Emil Wilhelm Frommel
Aus der Chronik eines geistlichen Herrn
Emil Wilhelm Frommel

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Achtes Kapitel

Aus des Vaters Skizzenbuch

Von der edeln Musika ist wohl bekannt, daß sie nicht bloß die Menschenkinder entzückt und mild gemacht hat, sondern auch die Tiere bezwungen. Hat doch weiland Arion so schön gesungen, daß die Delphine ihm nachgeschwommen, und dem Orpheus sogar die Blumen und Bäume gefolgt sind, so ist's auch kein Wunder, wenn, laut Emanuel Geibel, jener Musikant am Nilstrand sich durch seine Geige von dem grausen Krokodil losgegeigt hat, das eben daran war, ihn zum Frühstück zu verschlingen. Wie gesagt, das begreift sich, denn es ist so ein eigen Ding um die Musika, und die geneigte Leserin hat's vielleicht auch schon erfahren, daß die sanften Töne einen Löwen bezwingen können. Denn es sitzt oft sogar im Herzen eines gebildeten Fräuleins, das alle hohen Schulen besucht hat und zwei Jahre in Pension war, und vielleicht noch ein halbes drüber, damit alles gut genäht sei – ich sage, selbst in solch einem Herzen findet sich noch zuweilen ein Wüstenkönig, der mit seinem Gebrüll das ganze Haus füllt, und unter deutschen Brüdern »ira vulgaris« oder »Zorn« heißt. Da ist's auch schon geschehen, daß ein solcher ist zum Schweigen gebracht worden durch die Musika. Aber daß auch die Zeichenkunst solche Gewalt ausüben kann auf wilde Menschen, das ist doch ein seltenes Ding. Dem seligen Vater ist aber solches passiert, und in seinem Skizzenbuch findet sich noch eine kleine Andeutung davon; wenn auch gleich das Beste in den Klauen der wilden Leute geblieben ist. – In dem schönen Land Italia, wo die Apfelsinen und Zitronen wild wachsen, und jeder sich, auch ohne Verdienste, einen dicken Lorbeerkranz umsonst um die Stirne winden kann, ist's von jeher nicht ganz geheuer gewesen. Denn hinter manchem Lorbeerbaum sitzt ein Männlein mit spitzigem Hut und bunten Bändern und einer roten Hahnenfeder, die nichts Gutes bedeutet. Kommt einer des Wegs daher und brummt so vor sich hin: »Kennst du das Land, wo die Zitronen blühen« – da springt einmal das Männlein vor und hält die Pistole in der einen Hand und in der andern ein geschliffenes Messer und läßt einem die Wahl zwischen beidem, oder es gilt die Barschaft und vielleicht noch mehr. Denn mit der Polizei ist's nicht gerade am besten bestellt. Ob sich's unter dem »König Ehrenmann« gebessert hat, das will der Verfasser hoffen, aber solch ein Herr kann auch nicht alles thun; aber die schlimmsten Kinder hatte doch der »heilige Vater« in Rom, die ihm viel Kreuz machten. Denn die haben nicht bloß dem Verfasser in Santa Maria Maggiore seiner Zeit seine schöne Zigarrentasche und ein seidenes Schnupftuch, und seinem Freunde die Uhr und die Hälfte seines schönen künstlichen Gebisses gestohlen, sondern hätten beinahe einmal selbst den Papst gefangen, um ihn gegen ein großes Lösegeld der Christenheit wieder frei zu lassen. Sie beten zur Madonna um einen guten Fang, wie die Fischer den heil. Antonius bitten, und finden das ganz in der Ordnung, wenn ihnen dann ein hochbepackter, englischer Reisewagen mit einem reichen Lord und einer durchsichtigen Lördin und ein paar boy's und baby's drinnen, so ungefähr in Sicht kommt. Dabei sind sie aber galant und schneiden nicht gleich die Kehle ab, sondern bieten den Damen den Arm beim Aussteigen und bitten nur still zu halten und nicht zu zucken, bis die Diebsoperation glücklich beendigt ist, und helfen wieder in den Wagen und wünschen glückliche Reise. Das kann einem auch nebenbei passieren in Italien. Drum ist's am besten, man geht bescheidentlich einher und hängt nicht viel um sich und an sich, was die Augen locken könnte und rappelt nicht viel im Sack mit seinem Geld.

