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Fünfte Reihe
Das Verdienst des Leidens

Kapitel Einundvierzig. Feenhände

Neben der Hauskapelle von Sainte Gildarde befindet sich ein geräumiges Zimmer. Es dient als Sakristei und als Kunstdepot. An den Wänden hängen viele stark nachgedunkelte Bilder, die sich im Laufe der Zeiten im Kloster angesammelt haben und für die man keinen besseren Ort weiß. Die »Damen von Nevers« sind ja eine recht alte Kongregation, von ihrem Stifter Jean Baptiste de Laveyne schon vor fast zweihundert Jahren begründet, und wenn man das Kloster auch nach den Stürmen der Revolution wieder neu erbauen mußte, so ist doch viel Gut der Vergangenheit erhalten geblieben. Das größte unter den Gemälden in der Sakristei ist eine Heilige Familie aus dem vorigen Jahrhundert, ein ziemlich stumpfes und ungelenkes Stück. Mutter und Kind im Stroh. Ochs und Esel und anbetende Hirten, alles wie Bernadette es liebt und kennt. Das einzig Auffällige ist der heilige Josef, der wider alle Tradition keinen Bart hat und eine Art Barett auf dem Kopfe trägt. In den Schränken sind Meßgewänder, Paramente, Altardecken aufgestapelt. Einiges goldene und silberne Kultgerät steht hinter Glas. In einer besonderen Truhe wartet ein Haufen lautbemalter Krippenfiguren der alljährlichen Weihnachtszeit.

Dies ist nun Bernadettens Reich. Sie hat ein Jahr nach dem Blutsturz ihre Profeß neuerdings in die Hände des Bischofs von Nevers abgelegt. Die Zeit des Noviziats blieb ihr nicht geschenkt. Nachher aber bestand Monseigneur darauf, daß man sie von der Krankenpflege abberufe, die sie sich selbst zum Arbeitsgebiet erwählt hatte. Mutter Imbert mußte im Auftrag des Bischofs der Sœur Marie Bernarde das zarteste und schonungsvollste Amt anvertrauen, das ihr Haus zu vergeben hat. Es ist das Amt der Sakristanin, die allmorgendlich das Ziborium mit den heiligen Broten füllt. Es traf sich gerade, daß die greise Sœur Sophie nicht mehr imstande war, dieses Amt zu führen. Ein Schlaganfall hatte sie halbseitig gelähmt und ihr die Sprache genommen. Sophie ist eine jener lichten Kinderseelen, wie man sie draußen in der Welt niemals antreffen kann. Obgleich die Lippen der alten Frau sich nur mehr unverständlich bewegen, geht von ihren Augen ein solcher Strom von Beruhigung und Heiterkeit aus, daß Bernadette froh ist, wenn Sœur Sophie ihr bei der Arbeit stundenlang zuschaut.

Mit dieser Arbeit aber hat's folgende Bewandtnis. Nachdem seinerzeit die Novizenmeisterin Bernadettens innigen Wunsch, ihre »Eignung zum Zeichnen als Tugend fortentwickeln zu dürfen«, aufrichtig erschrocken zurückgewiesen hat, warf sich die junge Nonne sogleich nach ihrer Bestellung zur Sakristanin auf ein verwandtes Gebiet. Die Stickerei von Altardecken, Meßgewändern und ähnlichem Kirchenschmuck gilt nicht einmal in den Augen von Marie Thérèse Vauzous als kunsteitle Überheblichkeit. Sie ist im Gegenteil ein stilles, gottgefälliges Werk, das einer schwächlichen Klosterfrau wohl ansteht. Bernadette, die als Novizin plötzlich in sich den Drang zum Bilden und Formen entdeckte, hat nun das schönste Feld der Betätigung gefunden. Es ist immer wieder dasselbe mit dieser Seele. Nach außen erscheint sie oft gleichgültig, zerstreut und schlaff. Wenn sie aber, von einer verborgenen Kraft getrieben, ihren Willensstrom auf ein bestimmtes Ziel richtet, dann vermag sie nichts zurückzuwerfen, nicht Jacomet, nicht Dutour, nicht Massy, nicht Peyramale, nicht der Bischof, nicht der Kaiser und nicht einmal das granitene Widerstreben der Nonne Vauzous.

