Adalbert Stifter
Witiko
Adalbert Stifter

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»Du sagst es, Bruder Zdik«, antwortete Regimbert, »das ist die Befreiung des Heiligen Landes von der Schmach der Entweihung durch den Eifer gebrechlicher Menschen. Das ist das Wunder, das vor unserer Zeit geschehen ist, und das nicht vergessen werden kann. Es ist mein Gebet beim Tage, meine Betrachtung in der Nacht, und mein Traum in dem Schlafe, daß ich einmal in das Land gelange. Ich erzähle mir, und wiederhole mir, wie es sich wundervoll zugetragen hat. Da ist ein Mann mit einem kleinen Körper, mit schwachen Gliedern, mit geschwärzten Wangen, und mit nackten Füßen, der Einsiedler Peter, zu dem Heiligen Vater Urban gekommen. Er hat erzählt, wie er nach Jerusalem gegangen ist, und wie ihn die Leute gepflegt haben, und wie ihm vornehme Frauen die Füße gewaschen haben; denn es hat sich ausgebreitet, daß die Pilgerungen zum Seelenheile dienen, damit man sich von Schuld löse, oder frömmer werde, oder Überbleibsel hole, die ewigen Segen bringen, und viele Menschen sind nach Jerusalem gewandelt, und immer mehrere, um des Heiles teilhaftig zu werden. Und je mehr Menschen nach Jerusalem gezogen sind, desto mehr Ungläubige sind aus dem Lande Asien heraus gezogen, und haben alles erobert bis an das Meer, und sind den Pilgern zum Schrecken und zur Gefahr geworden, und haben Zins begehrt, wenn man die heiligen Stätten betreten wollte. Aber die Pilger duldeten den Schrecken und die Gefahr, und leisteten den Zins. Siegfried, der Erzbischof von Mainz, Otto, der Bischof von Regensburg, Günther, der Bischof von Bamberg, Wilhelm, der Bischof von Utrecht, die große Geleite hatten, wurden angefallen, und verloren Habe und Männer. Von siebentausend Christen, die eine Wallfahrt unternommen haben, sind fünftausend getötet worden. Dietrich, der Graf von Trier, welcher Kuno, den Erzbischof von Köln, erschlagen hatte, ging, um die schwere Schuld zu sühnen, nach Jerusalem, und ist nicht wieder zurückgekehrt. Die pilgernden Herren von Wulfenberg, vom Thal, von Bingen sind verschollen, und ist nie mehr etwas von ihnen gehört worden. Eine schöne Äbtissin hat man bis zum Tode entwürdigt. Die Türken schändeten die heiligen Orte, die Kirchengeräte wurden zerstört, die Priester geschlagen und mißhandelt, der Patriarch wurde bei den Haaren und dem Barte zu Boden geworfen, und es wurde ihm in das Angesicht gespien, und wenn die armen Pilger den Zins nicht zahlen konnten, so wurden sie zurück gejagt, und die Christen konnten ihnen nicht helfen, weil sie selber beraubt und geplündert worden waren, und da man die Pilger nicht pflegen konnte, mußten sie oft auf der Heimkehr verschmachten. Der Einsiedler zog Briefe heraus, die ihm Simeon, der Patriarch, gegeben hatte, die ihm andere Leute gegeben hatten, und die ihm unzählige Leute gegeben hatten. Der Heilige Vater antwortete, daß er auf Abhilfe denken werde. Peter ging darauf über die Alpen, und erzählte dort, und teilte Briefe aus. Auf den November des Jahres 1095 berief der Heilige Vater eine Versammlung nach Clermont. Es kamen über dreihundert Bischöfe und Äbte, und dann Fürsten, Edle, Ritter und Volk. Der Heilige Vater hielt die Versammlung unter dem freien Himmel, und sprach: Die Lehre des Heilandes ist durch viele hundert Jahre in dem Lande Asien geübt worden, sie ist von da in die ganze Welt ausgegangen; jetzt aber sind Ungläubige dort, und walten. Welch ein Jammer ist dieses! Und doch ist der Jammer noch größer. Die heilige Stadt Jerusalem und das Heilige Land ist in ihrer Gewalt. Der Erlöser, welcher die menschliche Gestalt angenommen hat, ist dort gewandelt, hat dort seine Worte gesprochen, seine Wunder gewirkt, hat dort gelebt, und ist dort gestorben. Jetzt ist dort keine Erlösung mehr. In der Kirche der Auferstehung, durch die er dem Tode die Macht genommen hat, werden Teufelsworte verkündiget, in dem heiligen Raume stehen Lasttiere, die Christen werden verfolgt, die Priester mißhandelt und erschlagen, und um das nur anblicken zu können, müssen die Pilger einen schweren Zins zahlen. Uns allen wäre besser, daß wir stürben, als daß wir leben, und dieses Unheil dulden. Ich sage: jeder verleugne sich selbst, jeder nehme das Kreuz des Heilandes, kein Christ streite mehr wider den andern, keiner rufe den andern vor Gericht, keiner sei tapfer gegen den Nachbar, sondern gegen die Heiden zur Vergebung der Sünden, keiner fürchte Gefahr; denn wer reinen Herzens für den Herrn streitet, dem sind die Feinde dahin gegeben, keiner fürchte Mangel; denn wer Gott gewinnt, ist reich, keiner lasse sich durch Klagen der Seinigen hindern; denn die Gnade schützet das Haus. Und der Heilige Vater konnte