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Die Gemeindeversammlung

Das Gemeindehaus war zugleich Tabak-, Baumwollen- und Teeniederlage. Fässer mit Tabak und Tran, Baumwollenballen mit Bären- und Hirschhäuten lagen auf allen Seiten im Innern aufgeschichtet. In der Mitte neben der Waage stand ein roher Tisch mit einem Ersatz für eine Bank, nämlich ein Brett über zwei Blöcke gelegt. Um den Tisch herum lagen Hausmöbel, Kleidungsstücke und Warenballen.

Wir waren am Einfahrtstor stehengeblieben und beschauten die Squatters, die von allen Seiten herangestiegen kamen, uns mit stolzen Blicken musterten und dann in die Niederlage traten. Dort befanden sich Nathan, Mister Gale und die übrigen Tischgenossen und prüften die Tabak- und Baumwollensorten.

Diese Unterhaltung währte, bis die Anzahl der Squatters auf etwa sechzig gestiegen war. Jetzt trat Nathan mit einem anderen ältlichen Mann vor den Tisch, legte Federn, Tintenbehälter und Papier darauf, und beide setzten sich mit Mister Gale, dem sie den Ehrenplatz in der Mitte einräumten.

So grotesk und seltsam uns das Benehmen der Squatters vorkam, so hatte doch ihr Wesen auch wieder etwas so Republikanisch-Starres, es spiegelte sich darin eine so ruhige Selbstachtung, daß wir mit wahrem Verlangen der Eröffnung ihrer Verhandlungen entgegensahen.

Nach einigen Minuten wechselseitiger Beschauung erhob sich endlich Nathan und winkte uns vorzutreten. Wir traten also vor.

»Haben euch berufen, Fremdlinge, in diese unsere Versammlung. Ist an der Zeit, kalkuliere ich, euch wissen zu lassen, warum wir eure Gegenwart gewünscht. Haben aber zuvor noch einiges und anderes zu verhandeln und ersuchen euch in Geduld abzuwarten.«

Wir nickten unsere Bereitwilligkeit zu, in Geduld abzuwarten, übrigens eine harte Zumutung bei unserer Ungeduld. Nathan übersah noch einmal die Jagdblusen und Lederwämser und begann:

»Ist nun sieben Jahre, Mitbürger, und eine Spanne darüber, daß wir hier auf diese Erdscholle den Fuß gesetzt und das Land ausgefunden, das seitdem Asas Niederlassung getauft worden. Ist jetzt nicht die Zeit und der Ort, ein Langes und Breites zu sagen über das, was wir getan. Ist, hab' ich die Notion, genug zu sagen, daß das Land, das ihr nun als eine Niederlassung schaut mit Welschkorn- und Tabak- und Baumwollenfeldern, mit Fencen und Häusern und Hütten und Gärten und Quellhäusern, als wir zuerst ankamen just so war, wie es Hinterwäldler am besten lieben und wie es Gott der Allmächtige geschaffen: Wald und Prärie, Sumpf und Dickicht, Busch und Dorn, ohne Weg und Steg, mit keinem andern Dach als dem Zelt des blauen Himmels, keinem andern Licht als dem der sengenden Sonne bei Tag und dem des grün schillernden Mondes und der Gestirne bei Nacht, mit keiner Stimme als der des Bullfrosches, des heulenden Wolfes, des brummenden Bären und derlei Gezüchts. Erwähne dieses, Mitbürger, nicht aus eitler Ruhmsucht oder in der Notion, außerordentliche Heldentaten vollbracht zu haben. Ist das nicht unsere Notion. Ist Squattertun, was wir getan. Wissen es, haben Tausende vor uns das nämliche getan, werden Tausende nach uns das nämliche tun. Wissen auch, daß eure Hände und Äxte das meiste dabei getan, das Land zu dem zu machen, was es ist. Sind es eure Hände, die das getan. Erwähne aber dieses alles nicht ohne Ursache, erwähne es, nicht um zu rühmen, was wir getan, sondern um uns und euch das Prinzip ins Gedächtnis zu rufen, das uns geleitet in unserm Tun.«

Bei der Erwähnung des Prinzipes sahen uns Hauterouge und Ducalle starr an. Das Wort Prinzip im Munde des Squatters klang wirklich so seltsam! Wir selbst, so vieles wir auch bereits gesehen und gehört, konnten ein Lächeln nicht unterdrücken. Aber die Sprache des Mannes war nicht mehr die des rauhen Squatters, sie war ernst, würdig, voll Selbstbewußtsein geworden. Nathan fuhr fort:

»Kam gleich in den ersten Monaten unseres Hierseins etwas dazwischen, das unsere Pläne und Vorhaben schier im Keim zu ersticken und unserm Squattertreiben für immer ein Ziel zu setzen schien. Hätten vieles darum gegeben, wenn es nicht dazwischengekommen wäre, kam aber dazwischen, und war ein blutiges Dazwischenkommen, das uns den besten Mann kostete. Und keinen besseren gab es, wer er auch immer sein möge, eine Niederlassung zu gründen. Kam, ohne daß wir es suchten oder wollten, und mußten es nehmen, wie es kam. Und da wir es weder gesucht noch gewollt, so nahmen wir es, wie es kam. Und obwohl wir vieles darum gegeben hätten, wenn es anders gekommen wäre, so behaupteten wir, da das Recht auf unserer Seite war, auch das Recht wie freie Männer. Ist aber jetzt nicht an der Zeit, mehreres über diesen Punkt zu reden. Kalkuliere, ist überhaupt nicht an der Zeit, viel davon zu reden in Anbetracht, wo und unter wem wir uns befinden. Haben unser Recht behauptet, und ist das genug, und besser zu schweigen als zu viel Redens darüber zu machen, hab' ich die Notion. Hat aber Blut gekostet unser Recht, haben es aber behauptet unser Recht und behaupten es noch. Ist aber, kalkuliere ich, an der Zeit, uns das Prinzip ins Gedächtnis zurückzurufen, das uns geleitet sowohl in Behauptung unseres Rechtes wie in Gründung unserer Heimwesen und im Verkehr mit Ausländern und das gelotset uns und unser Gemeindeschiff durch mancherlei Klippen.«

Nathan hielt inne, übersah abermals die Versammlung, die jetzt wohl auf hundertundzwanzig Köpfe angewachsen sein mochte, und sprach dann langsam und feierlich:

»Ist aber unser Prinzip immer gewesen und wird immer sein, kalkuliere ich, das Prinzip freier Männer: Unabhängigkeit der Person und des Eigentums. Wollten und wollen unsere Unabhängigkeit, was beide betrifft, behaupten, wollen aber auch die Unabhängigkeit anderer in beiden achten!«

Diese letzten Worte waren mit starker Stimme gesprochen.

»Hat uns das Prinzip zum Leitstern gedient, zum Lotsen, das unser Gemeindeschiff durch so manche Untiefen und Klippen hinausbugsiert hat und, kalkuliere, durch noch manche Untiefen und Klippen hinausbugsieren wird. Will deutlicher reden. Hatten damals nach der blutigen Frolic dieses Prinzip zum ersten Mal als Prüfstein und gleichsam als Pilot anzuwenden, damals als George Nollins, Asas Bruder, mit unseren Freunden vom Salt River gerade zu rechter Zeit kam, uns in einer so argen Klemme, als je Squatters in einer staken, Trost zu bringen und Hände, unsere vom Feind niedergebrannten Hütten wieder aufzublocken. Hatten nämlich unsere Häuser aufgebaut und unsere Felder bestellt, und es war im Sommer des zweiten Jahres nach unserer Ankunft, als die Akadier und Kanadier und Franzosen zuerst erschienen in der Absicht, sich in unserer Nachbarschaft niederzulassen. War dieses eine Prinzipfrage. Hatten das Land mit unserm Blut erobert und behauptet, hatten unser Recht darauf gegründet. Kamen aber die Franzosen und Kanadier und Akadier, willens sich auf diesem Land niederzulassen, das wir zwar zur Zeit nicht bedurften, auf das wir aber für unsere Mitbürger und Kinder gerechnet hatten. War eine kitzlige Frage, die einen wohl nachdenken machen konnte, ehe man entschied. Hatten das Land erobert mit unserm Blut, und kamen jetzt die, deren Brüder und Freunde und Landsleute gegen uns gefochten, willens es mit uns zu teilen. War eine Frage, die dem nüchternsten Richter Kopfweh zu verursachen imstande war. Machte auch uns die Köpfe schier schwindlig. War eine Interessen- und eine Prinzipfrage, und waren Partei und Richter zugleich, und es ist schwer, als Partei und Richter zugleich gerecht zu sein.«

