Egon Erwin Kisch
Zaren, Popen, Bolschewiken
Egon Erwin Kisch

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Bunter Bilderbogen eines Vormittags in Eriwan

Es war kalt, als ich heute morgen in Eriwan ankam, zu laut waren im Waggon die Schlafgenossen gewesen, vorne und hinten, über mir und unter mir, und die Bahnhofswirtschaften überfüllt. Hungrig, fröstelnd, übernächtig ging ich in die Stadt, die mir trostlos schien mit ihren lehmfarbenen Häusern auf ungepflasterter Straße. Inmitten der Fahrbahn lag ein umgekippter Dampfer, vom Goktschasee hierhergebracht, damit er in der Eisenbahnwerkstatt repariert werde.

Im Gasthof kein Zimmer frei, um zwei Uhr nachmittags könnte ich eines bekommen, vielleicht. Die Geschäfte noch gesperrt, teilnahmslos ließ ich mich zu einem antiken Triumphbogen hinabgehen, von dem sich beim Näherkommen erwies, daß er das Chantar sei, der gedeckte Basar. Ich durchstrich ihn ohne Interesse (längst habe ich es aufgegeben, Namen, Herkunft, Geschmack der verschiedenen Gewürze und Fische und Fleische zu ergründen, die man auf orientalischen Märkten ausgebreitet findet) und geriet in das Spalier der offenen Buden und Stände, eine »Amerikanka« fand ich wieder, wie in Tiflis, eine Altkleiderbörse, wo das Projekt, durch alte Kleider aus Amerika und Waisenfürsorge einen kaukasischen Ententestaat zwischen Rußland und der Türkei aufzurichten, hosenweise verschleudert wird, Wäschehändler, Galanteriebuden und dergleichen.

Tataren hockten am Straßenrand, während ihr Kopf rasiert wurde; ein Bartscherer hatte (oh, Hygiene Semaschkos, die vorschreibt, daß der Rasierpinsel vor jedesmaligem Gebrauch dem plombierten Säckchen der staatlichen Desinfektion entnommen werde!) eine Hasenpfote zum Einseifen bereit und einen 158 rostigen Gillette zum Rasieren – sein Opfer blutete aus vielen Schnitten.

In einem Tschaitzschki-Chana kehrte ich ein und ließ mir, um meine Laune zu verbessern, eine Wasserpfeife stopfen. Männer saßen darin und würfelten auf dem Tiktakbrett: das Spiel, das man in jedem Pariser Bistro kennt, heißt hier Nargin. Auf teppichbedecktem Podium im Hintergrund warf sich ein Türke im Opiumrausch. Der Wirt hob vom staubigen Fußboden einen Wedel auf, reinigte damit die Karaffe, um ihn nachher wieder auf den staubigen Fußboden zu werfen, goß Wasser ein, schraubte einen Deckel mit Kautschukrohr an, nahm die Messingmündung in seinen ungewaschenen Mund, probierte den Zug, legte vier Stückchen brennender Holzkohle auf den leuchterartigen Deckel, und Pfeifentabak darüber. An einem Tisch rauchte ich. Es kostete viel Lungenkraft, den Tabak aufzuziehen, das Wasser in der Karaffe prallt zwar bei jedem Atemzug, aber nur wenig des gebadeten Rauches kommt in den Mund, der »Kalian« (so nennen die Türken Armeniens das Nargileh) lohnt nicht der Mühe, ich war der einzige im Lokal, der ihn rauchte, die andern drehten sich Zigaretten, ich zahlte fünfzehn Kopeken und ging.

Töpfer bieten Kannen aus unglasiertem Ton feil, die unten beinahe spitz sind, so daß sie nicht stehen können, doch lassen sie sich sowohl auf dem Kopf balancieren als auch dem Esel an die Flanken binden, zu Hause lehnt man sie in die Ecke; sie heißen »Kuz«, wie ich erfragte. An die beiden Enden der tönernen Torpedos, an die »Chnotzi«, knüpft man Stricke, die von der Decke des Hauses herabhängen, und schaukelt so lange, bis die eingefüllte Milch zu Butter wird.

