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Achtundfünfzigstes Kapitel.

Es währte nicht lange, bis sie in der Kaserne anlangten, denn der kommandirende Offizier wünschte die Aufregung des Volkes durch Zurschaustellung militärischer Streitkräfte in den Straßen zu vermeiden, und war menschlich besorgt, nicht den mindesten Anlaß zu einem möglichen Befreiungsversuche zu geben, da er wohl wußte, wie es in diesem Falle zu Blutvergießen und Verlust von Menschenleben kommen müßte, und daß mancher Unschuldige, den nur müßige Neugierde an Ort und Stelle geführt hatte, fallen würde, sobald die mit dem Zuge gehenden Civilbeamten Vollmacht zum Schießen ertheilten. Er führte daher seine Mannschaft rasch vorwärts, mit barmherziger Klugheit die besuchteren Straßen umgehend und nur solche einschlagend, welche wahrscheinlicherweise am wenigsten durch das Gesindel unsicher gemacht wurden. Diese weise Maßregel machte es ihm nicht blos möglich, ihr Quartier ohne Störung zu erreichen, sondern täuschte auch auf eine wirksame Weise einen Haufen Aufrührer, der sich in einer der Hauptstraßen gesammelt hatte, durch welche, wie man glaubte, der Zug kommen mußte. Die Rebellen blieben daher in der Absicht, den Gefangenen ihren Händen zu entreißen, noch immer beisammen, nachdem man den Gefangenen bereits in Sicherheit gebracht, die Kasernenthore geschlossen und zum Schutze derselben an jedem Eingange die Wache verdoppelt hatte.

Hier angelangt, wurde der arme Barnaby in einem Gelasse mit einem steinernen Boden untergebracht, wo es gewaltig nach Tabak roch, ein starker Luftzug herrschte und eine große hölzerne Bettstelle stand, die für ein paar Dutzend Mann nicht zu klein gewesen wäre. Mehrere Soldaten in Halbmontirung lungerten umher oder aßen aus zinnernen Schüsseln; Uniformstücke hingen von hölzernen Rechen an den getünchten Wänden herunter und ein Halbdutzend Leute lagen schlafend auf dem Rücken, ein liebliches Conzert schnarchend. Nachdem er hier gerade lang genug verweilt hatte, um alles dieß zu bemerken, wurde er wieder hinaus commandirt und über den Kasernenhof nach einem andern Theile des Gebäudes geführt.

Vielleicht sieht der Mensch nie so viel mit einem einzigen Blicke, als in Augenblicken der höchsten Noth. Es wäre Hundert gegen Eins zu wetten gewesen, daß Barnaby sich, wenn er in müßiger Neugierde zum Thore hineingesehen hätte, mit einer sehr unvollkommenen Vorstellung von dem Orte wieder entfernt und nachher wenig daran erinnert haben würde. Jetzt aber, da er mit gefesselten Händen über den Kiesgrund geführt wurde, entging nichts seiner Aufmerksamkeit. Das dürre, trockene Aussehen des staubigen Vierecks und des kahlen Ziegelgebäudes, die Kleider, die vor einigen Fenstern hingen, während an andern hemdärmelige Soldaten mit dem halben Leib zu dem Fenster herauslehnten; die grünen Jalousien an den Offizierswohnungen und vorn die kümmerlichen kleinen Bäume; die Tambours, die sich in einer entlegenen Abtheilung des Hofes übten; die Soldaten auf dem Exerzierplatze; die zwei Mann, die einen Korb trugen und, als sie an ihm vorbeigingen, sich gegenseitig zublinzelten, mit schlauer Geberde auf ihre Hälse deutend; der herausgeputzte Sergeant, der mit einem Rohr in der Hand und einem in Pergament gebundenen, zugeklampten Buche unter dem Arme vorbeieilte; die Burschen in den Gemächern zu ebener Erde, die ihre verschiedenen Montirungsstücke putzten und bürsteten, und deren Stimmen laut durch die leeren Gallerien und Gänge echoeten, als sie in ihrem Geschäfte inne hielten, um ihm nachzusehen; – Alles, bis auf den Musketenstand vor der Wachstube und die Trommel, die mit ihrem weiß angestrichenen Lederwerk in einer Ecke hing, prägte sich seinem Geiste so lebhaft ein, als hätte er es schon hundertmal an demselben Platze gesehen, oder als wäre er schon einen ganzen Tag, nicht aber die kurze Frist einer Minute hier gewesen.