Nathan fuhr nach einer kurzen Pause fort: »Waren einige der Meinung, das Land sei unser Eigentum und könne also nicht von den Akadiern und Kanadiern angesprochen werden. War das wahr genug, aber sagten wieder andere ebenso wahr, daß die Kongreßländereien gleichfalls Eigentum der Bürger in den Staaten seien, und daß die Staaten doch Fremdlingen, Ausländern, Briten und selbst Hessen Ländereien mit der Erlaubnis gäben, sich niederzulassen und ein Heimwesen zu gründen. Und sagten, daß wir als freie Bürger zwar unser Recht behauptet, aber daß dies uns nicht die Befugnis gäbe, andere in der Freiheit, die wir verfochten, zu beschränken. Und sagten, daß die Staaten eben diesem Prinzip gemäß handelten, und daß es von uns prinzipwidrig gehandelt wäre, diesem Prinzip der Freiheit entgegen zu handeln und den Akadiern, die nichts anderes wollten, als was wir verfochten, das Recht der Niederlassung zu verwehren. Ist dieses ganz richtig, bemerkte wieder ein anderer, den ihr alle kennt. Ist ganz richtig, sagte er, und haben die Staaten Landesfremde und selbst Feinde in ihre Mitte zugelassen und sie unter sich aufgenommen. Haben aber diese Staaten organisierte Regierungen, haben neben diesen Staatsregierungen eine Zentralregierung in Philadelphia mit dem Präsidenten und seinem Kabinett, durch die sie in Verbindung stehen mit auswärtigen Regierungen. Und sind diese Staatsregierungen und die Zentralverwaltung mit hinlänglicher Gewalt versehen, den Gesetzen Gehorsam und Achtung zu verschaffen, und ist ihre Autorität auch anerkannt von Briten und Franzosen und Spaniern und wie alle die Völker heißen.«

Weiter fuhr Nathan fort:

»Ist aber bei uns ein anderer Fall, sagte derselbe Mann, und dürfen wir uns die Wahrheit nicht verhehlen, noch die Augen blenden. Sind im Land hier, ist ein Fakt, und haben uns darin festgesetzt, ist ein zweites Fakt. Sind aber in einem Land, das nicht zu den Staaten gehört, sondern zu den spanischen Provinzen und Königreichen, und in dem sich die Franzosen und Spanier früher niedergelassen haben, und das sie als ihr Eigentum betrachten. Und da sie es als ihr Eigentum betrachten, wollen sie sich auch hier auf ihrem Eigentum niederlassen. Und bitten zwar und betteln um unsere Bewilligung als eine Gunst, aber wir dürfen uns durch ihre schönen Worte nicht täuschen lassen. Wissen es wohl, daß wir nicht das Recht haben, ihnen ihr Begehren zu versagen, und noch weniger, unser Gesetz auf sie anzuwenden. Und werden sie, wenn die spanische Regierung etwas gegen sie hat, zu uns, und wenn wir etwas gegen sie haben, zum Spanier übergehen. Und werden sie uns den olivenfarbigen Don über den Hals bringen, und wird des Streites und der Zwistigkeiten kein Ende sein.«

Nathan hielt inne, denn es richtete sich ein langer Squatter auf, winkte mit der Hand und gab ein Zeichen, daß er das Wort zu nehmen wünsche. Nathan nickte, und der Mann sprach.

»Ganz recht, Mister Nathan Strong! Ganz recht prophezeit in dem, was Sie sagten. Hat Streit gegeben und gibt noch Streit, und kalkuliere, wird noch mehr geben. Sage Ihnen aber, kalkuliere, ist Ihre Schuld, daß es Streit gab und gibt. Ist das Land Louisiana, und wenn sich hundertmal der Spanier und Franzose vor uns da niedergelassen, nichts mehr noch weniger denn ein bloßer Abfall vom Mississippi, unserm Mississippi. Und haben uns darin festgesetzt und behauptet mit unserm Blut oder vielmehr mit eurem Blut. War leider nicht dabei, als die Frolic mit dem Spanier abgespielt wurde. Wollte, wäre es gewesen. Habt aber Besitz genommen, wie es das Gesetz bei nicht in Eigentum befindlichen und von den Staaten nicht angesprochenen Ländereien vorschreibt, durch Aufblocken eurer Häuser, und habt euer Recht darauf festgestellt. Und vergeßt nicht, Mister Strong, daß ihr nicht den zwanzigsten Teil der Hände hattet, als ihr damals euer Recht behauptet, und der tüchtigen Rifles, die ihr nun habt, euer Recht zu verteidigen. Habe nichts gegen die Akadier und Kanadier, habe aber die Notion, sollten dem Gesetz unterworfen oder ein Haus weiter gewiesen worden sein. Solltet euch auch in ein County organisiert haben mit Sheriffs, Richtern, Constablers! Polizeibeamte Und was gilt es? Würde dies bald allem Streit ein Ende gemacht haben.«

Des Mannes Notion schien Beifall zu finden. Es ließen sich mehrere »Hört!« und »Ist ein Fakt!« vernehmen. Ein zweiter Squatter nahm das Wort:

»Und, hab' ich die Notion, wäre all den Alarums ein Ende gemacht worden, wäret ihr mit dem Syndikus und seinem Troß nach Squatterweise verfahren: neununddreißig und ein Teer- und Federfaß, und damit Holla!«

Jetzt erhob sich der Nebenmann Nathans auf der Regulatoren-Bank. Wir lernten ihn später als George Nollins kennen und schätzen.

»Sind zwei Meinungen, Mitbürger, die euch hier vorgelegt werden. Will zuerst die eine beantworten, werden später Gelegenheit haben, die andere zu beleuchten. Ist wahr, haben sich Mister Strong und seine Freunde sechs gegen fünfundachtzig verteidigt und ihr Recht behauptet. Haben aber ihr Recht behauptet, kalkuliere ich, weil sie eben auf Rechtsgrund stehen geblieben, dem Prinzip treu geblieben, dem Prinzip der Unabhängigkeit, was Person und Eigentum betrifft. Wollten nichts dem Spanier nehmen, wollten sich aber auch nichts nehmen lassen. Habe aber die Notion, wäre dem Spanier etwas genommen worden, hätten wir in seinem Land ein County eingerichtet und Sheriffs und Constablers und Richter eingeführt und die Verwaltungsweise der Staaten, so hätte das geheißen, die Flagge der Staaten auf einem spanischen Schiff aufhissen, von dem wir kaum das Jollyboot erobert, und wäre das der erste Schritt zu ewigen Feindseligkeiten und eine offene Herausforderung gegen die ganze spanische Macht gewesen.«

Und nachdem der Redner so gesagt, setzte er sich wieder. Uns wurde die Debatte mit jedem Augenblick fesselnder. Eine solche Diskussion aus dem Munde der Squatters zu hören! Wir trauten kaum unseren Ohren. Es handelte sich um nichts Geringeres als die Einführung der Regierungsform der Vereinigten Staaten in dem kleinen republikanischen Gemeindewesen, mit einem Wort um den ersten Schritt zur Losreißung Louisianas vom spanischen Szepter!

Ein frischer Redner trat auf.

