Franz Gräffer
Josephinische Curiosa
Franz Gräffer

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58. »Kaiser Josephs Reformation der Freymaurer.
Eine Denkschrift fürs achtzehnte Jahrhundert.
Von E****.«

Der Verfasser dieser Schrift ist der Doctor und Professor Leopold Aloys Hoffmann, derselbe, welcher die bekannten Prediger-Critiken geschrieben hat. Sie erschien 1786 bey Wucherer in Wien in zwey Heften, und wurde dann eben in die Sammlung der Freymaurerschriften aufgenommen, was im ersten Bändchen der Josephinischen Curiosa, Artikel: Kaiser Joseph und die Freymaurer, angeführt ist. Die erste Lieferung hatte Hoffmann schon geraume Zeit in seinem Pulte liegen. Es scheint, daß er mit dieser Arbeit selbst nicht recht zufrieden gewesen sey. Er sagt in der Vorrede: Ich muß vorläufig bemerken, was dieß Manuscript etwa für ein Ding seyn möge. Es ist eine Art Predigt, Rhapsodie, Fragment, Declamation oder dergleichen über das Thema: »Die Freymaurer sollten einmahl anfangen, klug zu werden.« – In der That kann man den Inhalt der ersten Lieferung füglich übergehen; Niemand wird etwas dabey verlieren. Die Vorrede der zweyten Lieferung schließt mit den Worten:

Ich habe mir es zur Pflicht aufgelegt, die Josephinische Reformation dem profanen, denkenden Publicum im wahren Lichte zu zeigen. Was ich in der ersten Lieferung sagte, sollte unterdessen in allgemeinen Betrachtungen das Wahre und Unwahre von einander absondern; es ist aber noch vieles vergessen worden: dieses will ich hier nachholen und noch einige besondere Dinge hinzufügen, die durch die vorhandenen Umstände das Recht der öffentlichen Kundmachung erhalten haben.

Der Text des zweyten Heftes läßt erkennen, wie damahl wohl die meisten aufgeklärten Leute über das Freymaurerwesen, nahmentlich in Österreich gedacht haben mögen; und in dieser Hinsicht besonders in Bezug auf Joseph, ist die Schrift allerdings beachtenswerth. Ihr Inhalt ist dieser:

Das Volk, dem ich vorhin den characteristischen Titel: Grundsuppe der Maurerey gab, bellt mit fürchterlichen Zähnen den hellen Mond an. Es ist das Geschrey eines gepeitschten Sclaven, womit sie den Kaiser wegen seinem Patentausdruck: Gaukeley, verfolgen. Auch ich bediente mich einigemahl des nähmlichen Ausdrucks. Die Klugen begnügen sich bereits mit meinen hierüber angeführten Gründen; aber da, wie Salomo sagt, der Narren mehr sind als der Klugen, und es ferner so derbe Narren gibt, die man wie Grütze im Mörser stampfen muß, so sollen auch die weiteren Gründe nicht verschwiegen bleiben, daß Gaukeley die wahre passende Benennung der heutigen Maurerey ist. Diese Art von Nothwehr gilt dann auch, wie man einsehen wird, jenen Männern, die als Triebwerke des kaiserlichen Patents bekannt geworden sind, und die eine Heerde mißmüthiger Knaben zum Lohn für die Wohlthat mit Koth wirft.

Ich lege, ehe ich zur Arbeit mich anschicke, noch einmahl das feyerliche Bekenntniß ab, daß nur Mißbräuche, Tollheit, Kinderpossen und Sottisen die Gegenstände meiner Geisel seyn sollen; daß das wahre Gute einen warmen Verehrer an mir hat; daß ich nur Baal zertrümmern helfen will, damit weise Baumeister dem lebendigen Gott auf dem öden Trümmerwerk einen neuen Tempel aufführen können.

Was ist Gaukeley: Eine verhältnißmäßige Beschäftigung für Kinder, Narrenkluge, alte Leute. Das Kind gaukelt mit seinen Kartenhäusern; der Narr mit seinen Schimären; der Kluge mit ernsthaften Lächerlichkeiten – und so weiter jeder Sohn der Erde mit seinem Steckenpferde.

Es können Eingriffe eines Handwerks ins andere geschehen. Das Kind kann ein ernsthafter Gaukler, der Kluge ein Kindischer werden, – und dieß erzeugt vermischte Gaukeleyen, die natürlicher Weise noch schlimmer sind, als die einfachen.

Wir kommen zur Anwendung. Mit Recht nennen wir den Mann einen vermischten oder doppelten Gaukler, der nicht nur mit einer wichtigen und ernstvollen Miene Lächerlichkeit und Kinderwesen treibt, sondern der noch überdieß mit dem Bewußtseyn, daß sein Thun und Lassen Kinderey ist, doch Kindereyen ernsthaft mitmacht.

