Adalbert Stifter
Witiko
Adalbert Stifter

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Eines Tages aber ritt er in seinem Ledergewande, nur von Raimund begleitet, von dem Hause fort. Er ritt in die Herberge der unteren Moldau, und von dort auf dem Saumwege des großen Waldes zu den Häusern von Aigen hinaus. In Aigen wurde das Mittagmahl verzehrt, die Pferde rasteten, und bekamen Nahrung. Von Aigen ritten die zwei Männer im Walde auf dem Saumwege den Wassern der Mihel entgegen. Und am Nachmittag kamen sie in das Waldhaus Heinrichs von Jugelbach. Das Tor wurde ihnen geöffnet, sie ritten in den Hof, Witiko wurde von Heinrich begrüßt, und die Pferde wurden versorgt. Witiko sprach: »Jugelbach, Erlaubt, daß ich zuerst in Euer Gemach gehe.«

Heinrich führte ihn dahin.

Als sie in dem Gemache waren, sagte Heinrich Jugelbach: »Seid mir gegrüßt, Witiko. Ich habe eine Freude darüber, daß Ihr zu dieser Frist gekommen seid.«

»Ich habe Eurer Worte gedacht«, antwortete Witiko, »und habe meiner Worte gedacht.«

»Und Ihr habt nach den Worten gehandelt«, sagte Heinrich, »reicht mir die Hand.«

Witiko reichte ihm die Hand. Heinrich faßte sie, und sprach: Eure Hand ist die Hand eines Mannes, und meine Hand ist auch die eines Mannes.«

Witiko sagte: »Ihr habt mich in Euerm Gemache begrüßt, und ich habe Euch begrüßt, führet mich nun zu der hohen Frau Wiulfhilt.«

»So gehen wir«, sprach Heinrich.

Sie gingen in das Gemach Wiulfhilts.

Da sie eingetreten waren, stand Wiulfhilt von ihrem Sitze auf, ging Witiko entgegen, reichte ihm die Hand, und sprach: »Seid mir von Herzen gegrüßt, Witiko, Ihr habt uns wieder in unserem Waldhause aufgesucht.«

Witiko beugte sich auf die dargebotene Hand nieder, und küßte sie, dann richtete er sich auf, und sprach: »Ich begrüße Euch in Ehrerbietung, hohe Frau. Ich habe der Reife der Zeit geharrt, in der ich wieder zu euch kommen darf. Ich glaube, daß die Reife eingetreten ist, und da habe ich einen Mann gesendet, der erkunden soll, ob ihr in dem Waldhause wohnet. Der Mann hat mir die Nachricht zurück gebracht, daß ihr in dem Hause wohnet, und so bin ich zu demselben geritten. Und weil ich nun vor Euch stehe, hoher Herr, und vor Euch, erhabne Frau, so erlaubet, daß ich vor allen Dingen zuerst von dem rede, was zu reden ich gekommen bin.«

»Nehmen wir Sitze«, sagte Heinrich.

Sie setzten sich.

»Sprecht, Witiko«, sagte Heinrich.

