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Jesus stillt den Sturm, er geht auf dem Wasser. Schon Moses beherrscht und teilt das Meer (2. Buch Moses 14, 21). Schon Josua beherrscht den Jordan, und die Träger der Lade gehen trocken hinüber (Josua 3, 13). Schon Elias schlägt nur mit seinem Mantel aufs Wasser, und es teilt sich (2. Könige 2, 8).

Jesus fährt in den Himmel, aber schon Elias (der Sonnengott Helios) wird in einem feurigen Wagen mit glühenden Pferden geholt und fährt gen Himmel (2. Könige 2, 11).

Es ist überhaupt auffallend, in wie hohem Maße die von Elias und seinem Lehrling Elisa im Alten Testament erzählten Wundertaten vorbildlich für die gewesen sind, die man Jesus zuschreibt. Jesus erweckt in Nain den einzigen Sohn einer Witwe vom Tode (Lukas 7, 12). Aber schon Elias hat das Wunder Jesu getan (1. Könige 17, 17 ff.). Eine Witwe in Sarepta hat ihren Sohn verloren. Als er tot ist, legt Elias ihn auf sein Bett, ruft den Herrn an, und das Kind wird wieder zum Leben erweckt. Und Elisa hat den Speisungswundern vorgegriffen. Er bespeist mit nur zwanzig Gerstenbroten hundert Mann, und es bleibt noch etwas übrig. Im Evangelium wird er überboten. Jesus bespeist 4000 Mann mit wenigen kleinen Fischen und sieben Broten, es bleiben noch sieben Körbe voll übrig (Matthäus 15, 34-37, Markus 8, 1-6). Bei Johannes wird auch dies überboten (6, 9). Es sind 5000 Mann und der Fische nur zwei.

Elias ist überhaupt das Vorbild, der religiöse Nationalheld. Bei Maleachi steht (4, 5): »Siehe, ich sende euch Elias, den Propheten, ehe der Tag des Herrn kommt, der große entsetzliche.« Darum läßt der Evangelist (Markus 9, 11) die Schriftgelehrten fragen, ob Elias nicht zuvor kommen müsse, und Jesus antwortet: »Elias soll ja zuvor kommen und alles wieder zurechtbringen, dazu soll des Menschen Sohn viel leiden und verachtet werden, wie denn geschrieben steht. Aber ich sage euch: Elias ist gekommen, und sie haben an ihm getan, was sie wollten, nach dem von ihm geschrieben steht.«

Noch zu Beginn unserer Zeitrechnung ist Elias in der allgemeinen Vorstellung Moses gleichgestellt, Jesus kaum untergeordnet worden. Das sieht man aus Matthäus 17 und Markus 9, 2. Jesus wird auf dem Berge verklärt, sein Antlitz strahlt wie die Sonne, seine Kleider werden weiß wie das Licht. Und siehe, Moses und Elias zeigten sich vor ihnen, wie sie mit ihm sprachen. Petrus schlägt Jesus nun vor, drei Wohnungen, eine für jeden von ihnen, zu bauen. Aber da ertönt die Stimme aus der Wolke, die beiden anderen Erscheinungen verschwinden, und Jesus bleibt allein zurück.

Die Evangelisten sind so besessen von der Vorstellung von Elias, daß sie die römischen Soldaten auf Golgatha den Jesus zugeschriebenen Ruf »Eli, Eli« als eine Anrufung des Elias auffassen lassen, ein völlig unmögliches Mißverständnis, da Elias ihnen selbstverständlich ganz unbekannt war (Matthäus 27, 49).


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