Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

X.

Die englischen Schlachtschiffe zur Hilfe herbei.
Rettung der Argyll durch die Dreadnoughts.


Die vier englischen Kreuzer sahen ein, daß der Sieg ihnen unerreichbar, die Flucht ihre einzige Rettung war, und hielten in den Forth hinein. Neben den Deutschen herfahrend, hatten sie abermals deren Feuer auszuhalten, und die Argyll, das Schlußschiff der englischen Linie, mußte jetzt zurückbleiben, da sie in rascher Folge von einem halben Dutzend Granaten getroffen worden und schwer leck gesprungen war. Die deutschen Schiffe kamen bis auf weniger als 2000 Yards heran und beschossen sie mit immer furchtbarerer Wirkung. Sie mußte auf die Küste zuhalten, unter dem ununterbrochenen Feuer ihrer Verfolger, und senkte sich tiefer und tiefer. Die anderen drei Kreuzer waren schon im Begriff zu wenden und ihr beizustehen – was sicherlich die Vernichtung des ganzen englischen Kreuzergeschwaders nach sich gezogen hätte –, als willkommene Hilfe erschien. Von Westen her, aus dem oberen Forth, kam in stürmischer Fahrt eine Kolonne großer Schiffe heran, die Schlachtflotte Lord Ebbfleets.

Jetzt machten die deutschen Kreuzer Kehrt, überließen es der Argyll, auf Strand zu laufen, und steuerten mit nicht mehr als 16 Knoten Fahrt seewärts. Sie waren jetzt selbst in der unmittelbaren Gefahr der Vernichtung – so schien es wenigstens den englischen Offizieren. Tatsächlich jedoch war das Risiko für sie nicht groß gewesen, denn die deutsche Hauptschlachtflotte hatte in Reichweite von ihnen draußen vor dem Forth gewartet und war durch eine Kette kleinerer Kreuzer und Torpedoboote mit ihnen in Fühlung geblieben. Sie würde schon früher zum Vorschein gekommen sein, wenn ihr Kommandeur nicht gefürchtet hätte, durch sein vorzeitiges Erscheinen den Abbruch des Kampfes und den Rückzug des englischen Geschwaders herbeizuführen.

Als die englische Flotte herankam, mußte der sehr stark havarierte Bismarck hinter den übrigen deutschen Schiffen zurückbleiben, und ein anderer deutscher Kreuzer, der sich nicht mehr mit den übrigen auf gleicher Höhe halten konnte, mußte in Schlepptau genommen werden.

So hatte das einleitende Kreuzergefecht völlig zum Nachteil der Engländer geendet, die in dem kurzen Zeitraum von zwei Stunden vier ihrer Schiffe eingebüßt hatten, so daß deren Zahl von sieben auf drei gefallen war, und diese drei waren so stark havariert und hatten so viel von ihrer Munition verbraucht, daß sie nicht mehr imstande waren, an den Operationen noch tätigen Anteil zu nehmen. Sie mußten in Rosyth einlaufen, um in aller Geschwindigkeit die dringendsten Schäden auszubessern und die in den dortigen ganz unbedeutenden Magazinen etwa vorhandene Munition überzunehmen.

Die Schlachtflotte hatte unterdessen die ihr verbliebene Frist auf dem Ankergrunde dazu verwendet, aus der Indefatigable und der Triumph die Munition an Bord der intakten Schiffe zu schaffen und für den bevorstehenden Kampf die nötigsten Vorkehrungen zu treffen.

Gegen fünf Uhr war von seewärts der dumpfe Donner des fernen Geschützfeuers hörbar geworden, das ununterbrochene Krachen von hundert großen Geschützen, jene unheimliche, grause Musik, die das Blut bald zum Sieden, bald zum Gefrieren bringt.

Sofort wurde befohlen, fertig zur Abfahrt zu machen. Da Lord Ebbfleet nichts dem Zufall hatte überlassen mögen, hatte er durch die Torpedobeiboote und Pikettboote inzwischen das Fahrwasser nach Minen absuchen lassen; es war auch wirklich eine Menge Minen gefunden worden, treibend oder verankert, und es schien ein Wunder, daß die Schiffe des Kreuzergeschwaders alle wohlbehalten hinausgelangt waren.