»Kalkuliere, der Mann, der nicht den Mut besitzt, die Einrichtungen, in denen er als Bürger aufgewachsen, zu bekennen, zu verteidigen und festzuhalten, wo und gegen wen es immer sei, dem geschieht recht, wenn ihm die französischen und spanischen Sklaven seine Gäule und Neger stehlen und ihn noch dazu auslachen. Kalkuliere, Mister Bawles hatte recht: solltet den Syndikus ausgepeitscht haben und geteert und befiedert, und damit Holla!«

George Nollins erhob sich abermals.

»Kalkuliere, er hat nicht recht, Mister Dreadnought! Kalkuliere, er hat nicht! Kalkuliere aber, daß dem Mann, der sein Prinzip verleugnet und die Rechte anderer antastet, ganz recht widerfährt, wenn er wie ein Mann ohne Prinzip, wie ein Neger behandelt wird. Und ist, hab' ich die Notion, zwischen dem freien Mann und dem Neger der große Unterschied, daß der erstere nach Prinzipien handelt und der letztere wie ein Stück Vieh blindlings seinem Instinkt folgt.«

Und nachdem George Nollins so gesagt, setzte er sich wieder.

»Wer folgte seinem Instinkt blindlings wie ein Vieh?« schrie Dreadnought.

»Kalkuliere, wir hätten es getan, wären wir mit dem Syndikus in Squatterweise verfahren«, hob wieder Nollins an. »Müssen beim Prinzip stehen bleiben, kalkuliere ich. Haben unser Recht behauptet gegen den Spanier, der uns von dem Land treiben wollte, das damals niemand angehörte und das der Allmächtige für alle geschaffen. Würden aber nicht innerhalb unserer Rechte geblieben sein, hätten wir seine Magistratspersonen nach Squatterweise geledert oder innerhalb seiner Grenzen die Flagge der Staaten gehißt, das heißt Coroners, Leichenbeschauer Sheriffs, Richter und Constablers gewählt, mit einem Wort, die Einrichtungen der Staaten eingeführt.«

Jetzt erhob sich Mister Gale aus Tennessee.

»Major Gale! Wollen Sie hören!« ließen sich mehrere Stimmen vernehmen.

Der Major verneigte sich.

»Mit eurer Erlaubnis, Männer und Mitbürger! Und bitte um Verzeihung, wenn ich in eure Debatten hineinrede. Ist aber eine wichtige Frage, eine Frage, die euch in Schwierigkeiten bringen dürfte, so ihr den richtigen Gesichtspunkt verfehlt. Will nicht behaupten, daß mein Gesichtspunkt der richtige ist. Ist aber der Gesichtspunkt, den auch die Staaten und die Zentralregierung haben. Will euch sagen, findet wohl oben in den Staaten Gemeinden, die eine eigene und von den übrigen Bürgern verschiedene Organisation haben, findet Quäker, Shakers, deutsche, schwedische und andere Gemeinden, Herrenhuter, die wohl ihre eigenen Vorsteher wählen, die aber in allen öffentlichen Angelegenheiten den Staatsregierungen und dem Kongreß, mit einem Wort, der ungeheuren Majorität nicht nur unterworfen sind, sondern auch von den Staaten und Regierungen nur so lange geduldet werden, als sie sich unterwerfen und keine eigene Flagge aufhissen. Ist dieses bei uns in den Staaten, wie ihr wißt, so der Fall. Und mögt ihr nun, auf euren Fall zu kommen, euch wohl Sheriffs und Constablers wählen, aber dürft nicht erwarten, eure selbstgewählten Magistrate, Coroners, Sheriffs, Richter von den Spaniern anerkannt zu sehen, deswegen, hab' ich die Notion, weil ihr außerhalb der Vereinigten Staaten und zwar in Louisiana lebt. Und muß euch geradezu sagen, würden selbst die Staaten eure selbstgewählten Magistrate nicht anerkennen, so wenig wie die Zentralregierung, ja nicht einmal eure Zuschriften annehmen.«

»Kalkuliere, der alte Adams würde lieber des Großtürken Zuschrift annehmen!« lachte einer. »Aber Washington würde doch oder Jefferson?« setzte er trotzig hinzu.

»Kalkuliere aber, weder Washington hätte noch Jefferson würde doch!« erwiderte Gale trocken. »Bin sicher, sie würden es nicht, Mitbürger! Seid in Louisiana, Mitbürger und Männer! Dürft das nicht vergessen. Seid in Louisiana, wo der Spanier das Regiment führt, und nicht bloß das Regiment, sondern wo er die ungeheure Majorität besitzt. Und würde es ganz und gar allen Prinzipien einer gesunden Demokratie entgegen sein, ja wahre Despotie, wolltet ihr mit eurer Minorität euch gegen die ungeheure Majorität auflehnen. Mögt eure Gemeinde selbst regieren, habt aber nicht das Recht, das Gesetz auf die Spanier anzuwenden. Ja, habt nicht das Recht, kalkuliere ich, eine Countyregierung zu organisieren.«

»Holla, Major! Was sagen Sie da? Freie Männer nicht das Recht?« riefen mehrere Stimmen.

»Bin weit entfernt, Mitbürger«, fuhr Major Gale fort, »freien Männern vorschreiben zu wollen, auf welche Weise sie ihre Selbstregierung einzurichten haben. Hab' aber die Notion, habt nicht das Recht, in Louisiana eine Countyregierung einzuführen oder eine Territorialregierung, deswegen, kalkuliere ich, weil dieses Recht bloß dem Kongreß zusteht, und dieser die Bill Gesetz einzubringen und anzunehmen hat, durch die ein Territorium errichtet wird. Und müßt ihr, um ein County zu errichten, erst in ein Territorium aufgenommen sein. Hat bloß der Kongreß das Recht, neue Territorien zu errichten.«

Diese letzten Worte schienen den Nagel auf den Kopf getroffen zu haben. Es entstand ein Gemurmel, das billigend, mißbilligend, eine Weile wie das hohle Murmeln der Wogen einherrollte und nach und nach verhallte. Uns war die Debatte, wie gesagt, höchst fesselnd geworden. Denn obwohl wir nicht die Hälfte verstanden, so war uns doch aus allem so viel klar geworden, daß nicht nur eine ehrgeizige Partei in der Gemeinde eine Spaltung hervorzubringen bemüht war, in der Absicht, Louisiana von Spanien loszureißen, sondern daß die amerikanische Regierung selbst einen Agenten abgesandt hatte, um die entstehende Republik nach ihren Ansichten zu leiten.

»Danken Ihnen, Major!« nahm abermals Nathan das Wort. »Danken Ihnen für Ihre ausgesprochene Meinung um so mehr, als sie mit dem Prinzip übereinstimmt, das uns bisher in unserm Verkehr mit den Ausländern geleitet.«

Hier konnten wir uns trotz Nathans ernsthafter Miene unmöglich des Lachens enthalten, zu hören, wie er Spanier und uns Franzosen in unserem eigenen Lande in trocknem Englisch für Ausländer erklärte.

Er warf uns einen strafenden Blick zu und fuhr fort:

»In Anbetracht dessen, daß wir außerhalb der Staaten unser Heimwesen aufgeschlagen, haben wir vorgezogen, einstweilen nach Squatterweise unsere Selbstverwaltung einzurichten und Regulatoren zu wählen.«

»Habt wohl getan, Mitbürger und Männer!« sprach Major Gale, indem er sich erhob und wieder setzte.

»Kalkuliere so«, sagte Nathan. »Kalkuliere, war auf alle Fälle ratsamer, uns nicht mit zuviel Regierungskram zu bepacken, Richtern, Clerks, Sheriffs, Constablers und dem ganzen Troß, wenn ein paar Ochsenziemer es tun, Pferde- und Kuhdiebe in Ordnung zu halten und zu Paaren zu treiben.«

»Und die Fischottern noch nicht ausgekrochen sind, die ihre Bälge hergeben sollen für Dollar- und Dublonenbeutel!« fiel ein altes Lederwams ein.