seine Worte nicht endigen; denn es entstand ein Donnerschrei in dem Volke, und es rief gesamt wie ein einziger Mensch: Gott will es! Und da es wieder stille geworden war, sagte der Heilige Vater: Wahrhaftig sind die Worte der Schrift: Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, werde ich bei ihnen sein. Er ist bei euch gewesen, und hat durch euch wie mit einem Munde das Wort gerufen: Gott will es. Das Wort ist nun fortan euer Feldwort, und das Kreuz sei euer Zeichen, es ist das Zeichen der Macht und der Demut. Wer das heilige Unternehmen zu stören wagt, den trifft der Fluch des päpstlichen Stuhles, wer es fördert, dem wird sein Beistand im Namen des Herrn von Ewigkeit zu Ewigkeit. Da der Heilige Vater geendet hatte, kniete Ademar von Monteil, der Bischof von Puy, vor ihm nieder, und bat, daß er bei dem heiligen Zuge sein dürfe, dann kniete Wilhelm, der Bischof von Orange, nieder, und bat auch so, und dann knieten viele, und baten, und die meisten der Versammelten riefen auf, und gelobten den Zug. Man riß plötzlich, wo irgend ein rotes Tuch oder rote Seide oder rotes Linnen auf einem Kleide war, dasselbe herab, und schnitt Kreuze daraus, und heftete sich die Kreuze auf die Schultern. Alte Männer, welche zu jener Zeit gelebt haben, erzählen, daß sich die Kunde von dem, was zu Clermont geschehen ist, in allen Ländern der Christenheit zu der gleichen Zeit verbreitet hat. Die Bischöfe und die Priester predigten nun das Kreuz, und die Pilger riefen zum Zuge. Der Mann trennte sich von dem Weibe, das Weib von dem Manne, die Eltern von den Kindern, die Kinder von den Eltern, der Bruder von der Schwester, die Schwester von dem Bruder, der Landmann vergaß den Acker, der Hirt die Herde, Mönche und Nonnen verließen ihre Zellen, und alle, Männer und Weiber, Hohe und Niedere wollten nicht ausgeschlossen sein von der Wanderung der Völker nach dem Heiligen Lande. Es war nicht mehr Frist, das auszuschließen, was nicht tauglich war, und wie ein brausendes Gewässer lief alles vorwärts. Unzählbare Menschen zogen sogleich mit dem Ritter Walter und mit dem Einsiedler Peter dahin; aber sie gingen zu Grunde. Dann zogen andere mit dem Grafen Emiko; aber sie gingen auch zu Grunde. Da zog der edle Herzog von Lothringen, Gottfried von Bouillon mit Ratschluß und Besinnung aus. Es zogen mit ihm seine Brüder Balduin und Eustathius. Es zogen mit ihm Robert, der Graf von der Normandie, der Bruder des Königs von England, dann Robert, der Graf von Flandern, es zogen mit ihm Hugo, der Graf von Vermandois, der Bruder des Königs von Frankreich, dann der Graf Stephan von Blois, der Burgen hatte, wie Tage im Jahre sind, dann Raimund, der Graf von Toulouse, welcher der reichste unter den Rittern war, dann Boemund, der Sohn des Normannen Robert Guiskard, der Enkel des Mannes Tankred, und mit ihm war sein Neffe Tankred, der in jungen Jahren schon hohes Lob gewonnen hatte, es zog mit ihm noch eine große Zahl von Herren, Rittern und Edlen. Sie gingen durch das Land Ungarn und durch das Reich der Griechen, und waren, als sie auf den Boden des Erdteiles Asien stiegen, eine halbe Million und hunderttausend Menschen. Darunter waren dreihunderttausend gewappnete Fußgänger und hunderttausend Reiter. Sie gingen in dem Erdteile Asien vorwärts, und waren Leute aller Zungen und Völker. Sie litten durch Hunger und Durst, durch Feinde und Zank, durch Krankheit und Erschöpfung, durch Kämpfe und Aufenthalt, weil sie nicht ganz reinen Herzens waren. Und als sie sich gereiniget hatten, eroberten sie Nicäa, Edessa, und Antiochia, und am sechsten Tage des Brachmonates des Jahres 1099 hatten sie die Gnade, Jerusalem zu sehen. Sie fielen auf die Knie, sangen Loblieder, und weinten vor Freude. Dann näherten sie sich der Stadt, und rüsteten sich zur Belagerung, und am neununddreißigsten Tage nach ihrer Ankunft, am fünfzehnten des Heumonates erstiegen sie im Sturme die Stadt Jerusalem. Alle hatten die größte Anstrengung erwiesen, und man hatte diejenigen, welche auf dem Zuge gestorben waren, wieder unter den Kämpfern erblickt. Sie küßten den Erdboden, berührten alles mit ihren Händen, feierten in der heiligen Kirche den Gottesdienst, taten Buße, und gelobten mit lauter Stimme Besserung. Dann errichteten sie, da sie riefen: Gott will es, ein christliches Reich, und erwählten Gottfried zum ersten Könige von Jerusalem. Dieses ist im dritten Jahre, nachdem sie die Heimat verlassen hatten, geschehen. Siehe, mein Bruder Zdik, das ist das Wunder, das von Gott durch gebrechliche Menschen gewirkt worden ist, wie du gesagt hast. Es ist nichts Größeres seit dem Leben und Sterben des Heilandes auf der Welt gewesen. Eine Freude war in der ganzen Christenheit.«

