de Laclos, Choderlos
Gefährliche Liebschaften
de Laclos, Choderlos

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Siebenunddreissigster Brief

Frau von Tourvel an Frau von Volanges.

Ich füge mich den Ratschlägen Ihrer Freundschaft, gnädige Frau, weil ich gewohnt in allem Ihre Meinungen zu billigen glaube, daß sie immer der besten Überlegung entspringen. Ich gebe selbst zu, daß Herr von Valmont wirklich sehr gefährlich sein muß, wenn er gleichzeitig das scheinen kann, was er hier ist und das sein, als was Sie ihn schildern. Aber sei das wie immer, ich werde ihn von mir fernhalten, weil Sie es wünschen, oder ich werde wenigstens mein möglichstes dazu tun, denn oft werden die im Grunde einfachsten Dinge verfänglich durch die Form.

Seine Tante um die Beschleunigung seiner Abreise zu bitten, scheint mir immer noch untunlich; es wäre das für sie wie für ihn in gleicher Weise unhöflich.

Ich könnte mich auch nicht ohne Widerstreben zur Abreise entschließen, denn abgesehen von den Gründen, die meinen Mann betreffen und die ich Ihnen schon mitgeteilt habe, würde ich voraussichtlich mit meiner Abreise Herrn von Valmont nur die Möglichkeit geben, mir nach Paris zu folgen; und seine plötzliche Rückkehr nach Paris, für die man den Grund doch sicher bei mir suchte, wäre mir doch noch unangenehmer als dieses zufällige Zusammentreffen auf dem Lande und bei einer Dame, von der man weiß, daß sie seine Verwandte und meine Freundin ist.

Es bleibt mir so kein anderer Ausweg, als von ihm selbst zu verlangen, daß er abreist. Ich fühle, daß das schwer zu machen ist; da ihm aber, wie mir scheint, etwas daran liegt, mir zu beweisen, daß er in Wirklichkeit mehr Ehrenhaftigkeit besitzt, als man in ihm vermutet, so gebe ich die Hoffnung nicht auf, daß es mir gelingt. Es ist mir sogar ganz recht, ihm das selbst zu sagen und so eine Gelegenheit zu haben, zu sehen, ob die anständigen Frauen, wie er immer behauptete, sich wirklich nie über ihn zu beklagen Grund hatten und haben werden.

Wenn er, wie ich es wünsche, geht, so wird das auch wirklich nur Rücksicht für mich sein; denn ich weiß, daß er die bestimmte Absicht hatte, den größten Teil des Herbstes hier zu verbringen. Lehnt er ab und bleibt er, so ist es für mich immer noch Zeit, selbst abzureisen, und ich verspreche Ihnen das.

Das ist, glaube ich, alles, gnädige Frau, was Ihre Freundschaft von mir verlangt hat, und ich beeile mich, dem zu entsprechen und Ihnen zu beweisen, daß ich trotz der »Wärme«, mit der ich Herrn von Valmont verteidigt habe, doch nicht weniger geneigt bin, die Ratschläge meiner Freundin nicht nur anzuhören, sondern auch zu befolgen.

Auf Schloß . . ., den 25. August 17..


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