»So ist's!« bekräftigte Nathan. »Würde schier töricht sein, den Pferdehuf da zu zeigen, wo hungrige Wölfe nur auf Gelegenheit lauern, über den Gaul herzufallen. Sind aber abgekommen von unserm Argument«, lenkte er mit Richtermiene ein. »Sind abgekommen von unserm Argument, und ist Zeit darauf zurückzukommen. Es betrifft unser Verhältnis zu den Akadiern, Kanadiern, Spaniern und Franzosen und den Verkehr, den wir als Regulatoren mit ihnen gehabt, und die Anstände und die Behauptung unserer Rechte. Und sind im Begriff, euch Rechenschaft zu geben über unsere Amtsführung und über unser Tun und Lassen, und ersuchen wir euch um geneigtes Gehör!«

Die Spannung der Squatters stieg auf das Höchste. Eine Totenstille herrschte.

»War, wißt ihr, vieles verhandelt worden über die Zulassung dieser Ausländer in unsere Nachbarschaft und auf das Land, das wir noch zu dem unsrigen gerechnet, endeten aber die Verhandlungen damit, daß das Prinzip der freien Niederlassung, das wir verfochten, triumphierte. Und wurde es den Kanadiern und Akadiern freigestellt sich niederzulassen und zum Gesetz erhoben, sie in Ausübung ihrer Niederlassungsrechte nicht zu beeinträchtigen. Würden es, gestehe es aufrichtig, lieber gesehen haben, wären sie um ein Haus weiter gezogen. Sagten es ihnen auch, sagten ihnen, sähen es lieber, sie schlügen ihren Herd an fünfundzwanzig oder dreißig Meilen weiter auf und ließen uns mit ihrer Nachbarschaft verschont. Würden es vorziehen, Bürger mit Bürgern zu sein, die dieselbe Sprache reden, in denselben Notions der Freiheit und des Eigentums aufgewachsen sind. Merkten auch die eigentliche Ursache, die sie uns an den Hals gebracht. War ihnen, die vom Dezember bis Mai in den Wäldern liegen, und vom Mai bis Dezember auf der faulen Bärenhaut, oder spielen und tanzen und trinken und ein wildes Leben führen, war solchen Leuten wenig am Land gelegen. War ihnen schier einiges Land gleich und gleich gut, wenn es nur Bären und Hirsche in der Nähe gab. Kalkulierten aber auf unsere schaffigen Arme und kalkulierten an uns zu hängen, wie das Ungeziefer an den Bäumen hängt. Sahen wir das wohl ein, und war uns die saubere Nachbarschaft nicht zweimal lieb, konnten sie jedoch nicht wegweisen. Ist aber etwas ganz anderes, jemand zum Nachbarn zu haben, und wieder etwas anderes, in Verbindung mit ihm zu treten oder ihn in die Gemeinschaft aufzunehmen. Konnten es den Akadiern nicht versagen, sich in unserer Nachbarschaft niederzulassen, konnten es ihnen aber versagen, sie in unsere Gemeinschaft aufzunehmen. Mußten hier unterscheiden, und haben unterschieden – richtig und scharf. Hat jede Gemeinde das Recht, solche Glieder, die ihr gefällig sind, aufzunehmen und andere, die es nicht sind, auszuschließen. Und machten wir von diesem Recht um so mehr Gebrauch, als wir unsere Leute hinlänglich kannten und sie uns schier einiges waren außer gefällig.«

Nathan richtete sich in seiner ganzen Länge auf.

»Seid freie Männer, Mitbürger! Aufgewachsen in den Prinzipien der Freiheit und der Selbstverwaltung, und geziemt es sich nicht für solche Männer, sich mit Leuten abzugeben, die ... doch wollen schweigen! Sage euch aber, Mitbürger, und sage es im gerechten Stolz, kann nicht helfen, muß es sagen – denn es erfüllt mich noch immer mit gerechtem Stolz, wenn ich an euer aller Benehmen gegen diese armseligen Kanadier, und wie sie heißen, denke. Wie ihr nicht nur an ihren viehischen Ausgelassenheiten nicht Anteil genommen – wie es auch von freien Männern nicht anders zu erwarten stand –, sondern wie ihr ihnen auch bei jeder Gelegenheit Beweise gabt, was es sei, Bürger der Staaten, freie Männer, Amerikaner zu sein! Sage euch dies mit um so gerechterem Stolz, als es gerade keine leichte Sache war, sich unbefleckt von diesen Leuten zu erhalten, die zuerst schmeichelnd und niederträchtig wie Katzen um uns herumkrochen und dann zu knurren anfingen, wie sie sahen, daß ihr über solche Dinge erhaben waret. War keine leichte Sache bei der unverschämten Zudringlichkeit, mit der diese unwissenden Menschen behaftet sind, diese verwilderten Menschen, die nicht so viel Notion von der Heiligkeit des Eigentums haben wie Ebenholzneger. Hatten sehr bald Beweise darüber. Hätte ihr ewiges Tanzen und Trinken uns wenig gekümmert, waren weit genug von ihnen, den Lärm nicht zu hören, fanden aber bald, daß sie ihre Fiedler auf unsere Unkosten aufspielen ließen. Verschwand eine Sau nach der andern, und merkten wir dieses natürlich bald, da das Borstenvieh damals, wißt ihr, schier rar bei uns war. Wollte uns dieses nicht gefallen, und ließen einige der älteren Kanadier rufen und sagten ihnen, was das für Manieren wären. Sie lärmten aber und gestikulierten und lachten, was uns das tue. Was tut euch das, ein paar Säue, die ihr so viele habt? Sagten ihnen, das tue viel, und wenn sie sich noch einmal Schinken von fremder Leute Borstenvieh gelüsten ließen, dann sollten es ihre eigenen Schinken büßen. Schnitten Gesichter darüber und lachten, und in den nächsten vier Wochen waren richtig wieder ebenso viele Säue verschwunden. Wißt, was geschah! Erschienen bei ihrer Frolic und nahmen die Saudiebe und banden sie an ihre eigenen Türpfosten und maßen jedem neununddreißig auf seine Schinken. Und war das ein Hopsen und ein Treiben, habt eure Tage kein solches Hopsen und Treiben gesehen!«

Nathan fuhr fort:

»Und war drüben großer Lärm. Schrien über verletzte französische Ehre und Genugtuung! Und müsse ihre Obrigkeit ihnen Genugtuung verschaffen. Und kam richtig ihr Syndikus mit seinen Gerichtsdienern, um ihnen Genugtuung zu verschaffen. Und wurden wir vorgeladen zu erscheinen und uns zu verantworten. Und erschienen wir auch, aber fünfzig Rifle-Männer mit Pulverhörnern und Schlachtmessern, ihnen Genugtuung zu geben. Und verging dem Syndikus und seinen Gerichtsdienern alle Lust, Genugtuung zu heischen. Ist aber ein so schlauer Franzose, als es je einen gab, der Syndikus. Und war so entzückt uns zu sehen, wie er sagte, außerordentlich entzückt, daß so tüchtige Bürger sich in seines königlichen Herrn Land niedergelassen hätten und Kultur und Industrie verbreiteten. Und wisperte und schmeichelte und gab uns zu verstehen, wie wir recht getan, die Akadier und Kanadier so auszupeitschen, und wie sie faules, diebisches Gesindel wären. Und sei er so erfreut, daß wir ihm die Arbeit erspart hätten, daß er uns zum Dank in unserer Niederlassung besuchen wolle. Hätten ihm den Dank gern erspart, sahen gleich, daß er ein Franzose war, der warm und kalt aus demselben Munde blies. Konnten ihm aber den Besuch nicht wehren. Kein freier Mann tut dies. Und taten wir es auch nicht. Und kam er, und gefiel ihm alles außerordentlich: sowohl unser hartes Schaffen wie die Wege, die wir angelegt, und die Sägemühle und die Baumwoll-Entkörnungsmaschine. Gefiel ihm alles außerordentlich. Und gefiel ihm so wohl, daß er ein halbes Jahr darauf wieder kam mit einer Schenkung von tausend Acres in der Tasche, die ihm das Gouvernement verliehen hatte. War diese Schenkung ein wahrer Sattel, von dem herab er unsere Niederlassung auf der einen Seite, die der Akadier und Kanadier auf der anderen Seite hatte, und er gedachte nun die Sporen nach Belieben in die eine oder andere Flanke zu setzen. Sahen das sehr wohl, sahen den Streich, den uns der Franzose gespielt hatte und noch spielen wollte, ließ sich aber nichts dagegen tun wie als Männer das weitere abzuwarten, obwohl Ursache und Ungeduld genug vorhanden war.«

