Ernst Jaedicke
Deutsche Sagen
Ernst Jaedicke

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Der Wangeriner See

(P. Zaunert)

Zwischen Wangerin und Klaushagen in Pommern liegt ein See. Zu dem ging einst an einem Sonntag Vormittag ein Mann, um da Fische zu angeln. Er suchte sich eine günstige Stelle im Schilf aus, und wie er so dastand und ins Wasser sah, hörte er aus dem Seegrunde herauf ein wunderschönes Pfeifen. Das nahm seine ganzen Sinne gefangen und trieb ihn immer weiter in das Wasser hinein. Mit einem Male aber kam ihm der Gedanke: »Du willst hier sterben und könntest doch so glücklich auf der Erde leben! Hast du denn nicht deine liebe Frau und deine Kinder?« Und wie er das so bei sich bedachte, kam neue Kraft über ihn; er konnte jetzt der Lockung widerstehen und eilte nach Hause.

Denselben Tag ging auch ein Schäfer an die nämliche Stelle, seinem kranken Sohn Fische zu fangen. Auch er hörte das wunderschöne Pfeifen auf dem Grunde, aber er konnte sich nicht losreißen; es zog ihn tiefer und tiefer, bis er versank.


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