Um 5 Uhr 10 ließ Lord Ebbfleet das Signal zum Ankerlichten geben; die Schlachtflotte fuhr in Kiellinie ab und steuerte langsam und mit äußerster Vorsicht durch die Zone der Gefahr; dann wurde die Geschwindigkeit auf 16 Knoten erhöht.

Um die Maschinenkraft und die gewaltige Bestückung seiner vier Schlachtschiffe von der Dreadnought-Klasse besser auszunützen, hatte Lord Ebbfleet beschlossen, mit ihnen gesondert zu manövrieren. Auf der Höhe von Inchcolm formierte er deshalb seine Flotte um: die Dreadnoughts wurden auf Steuerbord postiert, dagegen auf Backbord die anderen zehn Schlachtschiffe, voraus der Agamemnon unter Sir Lewis Parker, dem nächstältesten Offizier, der zur Leitung seiner Division die vollste Freiheit erhielt; hinter dem Agamemnon dampften Swiftsure, Duncan, Albemarle, Russell, Montague, Exmouth, Cornwallis, Vengeance und Glory: eine großartige Linie graugestrichener Ungeheuer mit je zwei Schornsteinen! Sie hielten vollkommen Abstand, alle Mann auf ihren Posten und alle Geschütze geladen.

An der Spitze der vier Dreadnoughts dampfte die Vanguard, dann der Reihe nach Thunderer, Dreadnought und Bellerophon. Ihre großen Türme mit je zwei riesigen 45 Fuß langen zwölfzölligen Geschützen fielen sofort ins Auge; die drei vierschrötigen Schornsteine jedes Schiffes stießen nur schwache Rauchwölkchen aus; auf den luftigen Kommandobrücken, hoch über dem Wasser, standen mit weißen Mützen die Offiziere und spähten gespannt in die See hinaus.

Näher und näher kam das Rollen des Geschützfeuers; die vier Dreadnoughts steigerten ihre Geschwindigkeit, der Schaum schoß unter ihren Bugen in die Höhe, und als die Turbinen sich reißender drehten, und die Fahrt 18 Knoten erreichte, überholten sie schnell die zweite Linie der zehn Schlachtschiffe.

Diese behielt ihre Fahrtgeschwindigkeit bei und blieb rasch zurück. Vor Leith sah man am Strande riesige Menschenhaufen, die das ferne Gefecht zu beobachten suchten und besorgt auf den Geschützdonner der Kreuzer lauschten; sie brachen in begeisterte Hurrarufe aus, als der mächtige Zug vorüberflog und bald außer Sehweite geriet, hinter sich nur ein schwaches Rauchwölkchen lassend.

Kurz vor sieben Uhr erblickten die Offiziere auf der Kommandobrücke der Vanguard gerade voraus drei Kreuzer, augenscheinlich englische, die auf sie zudampften, und in größerem Abstande einen anderen, der tief im Wasser lag und große Wolken dunklen Qualms ausstieß, während ringsum eine ganze Flotte von Panzerkreuzern ihn mit Geschossen überschüttete. Sobald sie nahe genug waren, signalisierten die englischen Kreuzer die entsetzliche Neuigkeit: Admiral Hardy gefallen – drei Schiffe kampfunfähig geworden – die Argyll in hoffnungslosem Zustande!

Die Hilfe der Schlachtschiffe kam gerade noch zur rechten Zeit. Auf 1100 Yards gab der vordere Turm der Vanguard seinen ersten Schuß ab, und als das Geschoß zischend die Luft durchfuhr, ließen die deutschen Kreuzer von ihrer Beute ab. Die Dreadnoughts waren dem Hauptgeschwader jetzt zwei Meilen voraus. Schnell auf den von seinen Gefährten preisgegebenen Bismarck zudampfend, feuerte die Vanguard aus ihren zwölfzölligen Vorder- und Steuerbordturmgeschützen vier Granaten auf ihn ab, die sämtlich trafen; unter heftiger Detonation sank der deutsche Kreuzer und nahm fast seine ganze Mannschaft mit auf den Meeresgrund. An die Rettung der Leute zu denken, war keine Zeit, denn auf offener See ward jetzt eine dichte Rauchwolke sichtbar, und auf sie dampften die deutschen Kreuzer mit der ganzen Geschwindigkeit zu, die sie aufbieten konnten.