Bernadette hat es erreicht, daß sie auf die geweihten Textilien mit Feenhänden die Farben und Formen zaubern darf, die hinter ihrer Stirn leben. Man hat ihr sogar außer dem notwendigen Material auch noch Zeichenblätter und Buntstifte zur Verfügung gestellt, damit sie vorerst die Entwürfe ihrer Stickereien skizzieren kann. Diese freilich sind äußerst ungewöhnlich, ja so eigenartig, daß erst das Entzücken einiger kunstverständiger Kleriker, denen man sie vorlegte, den ängstlichen Schreck Mutter Imberts und die frostige Verwunderung Mutter Vauzous' beschwichtigen konnte. Seitdem verlangt man dann und wann neue Stickwerke der Sœur Marie Bernarde zu sehen. Mutter Imbert gewährt aber diese Bitte nur, wenn die Künstlerin selbst nicht anwesend ist. Die Leiterinnen des Klosters verwechseln nämlich noch immer die Ursprünglichkeit ihrer jungen Mitschwester mit dem Hang nach dem Außerordentlichen. Bernadette hat demnach keine Ahnung von der Wirkung, die ihre gestickten Träumereien ausüben.

Sie gibt sich dem Werke unersättlich hin. Zeit hat sie die Fülle, da sie ja von jeder andern Arbeit und auf ausdrücklichen Befehl des Bischofs von dem anstrengenderen Teil der Regelpflichten befreit ist. Sie, die niemals Zeichenunterricht genossen hat, kniet auf der Erde vor den rings ausgebreiteten Blättern. In der ersten Zeit hat sie sich noch an Muster und Vorbilder gehalten. Dann aber beginnen ihre kleinen, unbelehrten Hände die sonderbarsten Blumen zu erfinden, die ihr Aug nie gesehn hat. Ornamente, die wie farbige Symbole eines noch unbekannten Glaubens sind. Da strebt ein Zug von Vögeln oder Engeln in eine violette Glorie des Himmels. Da ist das Lamm, das, dem Einhorn ähnlich, ein Kreuz auf der Stirn trägt. Die Seherin, in der die übernatürliche Kraft war, den verklärten Leib der Dame zu schauen, trägt unzählige Gesichte und Formen in ihrem Gemüt. Und sie weiß gar nichts davon. Sie weiß nicht, was alles und wie es ihr in die Finger kommt. Sind ein paar Skizzen fertig, legt Bernadette sie der alten Sophie auf den Schoß. Die Sprachlose unterscheidet genau zwischen gut und weniger gut. Ein Vergleichen, ein Nicken, und das Richtige ist ausgewählt. Der Kanvas wird in den Rahmen gespannt, und nun beginnt das Werk, das ebenso mühsam wie endlos ist, dem Werk der Penelope gleich. Bernadette aber leidet an keiner Ungeduld. Es ist, als wenn sie die Sekunden ihrer eigenen Lebenszeit mit bunten Seidenfäden ins Gewebe stickte, um sie gleichmütig heiter abzutun von sich, eine nach der andern.

Nur das Chorgebet, die Mahlzeiten, die Adorationen, Rosenkranz und Kreuzweg und schließlich die Nacht unterbrechen diese Arbeit. Zur Rekreation der Schwestern erscheint Bernadette nur dann, wenn sie Lust hat. In der freien Zeit schlüpft manchmal Sœur Nathalie in die Sakristei. Auch sie liebt es, diese Arbeit wachsen zu sehen und zu begutachten. Einmal fragt sie:

»Sie haben die Allerseligste Jungfrau mit Ihren Augen gesehen, ma Sœur. Warum sticken Sie nicht ihre Erscheinung auf eine der Altardecken?«

»O nein, ma Sœur, wo denken Sie hin?« entgegnet Marie Bernarde. »Die Dame läßt sich nicht zeichnen, nicht malen und nicht sticken.«

»Haben Sie die Dame vielleicht nicht mehr genau in Erinnerung?« wundert sich Nathalie.