»Weil ihr gütig höret, so rede ich«, sprach Witiko. »Ihr, hoher Herr, habt einmal zu mir gesagt: ihr seid als Gast in meinem Hause immer willkommen, und Ihr, erhabene Frau, habt gesagt: Kommt als Gast bald wieder in unser Haus. Ich bin aber als Gast nie mehr gekommen, weil ich in anderen Ehren kommen wollte, oder gar nicht mehr. Ihr, Herr Heinrich von Jugelbach, habt vor zwei Jahren in Euerem Gemache zu mir gesagt: Ihr habt in der Schlacht die rote Waldrose auf dem weißen Schilde getragen, sorget, daß die Rose in die Geschicke Eurer Länder hinein blühet, und dann kommt. Ihr, Herr Heinrich von Jugelbach, habt vor zwei Jahren in dem Gemache Eurer hohen Gattin gesagt: Ihr habt Euch bei den Leuten Vertrauen erworben, die in dem Walde wohnen. Im Walde stehen noch viele Dinge bevor, beachtet sie, Witiko. So habt Ihr gesagt. Ihr, erhabene Frau Wiulfhilt von Dornberg, Gattin des Herrn Heinrich von Jugelbach, habt vor zwei Jahren in dem Speisegemache zu mir gesagt: Der Wille meines Gemahles ist der meinige. So habt Ihr gesagt. Und so bin ich hier. Ich bin in jener Zeit, da ich von euch fortgeritten bin, mit Zdik, dem Bischofe von Olmütz, zu Regimbert von Peilstein und Hagenau, dem Bischofe von Passau, nach Passau geritten, wohin ich Zdik geleitete. Ich bin bei dem hochehrwürdigen Bischofe von Passau so lange als Gast geblieben, so lange ich nach Geziemung bleiben mußte. Dann bin ich auf einem Donauschiffe von Passau bis zur Stadt Wien gefahren, und bin auf den Kahlenberg in die Burg des erlauchten Markgrafen von Österreich, Heinrich, geritten, in welcher Burg meine Mutter bei Agnes, der hocherhabenen Mutter des Markgrafen, als Gast war. Ich habe meine Mutter besucht, welche ich lange nicht gesehen habe. Ich bin so lange bei meiner Mutter geblieben, als es die Gebühr erfordert hat. Ich bin in jener Zeit auch bei dem erlauchten Markgrafen gewesen, und habe mit ihm gesprochen. Von Wien bin ich nach Plan in den Wald geritten, und bin in dem Walde geblieben. Im Frühlinge mußte der Krieg des hocherlauchten Herzoges von Böhmen und Mähren, Wladislaw, gegen die Empörer in Mähren beginnen. Die Männer des Waldes haben in großer Zahl beschlossen, in den Krieg zu gehen. Sie hatten Vertrauen zu mir, und die, welche von den Häusern der oberen Moldau bis zu den Häusern der Stift und der Kienberge wohnen, haben mich zu ihrem Führer gewählt, daß wir einen Teil der Scharen des Herzoges Wladislaw bilden. Ich führte sie zu dem Herzoge, und der hat mir den Befehl über sie gegeben. Die Männer des Waldes haben allein einen Kampf gegen die Scharen Wratislaws, des Herzoges von Brünn, bestanden, und haben die Scharen des Herzoges in die Flucht geschlagen. Sie sind in der Schlacht bei Znaim gewesen, und sind dort wie starke und tüchtige Leute des Waldes bestanden. Sie haben die Züge gegen Brünn und Olmütz und durch das ganze Land mitgemacht. Als die Feinde niedergeworfen, und das Land Mähren in der Gewalt des Herzogs war, belohnte er sie, und sie zogen in ihre Heimat. Mir gab er ein Pergament, darauf ein Strich Waldlandes verzeichnet ist, das er mir mit Gebühren und Untertanpflichten erteilte. Ich bin dadurch einer der Herren geworden, wie sie in unserem Lande über Untertanen sind, und bin als ein solcher Herr zu dem Rate des Herzoges berufen. Ich habe diesem Rate in Prag auch schon beigewohnt. Das Pergament habe ich in seiner Tasche auf meinem Pferde mitgebracht, und werde es euch zeigen. Nach dem Kriege in Mähren bin ich zu meiner Mutter nach Landshut geritten, und habe sie und den ehrwürdigen Priester Benno, der ein Freund meines Vaters war, und mein gütiger wohlwollender Lehrer und Erzieher ist, und unsere Base Hiltrut, in deren Häuschen meine Mutter als Gast war, in unseren Hof nach Pric geleitet. Dann bin ich nach Prag zu unserem Herzoge gegangen, und in die Kammer des Herzoges. Dort haben sie mein Pergament in die vollständige Ordnung gebracht. In Prag habe ich den jungen kundigen Baumeister Eppo erforscht, und habe mit ihm den Bau eines Hauses verabredet. Im Winter war ich in Pric bei meiner Mutter, bei Benno, Hiltrut und meinen Leuten. Im Frühlinge bin ich nach Friedberg geritten, dessen Häuser auf einem Hügel an der Moldau stehen. Von Friedberg geht im Mittage ein breiter und langgedehnter Wald empor, der eine hohe Schneide hat, und er geht von der Schneide wieder breit und weit hinunter, bis wo die Mihel fließt. Auf seiner Schneide stand einmal eine Säule des heiligen Apostels Thomas, darum er jetzt der Thomaswald heißt. Auf der Stelle der Waldschneide, wo die Säule des heiligen Apostels gestanden war, baue ich mir jetzt eine Burg, welche das Witikohaus heißen soll, wie ihr auf der Steinzunge der Berge zwischen Aschach und Eferdingen eine Burg baut, die Schauenberg heißen wird. Der Baumeister Eppo hat eine Abbildung der Burg gemacht, wie sie sein wird, wenn sie fertig geworden ist. Ich habe die Abbildung in ihrem Fache mit mir genommen, und werde sie euch zeigen. Als das Bauen der Burg begonnen war, und fortschritt, bin ich zu euch geritten, und nun bin ich da, und frage euch: Darf ich den Gedanken fassen, daß ich der sicheren Ehren teilhaftig werden kann, unter welchen ich dann öfter in eurer Burg erscheinen werde.«

