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Der Tod des Kolumbus.

Sank dein müdes Haupt zur Ruhe,
Edler Dulder Christoval?
Legt ihn in die enge Truhe,
Euern großen Admiral;
Aber würdig ihn zu betten,
Gebt statt goldnem Ordenskreuz
In den Sarg ihm seine Ketten,
Denn sein Testament gebeut's.

Jene Ketten, drein zum Lohne
Thorheit ihn und Bosheit schlug,
Die vor seines Königs Throne
Stolz und still der Edle trug,
Als er zu des Westens Meeren,
Zu Atlantis Wunderpracht
Auf gebrechlichen Galeeren
Ihm die Schlüssel heimgebracht. –

Nun an Bord und rührt die Ruder!
Fern vom [schönen] Vaterland
Führ' ihn, o getreuer Bruder,
Westwärts nach dem theuren Strand,
Zu den friedlichen Gefilden,
Wo er in der Palmen Hut
Unter seinen frommen Wilden
Sanfter als bei Christen ruht. –

Tapfrer Segler, durch der Wogen,
Durch der Winde Unbestand
Bist du festen Muths gezogen
Nach dem unsichtbaren Land,
Und zum Lohn dem kühnen Wagen
Mußte deinen morschen Kiel
Selbst der Wellen Tücke tragen
An das festgeglaubte Ziel.

Aber zu der Heimat Schwellen
Kamst als Fremdling du zurück,
Falscher ist als Wind und Wellen
Fürstenhuld und Hofesglück,
Schroffer als des Schiffers Wegen
Die gezackte Klippenwand
Stemmt sich dem Verdienst entgegen
Arglist, Neid und Unverstand. –

Kühner Denker, dessen Ahnen
Zu den Antipoden flog,
Dessen Zirkel neue Bahnen
Für die Weltgeschichte zog, –
Was in stiller Nacht gesponnen
Dir die Welt als Traum verlacht,
Hast im Glanz der Mittagssonnen
Siegreich du ans Licht gebracht.

Aber kaum steht auf der Spitze
Aufrecht dein Kolumbusei:
Meint die Welt mit seichtem Witze,
Daß es so kein Kunststück sei;
Deiner jungen Schöpfung Samen
Wird vom Golddurst ausgerauft
Und auf eines Fremden Namen
Dein gelobtes Land getauft. –

Frommer Held, in frische Erde
Pflanztest Du das Kreuzpanier
Und die nackte braune Heerde
Warf sich in den Staub vor dir;
Als ein Gott bist du erschienen,
Hehr, mit der Geschütze Gruß,
Welchem Blitz und Donner dienen,
Sonn' und Mond gehorchen muß.

Aber wo des Friedens Fahnen
Segnend deine Rechte trug,
Kreuzte deine reinen Bahnen
Krämergeist und Pfaffentrug,
Schnöd an Seel und Leib mißhandelt
Ward ein Völklein fromm und mild,
Und sein Paradies verwandelt
In ein blutig Schlachtgefild. –

Edler Dulder, hohe Geister
Gingen stets die Dornenbahn;
Kennst du doch den großen Meister,
Welcher mehr als du gethan,
Der in unermessnen Fernen
Uns entdeckt die neue Welt,
Die mit ew'gen Friedenssternen
Unsre Erdennacht erhellt.

Und was ists, das ihm zum Lohne
Die erlöste Menschheit gab?
Eine blut'ge Dornenkrone
Legten sie mit ihm ins Grab,
Und wo Paradiesessamen
Er gestreut mit frommer Hand,
Sä'ten ihm, die nach ihm kamen,
Unkraut in sein Ackerland.

Rühm' auch du dich deiner Ketten,
Edler Held Christophorus,
Wenn den Staub zum Staub sie betten,
Leg' sie deinem Herrn zu Fuß,
Und indeß auf deinen Hügel
Allzuspät der Lorbeer fällt,
Spann' die Segel, heb' die Flügel
Nach der rechten neuen Welt!


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