Ausrufpreis für zwei Streifen Ziegenfell beträgt sechzig Kopeken, man kann daraus zu Hause Sandalen nähen, das Fell nach außen, fertige Sandalen kosten neunzig. – Kaukasische Silberschmiede halten eine Feile in der Hand und schneiden Ziselierwerk in Dosen, Stockgriffe, Uhrendeckel oder Ringe, das nachher oxydiert wird; auf ihrem Schoß liegt ein Tuch, in das die Silbersplitter fallen. – Die Stiefelputzer Armeniens haben nur selten einen erhöhten Stuhl für den Kunden wie ihre Kollegen 159 in Baku, aber vorne und seitlich auf dem Podest, auf dem sie putzen, sind Spiegel befestigt, einerseits, damit jeder Passant erkenne, wie dreckig sein Schuhwerk ist, andererseits, damit der Klient den glanzvollen Fortschritt der Reinigung mehrfach merke. Wenn die Jungen hohe Tscherkessenstiefel wichsen, machen ihre Arme weit ausladende symmetrische Bewegungen und gleichen rasanten Stoßkolben; haben sie nichts zu tun, so lesen sie in der Fibel, russisch oder armenisch – der Bildungshunger hat auch sie ergriffen. – Ein reiches Lager haben die Mützenmacher, von sechzig Kopeken bis zu achtzehn Rubel schwanken die Preise, man kann sich Fellmützen à la minute arbeiten lassen, die Holzformen, das Maß, das Futter, und vor allem das Pelzwerk liegen auswahlbereit. Das »Pelzwerk« ist von eigenartiger Herkunft: neugeborene Schafe werden mit Bandagen fest umwickelt, damit darunter die Wolle kleingekräuselt bleibe, nach einigen Wochen werden sie geschlachtet und die Haut mit den zarten Löckchen, das Karakul, als Pelz verkauft – auch in Europa gibt es viele solcher »Astrachanfelle«. – Werkbank der Schuhmacher pflegt ein Baumstamm zu sein, darauf bessern sie Gummisohlen aus, im Bedarfsfall von einer alten Automobilpneumatik eine Scheibe abschneidend. – En pleine air wird Kebab gebraten, Kalbfleisch auf breiten Blechstreifen, direkt auf die Pfanne mit Holzkohle gelegt, deren Glut man, ein Fähnchen schwingend, schürt; acht Stück wiegen ein Pfund und kosten achtzig Kopeken, billiger ist eine Portion Kuttelfleck, armenisch »Deschweschuk« gerufen. – An die Frontmauer eines verfallenen Hauses sind große Bretter gelehnt, oben auf einem Gerüst arbeiten Männer, sie zu zersägen, man glaubt schon, das Haus werde renoviert, aber es ist nur eine Brettsäge, die hier Baumaterial für neue Basarbuden schafft. – Türkische Konfitürenbäcker sind zu sehen, sie machen rote Bonbons, zu denen sie sogar ein Schneidemaschinchen haben, und mit bloßen Händen Rachatlokum, Dattelmehl, Honigkuchen.

