de Laclos, Choderlos
Gefährliche Liebschaften
de Laclos, Choderlos

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Achter Brief

Die Präsidentin von Tourvel an Frau von Volanges.

Ich danke Ihnen, gnädige Frau, sehr für das Vertrauen, das Sie mir bewiesen haben; niemand kann mehr Interesse an der Verheiratung von Fräulein von Volanges nehmen als ich. Von ganzer Seele wünsche ich ihr ein Glück, dessen sie einzig und zweifellos würdig ist, und ich vertraue dabei ganz Ihrer Klugheit. Ich kenne den Grafen Gercourt nicht, da Sie ihn jedoch mit Ihrer Wahl beehren, kann ich nicht anders als eine vorteilhafte Meinung von ihm haben. Ich beschränke mich darauf, gnädige Frau, dieser Ehe ebensoviel Erfolg zu wünschen wie ihn die meine hat, die ja ebenfalls Ihr Werk ist, für das ich Ihnen täglich dankbarer bin. Das Glück Ihrer Tochter möge die Belohnung für das Glück sein, das Sie mir gegeben haben, und möge die beste der Freundinnen auch die glücklichste Mutter werden!

Es tut mir wirklich leid, Ihnen nicht mündlich meine aufrichtigsten Wünsche darbringen zu können und so auch, wie ich es wünschte, Fräulein von Volanges persönlich kennen zu lernen. Wie ich Ihre wahrhaft mütterliche Liebe erfuhr, glaube ich berechtigt zu sein, von Cécile die zärtliche Freundschaft einer Schwester zu erhoffen. Ich bitte, gnädige Frau, diese Freundschaft gütigst für mich verlangen zu wollen, in der Erwartung, sie zu verdienen.

Ich gedenke die ganze Zeit, da Herr von Tourvel abwesend ist, auf dem Lande zu bleiben. Ich benütze die Zeit, mir die Gesellschaft der vortrefflichen Frau von Rosemonde zunutze zu machen. Diese Frau ist immer noch gleich liebenswürdig und verliert nichts durch ihr hohes Alter; sie hat ihr volles Gedächtnis und ihre jugendliche Heiterkeit bewahrt. Nur ihr Körper ist vierundachtzig Jahre alt.

Unsere Einsamkeit erheitert ihr Neffe, der Vicomte von Valmont, der uns einige Tage opfern wollte. Ich kannte ihn nur dem Rufe nach, und dieser ließ nicht den Wunsch aufkommen, den Herrn persönlich kennen zu wollen; aber mir scheint, er ist besser als sein Ruf. Hier, wo ihn der Welttrubel nicht mit fortreißt, spricht er erstaunlich vernünftig und klagt sich selbst seiner Verirrungen mit einer seltenen Aufrichtigkeit an. Er spricht voller Vertrauen mit mir, und ich predige ihm mit viel Strenge. Sie, die Sie ihn kennen, werden zugeben, daß das wirklich eine schöne Bekehrung wäre; aber ich zweifle doch nicht daran, daß acht Tage Paris genügten, ihn trotz all seiner Versprechungen alle meine Predigten vergessen zu lassen. Sein Aufenthalt hier wird ihm wohl einige Änderungen seiner gewöhnlichen Lebensweise bedeuten, aber ich glaube, daß das Beste, was er tun kann, ist, zu leben wie er gewohnt ist: Nichts tun. Er weiß, daß ich Ihnen schreibe und beauftragte mich, Ihnen seine ergebensten Empfehlungen zu vermitteln. Nehmen Sie auch die meinen entgegen mit jener Güte, die ich an Ihnen kenne, und bezweifeln Sie niemals meine aufrichtigsten Gefühle, mit denen ich die Ehre habe zu sein usw.

Schloß . . ., den 9. August 17..


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