Laßt uns sehen, ob dieser zweyfache Fall in der Maurerey eintrifft.

Zu Babel verwirrten sich die Sprachen. Die Maurer nennen ihre Candidaten Suchende, obschon sie die meisten selbst suchen – ihre Arbeitsstube Loge, ihre zwecklose Zusammenkünfte Arbeiten, ihren Wein Pulver, ihr Wasser Sand, ihre Trinkgläser Kanonen, den Großmeistersitz Altar, u. s. w. Vernünftige Leute, die nicht gaukeln. nennen jedes Ding nach dem angenommenen Sprachgebrauch mit dem rechten Nahmen. Dieses Verkehren der Begriffe hat große Aehnlichkeit mit der geheimen Sprache der Handwerksburschen, oder der noch geheimern der Diebe.

Der Maurer trägt eine Kelle – zum Zeichen, daß er ein Maurer ist, der nichts mauert – einen Schlüssel, der kein Schloß aufschliessen kann, weil nichts aufzuschliessen ist – einen Degen zur Vertheidigung seiner Brüder, und zum Beweise, daß er ein Ritter, und zwar ein freyer Ritter ist – eine mit allerley Blumwerk verbrämte lederne Schürze, als Symbol seiner Keuschheit. Alle diese Zeichen und Symbole sind wohl aber vermuthlich nicht Gaukeleyen, am wenigsten bey gesetzten, bejahrten, denkenden, philosophischen Männern!

Der Maurer führt seinen Candidaten in ein finstres Loch, wo nicht eine Sonne, nicht Mond hinscheinen darf. Er nennt diesen Probekerker die schwarze Kammer. Hier sitzt der Candidat stundenlang, paßt in der Furcht seiner Seele auf Erlösung; ein sogenannter fürchterlicher Bruder secirt ihn von Zeit zu Zeit mit albernen Fragen. Das Zeug sieht auf ein Haar nicht besser aus, als die alten Teufelscomödien am Charfreytag, oder die St. Niclasfarce um Weihnachten.

Endlich bekömmt er Licht zu sehen; man fängt an, ihn zu entkleiden. Alles Metall, Schnallen, Uhr, Geld wird ihm abgenommen; ein Knie entblößt; Rock und Weste muß weg; die linke Brust wird aufgedeckt; eine Binde vor den Augen macht ihn zum Belisar, der nun guter Dinge eine Reise antreten muß.

Je nachdem der fürchterliche Bruder Grütze im Kopf hat, treibt er seine Schwänke mit dem reisenden Candidaten. Er lügt ihm von Grüften, Bergen, Thälern, Teufeln und Engeln vor. Endlich wird an der Logenpforte Halt gemacht. Man pocht an. Der wacheführende Thürsteher mit seinem bloßen Degen in der Hand erstattet Rapport. Es fängt ein Examen an, als wenn der arme Reisende in der Qualitaet eines Maleficanten eine Reise nach dem Rabenstein zu machen hätte.

Die Logenpforte fliegt auf; der blinde Reisende wird eingeführt, er bekömmt vom fürchterlichen Bruder einen Rippenstoß, daß ihm Seele und Herz wakeln muß, mit dem Bedeuten, daß er nun sich allein überlassen sey. Ein neues Verhör vom Meisterstuhl herab nimmt seinen Anfang. Der Bruder Aufseher packt ihn dann an, und setzt mit der Degenspitze auf der Brust die Reise fort. Es wird dreymahl gereist. Auf dem Wege begegnet allerley Ungemach. Man muß Hügel und Graben steigen; der Teufel kömmt mitunter auch in Vorschein; am schrecklichsten ist aber das dreyfache Kolofonienfeuer des Bruders Ceremonienmeisters, durch welches der Reisende dreymahl muß.

Nach derley überstandenen Drangsalen und Mühseligkeiten, wo die zusehenden Brüder vor langer Weile das Frieren kriegen, wird die Ablegung des Eides beliebt. Die Reise geht zum Altar des Großmeisters. Der Candidat kniet nieder, und papageyt dem Bruder Secretär einen Schwur nach, bey dessen Ablegung man von Rechtswegen das ganze Collegium mit Nießwurz bedienen sollte. Der Eid ist fürchterlich; man mischt Gottes Barmherzigkeit, Körperverbrennen, Herzausreissen, und Zungenabschneiden drein, alles in Absicht auf Verschwiegenheit der mitgetheilten Geheimnisse. Die Klugen haben sich ein Sprichwort gemacht, indem sie die Handlung Juramentspielen nennen. Ein weiser Bruder sagte ehemahl über diesen strafbaren Eidmißbrauch einige kräftige Wahrheiten; er wurde aber zum Ketzer gemacht.