Man brachte ihn nach einem kleinen, gepflasterten Hinterhof, wo man eine große, mit Eisen beschlagene Thüre öffnete, die in einer Höhe von fünf Fuß mit einigen Löchern versehen war, um Luft und Licht hineinzulassen. In dieses Gefängniß mußte er hinein, und nachdem man ihn eingeriegelt und eine Schildwache vor die Thüre gestellt hatte, überließ man ihn seinen Betrachtungen.

Die Zelle, oder das schwarze Loch (denn diese Worte waren auf die Thüre gemalt) war sehr dunkel und keineswegs sehr reinlich, da sie unmittelbar zuvor einem betrunkenen Deserteur als Herberge gedient hatte. Barnaby tastete sich nach dem Bischen Streu in dem entferntesten Ende hin und suchte sich, nach der Thüre hinschauend, an die Dunkelheit zu gewöhnen, was, da er eben aus dem schönen Sonnenscheine im Freien kam, keine so leichte Aufgabe war.

Draußen befand sich eine Art von Porticus oder Colonnade, welche sogar das Bischen Licht noch schmälerte, welches im günstigsten Falle seinen Weg durch die kleinen Thüröffnungen finden konnte. Die Fußtritte der auf dem Steinpflaster auf- und abgehenden Schildwache (Barnaby erinnerte sich dabei, daß er erst kürzlich selbst auf dem Posten gestanden) hallten eintönig wieder, und so oft der Soldat an der Thüre vorbeiging, verdunkelte er durch den Schatten seines Körpers die Zelle so ganz und gar, daß sein Weggehen wie die Erscheinung eines neuen Lichtstrahls wirkte und wirklich für ein Ereigniß angesehen werden konnte.

Der Gefangene hatte eine Zeitlang auf dem Boden gesessen, nach den Spalten blickend und auf das Ab- und Zugehen der Schildwache horchend, als der Soldat mit einemmale auf seinem Posten stille stand. Der regelmäßige Schritt hatte Barnaby, der durchaus unfähig war, Gedanken oder Betrachtungen über sein Schicksal anzustellen, in eine Art von Halbschlummer gelullt, aber dieses Stehenbleiben weckte ihn. Er bemerkte jetzt, daß zwei Männer unter der Colonnade und in unmittelbarer Nähe seiner Gefängnißzelle mit einander sprachen.

Wie lange sie sich mit einander unterhalten haben mochten, konnte er nicht sagen, denn er war in eine förmliche Bewußtlosigkeit hinsichtlich seiner wahren Lage verfallen, und als die Fußtritte aufhörten, antwortete er laut auf eine Frage, welche Hugh im Stalle an ihn gerichtet zu haben schien, auf deren Inhalt er sich jedoch nicht mehr zu erinnern vermochte, obgleich er mit der Erwiederung auf den Lippen erwachte. Die ersten Worte, die ihm zu Ohren kamen, waren folgende:

»Warum hat man ihn denn hergebracht, wenn er schon so bald wieder fortgeschafft werden soll?«

»Wohin hätte man ihn denn auch bringen sollen? Zum Henker, kann er irgendwo so sicher seyn, als unter des Königs Truppen? Was hättet ihr mit ihm angefangen? Ihn allenfalls einem Pack hasenherziger Civilbeamten ausgeliefert, die in ihrer Angst vor den Drohungen des Lumpengesindels, zu dem er gehört, nicht gewußt hätten, wohin sie sich verkriechen sollten?«

»Das ist allerdings wahr.«

»Leider nur zu wahr! – Ich will Euch was sagen, Tom Green. Ich wollte nur, daß ich statt eines Unteroffiziers ein Offizier wäre und zwei Kompagnien zu kommandiren hätte – nur zwei Kompagnien – von meinem Regiment. Man sollte mich dann ausschicken gegen diese Rebellen – mir die nöthige Vollmacht ertheilen – und ein halb Dutzend Kartätschengrüße –«

»Ja!« entgegnete die andere Stimme. »Das wäre alles ganz gut, aber man gibt die nöthige Vollmacht nicht. Was kann der Offizier thun, wenn die Magistratsperson nicht Ja sagt?«

Da der Andere dem Anscheine nach mit dieser Schwierigkeit nicht zurecht kommen konnte, so begnügte er sich, die Magistratspersonen zu verwünschen.