Als Witiko seine Rede geendet hatte, sprach Heinrich von Jugelbach: »Wir haben gewußt, daß Ihr kommen werdet, Witiko, und haben gewußt, was Ihr reden werdet, und wir: ich, meine Gattin, Wiulfhilt von Dornberg, mein Vater, Werinhart von Jugelbach, meine Mutter, Benedicta von Aschach, mein Bruder, Gebhart von Jugelbach, und noch Männer, die in unserem Vertrauen sind, haben beraten, was Euch geantwortet werden soll. Seid in meinem Hause herzlich gegrüßt, Witiko. Ich muß aber doch den Anfang der Antwort ein wenig anders machen, als ich und Wiulfhilt nach der Anhörung des Rates der Unsrigen beschlossen haben. Ihr habt Eure Erlebnisse nicht genau erzählt, oder die Männer in dem Walde haben nicht genau geredet, oder die, welche die Erzählungen der Männer des Waldes brachten, sind in ihren Nachrichten nicht genau gewesen. Nicht die Leute des Waldes haben für sich sofort beschlossen, zu dem Herzoge Wladislaw in den bevorstehenden Krieg zu ziehen. Ihr habt den Zug vorbereitet, Witiko. Ihr habt zu den Leuten gesprochen, ihr habt ihnen gesagt, wie die Dinge sind, und habt ihren Willen den Dingen zugelenkt. Ihr habt Waffen vorbereitet und Gewänder und Zurüstungen und Übungen, und seid selbst der Lehrer in den Übungen gewesen. Ihr habt durch Euch die Liebe der Leute erworben, und sie sind in großer Zahl Eurer Einsicht zugefallen. Es sind im Winter Leute über den Wald heraus gekommen bis zu uns an den Inn, und haben von diesen Dingen erzählt, und Leute, die von uns im Kaufe und Tausche in dem Walde gewesen sind, haben davon erzählen gehört, und in unserem Lande ist davon erzählt worden. Und weil das gerecht ist, wozu Ihr die Menschen angeleitet habt, so haben wir eine Freude über die Erzählung gehabt. Ihr seid mit den Männern zu Wladislaw gezogen, und Ihr habt durch Eure Führung Wratislaw geschlagen, und Ihr habt im Kriegsrate des Herzoges angeboten, durch die Schlucht vor Znaim den Feind zu umgehen, weil es die Waldleute können. Ihr habt die Schlucht bewältiget, und ein Teil jenes Sieges ist Euer. Ihr seid in den andern Zügen umsichtig gewesen, und habt überall für Eure Leute durch Ordnung, Nahrung, Pflege und Erfüllung jedes Bedarfes gesorgt, und habt Mäßigung bewiesen. Nicht jedem Führer hat der Herzog Waldland gegeben. Ich habe gesagt, in dem Walde stehen noch viele Dinge bevor, und Ihr, Witiko, habt ein Werkzeug gefunden, die Dinge hervor zu rufen, die Zuneigung der Leute, und Ihr habt die Art, die Dinge zu rufen, und die Klugheit, und jetzt auch die Macht. Ihr werdet sie rufen, Ihr wißt jetzt selber noch nicht, wie weit. Das hat mir mein Freund Lubomir gesagt, das hat mir mein Freund Ctibor gesagt, das hat mir mein Freund Nemoy gesagt, das hat mir mein Freund Rowno gesagt, das hat mir mein Freund Hermann gesagt, und das hat ein Mann gesagt, der nicht mein Freund ist, der aber die Dinge kennt, Strich von Plaka, der fürchtet, daß Ihr durch Benützung des Waldes ihm Schaden zufügt. So, Witiko, muß ich in meiner Antwort sprechen, und Euch der Ungenauheit in Eurer Erzählung bezüchtigen, und so, Witiko, hat die Rose in die Geschicke Eures Landes hinein geblüht, und sie wird ferner hinein ranken und Wurzeln fassen. Ich weiß Friedberg sehr gut, und kenne die Stelle der Säule des heiligen Apostels Thomas. Sie ist für eine Burg so gut, daß ihr wenige gleich sind. Das Pergament dürft Ihr mir nicht zeigen; aber die Abbildung der Burg zeigt mir. Und so sage ich Euch, Witiko, Ihr dürft, wie Ihr die Worte gesprochen habt, den Gedanken fassen, daß Ihr der höheren Ehren teilhaftig werdet, unter denen Ihr öfter in meiner Burg sein sollet. Meine Gattin hat mit mir den gleichen Willen.«