Lord Ebbfleet fuhr langsamer, um seinen zehn anderen Schlachtschiffen die Zeit zu lassen, sich für den Kampf zu postieren; diese erhöhten ihre Fahrt von 15 auf 16 Knoten, was etwa soviel war, als ihre Maschinen ohne Überanspannung hergeben konnten. Gegen 7 Uhr 15 morgens hatte die englische Flotte dwars ab von North Berwick ihre ursprüngliche Ordnung wieder angenommen und näherte sich schnell der Rauchwolke, die die Gegenwart des Feindes anzeigte und hinter den Klippen der May-Insel aufstieg.

Lord Ebbfleet signalisierte dem Vizeadmiral Parker und dem Konteradmiral Merrilees, daß sie auf plötzliche Torpedoangriffe gefaßt sein sollten. Daß die deutsche Flotte viele Torpedoboote bei sich hätte, war sicher; denn wenn auch bei den Angriffen in der Nacht und am frühen Morgen etwa 24 Zerstörer und Torpedoboote in den Grund gebohrt und havariert sein oder ihre Torpedos verschossen haben mochten, so war doch die deutsche Torpedoflottille in den vier Jahren vor dem Kriege bis auf 144 Zerstörer und 40 große Torpedoboote gebracht worden, und wenn man die kampfunfähig gewordenen und detachierten selbst mit 30 veranschlagte, so war für den bevorstehenden Zusammenstoß noch immer auf etwa 100 zu rechnen.

Lord Ebbfleet gehörte nicht zu den Führern, die dem Feinde Torheiten zumuten; er war völlig davon überzeugt, daß die Deutschen ihre ganze Stärke gegen seine Flotte aufgeboten hätten, um ihr sofort den Todesstreich zu versetzen.

Schon seit geraumer Zeit hatte er die Admiralität unablässig aufgefordert, alle verfügbaren Schiffe und Torpedoboote in der Nordsee zusammenzuziehen, und schließlich war es dahin gekommen, daß seine Briefe auf der Admiralität mit der scherzhaften Bemerkung: »Wieder so ein Gefasel von Lord Ebbfleet!« in das für die Vorstellungen langweiliger Korrespondenten und aufgebrachter Offiziere bestimmte Behältnis geworfen wurden. Als lindernden Balsam pflegte die Admiralität ihm dafür zu bedenken zu geben, daß beim Herannahen einer Krisis ja immer massenhaft Zeit sein würde, auf dem bedrohten Punkte eine hinreichende Flotte zusammenzuziehen; seine Schlachtschiffe von der Dreadnought-Klasse könnten es mit je zwei beliebigen deutschen Schiffen aufnehmen, die ja nur klein und leicht und verhältnismäßig schwach armiert seien ...

Es dürfte vielleicht nicht unangebracht sein, hier, vor Beginn der großen Schlacht, das von den Deutschen über Lord Ebbfleet gefällte Urteil einzuschalten; denn da es von einem Feinde, und zwar einem siegreichen, herrührt, so läßt es ihm größere Gerechtigkeit widerfahren, als das bittere Verdammungsurteil der zeitgenössischen englischen Presse.

»Er besaß«, sagt die offizielle deutsche Geschichtschreibung, »als Führer keine große Originalität und zeigte einen gewissen Mangel an Initiative. Aber er war tapfer in der Schlacht, kaltblütig, wachsam und pflichtgetreu. Durch den Nachdruck, womit er die Zusammenziehung der englischen Flotten in der Nordsee befürwortete, hatte er sich eine gewisse Unpopularität zugezogen, desgleichen durch die Herbheit, womit er seiner Nation den Vorwurf machte, daß sie es unterließe, für ein entsprechendes Landheer zu sorgen. Man kann die Wahrscheinlichkeit nicht abweisen, daß, falls seine Ratschläge befolgt worden wären, der von unserem Generalstabe vereinbarte Feldzugsplan unausführbar gewesen sein würde. So kann er billigerweise nicht wegen des Unheils getadelt werden, das über seine Flotte hereinbrach. Ebensowenig kann man ihm die volle Verantwortlichkeit zuschieben für die unvollständige kriegsmäßige Ausbildung, die die englische Flotte am Vorabende des Krieges besaß. Er war gehemmt durch ungenügende Streitmittel und durch die Tatsache, die von der zur Untersuchung des Krieges eingesetzten englischen Kommission ans Licht gezogen wurde, daß ihm nämlich nicht gestattet worden war, die Vorsichtsmaßregeln zu treffen, die er für wünschenswert und notwendig erklärt hatte. Wenn er kein Nelson war, so muß man in Betracht ziehen, daß Nelson es niemals mit einer wohlorganisierten, von einem tüchtigen Seemann geführten feindlichen Marine zu tun hatte, und daß die englische Nation zu Nelsons Zeit großer Anstrengungen und edler Selbstaufopferung fähig war und nicht die Zeichen von Entartung aufwies, durch die sie in unseren Tagen charakterisiert wird.«