»Es ist nichts Größeres gewesen«, sagte Zdik, »und ich halte es mir immer vor die Seele.«

»Aber die Menschen in Jerusalem sind nicht fortan reinen Herzens geblieben«, erwiderte der Bischof Regimbert.

»Nein, sie sind nicht reinen Herzens geblieben«, sagte Zdik, »und ich habe es selber in Jerusalem gesehen, daß sie nicht solchen Herzens geblieben sind.«

»Darum mußte auch wieder die Heimsuchung kommen«, antwortete Regimbert. »Der fromme König Gottfried hat nur kurz geherrscht. Dann führte unter Mühen und Entbehrungen sein Bruder Balduin siebenzehn Jahre das Königtum. Dann kam der andere Balduin, sein Vetter, der Graf von Edessa, und stiftete ein Reich von Tarsus bis nach Ägypten. Er vermählte in unseren Tagen seine älteste Tochter Melisenda mit Fulko, dem Grafen von Anjou, und als er gestorben war, wurde Fulko König. Der König Fulko ist jetzt schon alt, er ist irdisch und unsicher, und auch die andern sind irdisch und habgierig. Da hat Gott zwei Feinde des Reiches erweckt. Der eine ist der griechische Kaiser Johannes, der Sohn des Kaisers Alexius, der in Griechenland geherrscht hatte, als Gottfried in die heiligen Länder gezogen war. Er ist ein tapferer Mann, und besiegte gleich nach dem Beginne seiner Herrschaft die Türken und Petschenegen. Darauf fingen die Ungarn gegen ihn Krieg an, weil er Almus, den flüchtigen Bruder ihres Königs, gütig aufgenommen hatte. Er war auch gegen die Ungarn siegreich. Da er diese Dinge beendiget hatte, zog er mit seinem Heere nach Asien, und drängte die Ungläubigen zurück. Es mögen jetzt fünf Jahre sein, daß er Tarsus und das ganze Cilicien eroberte, und vor die christliche Stadt Antiochia kam. Weil einmal diese Länder zu Griechenland gehört hatten, und weil die ersten Pilger dem Kaiser Alexius die Lehensherrlichkeit darüber versprochen hatten, so begehrte sie nun Johannes. Aber die jetzigen Pilger verweigerten sie, und so sind nun Christen wider Christen. Der zweite Feind ist Emadeddin Zenki, der Ungläubige. Er ist Herr von Aleppo, Syrien und des Landes zwischen den Flüssen. Er hat seine Waffen gegen die Christen gekehrt, und Raimund, den Grafen von Tripolis, gefangen, zugleich auch den König Fulko in einer Burg bei Akkon eingeschlossen. Den Grafen Raimund gab er gegen ein Lösegeld und den König gegen die Burg frei. Jetzt rüstet er gegen Edessa. Wenn nicht mit neuem Glauben und neuem Eifer Pilger von uns in das Morgenland ziehen, kann alles verloren werden. Boemund hat ein irdisches Mittel angesagt. Man soll das griechische Reich erobern, dort eine starke abendländische Herrschaft stiften, und von ihr aus die weiteren Länder erwerben und anfügen. Gott wird aber die Seinigen ohne dieses Mittel retten und befreien.«

