Ernst Jaedicke
Deutsche Sagen
Ernst Jaedicke

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Der Wode

(P. Zaunert)

Den Wode haben viele Leute in den Zwölften (die zwölf Nächte zwischen Christabend und Dreikönigstag) und namentlich am Weihnachtsabend ziehen sehen. Er reitet ein großes weißes Roß; ein Jäger zu Fuß und vierundzwanzig wilde Hunde folgen ihm. Wo er durchzieht, da stürzen die Zäune krachend zusammen, und der Weg ebnet sich ihm; gegen Morgen richten sie sich aber wieder auf. Einige behaupten, daß sein Pferd nur drei Beine habe.

Er reitet stets gewisse Wege an den Türen der Häuser vorbei und so schnell, daß seine Hunde ihm nicht immer folgen können; man hört sie keuchen und heulen. Bisweilen ist einer von ihnen liegen geblieben. So fand man einmal einen von ihnen in einem Hause in Wulfsdorf, einen anderen in Fuhlenhagen auf dem Feuerherde, wo er liegen blieb, beständig heulend und schnaufend, bis in der folgenden Weihnachtsnacht der Wode ihn wieder mitnahm.

Man darf in der Weihnachtsnacht keine Wäsche draußen lassen; denn die Hunde zerreißen sie. Man darf auch nicht backen; denn sonst wird eine wilde Jagd daraus. Alle müssen still zu Hause sein. Läßt man die Tür offen, so zieht der Wode hindurch, und seine Hunde verzehren alles, sonderlich den Brotteich, wenn gebacken wird.

Einst war der Wode auch in das Haus eines armen Bauern geraten, und die Hunde hatten alles aufgezehrt, der Arme jammerte und fragte den Woden, was er für den Schaden bekäme, den er ihm angerichtet. Der Wode antwortete, daß er es bezahlen wolle. Bald nachher kam er mit einem toten Hunde angeschleppt und sagte dem Bauern, er solle den in den Schornstein werfen. Als der Bauer das getan, zersprang der Balg, und es fielen viele blanke Goldstücke heraus.


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