Fünf Minuten verstrichen; der Qualm nahm zu, und endlich wurden die Umrisse der noch weit entfernten Fahrzeuge erkennbar. Die führenden Schiffe beider Flotten näherten sich einander mit der reißenden Geschwindigkeit von etwa 30 Knoten die Stunde, und so waren sie um 7 Uhr 25 morgens ungefähr neun Meilen auseinander. Da konnte man unterscheiden, daß die deutschen Schiffe in drei gesonderten Kiellinien fuhren, und zwar die Steuerbord- oder rechte Linie den anderen, welche beinahe in derselben Höhe fuhren, beträchtlich voraus. Zwischen den drei Linien war je ein beträchtlicher Abstand.

Auf den englischen Schiffen meldeten jetzt die Entfernungsmesser die Schußweiten nach den Geschützen herunter; es hieß rasch hintereinander: 18 000 Yards! – 17 000 Yards! – 16 000 Yards! – 15 000 Yards! – 14 000 Yards! Die Visiere wurden in aller Ruhe gestellt, jedes Auge hing an dem heranfahrenden Feinde, alle Schläuche spien Wasser, um die Decks naß zu halten.

Gegen Süden erhoben sich aus der atmenden See der ferne Baßrock und die Klippen bei Tantalon-Castle, dahinter die undeutlichen Umrisse des Hochlandes südlich von Dunbar, das so berühmt ist in der schottischen Geschichte. Gegen Norden kam die Felsenküste von Fife in Sicht. Die Sonne schien den englischen Geschützmannschaften in die Augen.

Die Geschütze der Vanguard und der englischen Schlachtschiffe überhaupt waren gegen das führende deutsche Schiff gerichtet, das, wie man jetzt erkennen konnte, zur Kaiserklasse gehörte; fünf andere Schiffe derselben Klasse folgten ihm. Die Stockwerke von Geschützen blitzten in der Sonne; die grimmen grauen Rümpfe machten den Eindruck entschlossener Stärke. In der mittleren deutschen Linie schienen mehrere Schiffe der Braunschweig- und Deutschlandklasse zu fahren – wieviele, war wegen der vollkommenen Deckung in den deutschen Linien und wegen ihres gerade entgegengesetzten Kurses noch nicht auszumachen.

Die Backbord- oder linke deutsche Linie wurde von einem der neuen Riesenschlachtschiffe geführt, mit deren Erbauung die Deutschen auf die der Dreadnought geantwortet hatten, und die noch größere Ausmessungen und schwerere Armierung besaßen als jenes berühmte Schiff. Es war in der Tat die Sachsen, die die Flagge des Admirals Helmann führte und mit zwölf der neukonstruierten 46 Fuß langen, elfzölligen Geschütze, sowie mit 24 vierzölligen Schnellfeuerkanonen und zehn Pom-Poms armiert war. Das riesige deutsche Schlachtschiff war deutlich an der eiffelturmähnlichen Konstruktion seiner Masten zu erkennen, von denen jeder auf einem künstlichen System leichter Stahlbalken, die dem Fortgeschossenwerden weniger ausgesetzt waren, zwei Plattformen trug. Allmählich zeigte es die gähnenden Schlünde seiner vier elfzölligen Turmgeschütze, in jedem Turme zwei. Es hatte vorn auf der Breitseite zwei schwere Geschütze mehr aufzuweisen, als die Dreadnought, während sein Heckfeuer, aus acht elfzölligen Geschützen, unvergleichlich viel stärker war. Die Vollendung von zwei Schiffen dieser Klasse war es gewesen, die Lord Ebbfleet so sehr um seine Lage besorgt gemacht hatte; nun befanden sich aber von dieser Klasse sogar vier Schiffe in der deutschen Schlachtlinie, von denen die offiziellen Listen zwei als noch im Bau begriffen angeführt hatten!