Lassen wir es unterdessen hiebey bewendet. Ich fordre alle vernünftige Maurer auf, zu gestehen, ob sie diese Art von Ceremonien und Arbeiten je anders als Gaukeley genannt haben, und nennen haben können? das profane Publicum fordre ich auf, zu prüfen, ob dieß Gaukeley sey oder nicht! Wer aber an der Wahrheit meines Berichts zweifeln wollte, der gehe hin, lasse sich zum Maurer machen, erfahre selbst, was hier geschrieben steht, und mehr, wovon vielleicht späterhin noch die Rede fallen wird.

Wer wagt es nun, ohne Heuchler und Lügner zu werden, dem Ausdruck Gaukeley zu widersprechen? Armselig und feig ist das Geschrey der Getroffenen, die mit Kaiser Joseph zur Fehde sich rüsten, weil er das Kind beym wahren Nahmen genannt hat. Unverschämtheit ists, jene Obern und kluge Brüder mit Schimpf und Feindschaft zu behandeln, die, müde des Marionetenspiels und schamroth über das schale Kinderceremoniel, den Unfug einschränken, und nicht länger Kinder seyn wollen. Laut sey es gesagt, daß ich zur Fahne dieser gehöre, und längst dazu gehörte, und daß ich so lange aus allen Listen ausgestrichen seyn will, als solch sinnloses Fratzenwerk den Maurerorden zu einer Congregation hölzerner Mönche machen wird.

Ja es muß einmahl über gewisse Dinge unter uns zur Sprache kommen. Aufklärung und Philosophie ist das ewige dacapo eurer Predigten; ihr reformirt alles vom Monarchen bis zum Capuciner, von Leibnitz bis zum Bänkelsänger. Faunengelächter begleitet jede Handlung der Profanen, die nicht euer Cirkel und Winkelmaas vorgezeichnet hat. Alleinweisheit macht eure Köpfe schwindlicht; wer nicht in der schwarzen Kammer Blut geschwitzt, nicht die blinde Reise durchs Colofonienfeuer gemacht hat, gilt euch für einen Idioten, kann nicht am Menschenwohl zweckmäßig arbeiten, denn er hat eure Pläne, und Risse zu Salomos Tempel nicht gesehen.

Und da ihr eure Köpfe in der Wolke des Eigendünkels herumtragt, so nehmt ihr euch nicht Zeit auf eure Füsse zu sehen; die ganze Erde ist euch ein Narrennest, ein Clubb von Dummköpfen, und auf den Schnickschnak eurer Logen denkt ihr nicht.

Blutig habt ihr mit vereinigten Hieben in die Mönche und Pabstthum hineingegeiselt. Spott und guten Rath enthalten eure Schriften zur Besserung der Geistlichkeit. Aber warum rathet ihr euch denn nicht auch selbst? Warum gilt es für Hochverrath, auch eurer zu spotten, da ihr der schwachen Seiten so viele habt, als die Mönche.

Wir wollen einige dieser schwachen Seiten aufdecken. Es sey dem profanen Publicum überlassen, Gaukeley oder gar Abgeschmacktheit darin zu finden.

Laut ist das Geständniß geworden, daß in der Maurerey noch das Beste die Tafellogen sind, vorzüglich bey einer gewissen Loge, die jeder selbst sich nennen kann. Traurig genug, wenn ein philophischer Orden sein Primum et Summum in Essen und Trinken setzt. Es gehört ein großer Glaube dazu, in Eß- und Trinkgelagen Schulen der Weisheit zu finden.

Oder vielleicht verkündigt sich bey diesen Gelagen die Weisheit in den mancherley Gesundheitsformeln, die der Witz der Brüder als das Granum Salis auftischt?

Blumauer, der als treuer Bruder und Menschenfreund meine ganze Achtung hat, konnte den Tafellogen keinen giftigern Geruch geben, als er durch öffentliche Bekanntmachung seiner Freymaurergedichte gethan hat; und der edle Mann B. erscheint hier in einem Lichte, worüber seine vielen und warmen Freunde (seine Schmeichler weggerechnet) nichts anders als betroffen seyn können. Die Welt erfährt Dinge, darüber im geheimen Kreise der Brüder schon mancher überlegende Mann mit Recht in Ärger kommen mußte.

Spottgelächter über Heilig und Unheilig; Zweydeutigkeiten im Geschmack von Rosts Schäfergedichten; unerträgliche Selbstsucht und Selbstlobrednerey; hämische und satyrische Parodien auf heilig gehaltene Ordensgebräuche – dies sind die Ingredienzien jener Gedichte. Wenn man solche Sachen der Welt um einen Gulden verkauft, so darf ich und jeder auch Bemerkungen der Wahrheit, Klagen und Erinnerungen der Welt bekannt machen.