Nathan fuhr fort:

»Einige unter euch waren der Notion, dem Ding auf einmal ein Ende zu machen und den Syndikus ein Haus weiter zu weisen. War nicht dieser Notion, und stimmte die Mehrzahl mit mir überein. Sahen in die Karten des Franzosen, sahen sein Spiel, mit dem er uns in der öffentlichen Meinung ruinieren und als gesetzlose Leute verderben wollte. Denn waren wir bisher noch immer auf Rechtsgrund gestanden, waren in unserm Recht, als wir uns gegen den mutwilligen Angriff der fünfundachtzig Musketiere gewehrt hatten. Sah das der Franzose, sah, daß er uns auf offenem Wege nichts anhaben konnte, und schlug deshalb einen versteckten ein. Und war es unsere Pflicht als Regulatoren, ihm auf diesem versteckten Wege entgegenzuarbeiten. Sahen die Falle, die er uns stellen, und mußten sie vermeiden. Und baute der Syndikus ein Haus auf seiner Schenkung und errichtete einen Kramladen, in den er seinen Neffen setzte, der zugleich Gerichtsdiener und mit Amtsautorität ausgestattet eine Art Leutnant war. So ging, wißt ihr, ein Jahr vorüber. Und kam der Syndikus zuweilen, um seinem Stellvertreter und Kramladen nachzusehen und die Irrungen zu schlichten, deren schier zu viele wurden. Und baute der Syndikus nach einem andern Jahr ein zweites Haus und richtete ein Botenschiff ein, das nach New Orleans fahren und Erzeugnisse dahin führen und Güter von da abholen sollte. Und war dieses ein neues Netz, sahen es wohl, sagten aber nichts. Hatten unser eigenes Schiff, durch das wir unsere Verbindung mit New Orleans unterhielten, und brauchten den Syndikus und sein Schiff nicht. Und stellte er als Patron des Schiffes den Mann an, der endlich Gelegenheit gab, den fein geknüpften Knoten zu zerhauen. War dieser Patron der Terzeron, den ihr alle kennt. Mit seiner einen Schwester lebt der Syndikus, mit der andern der Mann, den sie Vidal nennen, und war die ganze Sippschaft eine Brut, so arg, als es je eine farbige gab.«

Und Nathan sprach weiter:

»Und erfuhren wir bald einen der Kniffe dieser sauberen Sippschaft. Lagen Güter für uns in New Orleans bereit. Wir warteten auf sie, kamen aber nicht, die Güter. Und wurde uns endlich von unserem Kommissionär geschrieben, daß die Güter bereits abgesandt wären. Und waren wir darüber schier verwundert. Hatten keine Güter empfangen, und doch hatten wir den Frachtbrief schwarz auf weiß in den Händen. Fragten bei dem jungen Sorrel an, der schüttelte aber den Kopf und wollte von allem nichts wissen. Und wurde unser aller Geduld schier auf eine harte Probe gestellt. Und war das Ganze um so schlimmer, als wir selber nicht hinab nach New Orleans durften. Sahen wohl, daß uns ein Streich gespielt worden, konnten aber den Ochsenziemer nicht anwenden. Denn der Patron hatte die Vorsicht gebraucht, die Güter bei unserm Kommissionär durch einen zweiten übernehmen zu lassen, wußten also nicht, wer uns den Streich gespielt. Und ging in derselben Zeit Joe sein brauner Hengst verloren. Und die Woche darauf Abi sein Schweißfuchs. Und nächste Woche Righteous sein Rappe und James sein Schimmel. Wir folgten wohl der Spur der Pferdediebe, sie waren aber ausgelernt in ihrem Handwerk und hatten die Gäule an den Red River gebracht, zehn Meilen oberhalb der Fähre, wo das Boot des farbigen Patrons lag. Und machten uns die Pferdediebe schier grausam giftig, und es kostete uns nicht wenig Mühe, in Geduld abzuwarten und den Ausbruch zu verhindern, und war unser Regulatoren-Amt wahrlich kein Vergnügen. Ging noch der Neger Zambo des Mister George Nollins, unseres Mitregulators, verloren. Und war dies ein arger Verlust, schier zu arg, und sahen wohl, dem Unwesen müsse ein Ende gemacht werden. Und war es doch schwer, ein Ende abzusehen. Waren wie blind in der ganzen Sache und wußten nicht, wie es anzufangen, um einen Faden zu finden, der uns den Knoten zu lösen Gelegenheit gäbe. Blieben alle unsere Versuche lange vergebens, aber endlich trafen wir doch auf einen Faden.«

Nathan fuhr fort:

»Wurde uns von unserem Kommissionär berichtet, daß zwei unserer Gäule in New Orleans von einem Mann verkauft worden seien, der der Beschreibung nach der Patron sein mußte, und daß sie für Rechnung des jungen Sorrel verkauft worden. Wir hatten jetzt den ersten Faden, wollten aber abwarten, brauchten mehrere, um hinter das Gespinst zu kommen. Und wir verfolgten den Faden weiter und fanden Mittel, einen zweiten zu finden. Und war dies ein zweiter Kramladen, den der Syndikus an der Côte gelée halten ließ. Wir fanden da Ballen und Güter, die aus der Niederlage unseres Kommissionärs und aus einer der Manchesterfabriken waren, aus der nur er Waren bezog. Und hatten somit einen zweiten Faden. Und fanden den dritten Faden. Fanden, daß der gestohlene Neger in die Pflanzungen des Syndikus gebracht und von da in eine Zuckerpflanzung verkauft worden. Und hatten so der Fäden genug. Und nachdem wir sonach alle diese Fäden in Händen hatten, war es Zeit zu handeln, und handelten wir, und das rasch und entschlossen.«

Und Nathan sprach weiter:

»Brachen auf und holten den Syndikus und seinen Neffen und seinen zweiten Ladenhalter und brachten sie in das Blockhaus Asas und verhörten sie da. Sie leugneten eine lange Zeit, waren aber die Fäden in unseren Händen. Und bekannten endlich der Syndikus und sein Neffe und sein zweiter Ladenhalter, bekannten und baten um aller Heiligen willen und versprachen, den Neger wieder herzuschaffen und die Warengüter und alles und alles. Und gab der Syndikus Vollmacht, und ging sein Neffe mit uns, die Waren auszuliefern. Und holten wir die Güter ab und zogen auch den Neger aus dem Moor. War entlaufen der Neger, konnte es nicht mehr aushalten in der Zuckerpflanzung, behandelten ihn ärger als ein Stück Vieh, den Neger, und war er entlaufen und schier erstickt im Sumpf und schier verhungert, hatte sich vom Point Coupé herübergeschleppt. Und waren wir sonach im Besitz des Negers und der Güter bis auf die, welche bereits verkauft waren, und beschlossen sonach zu handeln. Wollten aber noch warten, fehlte uns noch jemand. Und während wir so warteten, fingen wir glücklich den farbigen Patron mit seinen Bootsknechten und den Akadiern und Kanadiern, die ihm Hand geliehen, und hatten wir sonach die ganze Sippschaft beisammen. Kennt die Mittel und die Wege, die wir eingeschlagen, um die ganze Brut in unsere Hände zu bekommen. Ist nicht nötig, hab' ich die Notion, sie nochmals zu wiederholen. Will aber sagen: Hatten einige von euch die Notion, wir sollten nach Squattergesetz mit dem Syndikus und dem Gerichtsdiener so verfahren wie mit dem Patron und den Bootsknechten. Wir sind aber kraft der uns von euch übertragenen Gewalt unserer eigenen Notion gefolgt und wollen euch sagen, warum. Hatten zwar den Syndikus in unserer Gewalt, und würde keine Macht auf Erden uns verhindert haben, ihm die Züchtigung widerfahren zu lassen, die ihm als Urheber der Schandtaten gebührte, haben aber kalkuliert, daß es uns nicht anstehe, die Regierung eines Landes in einem ihrer Werkzeuge zu beschimpfen und dadurch das Land und das ganze Volk zugleich, und daß es klüger getan sei, auf Rechtsgrund stehen zu bleiben, um so mehr da uns die spanische Regierung nicht beleidigt hat.«