Es war in den Jahren 1813-16, wo's besonders schlimm aussah, weil noch viel Kriegsgesindel sich herum trieb, daß der selige Vater, von dem in der Familienchronik schon erzählt worden ist, als Maler nach Land Italia ging. Damals ist man noch nicht mit dem Eilzug durch die Welt gefahren, wobei man nichts sieht als Stationsvorsteher und Kondukteure und ein paar Türme von der Stadt, sondern es ging meist mit dem Vetturino oder zu Fuß. Hoch droben in Taormina, im Sizilianischen, hatten drei Maler sich bei den Patres in einem Kloster einlogiert, von denen der eine der selige Vater war. Jeder von den dreien ging seinen Weg, denn keiner wollte dem andern die Natur vor der Nase wegstehlen, daher kam's auch, daß der Vater allein einmal einen Waldweg, zwei Stunden weit vom Kloster weg, einschlug. Die Partie wurde immer wilder und anziehender, und wenn er dachte, hier willst du jetzt den Spieß feststecken und den Feldstuhl aufschlagen, so fand sich wieder eine Partie gleich ein paar Schritte weiter, die noch schöner war. So kam's, daß er unwillkürlich immer tiefer in den Wald hineingezogen ward. Endlich hatte er einen Platz gefunden, von dem er glaubte, hier ließe sich was Schönes aufs Papier bringen. Er stellte seinen Malerschirm zurecht samt seinem Feldstuhl und fing fleißig an zu zeichnen, denn die Sonne stand schon ziemlich hoch. Er mochte etwa zwei Stunden gezeichnet haben, als des Wegs ein hochgewachsener Mann in schwarzem Bart und langem Haar mit spitzem Hut daher kam. Er stellte sich vor den jungen Maler hin, als wollte er ihm den Schirm ersetzen. »Ach Freund,« rief der Maler, »Ihr seid nicht durchsichtig, wollt Ihr nicht etwas aus dem Lichte gehen.« Der junge Mann trat zur Seite und strich sich wohlgefällig seinen Bart und sagte dabei: »che bella testa,« das heißt auf deutsch: »Bin ich nicht ein Prachtexemplar von einem Kerl und habe einen Kopf wie weiland Apollo?« Lächelnd schaute ihn der Maler an und fand ihn wirklich nicht so übel. »Nun, so setzt Euch einmal dahin auf den Rasen, ich kann Euch gut brauchen in mein Bild, und nehmt Euch noch einen Schluck aus meiner Flasche. Die Sonne ist heiß und wenn Euer Hals so trocken ist als der meine, so haben wir einander nichts vorzuwerfen.« Der schwarze Mann ließ sich mit einer gewissen Grandezza auf dem Rasen nieder und trank mit feinen Gebärden den guten Wein des Malers, der ihm um so besser schmeckte, als er geschenkt war. Er gab seinem Kopf dann eine kühne, trotzige Haltung; der Maler fing an zu zeichnen, und wiewohl er Landschafts- und kein Porträtmaler war, gelang es ihm bald, den Mann richtig aufzufassen. Unter dem Zeichnen wurde viel gesprochen und erzählt, und der Italiener wurde ziemlich zutraulich. Nach einer Stunde stand er auf, das Bild war fertig und mit einem gewissen Behagen schaute der schwarzhaarige Apollo sein wohlgelungenes Conterfei.

»Das habt Ihr gut gemacht, Maler, so bin ich. Stolz und kühn, und wenn Ihr wollt, voll Rache gegen die Menschheit!«

»Nun denn, ich danke Euch,« antwortete etwas befangen der Maler, »Ihr seid ein interessanter Kopf. Wißt Ihr mir denn aber kein Wirtshaus hier in der Nähe? Ihr habt Euch meinen Wein schmecken lassen, wie ich sehe, aber ich bin durstig geworden.«

»O ja – geht nur noch eine Viertelstunde tiefer in den Wald, da kommt Ihr an einen Kreuzweg, wo ein Madonnenbild am Baume hängt, dann habt Ihr noch fünf Minuten und Ihr seid an einer grünen Osteria, da wird Euch der Wein schmecken.«

