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2

Jetzt waren wir unter Dach und Fach, zwar nur in einem Hause, aber zu zwei anderen waren die Bäume auch bereits gefällt. Das Aufblocken war uns bloßes Kinderspiel, hatten sie in einer Woche beide aufgehißt, Schindeldächer darüber. Freilich hatten unsere Häuser weder Türen noch Fenster. Vor die viereckigen Öffnungen, in die sie mit der Zeit hineinkommen sollten, wurden einstweilen Wolldecken gehangen, aber reichere Leute als wir mußten sich oft knapper behelfen.

Waren mittlerweile tief in den Oktober hineingeraten. Wunderschöne Zeit in diesem unserm Land eben der Oktober und November mit seinem indianischen Sommer! Aber dauert doch nicht ewig der indianische Sommer, und handelte es sich darum, für zehn Mäuler den Winter hindurch etwas zum Zubeißen zu erlangen. Waren, wie gesagt, in der zweiten Hälfte des Oktobers, an eine Ernte war nicht mehr zu denken, wenn wir auch Saatkorn gehabt hätten. Niederlassung keine, auf hundert Meilen rings umher, und wenn auch eine gewesen wäre, so mangelte uns der Silberstoff.

»Was läßt sich tun, Nathan?« fragte mich Asa.

»Holla, Asa!« sagte Rachel, meine Schwester. »Fragst, was sich da tun läßt, wenn die Bären herumlaufen wie die Schafe im Kentucky-Territory Kentucky wurde 1792 als Staat in die Union aufgenommen und mehr Hirschböcke zu sehen sind als Opossums im Kentucky-Territory? Pfui, schäm dich!«

»Aber, Rachel«, sagte Asa, »du weißt, der Boden deiner beiden Mehlfässer ist schon seit Wochen so anschaulich, und wir können doch nicht immer Hirsche und Bären essen!«

»Aber es gibt Leute, die euch für einen Hirsch gern ein oder zwei Fässer Mehl verhandelten, und für ein Dutzend Töpfe mit Bärenfett ein paar Barrels Barrel in Louisiana = 90,7 kg Welschkorn. Weißt du das nicht, und nicht, wo diese Leute zu finden?«

»Du hast recht, Rachel!« sagte ich. »Wir ziehen auf die Jagd, Asa, und schießen noch ein halbes Dutzend Hirsche. Denn Bären und Hirsche gibt es allmächtig viel, mehr als im ganzen alten Virginia und im Territory Kentucky.«

Und gingen auf die Jagd, schossen den ersten Tag zwei Bären und drei Hirsche, weideten sie aus und trugen sie heim. Und unsere Weiber kochten und brieten das Bärenfett aus und trockneten Schinken. Und wir schossen weiter, bis wir ein volles Dutzend Bären und ein paar Dutzend Hirsche erlegt hatten, und als wir so weit gekommen, hielten wir ein. Denn die Gabe Gottes muß geschont werden.

Und während unsere Weiber kochten und brieten und Hirschziemer und Häute und Schinken trockneten, machten wir uns mit unseren Äxten hinüber aufs Bayou und zogen unsere alte Arche ans Land und kalfaterten sie wasserdicht. Als wir fertig, beluden wir sie mit den Hirschkeulen, Schinken, Bärenfett und Häuten und nahmen Abschied von den Weibern. Nur Righteous blieb zurück, wir fünf machten uns auf den Weg.

Fuhren das Bayou hinauf in den Red River ein, dann den Mississippi hinab, der wieder vernünftig geworden war. Und war, hab' ich die Notion, hohe Zeit für uns, denn auch das Whiskyfaß begann hohl zu klingen. War die letzten Wochen unsere Ration pro Mann kaum mehr als ein Gill 0,14 Liter gewesen, und wo der Magentrost fehlt, da regen sich die Hände nicht gern. Und verlangte uns sehr, wieder einmal einen erquicklichen Schluck dieses Magentrostes zu nehmen.