Seltsam, daß es keine Ethnographie des Brotbackens gibt, jedes asiatische Völkchen hat sein eigenes Brot, keine Revolution, kein Massaker, keine Vertreibung hat seinen diesbezüglichen Geschmack verändert, Stämme haben ihren erbeingesessenen 160 Wohnort verlassen, sich an andere Tabaksorten gewöhnt, ihre Tracht abgelegt, sich fremden Gesetzen und Gebräuchen unterworfen – ihrem Brot sind sie treu geblieben. Im Basar von Eriwan backen fünf verschiedene Nationalitäten. Mit einem gestempelten Schein des Tifliser Kommissariats für Volksaufklärung, der mich zur Besichtigung der dortigen Universitätsinstitute berechtigt, den aber in Armenien niemand lesen kann, weil er georgisch geschrieben ist, trat ich in eine türkische Brotbude; Maimal-Ali-Ogli verneigte sich vor dem Inspektor bis auf die Erde, in der Werkstätte war ein beinahe nackter Jüngling über den Trog gebückt, knetete auf normale Weise den Teig, schlug mit einem Brett darauf, der Laib ward zu einer Fläche, von dem Herd wurde der primitive Blechdeckel abgenommen, auf flacher Schaufel hob der Geselle das Brot in die Öffnung und klatschte es derart auf die im Ofen liegenden vielen Tausende von Kieselsteinen, daß der Teig nun ein schmales Rechteck von nicht weniger als anderthalb Metern Länge bildete. Blasen entstehen, platzen, dunkeln sich – das Brot wird herausgeschoben. Es gleicht dem jüdischen Osterbrot des Westens (während hier die Mazzes klein und quadratisch sind und wie unsere Hundekuchen aussehen), man breitet es auf den Boden, dort wird es hart, kommt hernach auf die Haken des Schaufensters und jeder Türke oder Tatare kann ein Pfund Sangak für zehn Kopeken kaufen. Das grusinische Brot, dessen Genesis ich im Nachbarladen beobachtete, hat ähnliches Aussehen, aber Lawasch ist weicher als Türkenbrot, der Backofen hat eine andere Form, runde Riesenvase aus Lehm, die in den Boden eingelassen ist, keine Steinchen sind darin, auf dem oberen Teil der Wölbung wird der Teig angeklebt und flachgeschlagen. Ein wahres Akrobatenstück muß der Gehilfe des armenischen Bäckers leisten: mit verbundenem Mund und halbverbundenen Augen, um nicht versengt zu werden, taucht er, oh, kopfüber, mit jedem Laib in einen dieser bauchigen Öfen, an dessen oberem Rand er sich mit den Füßen festhält (bebend sieht man solches) und klatscht die Masse unten über die Kohle; nach zwei Minuten muß er wieder hinab, das fertige Tschurek zu holen, in das die Einheimischen das Fleisch wickeln, um es mit der Hand zum Munde führen zu können. 161

Mutig geworden durch die leichte Art, den Revisor zu spielen, betrat ich die Werkstatt der Goldstickerinnen. Waisenmädchen von vierzehn Jahren sind es, die diese Kunst unter Leitung einer türkischen Instruktorin lernen, sie arbeiten von acht Uhr morgens bis zwölf Uhr mittags, nachher müssen sie in die Schule. Ihre Finger sind umwickelt, eine Art Hufeisen tragen sie als Fingerhut. Die Muster, altarmenischen Fresken und Ornamenten nachgebildet, sind in ein Klischee geschnitten, man stempelt es auf über ein Tamburin gespannte Seide. Mit der rechten Hand macht das Mädchen die Stiche, mit der linken umwindet es auf der andern Seite des Stickrahmens den Widerhaken der Nadel mit goldenem, rotgoldenem, blaugoldenem Zwirngarn, dessen Herstellung auf Spindeln gleichfalls hier gelehrt wird. Ein Mützchen zu erzeugen, ein Paar Pantoffeln, eine kleine Decke oder ein Handtäschchen bedarf es dreier Tage, und drei Rubel ist der Preis eines Stückes, wovon die Arbeiterin zehn Prozent bekommt; selbstverständlich hat sie Kost, Wohnung und Unterricht unentgeltlich.