Nachdem der Maler sein Bild fertig hatte, dachte, er dran, sich um seines Fleißes willen zu belohnen, und schlug den Weg nach der grünen Osteria, d.h. der Schenke ein. Die Madonna am Baum war bald gefunden, das Öllämplein brannte darunter; mitten im Walde eine kleine Kapelle, von Menschenhänden gepflegt. Bald darauf fand sich auch die Osteria. Ein nackter, kleiner Knabe saß zu den Füßen einer alten, zitrongelben Frau, die mütterlich auf den Kleinen herunterschaute, indem auf dem harten Lehmboden die Spindel tanzte.

»Ein Fremder,« rief der Junge plötzlich. Die Alte schaute auf, und schnell zog sie aus dem Überschlagtuch ein Pfeifchen, sie pfiff, und ein gellender Ton ging durch den Wald hin. Der Maler stutzte.

»Nun ich thue Euch kein Leid, Ihr braucht nicht Hilfe zu rufen, Mutter,« rief der Maler. »Habt Ihr Wein, so bringt eine Fogliette vom Besten, und wenn Ihr nichts Bessres habt, so gebt einen Ziegenkäs.«

»Wir sind kein Wirtshaus hier,« murmelte die Alte. »Doch wenn Ihr Geld habt, so könnt Ihr immer noch einen Schluck Orvieto kriegen.«

»Gebt nur her, was Ihr habt. Einem Durstigen schmeckt alles gut, und wenn's auch nur Wasser wäre.«

Die Alte ging durch die Kammer, während des der Maler mit dem Knaben zu spielen anfing.

»Peppo und Angelo und Domenico sind auch hier,« sagte der Kleine, »die kommen gleich, weil Großmutter gepfiffen hat.«

»So,« sagte der Maler, »wo sind die?«

»Weißt du das nicht? Die sind weiter unten in der Erde. Die haben Messer und Säbel und Flinten.«

Eben kam die Alte aus der Nebenkammer mit einer Strohflasche Wein, und hinter ihr streckte sich der Kopf eines hageren, etwas verwilderten Menschen hervor.

»Sieh, das ist Peppo, der hat ein langes Messer,« rief wieder der Kleine. Die Alte fuhr ihm schnell über den Mund. Aber der Kleine sprach gleich weiter: »Er bringt dich aber nicht um, wenn du Geld hast.«

Dem Maler wird's allmählich nicht ganz heimlich bei der Rede; die Alte nahm den Kleinen und warf ihn ziemlich unsanft vor die Hütte hinaus. Der Maler labte sich derweilen, der Hagere setzte sich zu ihm, und nachdem er mit ihm getrunken, sagte er: »Wollt Ihr nicht einmal, Signore, unsere Hütte sehen, die wird Euch gefallen.»

Das Wort war in einem so scharfen, bestimmten Ton gesprochen, daß nicht gut an ein Nein-sagen zu denken war. Der Maler folgte. Er ging durch ein paar Treppen hinunter, wieder ein leiser Pfiff und sie standen in einem ziemlich geräumigen Saal. Der Maler sah bald an den Wänden, in welcher Gesellschaft er sich befand. Flinten und Pistolen und Säbel hingen in ziemlicher Zahl da, und an einem runden, steinernen Tische saßen etwa sechs starke Männer. –

»Ein Besuch,« riefen sie aus einem Munde, »ein blutjunges Bürschchen, wo hast du den gefunden –?«

»Er ist oben bei Mutter Angelika gewesen, er muß sich im Walde verirrt haben.«

»Kommt, setzt Euch und sagt einmal, wer Ihr seid und woher Ihr kommt.« Der Maler erzählte denn so gut es ging in aller Unbefangenheit, daß er ein deutscher Maler sei, und jetzt droben im Kloster wohne, und hier im Walde gezeichnet habe, von wo er gekommen, sich den Durst zu löschen, sie möchten ihn nicht weiter aufhalten, denn die Sonne sei bald am Scheiden und er müsse heim, sonst zanke der Guardian.«