»Da stimme ich von ganzem Herzen mit ein,« entgegnete sein Freund.

»Zu was nützt auch eine solche Magistratsperson,« erwiederte die andere Stimme. »Was ist in einem solchen Falle die Magistratsperson anders, als eine unverschämte, unnöthige und unconstitutionelle Einmischung? Da ist eine Proklamation, und da ein Mensch, von dem in der Proklamation die Rede ist. Also Beweis und Zeugniß schon zur Hand. Zum Teufel! hinaus mit ihm und ihn niedergeschossen. Was braucht's da eine Magistratsperson?«

»Wann soll er Sir John Fielding vorgeführt werden?« fragte der Mann, der zuerst gesprochen hatte.

»Heute Abend um acht Uhr,«versetzte der Andere. »Und dann aufgepaßt, was kommen wird. Die Magistratsperson schickt ihn nach Newgate. Unsere Leute bringen ihn hin. Die Rebellen gehen unseren Leuten zu Leibe. Unsere Leute müssen sich vor den Rebellen zurückziehen. Dann gibt's Steinwürfe, Beschimpfungen – aber kein Gewehr darf abgefeuert werden. Warum? Wegen den Magistratspersonen. Zum Teufel mit dem Magistrat!«

Er machte sich noch durch verschiedene andere Verwünschungen gegen die Magistratspersonen Luft und schwieg dann stille, hin und wieder ein Brummen ausgenommen, das noch immer auf die genannten obrigkeitlichen Personen Bezug hatte.

Barnaby, der verständig genug war, um einzusehen, daß dieses Gespräch ihn selbst, und zwar sehr nahe anging, blieb vollkommen ruhig, bis sie zu sprechen aufhörten; dann tastete er sich nach der Thüre, schaute durch die Luftlöcher und versuchte, ausfindig zu machen, was das für Leute wären, denen er zugehorcht hatte.

Der Eine, der die bürgerliche Gewalt in so kräftigen Ausdrücken verwünschte, war ein Sergeant, dem, wie man aus den fliegenden Bändern auf seiner Blechhaube entnehmen konnte, zur Zeit das Amt der Rekrutenanwerbung übertragen war. Er stand beinahe der Thüre gegenüber, seitlich an einen Pfeiler gelehnt, und zog, während er vor sich hinbrummte, mit seinem Stocke Figuren auf das Pflaster. Der Andere hatte den Rücken der Thüre zugekehrt, so daß Barnaby nur seine Umrisse sehen konnte. Aus diesem zu urtheilen, war er ein rüstiger, mannhafter, hübscher Bursche, dem übrigens der linke Arm fehlte. Er war ihm zwischen dem Ellenbogen und der Achsel abgenommen worden, und der leere Rockärmel hing ihm quer über die Brust.

Wahrscheinlich war es dieser Umstand, der Barnaby's Aufmerksamkeit besonders anzog und dem Manne auf dem Posten in den Augen des Gefangenen ein weit höheres Interesse verlieh, als sich fein Gefährte dessen rühmen konnte. Es lag etwas Soldatisches in seiner Haltung; auch war seine Montirung sehr schmuck gehalten. Er hatte vielleicht schon sonst wo in Diensten gestanden. Keinesfalls konnte es aber sehr lange seyn, da er noch ein junger Mann war.

»Nun, nun,« sagte er gedankenvoll; »mag die Schuld liegen, wo sie will, es muß einem Manne schmerzlich fallen, wenn er nach dem alten England zurückkömmt, um es in einem solchen Zustande zu sehen.«

»Ich denke, nächstens werden sich auch die Schweine an die Aufwiegler anschließen,« entgegnete der Sergeant mit einer Verwünschung, »denn von den Vögeln haben wir bereits ein Beispiel.«

»Von den Vögeln?« erwiederte Tom Green.