Noch immer sandten die Entfernungsmesserstände des englischen Flaggschiffes die Distanzen herunter: 13 000 Yards! – 12 000 Yards! – und die Spannung nahm zu. Die mittlere sowie die Backbordkolonne der deutschen Flotte verringerten ihre Fahrt und machten, ein Schiff nach dem anderen, eine leichte Wendung, während die Steuerbordlinie ihre Geschwindigkeit erhöhte und ihren ursprünglichen Kurs beibehielt. Durch dies Manöver wurde die deutsche Flotte zu einer einzigen unregelmäßigen, vier Meilen langen Linie. Jetzt endlich konnte man die Anzahl der feindlichen Schiffe feststellen. Die 14 englischen Schlachtschiffe hatten 22 deutsche gegen sich, und von diesen 22 waren vier ebenso stark wie die Vanguard!

Lord Ebbfleet ließ seine Flotte eine kleine Wendung nach Steuerbord machen, um ihren Batterien die größtmögliche Wirkung zu geben und aus der Zerstreutheit der deutschen Formation Nutzen zu ziehen.

11 000 Yards! – 10 000 Yards! – die Vanguard feuerte einen Zwölfpfünder ab, und als der Schuß aufblitzte, eröffneten beide Flotten mit Zielschüssen das Feuer, – die große Schlacht hatte begonnen.

Aber der deutsche Admiral hatte die Bewegung der Engländer vorausgesehen und beantwortete sie, als die beiden den entgegengesetzten Kurs dampfenden Flotten einander ganz nahe gekommen waren, mit einem waghalsigen Manöver. Während auf seinen 22 Schlachtschiffen jedes schwere Geschütz, das ein Ziel hatte, anfing zu feuern, ließ er noch einmal die unregelmäßige Linie sich in ihre Elemente auflösen und seine Schiffe in drei Kiellinien abbrechen, von denen die erste gerade auf die Spitze, die zweite auf das Zentrum, die dritte auf die Queue der englischen Linie zusteuerte.

Lord Ebbfleet hatte auf der Vanguard und seinen anderen drei großen Schlachtschiffen die Fahrtgeschwindigkeit erhöht und war mit ihnen aus ihrer ursprünglichen Position vorausgefahren, bis ihre Breitseiten freies Schußfeld hatten, und bis sie faktisch in der Verlängerung der englischen Linie angelangt waren; mit der vollen Gefechtsgeschwindigkeit von 19 Knoten versuchten sie um das Hinterende der Deutschen herumzukommen.

In Lee der deutschen Schlachtschiffe waren mehrere Zerstörer und Torpedoboote zu erkennen, und andere sah man im Nordosten, weit vom Schauplatze der Schlacht, auf offener See hin und her fahren.

Von beiden Seiten wurde jetzt ein starkes und genau gezieltes Feuer genährt; die Schußweite wechselte von Minute zu Minute, nahm aber beständig ab. Das deutsche dritte Geschwader der sechs Kaiser fuhr hinten um das englische Hauptgeschwader herum, jedoch nicht ohne dabei ernstlichen Schaden zu leiden. Nun aber geriet die Glory, das Schlußschiff der englischen Linie unter einen Hagel von Geschossen, und ihr äußerst dünner Panzergürtel wurde von drei deutschen 9.4-zölligen Granaten durchschlagen, von denen eine innerhalb der Zitadelle explodierte, das Panzerdeck eindrückte und Bolzen und Splitter bis in den Kessel- und Maschinenraum hinabschleuderte; für einige Augenblicke war das Schiff seiner Steuerbarkeit beraubt, und wo die Granate explodiert war, brach ein heftiges Feuer aus.

Beinahe in demselben Augenblick trafen zwei aus der vorderen Barbette der Glory gefeuerte Granaten nacheinander die Zähringen mitschiffs gerade über der oberen Panzerlinie; eine davon explodierte, riß den hinteren Schornstein fort und setzte zwei der Schultzschen Kessel außer Tätigkeit. Die Zähringen geriet in Brand; da sie aber weder Holzwerk noch sonst was Entzündbares führte, wurde das Feuer rasch wieder gelöscht.

Dichte Rauchwolken aus den Schornsteinen, von den explodierenden Granaten und von den brennenden Schiffen legten sich auf das Wasser, die Luft war beizend und verpestet, und die Kordit- und die Salpeterdämpfe des deutschen Pulvers hüllten die verschwimmenden Gestalten der riesigen Schiffe ein, wie sie, von roten Flammen überglüht, sich hin und her bewegten.


 << zurück weiter >>