Langsam und feierlich fuhr Nathan fort: »Haben daher in Anbetracht des Prinzips, unser Recht und Eigentum zu wahren und das persönliche Recht anderer nicht zu verletzen, beschlossen und getan: Haben den Patron, die Bootsleute, die Kanadier, die sich persönlich an unserm Eigentum vergriffen, auch persönlich gezüchtigt. Haben sie, fünf Kanadier und drei Bootsleute und den Patron, körperlich gezüchtigt, sie geteert und befiedert und also geteert und befiedert über unsere Grenzen gebracht. Haben das mit den Werkzeugen getan, sind aber mit dem Urheber anders verfahren. Haben uns drei Schriften aufsetzen lassen, in denen der Syndikus und sein Neffe und der Ladenhalter ihre Untaten bekannten und die Waren und den Neger als gestohlenes Gut erklärten. Haben eine zweite Schrift aufsetzen lassen, in der uns Schadenersatz geleistet wird für die Verluste und die unterschlagenen Güter und die Waren, die in der Zwischenzeit verkauft worden. Haben diesen Schadenersatz in gültigen Wechseln an unsern Kommissionär. Haben endlich, und dies ist die Hauptsache, eine dritte Schrift aufsetzen lassen, durch welche der Syndikus nicht nur sein Botenschiff und seinen Kramladen, sondern auch seine Schenkung aufgibt und diese Schenkung mit der Zession uns Übermacht, auf daß der Betrag, der durch die Versteigerung gelöst wird, als Schadenersatz für die Versäumnis an Zeit und Arbeit unter die Geschädigten verteilt werde. Waren einige von euch der Notion, daß dem Syndikus nach Squattergesetz geschehen solle. War aber dies nicht nötig, Mitbürger, so wenig nötig, wie es nötig ist, den Bären mit einer Kanone zu erschießen, wenn eine Riflekugel ihn ebenso sicher in unsere Hände bringt, und seinen Balg dazu. War uns nicht nur um den Tod des Bären, sondern auch um das Fleisch und den Balg zu tun, und haben wir den Balg und das Fleisch, und nicht nur den Balg und das Fleisch, sondern haben auch das ganze Gezücht in unsere Gewalt bekommen. Haben den Patron und seine Sippschaft, die Akadier und Kanadier ausgepeitscht, und wird ihnen die Lust vergehen für alle Tage ihres Lebens, Fuß zu setzen auf unsere Niederlassung. Haben die Niederlassung gesäubert von dem Gesindel, haben das Land in unsern Besitz gebracht und, kalkuliere, haben so alles erreicht, was nur immer Constables, Sheriffs, Richter, und wie der ganze Zauber heißt, hätten erreichen können. Und legen euch unser Tun nun vor, auf daß ihr entscheiden mögt, ob wir gehandelt, wie wir sollten, nach Pflicht und Gewissen, und die uns von euch übertragene Gewalt nicht verletzt haben.«

Es entstand eine lange Pause; ein dumpfes Gemurmel erhob sich, das stärker und stärker wurde.

»Habe die Notion«, hob endlich ein alter Hinterwäldler an, »seid nicht über eure Vollmachten gegangen, sondern innerhalb der angewiesenen Grenzen geblieben. Habt als tüchtige Regulatoren gehandelt!«

»Mitbürger!« nahm der Major das Wort. »Kann nicht umhin, euch Glück zu wünschen zu der Art und Weise, der Klugheit und Mäßigung, mit der eure Regulatoren sich benommen bei ihrer schwierigen Aufgabe, das Eigentum amerikanischer Bürger zurückzufordern, ohne einer fremden Regierung zu nahezutreten.«

»Ohne einer fremden Regierung zu nahezutreten?« brummte einer der jüngeren Squatters mürrisch und wie erstaunt.

»Ohne einer fremden Regierung zu nahezutreten?« wiederholten mehrere der Umstehenden.

»Ei, ohne einer fremden Regierung zu nahezutreten!« bekräftigte Major Gale mit Nachdruck. »Ist das meine Notion, Mitbürger. Und habt ihr mich früher mißverstanden, so sollte es mir leid tun. Bin aber nicht der Mann, der seine eigenen Worte zu verschlucken gewohnt ist, obwohl ihr wieder am besten zu beurteilen wissen werdet, ob eure öffentlichen Diener ihren Vollmachten getreu geblieben sind oder sie übertreten haben. Sage euch aber, hat euch nicht beleidigt die spanische Regierung, und wäre es von euch gefehlt, sie zu beleidigen. Sag' euch dies, kann nicht mehr sagen.«

Es entstand ein Gemurmel, aus dem nur einzelne Worte zu unseren Ohren drangen, die aber weit entfernt, schmeichelhaft für den Major zu lauten, ihn einer gewissen diplomatischen Verdrehung zu beschuldigen schienen.

»Kalkuliere nichtsdestoweniger, Major, Sie sind der Mann, Ihre eigenen Worte zu verschlucken, wenn das Gedächtnis von zwanzig Männern treu ist und unsere Ohren uns gestern nachmittag keine Possen gespielt haben. Sie waren gestern noch ganz anderer Notion.«

Nathan schaute verwundert den Sprecher und wieder den Major an, der sich verfärbte.

»Kalkuliere, lassen das alles!« nahm eines der älteren Lederwämser jetzt das Wort. »Sind zufrieden, daß die schmutzige Geschichte so abgelaufen, haben alle Ursache, zufrieden zu sein, und werden alle, die ein ruhiges Leben dem ewigen Umhertollen vorziehen, mir beistimmen, wenn ich sage: Mister Strong und Nollins haben getan wie wahre Regulatoren! Verstehe auch etwas vom Regulatorenwesen, ich, der ich nun siebenundzwanzig Jahre im Busch hause. Verstehe etwas und sage nicht, daß der Syndikus nicht geteert und befiedert werden konnte, sage aber, wäre eine so unnütze, grausame, schmutzige Frolic gewesen, wie sie Indianern schlecht angestanden. Sage es euch, wären mehr als Indianer gewesen, hätten wir dem Syndikus so mitgespielt und uns für nichts und wieder nichts die ganze spanische und französische Sippschaft an den Hals gebracht! Hätten die oben in den Staaten sonderbar von uns denken, uns schier für halbe Barbaren halten müssen.«

»Bin derselben Notion!« fiel ein zweites altes Lederwams ein, dem ein drittes und viertes und endlich die Mehrzahl folgte.

Aber so zaudernd bedächtig kam die Beistimmung aus den Kehlen der Hinterwäldler, wie im Sturm fallende Regentropfen schlug es an die Ohren. Es dauerte wohl eine Viertelstunde, bis sich die Mehrzahl der Squatters billigend ausgesprochen hatte.

Nathan schien währenddem auf glühenden Kohlen zu stehen. Seine Muskeln zuckten, seine Lippen preßten sich zusammen, sein ganzes Wesen drückte peinliche Spannung aus.