»Ja – von den Vögeln,« sagte der Sergeant ärgerlich; »Ihr könnt doch englisch, he?«

»Ich weiß nicht, was Ihr damit sagen wollt.«

»So geht auf die Wachstube und seht selbst zu. Ihr findet dort einen Vogel, der ihr Feldgeschrei so gut weg hat, als einer von ihnen, und sein »kein Pabstthum« schreit, wie ein Mensch – oder wie ein Teufel, für den er sich selbst ausgibt. Es sollte mich nicht wundern. Der Teufel muß irgendwo in London los seyn. Zum Henker, wenn man mir den Willen ließe, wollte ich wenig Federlesens machen und ihm den Hals umdrehen.«

Der junge Mann war hastig zwei oder drei Schritte weggetreten, als wollte er hingehen, um sich das Thier zu besehen; er wurde jedoch durch Barnaby's Stimme aufgehalten.

»Er gehört mir,« rief dieser, halb lachend und halb weinend – »mein Liebling, mein Freund Greif. Ha, ha, ha! Thut ihm nichts zu Leide, er hat nichts Böses gethan. Die Schuld liegt an mir; ich habe es ihn gelehrt. Seyd so gut, mir ihn zu geben. Er ist der einzige Freund, der mir übrig geblieben ist. Ich weiß, er wird vor euch nicht tanzen oder plaudern, oder pfeifen – nein, nur vor mir, weil er mich kennt und mich liebt. Freilich werdet Ihr es mir nicht glauben wollen. Doch ich bin überzeugt, Ihr thut einem Vogel nichts zu Leide. Ihr seyd ein braver Soldat, Sir, und würdet kein Weib oder Kind beschädigen – geschweige einen armen Vogel.«

Diese letztere Beschwörung war an den Sergeanten gerichtet, welchen Barnaby wegen seines rothen Rockes für einen hohen Würdenträger hielt, in dessen Macht es gegeben wäre, Greif's Schicksal mit einem Worte zu besiegeln. Aber dieser Gentleman antwortete mit einer sauertöpfischen Verwünschung, nannte ihn einen Dieb und Rebellen und versicherte ihn unter vielen uneigennützigen Flüchen über seine eigenen Augen, seine Leber, sein Blut und seinen ganzen Körper, wenn die Entscheidung von ihm abhinge, so wollte er bald dem Vogel und dem Herrn den Garaus machen.

»Ihr seyd sehr tapfer gegen einen Gefangenen,« sagte Barnaby unmuthig. »Wenn ich auf der andern Seite der Thüre wäre und Niemand uns trennte, so solltet Ihr mir bald aus einem andern Tone pfeifen – ja, schüttelt immerhin Euren Kopf! Bringt den Vogel nur um – versucht es. Bringt Alles um, was Ihr könnt, und rächt Euch so an denjenigen, die mit ihren bloßen, ungefesselten Händen Euch ein Gleiches thun könnten!«

Nachdem er sich dieser Herausforderung entledigt, warf er sich in die fernste Ecke seines Kerkers, murmelte: »Lebe wohl, Greif – lebe wohl, lieber, alter Greif!« verbarg sein Gesicht in dem Stroh und vergoß zum erstenmale in seiner Gefangenschaft Thränen.

Es war ihm Anfangs der Gedanke gekommen, der einarmige Mann werde ihm helfen, oder ihm doch eine freundliche Antwort geben. Er wußte kaum, warum, aber er hatte es gehofft und sich so gedacht. Als er hinausrief, war der junge Mann stehen geblieben, er wollte sich umwenden, hielt aber inne und horchte auf jedes von Barnaby's Worten. Vielleicht beruhte hierauf die schwache Zuversicht des Gefangenen; vielleicht auch auf der Jugend und auf dem freien und ehrlichen Wesen des Soldaten. Wie dem übrigens auch seyn mochte, er hatte auf Sand gebaut. Sobald er zu sprechen aufgehört hatte, ging der Andere fort, ohne etwas zu erwiedern, und kam nicht mehr zurück. Gleichviel. Hier war Alles gegen ihn verschworen; das hätte er wissen können. Lebe wohl, alter Greif, lebe wohl.

