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Martin-Möbius Pseudonym für Otto Julius Bierbaum., Steckbriefe

Berlin/Leipzig 1900

Was die meisten Dichter zuwenig haben, hat er zuviel: Gehirn. Und ist dennoch gar nicht klug. Man möchte fast sagen, er ist ein Genie. Aber was heißt das: ein Genie ohne Form? Das gibt höchstens einen Propheten. Aber selbst dazu ist er zu verrückt. Sagen wir, er ist eine Wolke oder, etwas gröber gesprochen, ein Quatschkopf, ein geniales Rührei, eine – Seele. Die Deutschen kennen ihn nicht, und wenn sie ihn kennten, würden sie sich wieder einmal die Bäuche halten vor Lachen. In der Tat: ein Kerl zum Schieflachen! Wirklich, meine Herrschaften, ein Heiliger lebt unter euch, ein Asket und Narr, ein Weiser und ein Vagabund, einer, der innerlich in allen Zungen redet, aber doch nur lallen kann, ein Wahnsinniger, der unendliche Reichtümer hat und Vor den Garküchen bettelt, ein gutes drolliges Kind, das plötzlich psalmodiert.

Der Steckbriefschreiber möchte von allen deutschert Dichtern nur ihn kennenlernen und kennt doch nur zwei glänzend hilflose Bücher von ihm, von denen das eine (»Die Sozialisten«) längst den Weg aller Makulatur gegangen ist. Vielleicht existiert er aber gar nicht. So etwas Unglaubliches ist in seinen Büchern, daß man glaubt, sie seien nicht von einem, der da lebt.


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