»Ihr wohnt im Kloster also,« frug einer der Leute, »warum setzt Ihr Euch denn so hoch da hinauf, »habt Ihr denn kein Geld, daß Ihr in der Stadt leben könnt?«

»Wenn ich so viel Scudi romani in meinem Beutel hätte, als Farben in meiner Schachtel, da wäre ich ein reicher Mann.«

»Ihr seid also kein Engländer,« replizierte ein anderer, »kein Muttersöhnchen, nichts von alledem?«

»Nein, das bin ich nicht, aber das brauch ich auch nicht zu sein. Die Zwiebelsuppe bei den Patribus ist zwar etwas dünn, und der Fasttage sind auch viel, und dem Guardian sein Orvieto ist auch keiner vom feinsten – aber das ist alles genug, wenn man zufrieden ist und sein Handwerk versteht.«

»Benissime,« sagte einer, »aber Geld haben ist noch besser. Zeigt einmal euren Beutel her.«

Der Maler zog ihn hervor. Er sah allerdings aus, wie wenn er stark an der Schwindsucht litte. Die Leute befühlten ihn fachmäßig und legten ihn einstweilen weg.

»Ihr versteht Euer Handwerk, habt Ihr gesagt, zeigt einmal her, was Ihr in Eurem Buche habt. Auch ich bin ein Maler,« sagte der erste lachend.

Der Maler wollte schon ärgerlich werden über den Witz und sich zum Aufbrechen fertig machen, als die Leute alle aufsprangen und ihn umringten.

»Nein, nicht so schnell, Signore, Ihr habt nichts zu pressieren. Gefällt es Euch denn nicht bei uns? Ist unser Orvieto nicht besser als der vom Guardian? Wo glaubt Ihr denn, daß Ihr seid?«

»Nun, in der Osteria am Kreuzweg, denke ich.«

Jetzt merkte der Maler völlig wo's hinaus wollte. Er gab sich willig drein, sich in der Räubergesellschaft zu befinden, und, da er nichts von Wert auf sich hatte, entweder durch ein hohes Lösegeld von seiten der Freunde losgekauft oder totgeschossen zu werden. Denn vor kurzem war das einem Bekannten begegnet, der in eine ähnliche Mördergrube gefallen war. »Schreibt an Eure Freunde: 10000 Scudi sind nicht zu viel für mich und kauft mich los, sonst werde ich in acht Tagen des Morgens in der Frühe erschossen,« so hatte ihm der Hauptmann in die Feder diktiert, und alle Tage seinen spitzen Hut vor sich hingelegt mit dem Madonnabilde drauf und knieend die Madonna gebeten, sie möge doch die Freunde bewegen, 10000 Scudi romani zu schaffen, damit er nicht in die Lage käme, den armen, unschuldigen Menschen totschießen zu müssen. »Madonna kann alles,« sagte er zu dem Fremden, »betet Ihr auch, daß sie Euch hilft, es thut mir so leid Euch totschießen zu müssen.« So war er täglich um sein Opfer herumgegangen, bis endlich eine Abschlagssumme erschien, die von dem Hauptmann acceptiert wurde. Diese Geschichte war unserem Maler noch in frischem Gedächtnis, und er zweifelte gar nicht, daß es ihm nicht um ein Haar besser gehen würde. – Sein Skizzenbuch wurde indes herbeigeholt; neugierig schauten die kunstverständigen Rinaldinis hinein und bewunderten pflichtschuldigst die Bäume, das Kloster und was alles drin aufgenommen war. Endlich kam das letzte Blatt. Da fuhr aus allen Kehlen ein Schrei! »Ecco! Ecco! Bartolo!« Was zu deutsch heißt: »Das ist der leibhaftige Bartolo, ganz wie er leibt und lebt.«

»Habt Ihr unsern Bartolo gesehen?« frugen sie.

