Doch genug davon für heut.«

Damit brach der Kanzler ab. Es war dies meine letzte Unterredung mit ihm vor der großen Entscheidung.

Seine bangen Befürchtungen haben eine viel grauenhaftere Erfüllung gefunden, als er selber auszudenken gewagt hätte.


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