Nach einer Weile wurde die Thüre aufgeschlossen und ihm der Befehl ertheilt, heraus zu kommen. Er stand sogleich auf und that, wie ihm geheißen wurde, denn er wollte nicht, daß man ihn für muthlos und eingeschüchtert halte. Er trat wie ein Mann hinaus und schaute Einem nach dem Andern stolz in's Gesicht.

Keiner erwiederte seinen Blick oder schien auf ihn zu achten. Sie führten ihn wieder über den Kasernenhof zurück und machten unter einer Abtheilung von Soldaten Halt, die wenigstens zweimal so zahlreich als diejenige war, welche ihn am Nachmittag gefangen genommen hatte. Der Offizier, den er bereits gesehen hatte, kündigte ihm in kurzen Worten an, daß die Mannschaft gemessenen Befehl erhalten habe, auf ihn Feuer zu geben, sobald er, unter was immer für günstigen Umständen einen Fluchtversuch machen sollte. Er wurde sodann, wie früher, umringt und weiter geführt.

In derselben ununterbrochenen Ordnung langten sie in Bow-Street an, von allen Seiten durch einen stets sich vergrößernden Volkshaufen umringt und angegriffen. Man stellte ihn vor einen blinden Herrn, der ihn fragte, ob er etwas zu seiner Vertheidigung zu sagen habe. Nein. Was hätte er auch sagen sollen? Nach einer sehr kurzen Anrede, um die er sich nicht kümmerte und die ihm ganz gleichgültig war, erklärte man ihm, daß man ihn nach Newgate bringen werde.

Dann ging es wieder auf die Straße hinaus. Er war allenthalben so von Soldaten umringt und eingeengt, daß er nichts sehen konnte; aber aus dem Gemurmel entnahm er, daß eine große Volksmasse versammelt seyn mußte, die, wie aus ihrem Schreien und Zischen erhellte, nicht freundlich gegen die Soldaten gestimmt war. Wie oft und wie sehnsüchtig horchte er auf Hugh's Stimme! Nein. Nirgends ein Laut, den er kannte. Hatte man Hugh auch gefangen genommen? Gab es gar keine Hoffnung mehr?

Je näher sie dem Gefängnisse kamen, desto lauter und ungestümer wurde das Geschrei des Pöbels. Es kam zu Steinwürfen und hie und da wieder auch zu einem Anlaufe gegen die Soldaten, vor dem sie zurückwichen. Einer von ihnen, unmittelbar vor dem Gefangenen, der einen Wurf an die Schläfe erhalten hatte, legte seine Muskete an; aber der Offizier schlug ihm dieselbe mit dem Degen in die Höhe und verbot ihm bei Todesstrafe ein ähnliches Unterfangen. Dieß war das Letzte, was er mit einiger Bestimmtheit sah, denn unmittelbar darauf wurde er hin und her gestoßen, wie auf einem stürmischen Meere. Aber wohin er auch gedrängt wurde, allenthalben war er von denselben Hütern umgeben. Zwei oder dreimal wurde er niedergeworfen, und die Soldaten deßgleichen: aber selbst dann konnte er keinen Augenblick ihre Wachsamkeit täuschen. Sie waren wieder aufgestanden und hatten sich um ihn angeschlossen, noch ehe ihm seine gefesselten Hände gestatteten, sich auf die Beine zu helfen. So eingezwängt, fühlte er sich auf einmal auf die oberste Stufe einer niedrigere Treppe emporgehoben. Er sah noch für einen Moment den kämpfenden Volkshaufen und da und dort ein paar Rothröcke, die sich zu ihren Kameraden durchzuarbeiten versuchten. Im nächsten Augenblicke aber war alles Nacht und düster, und er stand unter einem Haufen von Männern in der Vorhalle des Gefängnisses.

Bald darauf erschien ein Schmied, der ihm schwere Eisen anschlug. Unter der ungewohnten Last dieser Fesseln so gut als möglich fortstolpernd, wurde er nach einer festen, steinernen Zelle geführt, wo man ihn allein ließ und die Thüre mit Schlössern, Querbalken und Ketten wohl verwahrte. Zuvor hatte man aber, ohne daß er es bemerkte, auch Greif hineingesteckt, der mit gesenktem Kopfe, nur das tiefschwarze Gefieder gesträubt, das unglückliche Geschick seines Herrn zu begreifen und zu theilen schien.



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