Ich muß einige Strophen aufschreiben, ächten Maurern zum Verdruß, den Profanen zum Fingerzeig.

Wer da wissen will, was ein Maurer nach der Mode zu seinem Ordenszweck macht, oder wenigstens mitmacht, der lese Seite 153.

»Sanct Ignatz sandte Jünger gar
Nach Indien, der Heiden Schaar
    Zu tödten und zu plündern.
Wenn Maurer nach den Ländern ziehn,
So werden sie die Heiden drinn
    Eh' mehren als vermindern«.

Man verstehe diesen Witz im religiösen oder physischen Sinne, so ist das Ende vom Liede immer eine abgeschmackte Sottise.

Eine gute Lehre, wie ein Bruder Maurer mit seinem Weib, Schwester sich in gewissen Puncten zu benehmen habe, gibt Seite 104.

»Wenn eine Schwester zankt, daß sie
Nicht Erben kriegt, so machet nie
    Durch Zwang das Übel größer;
Beruhigt sie für diesen Fall,
Und machet für ein andersmahl
    Die Ehstandsarbeit besser.«

Allerdings kann auch die profane Welt von dergleichen geheimnißreicher Weisheit ihren Nutzen ziehen.

Eine Probe, wie man sich in pleno brüderliche Etikette beweisen kann, liefert Seite 132 in der Schwestergesundheit am Nahmensfeste der Schwester Theresia v. S . . s

            Die eine (die h. Theresia) hat als Weib sogar
Der ganzen Carmelitenschaar
    Die Hosen weggenommen;
Allein der Mann der anderen
Ist um die seinen, wie wir sehn,
    Bis dato nicht gekommen.«

Im nähmlichen Liede folgt sogleich eine Belehrung, was die Maurer mit ihrem Trinken für mächtige Dinge wirken können.

»Die eine sieht man nun zum Lohn
Auf Bildern und Altären schon
    Als Heil'ge figuriren;
Die andre aber wollen wir
Mit unseren Canonen hier
    Nun auch canonisiren.«

Die Bibel, wie wir wissen, ist jedem echten Maurer ein heiliges und ehrwürdiges Buch, denn er muß seinen Eid darauf schwören. Seite 158 liest man folgenden wohlgerathenen Commentar.

»– Schnellkraft für Jahrhunderte
    Lag in der Maurer Lenden;
Was jetzo kaum ein Fünfziger
Mehr kann, hat als Fünfhunderter
    Durch Buben, stark wie Riesen,
    Herr Abraham bewiesen.

Die Hausfrau wußte da nicht viel
    Von Zwang und Etikette,
Und gieng, so lang es ihr gefiel,
    Mit ihrem Mann zu Bette;
Und war sie nun des Dinges satt,
So konnte sie, wie Sara that,
    Dem Manne nach Belieben
    Ihr Mädchen unterschieben«.

Man muß gestehen, daß hierinn wenigstens tiefe Weisheit der Natur liegt, und daß die Maurer bey weitem keine so geschwornen Freunde des Cölibats sind, als ihre Brüder, die Capuciner und Franciscaner. Auch gewinnen wir hieraus einige Begriffe von ihren Arbeiten und ihrem salomonischen Tempelbau.

Sollten diese gegebenen Proben nur wenigen hinreichend sein, der Maurerey auch den Ehrentitel einer komischen Freygeisterey beyzulegen; so muß man mit einer gewissen Gattung von Brüdern persönliche Bekanntschaft machen. Ich hoffe jenes Vertrauen von den Vernünftigen erworben zu haben, daß ich in so fern ein Freygeist bin, als meine Religion keine Lucaszettelreligion ist. Und so kann man sich auch denken, von welcher Freygeisterey hier die Rede seyn mag.

Von jener nähmlich, wo gedankenlose Knaben wie die Elstern über alles schnattern, was sich schnattern läßt; wo man nichts glaubt, weil man gehört hat, ein Maurer müsse ein Philosoph seyn; wo man über alles spottet und lacht, weil dies ein Bonmot zu einer Schwestergesundheit hergeben kann; wo man den religiösen Mann als einen Schafkopf verachten lernt, weil dieser glaubt, positive Religion sey die Grundfeste der bürgerlichen Gesellschaft; wo man ein Schwätzer wird, der nach Art der Missionäre seine Aufklärung von den Dächern predigt.

Und diese Freygeisterey – wer wagt es, den ersten Stein wider mich aufzuheben, daß ich es laut sage? – frißt wie der Krebs in dem maurerischen Körper herum. Es wimmelt von Milchbärten, die, kaum der Ruthe des Schulmeisters entlaufen, schon Modeglauben verkündigen, schon Philosophen werden, ohne den Catechism verstanden zu haben.