»Und wenn alles durch die Sünden der Menschen verloren wird, so wird alles einmal wieder gewonnen werden, und es wird ein Hirt und eine Herde sein«, sagte Zdik.

»Und glücklich sind, die zu diesem Gewinne werden auserkoren sein«, sprach Regimbert. »Sage, Zdik, wird der Herzog Wladislaw zu dem heiligen Kampfe seine Mitwirkung bringen?«

»Wladislaw, der Herzog von Böhmen und Mähren, wird zuerst in seinen Ländern seine Macht in Sicherheit stellen«, antwortete Zdik, »und dann wird er tun, was der Kirche und den Menschen frommt.«

»Und Könige und Fürsten und alle, die die Macht haben, sollen dem Werke nicht fehlen«, sagte der Bischof von Passau, »und du, mein Sohn Witiko, wirst du auch deine Jugend in die heiligen Länder tragen?«

»Wenn mein geringer Dienst etwas wirken kann, werde ich ihn nicht versagen«, antwortete Witiko.

»Ich glaube es«, sagte der Bischof.

»Ihr habt in Eurer Rede einen Namen genannt, welchen ich kenne, hochehrwürdiger Bischof«, sagte Witiko, »Almus, der flüchtige Bruder des ungarischen Königs, den der griechische Kaiser Johannes gütig aufgenommen hatte, ist der Vater Adelheids, der Gemahlin des böhmischen Herzoges Sobeslaw, gewesen, welche die Länder Böhmen und Mähren geliebt hat, welche in diesem Leben wie eine Heilige gewandelt ist, und mir Wohlwollen erwiesen hat. Und erlaubet mir auch, hochehrwürdiger Herr, daß ich von Wladislaw, dem Herzoge von Böhmen und Mähren, rede. Wenn es die Ehre und der Ruhm seiner Länder erheischt, wird er seine Banner über die Grenze zu entfernten Völkern tragen, und wir werden ihm folgen.«

»Ich habe Adelheid gekannt, mein Sohn«, sagte Regimbert, »sie genießt im Himmel den seligen Lohn. Wladislaw möge nicht nur die Ehre und den Ruhm seiner Länder wahren, sondern vielmehr tun, was die Ehre und der Ruhm Gottes erheischt.«

»Wie Gott durch alle Zeit hindurch die Zeiten lenkte«, sagte Zdik, »und die erweckte, welche er für die Zeiten brauchte, so wird er auch die erwecken, die in den weltlichen Dingen und auch in den himmlischen seine Ehre und seinen Ruhm erfüllen, und wenn es auch in so entfernten Jahren ist, dahin wir nicht zu sehen und nicht zu denken vermögen.«

»Amen«, sagte der Bischof von Passau, »so ist es gewesen, und so wird es sein. Und was für die jetzige Zeit not tut, wie du sagst, daß der Herzog Wladislaw seine Macht festigen muß, so wird der Heilige Vater einen Gesandten nach Böhmen schicken, der die geheiligten Dinge ordnet, und der Herzog kann dann weiter walten, und in Deutschland würde ein König taugen, der das Blut der Hohenstaufen und der Welfen zugleich in sich trägt, wie der junge Friedrich, damit der Streit zwischen ihnen ruhte, Italien muß gehorchen, der Heilige Vater Innozenz und der Kaiser, wenn er einmal gekrönt sein wird, sollten in Freundschaft sein, und dann würden die Zelte die nicht fassen, die zu dem Zuge in die heiligen Länder kommen, und den Herrn dort verherrlichen wurden.«

Als der Bischof noch diese Worte sprach, trat der Priester Konstantin in das Gemach. Er blieb in der Entfernung stehen, bis der Bischof ausgesprochen hatte.