Auch die Meisterwerkstätte für Teppichweberei ist vom Staat organisiert, da sich die Heimindustrie infolge der Kriege und Blockaden ohne Absatzgebiet sah, und noch heute die Ausfuhr aus dem russischen Orient gering ist. Dementsprechend zeigen die neuen Teppiche Muster, die für das Inland berechnet sind, Gobelins mit dem Bildnis Lenins, Tschitscherins und Dzerdzinskis, mit Motiven aus dem Fabrikleben und mit dem armenischen Wappen, auf dem die Konturen des großen und kleinen Ararat, Sowjetstern, Sichel und Hammer, Korn und Weintraube vereinigt sind. Der Instruktor kommt aus einer Weberei in Aleppo, er zeichnet die Details der Muster auf einen Raster und erhält als »Spez« einhundertzwanzig Rubel im Monat, die Frauen durchschnittlich vierzig Rubel bei achtstündiger Arbeitszeit. Fünfundvierzig Arbeiterinnen sitzen vor den zwölf Webstühlen, die bunten Garne teils auf dem Schoß, teils in Knäueln an Rollen aufgehängt, sie knüpfen nach dem Modell, das neben ihnen steht und pressen eine Dochtschere horizontal auf das vollendete Stück, um Zipfel und Knoten wegzuschneiden. An einem Teppich von viermal sechs Metern wird vier Monate gearbeitet, er 162 kostet sieben- bis achthundert Rubel, viereinhalb mal zweieinhalb: sechshundert Rubel, dreimal zwei: vierhundert Rubel, manche Stücke alten Musters haben vierzehn Farben.

An dem Laden eines Instrumentenmachers kam ich vorbei, er bespannte Mandolinen verschiedenartigster Drechselung, Wölbung und Form mit Herzblasen von Rindern, sein Gehilfe schnitzte Flöten und Pfeifen, kleine Trommeln, von Fischblase überzogen, hingen an der Wand und allerhand andere kaukasische Instrumente, Onduk, Tar, Dohol, Kammandscha, Tutak, die uns nicht klingen.

Weitergehend sah ich links eine Ansammlung, um kleine Büffel feilschend, um Ziegen und Schafe, die ungeschoren auf den Markt getrieben werden, und um Esel, die überall im asiatischen Kaukasus billig sind wie Brombeeren. Der Markt vollzog sich vor einem unsagbar verkommenen, aber massiven Haus, in das ich eintrat; es war die armenische Karawanserei, auch im Hof stritten Gruppen, schrien mit den Händen, in denen sie Halfter hielten. Auf dem verfallenen Balkon waren gleichfalls Viehhändler, die hier Absteigequartier nehmen, wenn sie zum Markt kommen, unten in türlosen Ställen lagert die Ware.

Einige Schritte weiter, im Haidi-Basar, saßen Männer auf der Erde und bearbeiteten merkwürdige Dinge: teils aus grobem Zwillich, teils aus Teppichresten nähte der eine an zwei Säcken, die ein leinener Schlauch zusammenhielt, und der andere stopfte, sich eines gespaltenen Eisenstabes bedienend, dieses Gesack mit Stroh voll, bis die beiden Seitenpolster steinhart wurden; nur in der Mitte des Verbindungsschlauches blieb eine dreieckige Stelle weich, damit der Reiter sich nicht wund reibe. Eselsattler waren es, die ihre Ware fabrizierten; ein Eselsattel kostet drei Rubel, ein Kamelsattel acht, auch Gurten werden verkauft, und alte Sättel neu gepolstert und neu vernäht.

Hufschmiede waren inmitten der Fahrbahn in seltsamer Weise an der Arbeit; sie schlangen ein langes Seil um das Maul des herangetriebenen Büffels, Ochsen oder der Kuh, von dort über die Hörner um die Hinterfüße, rissen an dem Strick, das Vieh stürzte, und zwischen Vorder- und Hinterfüße band man einen Balken, unter dessen Mitte man einen Dreifuß aus gegabeltem 163 Astwerk schob, den Dasgah. Das Maul an den Hals gepreßt, die Beine aufwärtsgestreckt, lag nun das zu operierende Tier auf dem Boden, regungslos ließ es die vom Schmied selbstgefertigten plumpen Nägel in die neuen Absätze aus Eisenblech und damit in die Hufe schlagen. Und nur, wenn man mit einem am Hammerstiel befestigten Messer – »Yondascha« heißt es – die Hornhaut abschnitt, schien dem wehrlosen Opfer diese Art der Pediküre zu schmerzhaft zu sein, konvulsivisch zuckte es zusammen.