Ich muß mir den Rücken freyhalten, und den Teufel des Mißdeutens entwaffnen, der mich etwa zu beschuldigen Lust hätte, als meinte ich hier jene bejahrte und junge Männer, die durch Verbreitung wahrer und mässiger Aufklärung dem Staat und der Religion wesentliche Dienste geleistet haben, einen S. B. K. G. P. H. R. Ich meine die vielen Affen wahrer Aufklärer, denen zu einem solchen nichts fehlt, als Kopf und Herz.

Indessen ist das Übel doch sehr ansteckend. Selbst die Klugen werden in dem Wirbel mitfortgerissen. Und weil der schwache Kopf da anbeissen muß, wo seine Zähne Kraft haben, so geht es natürlich zu, daß der größte Theil des Aufklärervolks sich an dem Mönchen reibt.

Gut paßt hier eine Stelle, auf die ich mich eben erinnere: »Wider die Mönche! Das war die Losung. Da zogen sie aus, in hellen Haufen, mit Schellen und Bockfüßen, und langen Ohren und Löwenhäuten. Gutes Gesindel! du bist berauscht; du hörst das Schellengeklingel und läufst muthig hinten drein. Aber die Klugen lachen über dich, denn sie wissen, daß das Sturmgeschrey der Narren den Sieg zweydeutig macht.«

Ja wohl lachen die Klugen, und müssen lachen, wenn der Mohr seinen Bruder schwarz schimpft. Aber unwillig müssen sie werden, wenn immer und ewig über den Schiefer im Auge des Mitmönchs geschrien, und der große Balke im eigenen Auge nicht gesehen wird.

Es ist Weisheit des Regenten, die nach und nach die Klosterconventikeln einschränkt. Sollte es aber nicht noch größere Weisheit seyn, auf die Conventikeln solcher Leute zu merken, die durchaus für das nicht angesehen seyn wollen, was sie sind.

Die eigentlichen Mönche waren so redlich, durch ihre Kleidung sich der Welt als solche zu zeigen, so ehrlich, der Welt laut zu sagen, was ihr Entzweck sey, welche Statuten, welche Ordensgesetze sie hätten.

Die Maurer verstecken sich hinter die Wolke des Geheimnisses, scheuen wie Nachteulen das Licht, und wollen nur durch Zeichen und Griffe gekannt seyn, wie – das Gleichniß mag unterdrückt bleiben.

Ich hätte eine treffende Parallele zwischen der Maurerey und Möncherey bey der Hand. Aber ich mag mich nicht zu tief in dieses Detail einlassen; man könnte mich sonst vielleicht gar für einen Mönch halten, oder glauben, die Mönche hätten mich in Sold genommen.

Wir haben angefangen einige schwache Seiten der Maurer aufzudecken; die Rede war bisher von den Tafellogen und der Freygeisterey vieler Brüder. Laßt uns noch einige aufdecken.

Das Zanken und Hadern unter den Eingeweihten war schon lange her ein großer Stein des Anstoßes für brave Maurer. Manche Loge hat ihre determinirte diabolos rotae, die ihr Geschäft daraus machen, überall zu widersprechen. Sie nehmen Grobheiten und Beleidigungen zu Hilfe, wenn die Loge nicht ihre Meinung per vota majora annimmt. Man hat viele Beyspiele, daß sich die ehrwürdigen Brüder in gremio charitatis mit Buben, jungen Leckern, Eseln und Dummköpfen honoriren. Wehe einem neuen Bruder, der ein unrechtes Wort wider diese Cromwells der Maurerey fallen läßt! sie hassen und verfolgen ihn so lange, bis er auf allen Vieren seine demüthige Abbitte macht.

Leute, die im profanen Leben lange Zeit warme Freunde waren, sind oft als Brüder bey der Ballote über einen Candidaten ewige Feinde geworden. Hinz proponirt jemanden zur Aufnahme. Kunz meint, die Aufnahme könne nicht statt haben aus Gründen A, B, C, D, u. s. w. Hinz, den es verdrießt, daß sein Candidat nicht logenfähig seyn soll, fährt Kunzen übers Leder. Der Meister von oben schlägt mit dem Hammer in den Tisch; die Brüder factioniren sich in Partheyen, Kunz behält Recht, der Candidat wird abgewiesen. Und nun gebt acht, ob Hinz und Kunz in ihrem Leben einander mehr aufrichtig ansehen werden.

Irgend ein Bruder, jung oder alt, der bey dem immer wiederhohlten Strohdreschen des salomonischen Tempelbaus seine Geduld verloren hat, denkt mit redlichem Herzen auf einen Vorschlag, wie die öffentlichen Zusammenkünfte doch zu etwas Besserm werden könnten, als zum blinden Kuhspiel. Er ist mit seinem Vorschlag fertig, und bringt ihn ad deliberandum.