»Oh, ich habe sie in Erinnerung, so genau, so genau ...«, lächelt Bernadette mit einem starren Blick zum Fenster hinaus und bricht das Gespräch ab.

Nevers ist ein mittelalterlich düsteres Städtchen. Noch im Monat März wird es knapp nach vier Uhr in der Sakristei des Klosters dunkel. Deshalb rückt Bernadette bereits um drei den Stickrahmen zum Fenster, um nichts von dem späten Tageslicht zu verlieren. Das ist eine stille Stunde, wo ein Teil der Nonnen das Partikularexamen mit sich selbst anzustellen pflegt. In den letzten Jahren wurde die Rekreation der Novizinnen um eine Stunde verschoben. Manchmal hört Bernadette die paarweisen Schritte der heimkehrenden Mädchen über den Korridor klappern, und eine Mahnung der Novizenmeisterin trifft ihr Ohr. Daneben aber, in der Kapelle, beginnt die Nonne, der die Musik anvertraut ist, auf der Orgel zu üben.

 

Es klopft. Die Pförtnerin meldet, daß für Sœur Marie Bernarde Besuch da sei. Madame la Supérieure habe den Mann hinunter in die Sakristei geleiten lassen. Er werde gleich erscheinen. Bernadette hebt erstaunt den Kopf. Besuch? Es gibt fast niemals Besuch. Was für ein Mann? Das muß Bernadette in Dankbarkeit anerkennen: Mutter Imbert hält ihr alle Neugierigen vom Leibe. Sie erfährt meist nur durch Zufall von den andern Schwestern, wenn dann und wann eine Persönlichkeit oder eine Gesellschaft die berühmte Soubirous anzustaunen verlangt hat wie ein Wundertier. Sie hat ein für allemal gebeten, bei Besichtigungen des Klosters durch Fremde in ihrer Zelle bleiben zu dürfen. Was für Besuch also könnte das sein?

Bernadette erhebt sich. Ihre von der Arbeit überanstrengten Augen unterscheiden im finsteren Türrahmen nur die hohe, schlanke Gestalt eines Mannes, der sich bescheiden nicht weiter wagt.

»Gelobt sei Jesus Christus«, grüßt der Mann förmlich und leise.

»In Ewigkeit Amen«, dankt Sœur Marie Bernarde. »Womit kann ich dienen?«

Der Mann dreht die Baskenmütze in der Hand hin und her:

»Ich komme nur, um zu wissen, wie es geht, ma Sœur ...«

Er tritt einen langen Schritt vor und verbeugt sich. Bernadette bleibt das Herz stehn. Sie erkennt in dem verlegenen Mann ihren Vater, den sie lange, lange Jahre nicht gesehn hat. Mit ausgestreckten Armen geht sie langsam auf ihn zu und flüstert:

»Papa, du bist es ... ist es möglich?«

»Ja, ja ... ich bin mit der Eisenbahn hergereist, Marie Bernarde ...«

Sie beißt die Lippen zusammen, versucht zu lachen:

»Warum nennst du mich ›ma Sœur‹ und ›Marie Bernarde‹ ... Ich bin doch für dich die Bernadette ...«

Sie umarmt ihn und lehnt ihren verhüllten Kopf an sein Gesicht. Der Müller François Soubirous aber wagt es noch immer nicht aufzutauen. Seitdem seine Tochter, die Wundertäterin von Lourdes, auch noch eine gestrenge Klosterfrau ist, hat seine väterliche Befangenheit erschreckende Ausmaße angenommen. Manchmal denkt er noch jetzt mit heimlichem Schreck daran, daß er diese begnadete Tochter zu den Gauklern und Zigeunern jagen wollte. Mit ehrerbietigem Druck erwidert er die Umarmung.

