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Einstimmiger Beschluß

Im großen Storchsaale war Sitzung.

Der Vorsitzende, ein strammer Zehnpfünder, Klein-Machnow mit Namen, schwang die Schelle wie weiland Graf zu Stolberg.

Die ganze Watte um ihn her zitterte wie Schaum, der sich von der Brandung verflogen hat und nun wie eine scheue Mädchenseele ganz Zittern und Zagen ist.

»Abgeordneter Kleber hat das Wort.« Kleber begann: »Der Fall Dippold zeigt wieder einmal recht die innere Fäulnis der heutigen Gesellschaft.

Der muß begegnet werden, und zwar recht energisch.

Ich schlage vor und hoffe dabei, die Zustimmung des hohen Hauses zu finden: von nun an wird keiner mehr von uns zu einem Bankdirektor gehen. So erheben wir am besten Protest gegen die Infamie, daß man Kinder in die Welt ruft, um sie dann durch einen Hauslehrer wieder hinausprügeln zu lassen.

Solche Art Leute sind nicht fähig, sich Kinder zu halten.

Was Sie angeht, Herr Streber, der Sie uns nur mit der abgegriffenen Redensart zu kommen wußten: ›einmal ist keinmal‹, und es sei doch nicht angezeigt, sich durch einen voreiligen Beschluß grade die besten Stellen zu verlegen, so stelle ich Ihnen anheim, sich auszuschließen und den nächsten Bankdirektor, dessen Wechsel fällig ist, aufzusuchen; dort wird Ihnen der gelbe Onkel schon klarmachen: einmal ist keinmal. Sie aber, meine Herren, werden die Würde der Menschheit und dieses hohen Hauses besser zu ehren wissen und durch Akklamation bei diesem Beschluß mir Zustimmung zu diesem Akte ausgleichender Gerechtigkeit geben.«

Ein Sturm des Beifalls raste minutenlang, bis Klein-Machnow mit der Schelle Raum gewann für seine Stimme, und die Aufforderung ergehen lassen konnte: »Wer für den Antrag Kleber ist, möge sich erheben. Das ist die Mehrheit.

Die Gegenprobe, wer gegen den Antrag Kleber ist, möge sich erheben.«

Alle blieben sitzen, sogar Streber, was ein unauslöschliches Gelächter hervorrief.


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