Heiliger Salomo! welche Gesichter schneiden deine alten Gesellen und Meister über den heterodoxen Projectmacher! Was, schreyen sie, der will reformiren? der will die Grundfeste des heiligen Ordens umstoßen? dem sind unsre uralten und mit Ablaß begabten Ceremonien nicht recht? der will klüger seyn als wir? der ist so dumm, in unsern weisheitschwangern Hyeroglyphen nicht Nahrung und Stroh genug für seinen hungrigen Geist zu finden? Proh Scandalum! Crucifige, crucifige illum!

Ich bitte hier um eine kleine Gewissenserforschung, und dann um gebührende Reu und Leid.

Die Sache läßt sich übrigens durch ein Beyspiel erläutern.

Eine gewisse Loge in Wien, die so geheimnißreich ist, daß alle Profane sie kennen, war des ewigen sinnlosen Gegaukels mit X und A, und A und X müde; sie sammelte verschiedene Schriftsteller unter ihre Flügel, und der größte Theil ihrer Arbeiten wurden phylosophische und belletristische Unterhaltungen. Sie hat aber ihre Ketzerey theuer zahlen müssen. Beynahe alle übrigen Logen nahmen ihren Witz zusammen, sich über den gelehrten Clubb der B . . . r lustig zu machen. Zum Beweise lese man die bey der gegenwärtigen Revolution erschienenen Maurerschriftchen; fast alle theilen ihre Hiebe über diese gelehrte Loge aus.

Und das heißt der Maurer seinen Einigkeitsgeist!!!

Nicht minder erbaulich ist die von den Profanen sogenannte Rangsucht, die sich in dem Herzen der Maurerey ihren festen Wohnsitz aufgeschlagen hat.

Rabener oder Swift hätten immer einige Thaler drum schuldig seyn dürfen, einer maurerischen Beamtenwahl spectando beyzuwohnen. Es ist freylich weltbekannt, daß es unter Brüdern eine allgemeine Gleichheit gibt. Aber deßwegen möchte doch gern Paul und Peter und Caiphas und Herodes auf dem Großmeisterstuhl sitzen, denn der Hammer ist ein gar zu verführerisches Instrument zur Tyrannisirung freyer Ritter.

Da werden denn Vota gebettelt. Kuns, der ein brünstiges Auge auf den Stuhl nächst dem Großstuhl geworfen hat, fällt auf den dritten Stuhl herab. Er meint, St. Michael habe ihn vom Himmel geschleudert; er mag nun gar keinen Stuhl, und macht den Brüdern die Predigt, daß sie nur zusehen sollen, wie es ihnen jetzt gerade so gehen wird, wie den Fröschen mit dem König Storch.

Und so gar Unrecht hat Kuns eben immer nicht. Ich habe Leute gesehen, die in ihrem Großstuhl und mit ihrem Hammer gravitätischer ausgesehen haben, als Sancho Pansa bey seiner Statthalterschaft.

Brüderliche Despoten haben so manchen Großstuhl usurpirt; haben gutdenkende Brüder niedergetreten in den Staub, Chicanen gebrütet, und von elenden Speichelleckern sich zum Götzen hinaus schmeicheln lassen.

Die Mönche wollen von meiner Seele nicht weg. Eben jetzt drängen sie sich mit Gewalt heran. Sie wollen sich schlechterdings in eine Parallele stellen. Es sey!

Der Guardian, der Prälat hat seine Lieblinge, seine Ohrenbläser; er haßt alle, die nicht um ihn kriechen, alle, die seine Sclaven nicht seyn wollen, alle die klüger sind, als er. – Die Guardiane der Maurerey folgen ihren Mustern Schritt vor Schritt. Wie mancher Taugenichts hat durch sein Kriechen und Ohrenblasen beym Großstuhl sein Glück gemacht, und wie manches maurerische Verdienst darbt in der Stille, oder bettelt, weil es dem Großstuhl nicht hofiren wollte.

Die Mönche haben ihre Emissarien, die dem Orden Proselyten anwerben, ihre Spione, die Familiengeheimnisse ausforschen, ihre Beichtväter, die Minister und Hofrathsweiber in das Interesse des Ordens ziehen müssen. – Die Maurer stellen in öffentlichen Ämtern und Kanzeleyen ihre Emissarien und Spione aus; sie passen ihre Feinde ab, und wo ein leerer Fleck zu finden ist, da schieben sie ihre Creaturen ein.

Ein Mönchsorden lästert über den andern, die braune Kutte über die weiße, die weiße über die schwarze. – Jede Loge dünkt sich die beste. Bist du in die Loge Y aufgenommen, so sagt die Loge A, du wärst in einen hochadelichen Eselsstall gekommen; Loge B, du wärst unter Beutelschneider gefallen; Loge C, du würdest Magie lernen müssen; Loge D, du gewännst in der profanen Welt keinen Einfluß u. s. w. Und dafür verspricht dir die Loge A gereinigte Philosophie, Loge B Freygebigkeit und Schätze, Loge C den ächten Stein der Weisen, Loge D giltige Ansprüche auf ein Churfürstenthum, und so fort jeder Zahnbrecher seine ächte und gerechte Universaltinctur vor Sausen und Brausen der Ohren &c. &c. &c.