»Oh, daß du zu mir kommst, Papa«, sagt Bernadette, die sich gefaßt hat.

»Ich hab vor Jahren schon angefragt ... Aber damals war es nicht erwünscht, Bernadette ... Und nach dem Tod der Mutter, weißt du, da war ich ganz verloren, da hab ich mich gar nicht rühren können ...«

Bernadette schließt die Augen, und ihre Stimme ist nachdenklich leise:

»Oh, Maman ... wie ist Maman gestorben?«

Der Müller Soubirous hat graue Haare bekommen. Er ist Anfang Fünfzig. Zu seinem selbst noch im Hungerelend und Fuselqualm würdig feierlichen Wesen ist im Laufe der Jahre und Ereignisse ein frommer Zug hinzugetreten. Er bekreuzigt sich.

»Deine Mutter ist sehr leicht gestorben, meine kleine Bernadette. Sie war nur ein paar Tage krank und hat nicht gewußt, wie es um sie steht. Der heilige Josef, der uns allen zu einem solchen Tode verhelfen möge, hat ihr beigestanden. Und du warst ihre große Freude, mein Kind, du allein. Dein Bild ist immer auf ihrer Brust gelegen. Von dir bekommt man nämlich jetzt viele Bilder. Dein Name war immer in ihrem Mund bis zuletzt ...«

»Maman hat's gewußt damals, daß wir uns nicht wiedersehn werden. Ich hab's nicht gewußt«, nickt Bernadette und flüstert der Toten nach: »Praoubo de jou.«

»Und wir haben von ihr kleine Bilder machen lassen«, sagt Soubirous stolz. »Miniaturen nennt man sie, und die Maler werden gut bezahlt dafür. Und ein Bild von Maman hab ich dir mitgebracht, Kind.«

François überreicht seiner Tochter ein vergoldetes Medaillon mit Kettchen, in dem die so gewöhnlichen Züge der armen Louise auf marktgängige Art idealisiert sind:

»Darfst du das annehmen?« fragt er, des Gelübdes der Armut eingedenk.

»Ich glaub schon, daß Madame la Supérieure es mir erlauben wird«, meint Bernadette, die sich kindlich mit dem Bildchen freut. Dann schiebt sie Soubirous einen Stuhl hin:

»Erzähl mir doch endlich, Papa, wie geht's euch allen daheim?«

Soubirous räuspert sich laut zum Zeichen seiner Befriedigung, daß der gefühlsschwere Anfang für ihn und seine Tochter nun überwunden ist.

»Ei, ich kann nicht klagen, mein liebes Kind. Die Geschäfte machen sich. Ich war ja immer ein guter Müller, wie du genau weißt, und es waren bloß die Jahre der Dürre, die einen heruntergebracht haben, und wahrhaftig nicht mich allein. Jetzt aber können wir Müller alle nicht mehr nachkommen. Es gibt seit letztem Herbst bereits fünfzehn Hotels in Lourdes, sage und schreibe fünfzehn! Und Lacadé hat ein großes, städtisches Hospital gebaut mit vielen hundert Betten. Es heißt Hospital ›Zu den Sieben Schmerzen‹. Und einen Teil der Lieferungen für dieses Hospital hat die obere Lapaca-Mühle. Und deine beiden Brüder Jean Marie und Justin sind ziemlich brauchbare Müllerburschen, und ich gebe ihnen keine Zeit mehr für Dummheiten. Und sie lassen ihre Schwester schönstens grüßen. Und deine Schwester Marie hat einen Buben und zwei Mädchen. Und sie wird morgen zu dir kommen mit andern Bekannten noch aus Lourdes. Und Gott sei gedankt dafür, ich hab ein klein wenig Erspartes zurücklegen können für meine Kinder und Enkel, wenn ich einmal nicht mehr bin ...«

Bernadette hat sehr aufmerksam gelauscht, fast wie eine Schwerhörige.