Ruderten als frisch darauflos in den Mississippi ein und hielten nirgends an, bis wir an die Levee von New Orleans kamen, wo sie uns nach unseren Papieren fragten. Sagten aber, wir kämen vom Ohio, aus dem Territory Kentucky. Was auch wahr war, denn wir kamen daher. Wäre aber gar nicht gekommen, wenn der Sheriff uns nicht ein Haus weiter gewiesen. Was uns giftig verdrossen, und weshalb wir auf den Mississippi gegangen und nach Louisiana herabgekommen. Was wir aber, wie ihr leicht ermessen könnt, in New Orleans wohlweislich für uns behielten.

Asa wußte in der Stadt zum Glück Bescheid und schob dem glatzköpfigen Hafenaufseher ein paar Dutzend Bärentatzen in die Hand. Dieser drückte ein Auge zu, und wir verkauften an dreihundert Pfund Bärenfett, das Pfund zu einem halben Dollar, und die Hirschziemer und Rücken und die Felle so gut, als wir sie anbringen konnten. Und schier an dreihundert Dollar in der Tasche zogen wir den Baton Rouge hinauf. Unser Boot verhandelten wir für zwei Dollar.

In Baton Rouge riefen wir ein Flachboot an, das mit Mehl, Whisky und anderen Sachen den Mississippi herab kam, und dieses sagte uns, ein Kielboot käme nach, mit dem wir einen Bargain – einen vorteilhaften Handel – machen könnten.

Und kam das Kielboot richtig hinterdrein. Erhandelten uns ein Dutzend Welschkorn- und ein halbes Dutzend Mehl- und Whiskyfässer mit allerhand anderen Dingen und kauften dazu das Kielboot, das seine übrige Ladung auf das Flachboot überlud. Waren unsere Landsleute, denen wir sagten, sie sollten die Unsrigen am Salt River Fluß in Kentucky grüßen. Und sprangen in das Kielboot, gerade als die spanischen Zollbeamten herbeikamen, und ehe sie ihre Worte an den Mann gebracht, waren wir in der Mitte des Stromes und dem Gesindel aus den Augen.

Hatten aber höllische Arbeit, das Kielboot den Strom hinauf und in den Red River hineinzubringen. Sage euch, höllische Arbeit, kamen aber endlich doch hinein und fuhren hinauf, bis wo der Black River sein laugenfarbiges Wasser in den kaffeebraunen Red River eingießt. Und fuhren in das Bayou ein, und Asa, James und Bill nahmen die erste Ladung und machten sich auf den Weg, und Jonas und ich blieben als Wache zurück.

Und hatten volle vierzehn Tage zu tun, bis wir die Fässer und Sachen und alles an Ort und Stelle gebracht hatten. Das Kielboot schleppten wir ans Land, kehrten es um, bedeckten es mit Reisig, um es für künftige Fälle wieder zu haben.

Könntet fragen, warum wir uns nicht den größten Teil der Mühe erspart und die Lebensmittel von Natchitoches Stadt im nordwestlichen Louisiana, am Red River aufwärts herab bezogen haben. Sage euch, würdet nicht viele Dollars für eine ganze Wagenladung Bärenfett in Natchitoches bekommen! Hieße das Porter nach England einführen oder Claret nach Frankreich. Haben da selber Bären die Menge. Und dann war es uns auch nicht darum zu tun, den französischen und spanischen Spürhunden auf die Nasen zu binden, daß wir uns in ihrer Nähe niedergehockt und ihnen ihre eigenen Bären und Hirsche zu Markte brächten.

Seid klug wie die Schlangen, ist ein nicht zu verachtender Rat, sage ich euch, Mann! Obwohl ich eben nicht viel von der Schlangenklugheit halte. Ei, Hundsklugheit, das ist etwas anderes ... aber wollen weiter!