Wir selbst fühlten mit dieser eisernen Seele, die jetzt zagend wie ein Schulknabe vor dem drohenden Lehrer sich ängstigte. Wir waren gerührt, obwohl wir andererseits wieder die moralische Gewalt bewundern mußten, die diese anscheinend rohen Menschen über einen Mann übten, der so ausgezeichnete Dienste geleistet und dem nur der Spielraum zu mangeln schien, um eine geschichtlich große Rolle zu spielen. Es war das erste Mal, daß wir eine Ahnung von der Art und Weise bekamen, wie die Republikaner sich selbst regierten, und ich muß gestehen, wir fühlten uns ein wenig aufgeregt. Wer die Squatters sah und wieder die beiden Regulatoren, der sah die Richter und die zuckenden Missetäter, die den Stab über sich brechen sehen. Ruhig, streng und kalt schienen sie sich ordentlich an den Qualen des zuckenden Nathan zu weiden.

Die Mehrzahl hatte sich endlich zugunsten des Verfahrens der beiden Regulatoren ausgesprochen, und der alte Squatter nahm abermals das Wort:

»Hat die Mehrzahl entschieden, Männer! Die starke Mehrzahl, und mache ich den Vorschlag, Mister Nathan Strong und George Nollins den öffentlichen Dank auszusprechen in Anbetracht der Klugheit, der Mäßigung und Festigkeit, mit der sie diese schmutzige Geschichte zu glücklichem Ausgang gebracht und die Ehre der Bürger und ihr Eigentum gegenüber dem Ausländer vertreten haben.«

Wieder trat eine unheilverkündende Pause ein, und dann stimmten die Squatters bei, aber in einem Ton, dem man die Überwindung anhörte, die es ihnen kostete. Nathan war wie im Traum gestanden. Jetzt aber schien die schmerzhafte Spannung von seinen Zügen weichen zu wollen.

»Danken euch, Mitbürger!« sprach er langsam. »Danken euch für die Anerkennung unserer schwachen Dienste, die aber – bürge euch dafür – kein Honiglecken waren. Danken euch nichtsdestoweniger, obwohl euer Dank weniger unumwunden sich ausgesprochen, als wir erwartet hatten. War unser Wunsch, eure Zufriedenheit zu erlangen, haben alles in unseren Kräften zu tun kalkuliert, aber ...«

Er fuhr mit der Hand über die Stirn und hielt sinnend inne. »Pshaw! Hab' die Notion, ist Zeit, das Geschäft mit den Fremdlingen abzutun.«

Jetzt fielen die Blicke der Squatters auf uns. Mehrere, die vor uns gestanden, traten zu beiden Seiten zurück, so daß Nathan und sein Mitregulator uns zu Gesicht bekamen.

»Fremdlinge!« hob Nathan an. »Hab' die Notion, ist an der Zeit, zu eurem Geschäft überzugehen und euch nicht länger in Spannung zu lassen. Ist ein beengendes, pressendes Ding so eine Spannung.« Er fuhr abermals über die Stirn. »Wollte lieber mit fünfundachtzig Spaniern als ... besonders ... wenn man kalkuliert, alles getan zu haben!«

Des Mannes abgebrochene Sätze verrieten den nachhaltenden Schmerz. Wir sahen ihn teilnehmend an.

»Wollt ihr uns wohl sagen, welcher von euch der Mann ist, der Comte de Vignerolles genannt wird?«

»Das ist mein Stand und Name!« erklärte ich.

»Sie sind also ein französischer Graf?«

»Das bin ich.«

»Und auch Colonel?«

»Im Regiment Monsieurs, des Bruders Seiner Majestät.«

»Haben aber Eure Majestät um einen Kopf kürzer gemacht!« riefen zehn junge Squatters.

Nathan fiel streng ein: »Sind in einem freien Land, Männer! Ist unser Land eine Freistatt, wo jeder, kalkuliere ich, seine Meinung und Neigung bekennen kann. Aber sage euch, obwohl – Gott sei Dank – ein geborener Amerikaner, so ist uns der Franzose deshalb nicht weniger wert, weil er seinem König treu anhängt. Ist sein König unser treuester Verbündeter gewesen, und soll er vor Amerikanern seine Anhänglichkeit frei aussprechen können. Hoffe, wird keiner unter uns die Selbstachtung so sehr außer Augen setzen.«

Diese Worte waren mit einer Würde gesprochen, einem Ton abgebrochen, so vorwurfsvoll und zugleich gebietend, daß er die zehn Squatters zum gänzlichen Schweigen brachte.

»Seid angekommen in ...?« fragte Nathan mich weiter.

»New Orleans! Vor beiläufig zwei Monaten, um eine Schenkung in Besitz zu nehmen.«

»Weiter, Colonel!« ermunterte Nathan. »Weiter, Colonel Vignerolles! Scheuen Sie sich nicht, Ihre Geschichte, insofern sie Ihre Reiseabenteuer in diesem Land betrifft, zu erzählen. Sind ein Waffengefährte Lafayettes und Sie haben nichts von Amerikanern zu befürchten.«

»Gingen am Tag nach unserer Ankunft von New Orleans ab«, fuhr ich fort. »In einem Boot, das einen gewissen Balot zum Patron hatte.«

Nathan nickte.

»Wissen Sie etwas von diesem Balot?« fragte ich. »Wissen Sie von diesem Balot?« schrien Hauterouge und Ducalle und Lassalle und Amadee hinterdrein. »Wissen Sie von dem Halunken?«

»Still, Fremdlinge! Unterbrecht nicht den Bericht des Colonel, werdet bald hören, was wir wissen wollen. Ihr fuhrt also mit Balot?«

»Fuhren mit ihm den Mississippi hinauf, wo der Schurke das Umschlagen eines Kahnes veranlaßte, das drei Menschen das Leben kostete.«

»Drei Menschen das Leben kostete?« riefen wieder mehrere Squatters. »Laßt hören! Wie war das?«

»War auf dem Mississippi, Männer! Geht uns nichts an!« fiel Nathan trocken ein. »Geht den Spanier an, nicht uns! Könnt es euch später erzählen lassen, wenn der Colonel so gut sein will, es zu tun.«

»Fuhren in das Bayou Plaquemine ein«, berichtete ich weiter. »Dort rannte uns der Kerl an einen Baumstamm an und ließ uns sitzen, indem er sich mit seiner Bande und einem Ballen unserer Güter davonmachte.«

Die Squatters sahen sich an und lächelten.

»Mit einem Ballen eurer Warengüter? Hatte wohl eine Aufschrift dieser Ballen? Und wißt ihr vielleicht, was er enthielt?«

»Hatte meine Aufschrift und enthielt Nankings, Musselin, Leinen und einige Seiden- und Kamelottstoffe.«

»Richtig!« bejahte Nathan und wandte sich an die Squatters. »Männer, kann kein Zweifel mehr obwalten. Dieser Fremdling ist der rechtmäßige Besitzer des Güterballens. Hat jedoch einer von euch Einrede dagegen zu tun, so tu er es! Nenne Ursache und Grund, warum der Güterballen nicht ausgeliefert werde!«

Keiner regte sich.

»Fremdling oder vielmehr Colonel Vignerolles!« hob Nathan wieder an. »Da ihr euer Eigentumsrecht erwiesen, so setze ich euch hiermit in Besitz eures Eigentums.«

Mit diesen Worten deutete er auf einen mit Stroh überdeckten Ballen, auf dem einer der Squatter Platz genommen. Wir erkannten ihn als den meinen. Ich war nicht wenig überrascht.

»Nehmt euer Eigentum!« wandte sich Nathan an mich. »Und seid künftighin vorsichtiger, ehe ihr euch fremden Leuten auf einer Mississippifahrt anvertraut! Hat mancher da sein unbezahltes und ungerächtes Grab gefunden unter solchen Händen, wie die waren, die euch gerudert. Seid künftig vorsichtiger in solchen Fällen und auch vorsichtiger, ehe ihr ein Urteil fällt über Amerikaner! Habt hart geurteilt, weil wir diesen Balot gezüchtigt.«

»Wie? Also Balot war es, den ihr heute geteert und befiedert?« rief ich mehr und mehr überrascht.

