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Die Palmen der Riviera.

Schön ists unter Palmen gehen,
Wohl im Geist erfuhr ichs oft;
Doch der Palmen Heimat sehen, –
Nimmermehr hab ichs gehofft.
Nun durch meines Königs Güte
Ward fürs Nieverhoffte Raum,
Und dem Greise noch erblühte,
Was des Jünglings kühnster Traum.

Auf Sankt Gotthards Felsenwarten
Wie ein Wunder war mirs da,
Als ich deinen Zaubergarten,
Selig Land Italia,
Als ich dich im Vollmondsglanze,
Marmordom von Mailand, sah,
Dich in deiner Berge Kranze,
Stolzgetürmtes Genua!

Als ich dann um deine Buchten,
Blühnde Riviera, flog,
Wo durch Gärten und durch Schluchten
Schlangengleich die Bahn sich bog,
Rechts des Ufers Felsenwandung,
Bunt verbrämt mit Wald und Au,
Links im Silbersaum der Brandung,
Mittelmeer, dein Himmelblau!

Ah! wie in die Balsamdüfte
Der Orangen eingetaucht
Mir des Südens weiche Lüfte
Wonnig Wang und Stirn umhaucht;
Wie die Goldfrucht feurig glühte
Aus des Laubes grüner Nacht,
Während silberhell die Blüte
An dem Nachbarzweige lacht!

Wie in Gärten von Mentone
Rose sich an Rose drängt,
Über Mauern und Balkone
Teppiche von Purpur hängt;
Palmen, wie ihr eure Fächer
Sanft in blauer Luft gewiegt,
Über Zinnen, über Dächer
Turmhoch ihr Cypressen stiegt!

Wie die stachlige Agave
Bläulichgrün den Pfad umhegt
Und die Pinie halb im Schlafe
Ihren dunkeln Schirm bewegt;
Wie zu Ruh und Friede ladend,
Sich der Ölwald still verzweigt
Und im blauen Duft sich badend
Silbergrau bergaufwärts steigt!

Dann von Nizza's Bergterrassen,
Welche wonnevolle Schau,
Auf der Stadt besonnte Gassen,
Auf des Meers azurnes Blau!
Welches Labyrinth der Wege
Durch der Gärten Blumenflor,
Durch der Haine grün Gehege
Bis nach Aspremont empor!

Ja in jenen Maientagen
War die Welt noch einmal schön,
Wie von Wolken sanft getragen
Durft' ich auf der Menschheit Höhn –
»Sänger mit dem König« – gehen
Und, von Gärten rund umblüht,
In den schönsten Garten sehen,
In ein königlich Gemüth!

Schön ists, unter Palmen wandeln!
Ja des Dichters Traumgebild
Sollt' in Wahrheit mir verwandeln
Riviera's Lustgefild.
Und doch – denk' ich heut zurücke:
Daß ichs lebte, glaub ich kaum,
Schwelge im entschwundnen Glücke
Wie in einem schönen Traum.


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