»Nun, was hast du zu berichten, lieber ehrwürdiger Bruder Konstantin?« fragte ihn der Bischof.

Der Priester trat näher, neigte sich, und sprach: »Es ist alles vollendet, was zur Aufnahme des hochehrwürdigen Bischofes von Olmütz notwendig gewesen ist, und der hochehrwürdige Herr kann in seine Wohnung kommen.«

»Wenn du in dein Gemach begehrest, hochehrwürdiger Bruder Zdik«, sprach Regimbert, »so wirst du es sagen.«

»Die Sonne ist untergegangen, wie ich an jenen Bergen sehe«, antwortete Zdik, »es wird an der Zeit sein, seine Wohnung zu suchen, um dort ein Abendgebet zu sprechen.«

»So gehe ein in dein Haus unter meinem Dache«, sagte der Bischof von Passau, »und die von Hagenau und von Peilstein und die von dem Bischoftume werden dich schützen.«

Er erhob sich nach diesen Worten von seinem Sitze.

Der Bischof Zdik in seinem braunen Gewande stieg auch von dem seidenen Stuhle herab, Regimbert nahm ihn bei der Hand, und sagte: »Lasse dich geleiten. Und du, edler Witiko, folge uns, daß dir auch deine Herbergstube gezeigt werde.«

Er führte den Bischof an der Hand gegen eine andere Tür, als durch welche die Wanderer herein gekommen waren. Witiko folgte den zwei Kirchenherren. Hinter Witiko ging der Priester Konstantin. Als sie in das Vorgemach gekommen waren, standen noch Priester, Kämmerlinge und Diener da. Sie reihten sich nach ihrer Würde dem Zuge an. Der Bischof Regimbert führte seinen Gast durch Gemächer mit Holzgetäfel und geschnitzten Gestalten von Aposteln und Heiligen, und dann über Tücher eines kurzen Ganges in einen andern Teil der kirchlichen Burg, und hielt vor einer Eichentür an, indem er sagte: Gott segne den Eingang.«

Ein Diener öffnete die Flügel der Tür, und der Zug trat in ein großes Vorgemach, in welchem brennende Lichter waren. Von dem Vorgemache konnte man in andere beleuchtete Gemächer sehen.

Der Bischof von Passau führte Zdik an der Hand in diese Gemächer.

Sie kamen zuerst in eines, welches mit roter Seide überzogen war. In demselben stand unter einem roten Seidendache ein Kreuz mit dem Heilande, davor ein Betschemel war, den rote Seide bedeckte. Dann kamen sie in ein Gemach von dunkelblauer Seide mit vielen dunkelblauseidenen Stühlen und mit Tischen. Dann gelangten sie in das Speisegemach. Es war mit dunkelm Birnholze getäfelt. In demselben standen die Speisegeräte. Sie waren schon zum Abendmahle bereitet. Dann war ein Wohnzimmer, das gleich dem Speisezimmer Birnholzgetäfel hatte. Dann ging der Zug in ein Zimmer, dessen Getäfel braunes Nußholz war. In dem Zimmer standen Schreine aus Eichenholz, deren Türen offen waren. In einigen Schreinen hingen Gewänder, welche ein hoher Kirchenherr in der Kirche, dann, welche er außerhalb derselben im Hause, im Felde und im Walde tragen konnte, und in andern Schreinen waren Trutz- und Schutzwaffen. Nach dem Gewandgemache war ein Ankleidegemach mit braunem Nußholze, und nach diesem Gemache war hinter einem gelbseidenen Vorhange die Schlafstelle.

Als der Bischof von Passau den Gast durch alle Gemächer geführt hatte, blieb er an dem seidenen Vorhange stehen, und sagte: »Ich habe dir deine Wohnung gezeigt, ehrwürdiger Bruder Zdik, benütze sie wie dein Haus, und offenbare jeden Wunsch zur Erfüllung eines Bedarfes. Erlaube, daß ich mich entferne. Gelobt sei Gott der Herr!«

Er ließ bei diesen Worten die Hand des Bischofes Zdik los.

Zdik sagte: »Gelobt sei Gott der Herr. Ich bringe dir den Dank, und werde dich geleiten.«

Der Bischof von Passau trat den Rückweg an, und Zdik geleitete ihn bis in das Vorgemach. Regimbert ging aus dem Vorgemache, und es folgten ihm einige Priester, Kämmerlinge und Diener. Konstantin, zwei Priester, zwei Kämmerer und vier Diener blieben bei Zdik zurück.


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