Die Mönche in corpore halten sich für den Grund und Eckstein der Religion, des Staats, der Wissenschaften. – Die Maurer sind lauter Atlasse und St. Christophs, die Himmel und Erde, und alles was drinn und drauf ist, auf ihren Schultern tragen; Generalpachter des Verstandes, der Vernunft und aller sieben Gaben des heiligen Geistes; Monopolisten der wahren und mit päpstlicher Authentica versehenen Nieswurz – und so ferner.

In den Lobreden auf ihre Ordensheilige suchen die Mönche immer den halben Himmel durch, ehe sie den rechten Platz für ihren Mann finden können. – Ein Maurer läßt der ganzen Welt in so weit wohl Gerechtigkeit widerfahren; aber das behauptet er doch mit gutem Gewissen über jedes fünfte Wort, daß alles um und um keinen Pappenstil taugt, gegen die himmelstürmenden Vorzüge der hochheiligen Maurerey.

Ein jeder Mönchsorden sucht, wo und wie er kann, einem andern die besten Bissen wegzuschnappen, Beichtväter-, Prediger-, Hofnarrenstellen für sich zu acquiriren. – Die Maurerey in genere und jede Loge insbesondere, schwitzt für ihre Glieder um Hofraths-, Professor-, Domherrn-Favoritenstellen.

Genug hievon! So gewiß es aber ist, daß zu große Ähnlichkeit vielmehr Haß als Zuneigung stiftet, eben so wenig darf man sich über die Bitterkeit und Feindseligkeit wundern, mit welchen die Maurermönche die Capuzenmönche verfolgen.

Nicht leicht wird es in einem Gremium so viel Intoleranz und Fanatismus geben, als im Gremium der Maurerey.

Beobachtet zum Beyspiel ihr Betragen gegen die Jesuiten. Eigentlich zu reden, ist es Neid und Eifersucht, womit sie diese ansehen. Bey allen möglichen feinen und klugen Anstalten haben sie es doch noch nicht so weit gebracht, in der Schule der Jesuiten auf der vierten Bank zu sitzen.

Und gerade, weil die Jesuiten ihnen so gern die Eyer aus dem Nest stehlen und zerschlagen, so möchten sie immer den Kopf an die Wand stoßen, wenn ein Jesuit ihnen in die Zähne lacht.

Wenn es wahr ist, daß ein Staat sich eben dadurch wohl befindet, wenn die gefährlichsten Partheyen darinn einander immerfort in den Haaren liegen, so ist es gewiß nicht zu rathen, die Freymaurer mit den Jesuiten auszusöhnen. Es gibt ein gesundes Clima, wo Winde die böse Luft reinigen; und eine ruhige Speisekammer, wo Katzen gegen die Mäuse fleißig Wache halten.

Indessen ist doch auch hiebey die Vorsicht nicht zu vergessen, daß beyde Partheyen nicht durch sich selbst schädlich und gefährlich werden. Diese Gefahr wächst ganz natürlich nach dem Grade der Gewalt, des Einigkeitsgeistes und der Wahl der besten Mittel, welche den grossen Entzweck Eigennutz und Eigenvortheil befördern.

Wer beyde Partheyen kennt, wird gern gestehen, daß von dieser Seite den Maurern um einen guten Theil mehr zu trauen ist, als den Jesuiten. Schädlich im eigentlichen Sinne ist die Maurerey wohl nicht; einzelne Complotte gelten nicht fürs Ganze, und solche Complotte für sich genommen sind auch schädlich, wie ich es auf Begehren zu erweisen erböthig bin.

Also schädlich ist die Maurerey im Allgemeinen nicht. Aber Gaukeley treibt sie, und Abgeschmacktheiten und Kinderpossen; Zeit verdirbt sie, und macht unerfahrne Köpfe schwindlicht; eine lächerliche Physiognomie hat sie durch ihren gravitätischen Ernst; sie ist Faschings-Larve, und könnte sofort allenfalls im Carneval ihre Figur ohne Anstand spielen, aber ausserdem nicht.

Und dieß ist nun der ganze Zweck meiner gegenwärtigen Predigt; den Vernünftigen rufe ich zu, sich von dem mönchischen Fratzenwesen eines sinnlosen Ceremonielspiels mit männlichem Muth loszusagen; und die Unvernünftigen, die das nicht wollen und werden, habe ich mit ihren Schellenkappen vor den Spiegel gestellet, damit die Profanen sie kennen, und die Weisen von den Thoren unterscheiden.