Waren also für den Winter versorgt und wohnten zu zwei Familien in einem Hause. Hätten gern noch die drei Blockhäuser aufgerichtet, so daß jede Familie ihren eigenen Verschluß gehabt. Lieben wir Amerikaner unsern eigenen Verschluß, wißt unser Sprichwort: unser Haus ist unser Schloß! Mußten aber an das Lichten und Urbarmachen der Felder denken, und das war keine Kleinigkeit. Denn wir hatten auch nicht einen einzigen Pferdehuf, zwei Pflüge wohl und Zubehör, aber die Pferde fehlten.

Wohl, lichteten die Felder, und Asa und ich nahmen unsere Rifles und wollten im Lande umherspähen, ob wir nicht ein paar Gäule und auch Kühe auftreiben könnten. Denn ohne Gäule, das sahen wir wohl, ließ sich nichts machen. Kühe waren uns drei Stück vonnöten, und hatten noch fünfzig Dollar von den dreihundert, die wir in New Orleans gelöst. Und zogen wohl an die fünfzig Meilen im Umkreis herum, trafen aber auf keine Pflanzung, wie wir sie wollten, und kehrten zurück, hatten aber ein paar Bären und Hirsche geschossen.

Und richteten unsere Felder zurecht, bis auf das Umpflügen. Rodeten nämlich die kleineren Bäume mit dem Unterholz aus und ringelten die größeren, indem wir mit der Axt einen zwei bis drei Zoll tiefen Ring einhauten. Sterben dann ab, diese Bäume, worauf der Samen zwischen die Stämme gesät wird. Richteten so zehn Acker Wald zum Welschkorn zu und sechs zum Tabakbau, alles fix und fertig bis auf das Pflügen. Und fingen bereits unsere Weiber und Männer an, den Boden zu hacken, was unter allen Arbeiten eine ist, die wir Hinterwäldler am wenigsten vertragen. Stumpft euch Leib und Geist gleich ab, wenn ihr so Tag für Tag nichts als Schollen aufhackt. Konnte es nie leiden, ist auch nur für Neger und weiße Sklaven.

Hatten so ein paar Acker gehackt und ein Stück wahre Negerarbeit vollbracht, und waren gerade wieder im Feld, als wir auf einmal Pferdegetrampel hören. Vier Reiter kommen die Prärie herangesprengt. Wie sie uns ersehen, halten sie nicht wenig verwundert an und parlieren miteinander. Hatten auch ein paar tüchtige Wolfs- und Hühnerhunde mit.

Und sagte Asa: »Das wäre jetzt eine herrliche Gelegenheit, ein paar Gäule zu erhandeln, und will schauen, ob sich nicht ein Geschäft machen läßt.«

Und trat Asa an sie heran und grüßte sie – denn Asa hatte im Revolutionskrieg unter Lafayette Der französische Marquis de Lafayette (1757 – 1834) kämpfte 1777/81 als General in Amerika gedient – und fragte sie, ob sie nicht absteigen und einkehren wollten.

Und wie Asa so fragte, nahmen wir unsere Rifles, die wir an die Baumstämme angelehnt hatten, zur Hand. Denn ihr wißt, Hinterwäldler dürfen ihre Rifles nie weit von sich haben, sind ihre getreuesten Freunde, ihre Rifles, nebst einer guten Hand und einem scharfen Auge.

Und wie die Kreolen unsere Rifles sahen, gaben sie ihren Pferden die Sporen, waren so erschreckt!

»Fürchtet nichts!« sagte Asa. »Seid unter friedlichen Leuten! Haben die Rifles zur Hand gegen Bären, Wölfe und Rothäute, aber nicht gegen Christenmenschen.«

Beruhigten sie diese Worte augenscheinlich, und sie galoppierten wieder näher an uns heran. Wir setzten unsere Rifles nieder, und sie stiegen ab und traten in Asas Haus.

Und sahen sich zuerst um, nicht wenig verwundert, wie es schien, Asa setzte ihnen eine Flasche mit trefflichem Monongehala auf, und als sie diesen versucht, wurde ihnen auf einmal das Herz leicht.

