Ernst Jaedicke
Deutsche Sagen
Ernst Jaedicke

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Verwünschungen

Die Müggelberge und die Prinzessin vom Teufelssee

(Nach W. Schwartz)

Zuzeiten, heißt es, läßt sich auf den Müggelbergen ein Getöse von Jagdhörnern und Gebell von Hunden hören; es ist »die wilde Jagd«, von der man überall in der Mark, wo Wald ist, noch weiß, die zieht hier über die Berge.

Besonders spricht man aber viel noch von einem anderen Spuk daselbst, das ist der von der Prinzessin vom Teufelssee.

Es soll nämlich ihr Schloß in den See versunken sein. Andere meinen freilich, es sei nicht in den See, sondern in den Berg daselbst gesunken, und wo am Abhange desselben noch jetzt ein großer Stein liege, dort ginge es hinab; da hätte man sie auch früher oft des Abends in der Gestalt eines alten Mütterchens am Stabe gebückt hervorkommen sehen, ein Kästchen voll schieren Goldes in der Hand, das solle der erhalten, der sie erlöse; denn wegen Untreue sei sie von ihrem Bräutigam verwünscht worden.

Aber wie dies auch sei, an und auf dem Teufelssee hat sie doch eigentlich ihr Wesen. Da hat man sie entweder zuzeiten als Schwan auf dem Wasser treiben sehen, oder sie saß als schöne Jungfrau am Ufer und wusch sich und kämmte ihre langen, blonden Haare, und namentlich kam sie, wie es heißt, alljährlich am Johannistage herauf; denn das ist der Tag, an dem sie erlöst werden kann.

So wurde sie einmal von einem kleinen Mädchen aus Köpenick gesehen. Das hatte mit seiner Mutter Beeren im Walde gesucht, war aber von ihr abgekommen und irrte nun weinend am Teufelssee umher. Da hat es denn die Prinzessin mit sich hinuntergenommen in ihr Schloß und reich beschenkt wieder entlassen.

Wer nun die Prinzessin erlösen will, der muß sie in einer bestimmten Nacht um 12 Uhr nach Köpenick hinein und dreimal um die große Kirche herumtragen. Einmal hat es auch schon einer versucht; aber es ist ihm nicht geglückt. Es war ein Fischer aus dem Kietz (Vorstadt von Köpenick), den soll die Prinzessin im Traum gerufen und ihm alles gesagt haben, was er tun müsse. – Andere sagen, als er seine Netze am hellen Mittag einmal ausgeworfen, da sei ein mit vier Pferden bespannter Wagen, auf dem eine große, weiße Gestalt gesessen, von den Müggelbergen heruntergekommen; die Pferde hätten aber keine Köpfe gehabt. Das sei die Prinzessin gewesen, und da habe sie ihm alles angegeben. Vor allem habe sie ihm gesagt, er solle sich beileibe nicht umsehen und nur kühn zugehen, es komme, was da wolle, dann werde ihm nichts geschehen.

Zur bestimmten Zeit stellte er sich auch ein, und zuerst ging alles ganz gut. Schlangen und anderes Ungetüm kamen ihm in den Weg; er trat auf sie, als wäre es nichts, und schritt weiter. Allerhand Blendwerk kam ihm entgegen, ein großer Wagen, mit Mäusen bespannt, und andere Ungeheuerlichkeiten, es rührte ihn nicht. Selbst als die ganze wilde Jagd ihm entgegenkam, lauter wirre Gestalten, die Köpfe unter dem Arm, mit feurigen Augen und entsetzlichem Heulen, er hielt tapfer aus. Doch immer schwerer wurde die Prinzessin, wie federleicht sie zuerst gewesen, so daß er unter der Last nur so ächzte. Schon war er inzwischen glücklich nach Köpenick hineingekommen und hatte den Gang um die Kirche angetreten. Bald war er am Ziel, – da leuchtete es plötzlich hinter ihm, als wenn ganz Köpenick in Flammen stände. Erschrocken sieht er sich um, – da entgleitet ihm die Prinzessin, und alles ist verschwunden; er hörte nur noch ihr Wimmern, mit dem sie wieder versinkt, und zugleich trifft ihn ein Schlag, der ihn niederwirft, daß man ihn besinnungslos dort fand und er nur noch wenige Tage lebte.


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