Es muß dahin kommen, daß die Maurerey eine andre Form annimmt, oder sie bleibt im Archiv der Philosophie eine urkundenmässige Satyr auf das achtzehnte Jahrhundert und dessen Aufklärung für die klügere Nachwelt.

Ich weiß, welches Bärengeschrey das geben wird, wenn die klugen Baumeister ihre Hammerschläge zum Niederreissen des alten Zauberschlosses anfangen werden; in Ost und West werden Cometen am Himmel erscheinen, und alle egyptische Plagen ihnen auf den Hals gebethet werden. Das muß euch aber nicht irre machen. Laßt sie schreyen und bethen, bis sie müde sind; am Ende kriechen sie doch zu Kreuze, und hammern allenfalls gar mit.

Mit einem Worte: der ganze Maurerorden muß in neues Werk werden. Mit Flicken und Nähen richtet ihr nichts aus; ihr bringt nur ein neues Mondkalb auf die Welt, das euch bey weitem nicht die Geburtsschmerzen lohnt.

Es ist noch sehr wenig und fast so viel als nichts zur Reformation und Verbesserung des Ganzen gethan, wenn aus drey oder vier Logen Eine zusammengezimmert wird. Es muß auch darauf gesehen werden, daß diese Eine Loge etwas Reelleres arbeite, als vordem die Drey oder Vier gearbeitet haben.

Es muß ein wachsames Auge auf jene Freybeuter gehalten werden, die in geheimen Winkeln geheime Conventikeln versammeln, und mit ihren Schwänken und Zeichen junge Leute um ihr Geld und ihren gesunden Kopf bestehlen.

Am wachsamsten soll man aber auf die Austheiler der sogenannten höhern Grade merken. Diese Schwärmer sind eine Art Tollhauswaare, die eine eigene Polizeyinspection fordert.

Wenn es den Obern des Ordens Ernst ist, den Orden zu einem vernünftigen Institut zu machen, so muß schlechterdings alles dieses Gegaukel mit höhern Graden zuerst bey Seite geschafft werden.

Ferner muß man solche Ceremonien erfinden, die ein bedächtiger Mann, ohne roth zu werden, mitmachen kann.

Und endlich müssen Gesetze gegeben werden, die noch zu etwas mehr taugen können, als daß sie schwarz auf weiß gedruckt stehen, und vom Bruder Secretär ad Acta gelegt werden.

Ich beschließe hiemit meine freymüthigen Bemerkungen, weil ich doch so ziemlich das wichtigste, obschon nur sehr kurz gesagt habe. Die Weisen und Guten werden mich hinlänglich verstanden haben.

Sehr viele werden den Fluch auf mich werfen, daß ich solche Dinge öffentlich sage. Das können sie; und meine ganze Antwort ist: der hat alle Anlage zu einem schlechten und gefährlichen Menschen, der den Muth nicht besitzt, seine Handlungen der billigen Welt zur Beurtheilung vorzulegen.

Man wird sagen, ich sey ein hungriger Lobredner Kaiser Josephs, und ich möchte etwa ein Bildchen verdienen. Grade da liegt der Hase im Pfeffer. Ja was noch mehr ist, vielleicht bin ich gar dafür bezahlt, daß ich diese Wahrheiten schreibe!

Liebe Brüder! laßt euch berichten. Ich bin ein ächter vieljähriger Maurer. Wo mein Wohnort ist, das kann und muß euch gleichgiltig seyn; auch mein Nahme thut nichts zur Sache. Immer nahm ich den wärmsten Antheil an den Umständen des Ordens. Das wenige Gute machte mir jeder Zeit große Freude; das viele Üble und Alberne machte mich traurig und unwillig. Ich dachte hin und her, wie dem Unheil abzuhelfen sey. Aber da ich euch kenne, daß es leider eine eurer schwachen Seiten ist, nicht gern Wahrheiten zu hören, so blieb ich still, zog mich von allem Logenschnack zurück, und ließ euch mauern und zimmern, so viel euch beliebte.

Endlich muß doch eine bessere Zeit kommen, hoffte ich: und siehe, sie ist gekommen. Deßwegen trete ich jetzt ins offne Licht, und sage euch das laut und öffentlich, was man euch zwischen vier Mauern ohne Gefahr nicht sagen darf.

Wenn ihr böse auf mich werdet, so muß ich es leiden. Aber der mir etwa mit einer Antwort aufwarten wollte, dem bedeute ich, daß ich nach Umständen auch noch eine dritte Lieferung dieser Rhapsodie geben kann. An Materialien leide ich wahrlich keinen Mangel.

   Geschrieben im Orient von * i * * zwischen dem   12 – 23
  5786.
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