Franz Gräffer
Josephinische Curiosa
Franz Gräffer

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56. Das gedruckte Zahlheimische Todesurtheil.

Die Hinrichtung des Mörders Zahlheim (10. März 1786) machte seiner Zeit ganz ausserordentliches Aufsehen, und noch fort und fort ist sie ein Gegenstand von besonderem Interesse. Zahlheim hatte bey seiner Unthat darauf gepocht, daß ihm, nachdem kurz zuvor die Todesstrafe war aufgehoben worden, nicht ans Leben werde gegangen werden. Er hatte sich nicht nur in dieser Hauptsache getäuscht, sondern die Strafe durch das Rad wurde noch verschärft, und er wurde auf dem Wege zum Richtplatz (vor dem Schottenthor) zwey Mahl mit glühender Zange an die Brust gezwickt. Joseph machte sich dadurch viele Feinde; man schalt ihn öffentlich einen Tyrannen. Kurz, Zahlheims Execution bildet in der Biographie Josephs einen sehr markanten Moment, und die Lesewelt nahmentlich Wiens bekümmert sich mit besonderem Antheil darum. Deßwegen haben wir uns auch umgesehen, von den Behörden die Acten zu erlangen; allein unsere Mühe war vergebens, weil, so ward uns bedeutet, die Criminalacten in der Regel von 30 zu 30 Jahren vernichtet zu werden pflegen. Nichts war mehr aufzufinden, als ein Fragment des Recurses der Familie des Delinquenten. Auch das gedruckte Todesurtheil, in welchem wir biographische Daten anzutreffen hofften, vermochten wir nicht aufzufinden lange, lange Zeit, bis uns endlich einfiel, noch einen Versuch bey dem Gastwirth Herrn Haydinger anzustellen, bey einem literarischen Freunde, Kenner und Sammler nahmentlich der Geschichte Wiens, einem sehr schätzbaren dienstfertigen Manne; und siehe denn, unter seinen zahlreichen Curiositäten fand sich auch jene Urkunde im Original, also gedruckt, dabey noch die Silhoette Zahlheims in Quarto, vermuthlich aus der Löschenkohl'schen Fabrik. Gern gestattete uns Herr Haydinger von Beyden die Copie, und somit folgt hier die möglichste Vervollständigung unsers Gegenstandes mit Hinweisung auf die ihn betreffenden Artikel im 1. und 3. Bändchen der Josephinischen Curiosa.

»Todesurtheil einer ledigen Mannsperson, Nahmens Franz Z., 33 Jahre alt, allhier in Wien gebürtig, und catholischer Religion, welches über die bey dem allhiesigen Magistrat der k. k. Haupt- und Residenzstadt Wien wider ihn wegen Diebstahls und Meuchelmords abgeführte peinliche Verfahrung zu Folge der hierüber geschöpft- und ergangener allerhöchsten Entschliessung an ihm, dem zu Ende angeführten Inhalt gemäß heut am 10. März 1786 allhier in Wien vollzogen worden ist«.

Inhalt seines Verbrechens.

Dieser Franz Z. wurde vor mehreren Jahren mit einer ledigen Weibsperson bekannt, und pflegte sohin mit ihr einen so freundschaftlichen Umgang, daß er ihr vor anderthalb Jahren, seinem eigenen Geständniß nach, die Ehe versprach, welcher mit dieser, obschon ziemlich bejahrten Weibsperson, um so mehr zu vollziehen entschlossen war, als er bey ihr ein Vermögen von 1400 fl. wußte.

Sie erwies ihm daher mehrere Dienste, besonders, da er vom 23. Jänner dies Jahr wegen eines Ausschlages durch einige Tage sich zu Hause halten mußte, unter welcher Zelt ihm, wie er frey bekannte, der Gedanke beyfiel, sie zu bestehlen.