»Ich habe ihn«, sagte Wiulfhilt, »wie es beschlossen worden ist, und ich habe ihn noch früher gehabt als die andern, weil ich Euch mit meinen inneren Augen früher kannte, als Euch die andern mit ihren äußeren Augen kennen lernten.«

»Hoher Herr«, antwortete Witiko, »hocherhabene Frau, ich danke mit Ehrerbietung der Antwort, die ihr mir gegeben habt. Euch, hocherhabne Frau, danke ich noch, daß Ihr mit Euern inneren Augen Gutes an mir gesehen habt, und Euch, hoher Herr, danke ich noch, daß Ihr gut von mir geredet habt. Ihr habt zu gut geredet. Die Dauer und Kraft der Waldleute hat gewirkt und die Güte des Herzogs.«

»Und beide haben gerne für Euch gewirkt«, sagte Heinrich, »erhaltet Euch beide.«

»Ich will darnach streben«, sagte Witiko. »Und nun, hoher Herr und erhabene Frau, erlaubet, daß ich auch das zweite rede, weshalb ich gekommen bin.«

»Sprecht«, sagte Heinrich.

»Eure hochedle Tochter Bertha«, sprach Witiko, »hat zu mir bei dem großen Steine an dem Waldessaume gesagt: Baue dir ein Haus, Witiko, und wenn dann noch keine Makel an dir ist, so folge ich dir, und harre bei dir bis zum Tode. Gestattet, hoher Herr und hocherhabene Frau, daß ich Bertha sage, ich baue mir nun ein Haus, und daß ich sie frage, ob eine Makel an mir ist.«

»Sagt ihr, und fragt sie«, antwortete Heinrich.

»Und wenn sie sagt, es sei keine große Makel an mir, darf ich sie dann fragen, ob sie mir folgen wolle?« sprach Witiko.

»Ihr dürft sie fragen«, entgegnete Heinrich.

»Und wenn sie sagt, sie folge mir, darf ich dann feierlich kommen, um sie zu werben, daß sie mein Eheweib werde?« sprach Witiko.

»Ihr dürft kommen, und vor allen den Unsern werben«, antwortete Heinrich, »und so gehet zu Bertha.«

»Gehet, Witiko, sie harret Eurer«, sagte Wiulfhilt.

»Geleite Witiko zu ihr«, sagte Heinrich.

»So folget mir, Witiko«, sprach Wiulfhilt.

»Ich folge Euch, hocherhabene Frau«, sagte Witiko.

Sie standen auf. Heinrich reichte Witiko die Hand, Wiulfhilt ging bei der Tür hinaus, und Witiko folgte ihr.

Sie führte ihn über den Gang in das Gemach Berthas.

Bertha saß in dem Gemache an einem Tische. Von ihrem Haupte hingen zwei Zöpfe nieder, an den Armen war weißes Linnen, der Brustlatz war rot, und von ihm fiel der stark faltige schwarze Rock hinab.

Sie stand auf, da ihre Mutter mit Witiko in das Zimmer kam.

»Bertha«, sagte die Mutter, »Witiko hat deinen Vater und mich gefragt, ob er mit dir sprechen dürfe, und wir haben ihm geantwortet, er darf mit dir sprechen. Willst du ihn hören, und auch mit ihm sprechen?«

»Ich will ihn hören, und mit ihm sprechen, Mutter«, sagte Bertha.