»Ach, Papa«, sagt sie jetzt, »es macht mir das Herz so leicht, wenn ich höre, wie gut es euch allen geht ...«

François Soubirous bekommt plötzlich feuchte Augen:

»Und mir, Bernadette, wird das Herz schwer, wenn ich jetzt oft in der Nacht dran denke, daß ich dich nicht gut halten konnte im Cachot damals. Und jetzt könnt ich dich doch so gut halten ...«

»Damals hab ich doch gar nichts gefühlt davon, Papa«, lächelt Bernadette, »und jetzt, jetzt fehlt mir nichts ...«

»Fehlt dir wirklich nichts, mein liebes Kind?« fragt Soubirous mit dunkler Stimme. »Ich glaub, du siehst schrecklich blaß aus ...«

»Oh, das ist ja nur die Haube, die macht uns alle so bleich. Ich bin ganz gesund. Noch nie ist es mir besser gegangen. Nicht einmal mehr Asthma hab ich ...« Und wie um von diesem Gegenstand abzulenken, fragt sie angelegentlich: »Wann ist dein Zug gekommen, Papa?«

»Genau vor einer Stunde ... Und die andern, die kommen morgen ...«

»Gütiger Gott, dann wirst du ja hungrig sein und durstig«, erschrickt Bernadette, springt auf und läuft aus der Tür, ohne sich zurückhalten zu lassen. Sie wagt es, bei der Mutter Oberin anzuklopfen.

»Madame la Supérieure«, keucht sie atemlos nach ihrem Lauf. »Mein Vater kommt soeben von der Eisenbahn. Er hat den ganzen Tag nichts genossen. Darf ich ...«

»Aber selbstverständlich, meine Liebe ... Bitten Sie doch die Schwester Assistentin um Kaffee und Kuchen und um Likör ...«

Bernadette kommt selbst mit dem Tablett und deckt das Tischchen in ihrem Arbeitsraum für den Vater. Ihre Wangen sind überflammt, so beglückt ist sie von diesem fraulichen Dienst, von diesem ewigen Dienst ihrer Mutter, den sie ein einziges Mal leisten darf. Sie sieht mit entzückten Augen dem Manne zu, der zugleich hungrig und geniert ist, unter Heiligenbildern und Meßgewändern Mahlzeit zu halten. Zuletzt schenkt sie das Likörgläschen voll. Soubirous macht eine ablehnende Gebärde, die nicht ganz aufrichtig ist:

»Seit letzter Zeit«, sagt er großartig, »pflege ich nur noch hie und da einen Tropfen Wein zu trinken und keinen gebrannten Wein mehr. Das bekommt der schweren Arbeit nicht ...«

»Aber Papa«, lächelt Bernadette, »heut hast du gar keine schwere Arbeit ...«

Und ihre Seele gedenkt des gefährlichen Kräuterteufels, den die Mutter unter sorgsamem Verschluß hielt.

»Meinst du wirklich?« fragt der Müller schwankend. »Es ist freilich eine weite Reise hierher ...«

»Siehst du, ich werde dir zutrinken«, ermuntert sie ihn. »Ich fürchte mich gar nicht ...«

Und sie kippt das Gläschen, ohne ihr Gesicht zu verziehen. Das ist etwas anderes, denkt Soubirous und fühlt sich nach dem dritten Likör recht behaglich in dieser weihevollen Umgebung, die seine Tochter beherrscht. Man redet nicht mehr viel. Eigentlich hat man sich gar nichts zu sagen. Bernadette zündet ein paar Kerzen an. Das dunkle Gemälde der Heiligen Familie erstrahlt in Farben, die es selbst nicht besitzt. Die junge Klosterfrau sitzt darunter. Der heilige Josef, Schutzpatron eines gelinden Todes, tritt ernst aus dem Hintergrund hervor. Die Muttergottes lächelt über ihrem Kind. Vater Soubirous kann sich des Gedankens nicht enthalten: das ist gewissermaßen auch die Familie meines Töchterchens.

Die lästerliche Frage des Brigadiers d'Angla hat er längst vergessen.


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