»Ja, Balot war es, den wir gezüchtigt und geteert und befiedert, und also gezüchtigt, geteert und befiedert über unsere Grenze gebracht nach alter Squatterweise. Hat euch nicht gefallen unsere Squatterweise, sah es. Haben weder Gerichtsgebäude, Gerichtsbank noch Advokaten, kalkuliere aber, kann Gerechtigkeit gepflegt werden auch ohne Gerichtsgebäude, Perücken oder Richterstuhl, ohne die der Brite vor der Revolution nichts tun konnte. Seht, daß wir Gerechtigkeit gepflegt ohne Sheriffs, Constables und Galgen, ei, und so wirksam wie oben in den Staaten, und brauchten nicht mal dem Advokaten Gebühren zu bezahlen. Hätten ihn dort oben aufgeknüpft, den Bösewicht, wir haben ihm bloß neununddreißig aufgemessen, vielleicht ein Dutzend darüber, mag sein, haben es nicht so genau genommen. Aber Teer und Federn werden ihm die Haut schon wieder heilen.«

Von all diesem verstanden Hauterouge und Ducalle wenig oder nichts. Alle ihre Gedanken waren nur auf Balot gerichtet.

»Was ist mit Balot? Was gibt es? Was war das?« fragten beide ungestüm.

Wir erklärten ihnen mit wenigen Worten, was am Morgen vorgefallen.

»Also ihr habt Balot gezüchtigt?« riefen sie im Jubel befriedigter Rache.

»Ei, so haben wir! Wird noch nach Jahren an Asas Niederlassung denken, kalkulieren wir.«

Das Frohlocken unserer beiden Freunde wurde so ungestüm, sie rissen uns zum Tor hinaus und stürmten auf uns ein, um nur so schnell wie möglich den ganzen Vorgang mit Balot zu hören. Wir mußten erzählen, die Art und Weise des Teerens, Befiederns beschreiben, die wilde Jagd. Sie sprangen, schrien, jauchzten ärger als die Squatterbrut. Wer sie so gesehen, hätte sie füglich für eine Truppe junger wilder Squatters nehmen mögen.

Wir hatten in dem Augenblick ganz die Gemeindeversammlung vergessen. Lecain, der mit seiner Ehehälfte an uns herangestiegen und getrippelt kam, schaute und starrte. Die beiden mochten schöne Dinge von uns denken.

»Mon Dieu! Bon ciel! O mon colonel! Quel plaisir!« So riefen sie wohl mehrere Minuten.

Wir wußten nicht, was sie wollten.

»Wer zum Teufel sind diese Käuze?« fragten Hauterouge und Ducalle.

»Bon Dieu! O ciel! Herr Graf!« brachen sie endlich beide auf einmal los. »Die Schenkung! Die Schenkung!

Sie kommt in die Hände der Amerikaner! Bieten Sie auf die Schenkung!«

»Auf die Schenkung bieten? Was fällt Ihnen ein, Alter?«

»Auf die Schenkung bieten! Squatter werden!« lachte Hauterouge.

»Dreihundertfünfzig!« rief jetzt eine starke Stimme im Gemeindehaus, begleitet von einem Hammerschlag.

»Dreihundertfünfzig!« wiederholte der Ausrufer. »Für eintausend Acker des besten, schönsten Landes in den Attatapas und Opelousas, vom Crocodille bewässert, eine Wasserkraft, die das ganze Jahr zehn Mühlen treiben kann, mit dem Atchafalaya und so mit dem Mississippi zu jeder Jahreszeit in Verbindung! Das schönste Zuckerland mit Baulichkeiten, einem zweistöckigen Haus und einem Kramladen ...«

»Dreihunderteinundfünfzig Dollar!« rief ein Squatter.

»Dreihunderteinundfünfzig sind geboten!« fiel der Ausrufer ein. »Dreihunderteinundfünfzig Dollar für das schönste Zuckerland...«

Mir kam jetzt der Gedanke in den Sinn, dieses Land zu ersteigern – so plötzlich, so unwiderstehlich! Der Entschluß stand auf einmal fest. Ich sprang zu dem Tor vor und rief in das Haus hinein:

»Vierhundert!«

»Colonel! Was fällt dir ein?« schrien Hauterouge und Lassalle.

Die Squatters schauten, starrten. Nathan streckte sich vor wie einer, der seinen eigenen Ohren nicht traut. Aber das Wort war heraus.

»Vierhundertzehn Dollar!« schrie Major Gale.

»Fünfhundert!« rief ich.

»Fünfhundert!« rief mir der Ausrufer nach. »Fünfhundert vom französischen Colonel geboten! Kommt der Acker nicht höher als einen halben Dollar, ist unter Brüdern zweihundert wert. Fünfhundert sind geboten! Fünfhundert das erste Mal!«

»Fünfhundertundfünfzig!« schrie der Major.

»Tausend!« fiel ich ein.

Die tausend wirkten wie ein Donnerschlag auf die Squatters. Nathan stierte uns an, sein Hals verlängerte sich. Aber es schien nicht Unwille, was sich in seinen Zügen malte, im Gegenteil etwas wie Zufriedenheit schien in ihm aufzudämmern.

»Tausend sind geboten!« schrie der Ausrufer. »Wer gibt mehr? Das schönste Land im ganzen Westen, frei vom Fieber, mit einem laufenden Gewässer, das schönste Bauholz keine zehn Meilen davon, Magnolienland, herrlicher Boden, Verbindung mit New Orleans!«

Keine Antwort. Die tausend hatten alle eingeschüchtert.

»Tausend das zweite Mal! Prachtvolles Land! Keiner mehr?«

Stille.

»Tausend das ... keiner mehr? Herrliches Land, immerwährende Wasserverbindung! Ist unter Brüdern zehntausend wert! Tausend das ... dritte Mal!«

Der Hammer schlug nieder.

»Der französische Colonel, den Gott verdammen möge«, murmelte der Ausrufer und rief dann laut: » ... ist Besitzer des Landes, vorausgesetzt, daß er seine Zahlungsfähigkeit erweisen kann.«

»Ist kein Zweifel wegen Zahlungsfähigkeit!« schob sich Lecain nunmehr vor. »Kein Zweifel, Schentelmen! Ihr bekommt einen Herrn zum Nachbarn, den der Gouverneur und der Leutnant-Gouverneur mit eigenen Handschreiben beehrt, und der ein großer Seigneur ist, ein Mylord, wie ihr sagt, und der ...«

Er zuckte und stockte, der gute Lecain, in seiner Rede. Denn die finsteren Gesichter der einen und spöttisch verachtungsvolles Lächeln der anderen belehrten den guten Mann, daß seine Überredungsgabe einen üblen Eindruck hervorgebracht. Sie wandten ihm und uns den Rücken, ohne ein Wort zu erwidern. Ich sah die dringende Notwendigkeit, den üblen Eindruck zu beseitigen, den des alten Kriegskameraden Äußerung hervorgebracht hatte.

»Vergebung, Männer!« fiel ich ein. »Ich hoffe, wir werden miteinander zufrieden sein, und ich gratuliere mir, so solide Männer, die nach Prinzipien handeln, zu Nachbarn zu bekommen.«

»Wünsche es, hoffe es, Colonel!« versetzte Nathan trocken. »Wird gut für Sie sein, wenn Sie ein guter Nachbar sind, und schlimm, nehmen Sie mein Wort darauf, wenn Sie ein schlimmer sind! Stehen bei unserm Recht und bleiben dabei stehen, und daß wir dabei stehen bleiben, sehen Sie aus dem, daß wir ihnen gleiches Recht geben, und nicht mehr noch weniger. Wird wohl für Sie sein, wenn Sie sich nicht mehr herausnehmen! Lieber wäre es uns freilich gewesen, Sie schlügen Ihre Hütte um ein Haus weiter auf. Dürfte besser für Sie und für uns sein, Sie täten das! Aber sollen Ihr Recht haben, wenn Sie darauf bestehen, und kein Jota mehr! Und wird Ihnen Ihr Gouverneur und Leutnant-Gouverneur zu keinem Jota mehr verhelfen, verlassen Sie sich darauf!«

Mit diesen Worten wandte er sich von uns, die wir uns eilig genug ins Freie zurückzogen.


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