»So sprecht, und ich gehe zu dem Vater«, sagte Wiulfhilt.

Sie verließ nach diesen Worten das Gemach.

Witiko stand in seinem Ledergewande vor Bertha, und sah sie an. Bertha sah ihn an.

»Was willst du zu mir sprechen, Witiko?« fragte sie.

»Du hast an dem schönen großen Steine neben dem Waldsaume vor zwei Jahren zu mir gesagt, Bertha«, antwortete Witiko: »Baue dir ein Haus, Witiko, und wenn dann noch keine Makel an dir ist, so folge ich dir, und harre bei dir bis zum Tode. Nun baue ich mir ein Haus, und bin gekommen, dich zu fragen, ob eine Makel an mir ist?«

»Es ist keine Makel an dir, Witiko«, antwortete Bertha.

»So wirst du mir in das Haus folgen?« fragte Witiko.

»Ich werde dir in das Haus folgen«, entgegnete Bertha.

»Und wirst dort harren bis zu dem Tode?« fragte Witiko.

»Ich werde harren bis zu dem Tode«, antwortete Bertha.

»So ist gesprochen, was zuerst gesprochen werden sollte«, sagte Witiko. »Bertha, Bertha, sei mir tausendmal gegrüßt.«

»Sei tausend und tausend Mal gegrüßt, Witiko«, antwortete Bertha.

Und sie reichten sich die Hände, hielten sich an denselben, und schauten sich in das Angesicht.

»Bertha«, sprach Witiko, »du hast gesagt: Ich will, daß dir keiner gleich ist, so weit die Augen blicken, es mögen unten die Bäume des Waldes emporstehen, oder die goldenen Felder der Ähren, oder der grüne Sammet der Wiesen dahin gehen. Nun aber sind mir viele gleich, es sind sehr viele über mir, wirst du mich in hoher Achtung halten können, Bertha?«

»Witiko«, antwortete Bertha, »als ich jene Worte gesagt hatte, gabst du mir die Erwiderung: Ich will zu dem Höchsten streben.«

»Ich wollte es, und will es noch«, sagte Witiko, »und ich habe auch gesagt, daß ich das Ganze tun will, was ich kann.«

»Nun, das Streben ist der Anfang«, sagte Bertha, »und den Anfang hast du gemacht, Witiko. Ich habe an jenem Steine auch gesagt: Wenn ich dir folge und bei dir harre, dann rede zu den Männern deines Landes, bringe sie zu dem Großen, und tue selber das Große. Ich kann also nicht wollen, daß dir jetzt schon keiner gleich ist; aber die Jahre werden es nach den Jahren bringen, und einmal werde ich sagen: Witiko, jetzt ist dir keiner gleich.«

»Und die Jahre werden nach den Jahren vergehen, und du wirst es nicht sagen können«, antwortete Witiko.

»Dann werde ich noch weiter harren«, sprach Bertha.

»Und wenn du immer harrest«, sagte Witiko.

»So weiß ich dich auf dem Wege«, antwortete Bertha. »Witiko, ich habe gesagt: Wenn du ein niederer Mann würdest, so würde ich als dein Weib von dir gehen, dahin du mir nicht folgen könntest.«

»Ich werde niemals ein niederer Mann«, sagte Witiko, »und so, Bertha, in diesen Gefühlen wirst du mein Weib.«

»So werde ich dein Weib«, entgegnete Bertha.

»Und so ist nun erfüllet, was erfüllt werden sollte, gehen wir jetzt zu den Eltern«, sprach Witiko.

»Gehen wir«, sagte Bertha.

»Ich bitte dich noch um etwas«, sprach Witiko.

»Sage es«, entgegnete Bertha.

»Gehe mit mir heute an diesem Tage, wenn es deinem Vater und deiner Mutter genehm ist«, sprach Witiko, »zu der Stelle, auf welcher ich dich zum ersten Male gesehen habe, da du mit Rosen bekränzt da standest, und gehe mit mir zu den Steinen, auf welchen wir an jenem Tage gesessen waren.«

»Ich werde sehr gerne mit dir gehen, Witiko«, sagte Bertha, »und wir werden den Vater und die Mutter darum bitten.«

»So gehen wir nun«, sprach Witiko.


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