In dieser Absicht demnach unterschlug er Franz Z. ihr den 28. des erstbemeldten Monaths Jänner früh Morgens, wo sie ihn eben in seiner Wohnung durch drey Tage aus Freundschaft bediente, auch allda über Nacht blieb, ihren Wohnungsschlüssel, ging damit noch den nähmlichen Vormittags in ihre Wohnung, und ließ solche von der dortigen Hausmeisterinn unter dem Vorwand aufsperren, als ob er von seiner Freundinn, um ihrer allda zu warten, den Schlüssel erhalten hätte.

Da er sich auf solche Art allein im Zimmer befand, eröffnete er mit dem ihm bekanntlich, nächst des Fensters gelegenen Schlüssel, die erste Schublad des Kastens, worin er wußte, daß ihr Vermögen lag, nahm aus einem Kardanl Obligazionen im Betrag 1700 fl, und ein Säckel Geldes mit 140 oder 142 fl., ging mit dem gestohlenen Gut, nachdem er den Wohnungsschlüssel bey der Hausmeisterinn mit der Erinnrung zurück ließ, daß er nicht mehr warten könnte fort, und verhandelte noch am nähmlichen Tage die gesammten Obligationen, faßte aber zugleich den bösen Vorsatz, die von ihm Bestohlene zu ermorden.

Tages darauf, den 29. früh Morgens besuchte ihn seiner Aussage gemäß, diese Weibsperson, frühstückte allda mit ihm ganz allein, und wollte von ihm drey andere Einsatzschalen, welche er auf seinem Hausboden hatte, ausborgen. Nachdem er nun in ihr Ansuchen gewilliget hatte, begab sie sich sohin auf gedachten Boden, wo sie nicht nur allein mit Zusammenräumung desselben, sondern auch mit Aufsuchung eines von ihm vorgeblich allda verlornen Schlüssels bey anderthalb Stunde, und zwar bis gegen halb 12 Uhr Mittags zubrachte, während er sie zweymahl besuchte, endlich aber das drittemahl, um sein mörderisches Vorhaben auszuführen, und auf solche Art den von ihm begangenen Diebstahl zu verhehlen, ein großes geschliffenes Messer von seiner Küche mit sich auf den Boden nahm, allda die Weibsperson, welche mit dem Gesichte gegen Thür auf der Erde kniete, mit seiner linken Hand auf die Seite stieß, und mit dem in seiner rechten Hand gehaltenen Messer in ihren Hals einen so gewaltigen Hieb führte, daß das Messer stecken blieb, und sie auf der Stelle ihren Geist aufgeben mußte; denn bey der hierauf gerichtlich vorgenommenen Beschau zeigte sich, daß die Schlund- und Luftröhren, dann die beyden Drossel-, Puls- und Blutadern ganz durchschnitten worden seyen, worauf der Tod unmittelbar erfolgen mußte.

Er verschloß hierauf den entleibten Körper in eine allda auf seinem Boden befindliche Marktküste, wo selbe nach der den 14. des erst abgerückten Monaths Hornung, erfolgt gefängliche Einziehung des Franz Z. noch vorgefunden worden ist.

Von daher ist wider den Franz Z., welcher wegen dieses, nach vorher unternommenen beträchtlichen Diebstahl, höchst ärgerlich, abscheulich und vorsetzlich ausgeübten Meuchelmordes, wodurch er den Abscheu aller Menschen sich zugezogen hat, folgendes Urtheil nach Vorschrift der peinlichen Gesetze wider ihn verhänget worden: Daß dieser Delinquent des Adels für seine Person entsetzet, sohin auf den hohen Markt, und die sogenannte Schranne geführet, nach ihm allda öffentlich verlesenen Urtheile, auf den hohen Wagen gesetzt, und ihm in die rechte Brust ein Zwick mit glühenden Zangen, sodann auf der Freyung eben ein gleicher Zwick in die linke Brust gegeben, sofort auf die gewöhnliche Richtstätte geführt, und dorten von unten hinauf mit dem Rade vom Leben zum Tode hingerichtet, dessen Körper auf das Rad geflochten, und darüber ein Galgen mit herabhängendem Strange aufgerichtet werden solle.«


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