Um einen Händler, der rotgefärbte Eier in einem Korbe trug, war eine Gruppe von Burschen versammelt, die schrien und lachten. Es handelte sich um ein Volksspiel, »Bass-cha« genannt, an dem ich mich beteiligte, aber konstant verlor: um fünf Kopeken konnte ich eines der hartgekochten Eier aus dem Korb herausholen, mit den Zähnen prüfen, ob die Spitze fest sei, und jemanden einladen, seinerseits ein Ei in die geballte Faust zu nehmen. Ich schlug nun mit der Spitze meines Eies auf die Spitze des seinigen – meine Schale zersprang – beide Eier gehörten ihm. Zwei neue Eier: er schlug und abermals zersprang meine Eierschale. Zum Teil kam es wohl auf die Härte der Schale an, zum Teil auf die Geschicklichkeit, die ich anscheinend nicht besaß.

Eine Karawane kam des Weges, Dromedare aus Nachitschewan-Eriwanskij, von der persischen Grenze, wo des alten Juden Noah Grabstein auf dem Friedhof armenischer Christen steht; die Tiere mit Baumwollsäcken bepackt, »Karawan-Baschi«, das Leitkamel weiß und blödsinnig stolz, es trug zwei Glocken aus ziseliertem und oxydiertem Silber und eine Schabracke, die ein Perserteppich war; es strebte hinüber in die persische Karawanserei. Ich folgte ihm nicht, mich rief der Muezzin vom blauglasierten Minarett, ich ging in die Moschee, eigentlich nicht in die Moschee, sondern in den Hof, den ein Korridor mit Pilgerwohnungen rings umgab, hätte vielleicht auch in die Moschee eintreten können, die eine Salla terrina ist, gegen den Garten zu offen, nur mit einem Gitter versehen, aber ich wollte meine Stiefel nicht ausziehen und meine Füße nicht waschen. So durchschritt ich wieder die Torwölbung, kam auf den Platz 164 hinaus, hielt mich links und sah mich in einem Viertel bewohnter Ruinen, wohl kürzlich während des Bürgerkrieges zusammengeschossene Häuser, schräg und zackig mit Lehm und Reisig notdürftig und irgendwie zusammengepickt, meist waren nichts als Kellergewölbe übrig, davor saßen zerlumpte Menschen, schmutzige, zerrissene Wäsche hing kreuz und quer, vermodertes Stroh lag überall, Pfützen stanken, ein kranker Esel wälzte sich stöhnend auf dem Boden, zwei Knaben kackten in den Gemeinschaftshof, ich ging weiter, oben war ein Kloster, das Spuren von hundert Gewehrschüssen und einer Kanonenkugel trug, das anschließende Seminar beherbergt jetzt arme Leute, ich trat an die niedere Mauer und –

– und blickte hinunter auf den Sangafluß, der sich hier in einer blaugrünen Serpentine wand, auf massiven Stufen klommen Weingärten die Hügelhänge empor, das Khakifarb der Hütten, das mich morgens entsetzt hatte, war nunmehr der Fleck menschlichen Lebens in orientalischer Landschaft, von rechts leuchtete schneeweiß das Profil des Ararat mit zwei steilen Kuppeln, von links grüßten Schnee und Eis des Allahgoes, –

– ein Knabe fragte mich, wie spät es sei, was kümmert dich die Zeit, kleiner Betteljunge, zwei Uhr ist es schon, vergessen sind die schnarchenden, streitenden, brummenden Fahrtgenossen von heute Nacht, ich sollte in den Gasthof, sonst wird ein freiwerdendes Zimmer wieder vergeben, –

– was kümmert mich die Zeit, ich sah soviel Merkwürdiges heut', orientalische Straßenköche, Barbiere, Goldstickerinnen, Instrumentenmacher, Bäcker, Hufschmiede, Silberschmiede, Teppichknüpferinnen, Pantoffelschuster, Büffeltreiber, Töpfer, Eselsattler, Viehhändler, Kappenmacher, Beter, Spieler und Bettler, heut' erlebte ich das alles, an einem Vormittag den ganzen Orient, –

– ein Nichts ist die Zeit, Genosse Bettelknabe, ein Nichts ist die Zeit, und die biblischen Berge leben uns heute über biblischem Land.

 


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