»Ja, wenn das Euer Bartolo ist, dann habe ich ihn gesehen.«

»Und er hat Euch kein Leids gethan, Euch Euer Geld nicht genommen?«

»Gewiß nicht, Bartolo ist der beste Mensch gewesen mit mir im Walde. Er hat mir gesessen und er hat aus meiner Flasche getrunken und mich hierher rekommandiert.«

»Wenn Bartolo dir kein Leids gethan, dann soll dir auch nichts geschehen. Bartolo ist unser Hauptmann. Er schneidet niemand die Kehle ab, außer wenn es ganz not ist. Du hast ihn gut getroffen, und das Bild behalten wir.«

»Angelica,« riefen sie, »Herzensmütterchen! komm und siehe deinen Bartolo!« Sie holten die Alte und auch der kleine Knabe kam wieder hergekrochen und erkannte Bartolo sogleich.

»Nein, einen solchen Maler darf man nicht umbringen, das wäre schade für die Kunst. Wißt Ihr was, Signore – wir wollen Bartolo eine Freude machen. Hier setzen wir uns her, und Ihr zeichnet uns alle, wie wir sind, so gut wie Bartolo, um kein Haar besser und um keines schlechter, und dann seid Ihr frei.«

Da seufzte doch der Maler im stillen zu seinem Gott im Himmel, er solle jetzt aus ihm, dem Landschaftsmaler, einen Porträtmaler machen. Er nahm eine frische Seite, die Kerle kauerten sich alle in der malerischsten, kühnsten Lage um ihn herum, und er fing an sie nach der Reihe zu porträtieren. Sie schielten ihm viel übers Papier hinein, ob's auch richtig würde, aber die Hauptsache war ihnen der spitze Hut und die Bänder dran und der Bart recht natürlich und der Säbel, wie's einem Rekruten in der Garnison geht, wenn er nach ein paar Wochen »für seine lieben Angehörigen« sich photographieren läßt, wo die Hauptsache ist, daß die Husarenmütze und der Dolman, die Tasche und der Säbel alles richtig, rot und blau und gelb auf das Papier kommt, und noch vielleicht hinzusetzt »das Gesicht braucht nicht gerade so arg gut getroffen zu sein.«

So war's da auch, und als noch die Farben drauf kamen und alles so rot und schwarz, grün und blau durch einander ging, da waren sie's völlig zufrieden. Dem Maler standen freilich die Tropfen auf der Stirne über seinem Werk. Er schnitt ihnen die Seite heraus und die Leute tanzten vor Vergnügen in dem unterirdischen Keller herum. Der eine holte das kleine Beutelchen, das sie ihm genommen, und gab's ihm zurück, der andere holte noch eine Flasche Orvieto und zuletzt begleiteten sie ihn bis vor den Wald hinaus, von wo er nicht mehr so weit zum Kloster hatte.

Der Mond stieg schon voll über den Gebirgen herauf, als der Maler am Pförtlein läutete und der Guardian ihn einließ. Des Abends aber, als man zusammensaß im Refektorium und die magere Zwiebelsuppe serviert wurde mit ein paar Brotrinden, erzählte der Maler, was ihm begegnet. Die Mönche hörten entsetzt zu.

»Habt Ihr, Signor Carlo, das Bild des Bartolo nicht mehr?« fragte der Prior.

»Nein, das haben sie mir genommen.« »Könnt Ihr nicht aus dem Gedächtnis ihn zeichnen?« »Ich will's versuchen, wenn Ihr Geduld habt.« Es dauerte nicht lange, da war die leichte Skizze fertig. Das Bild des Mannes war dem Maler tief in der Erinnerung geblieben.

Die Mönche schauten drein, als aber das Bild fertig war und in die Hand des Priors kam, da wandte er sich weg und weinte laut. Der Maler wußte nicht wie ihm geschah und fragte, was ihn so bewege.

»Ich werde es dir später sagen, mein Sohn,« seufzte der Prior. »Laßt mich zur Kirche gehen und für seine Seele beten. Madonna hat dich und ihn behütet.«

Der Maler schaute staunend den Prior an; unter den Brüdern und Künstlern ward's still im Refektorium, als ihr Prior langsamen Schrittes hinausging. Der Maler wußte, wem er seine Rettung zu danken hatte, aber um den Prior that's ihm leid, denn sein Gesicht war so schmerzlich und wehmütig. So hatte er ihn noch nicht gesehen.

Im Skizzenbuch findet sich aber noch die »bella testa« des Bartolo, mit leichten Farben. –


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