Und Rachel briet einen Hirschziemer und wohl auch zwei, und wir luden die Jäger zum Essen, was sie auch annahmen. Und während des Essens fragte sie Asa, ob sie nicht Lust hätten, ein paar ihrer Gäule für blanke spanische Dollar auszutauschen.

Bei der Erwähnung der spanischen Dollar leuchteten ihre Augen vor Freude. Denn Geld war damals und ist noch ein seltener Artikel im Lande. Sie fragten, wie viele Dollar Asa wohl für einen Gaul gäbe.

»Für den Braunen, den Sie reiten«, sagte Asa zu dem Vordermann, »zwanzig Dollar, für den Braunen mit dem weißen Fuß fünfzehn.«

Und parlierten die Franzosen ihr Kauderwelsch und sagten endlich, Asa solle die beiden Gäule für vierzig Dollar haben.

»Fünfunddreißig!« sagte Asa. »Keinen Picaillon mehr!«

»Also fünfunddreißig!« sagten die Spanier oder Franzosen, was sie waren, hab' aber die Notion, sie waren beides, denn sie parlierten in beiden Sprachen.

Sie wollten das Geld aufgezählt haben, ehe sie die Gäule gäben, was wir aber wieder nicht wollten.

»Müssen zuerst die Gäule haben!« sagten wir und gingen hinaus.

Draußen wollte der erste den Braunen nicht geben, was uns böse machte. Endlich, als sie Ernst sahen, nahmen sie das Geld. Wir sahen aber, daß sie nicht die Leute waren, mit denen ein anständiger Mann gern einen Handel schließt.

Sie gingen wieder zurück mit uns in die Stube, um den Kauf, wie sie sagten, durch eine Buddel Tafia zu besiegeln. Tranken eine Buddel, und mehrere folgten nach, bis sie schier nicht mehr stehen konnten. Gaben uns mit lallenden Zungen nun zu verstehen, wie sie es eben nicht sonderlich gerne sähen, daß wir uns hier eingenistet.

Es würden der Jäger zu viele.

Sagten ihnen, gäbe der Jäger nimmer zu viele. Die Bären, Wölfe und Panther und Hirsche obendrein, je eher sie verschwänden, desto besser sei es für das Land. Sei nicht zu Jagdgründen geschaffen das Land, sondern um Baumwolle, Zucker und Welschkorn zu geben. Das sei das Wahre.

Murmelten aber untereinander etwas in ihrem französisch-spanischen Kauderwelsch und brummten, als sie zu zweien auf einem Gaul abtrollten, sie würden uns bald wiedersehen.

»Hört, Männer!« sagte Asa, der ihnen kopfschüttelnd nachsah. »Das sind sogenannte Kreolen, das heißt ein Drittel Spanier, ein Drittel Franzosen und der Rest Indianerblut. Haben alle die Tücken der drei Nationen. Gebt acht, sie bringen uns eine Teufelei hinterdrein.«

»Aber was sollten sie uns für eine Teufelei bringen?« fragte Rachel.

»Das weiß ich noch nicht. Doch so gewiß es Sheriffs gibt in den Staaten, so gibt es auch hier solche Landplagen, obwohl sie andere Namen haben mögen.«

»Aber wenn nun unser Land keinem zu eigen ist, und wir zuerst unsere Hütte darauf aufgeschlagen?«

»So gehört es von Rechts wegen uns«, sagte Asa. »Aber mir munkelt etwas. Gib acht, die bringen nichts Gutes!«

»Wohl!« sagte ich. »Und bringen sie nichts Gutes, so holen sie sich auch nichts Gutes. Können auch böse sein, wir, sage ich, Asa! Giftig wie Kongoschlangen! Fürchte mich nicht vor zehn solcher Kreolen. Hab' es wohl gesehen und mit meinen eigenen Ohren gehört, daß sie schäbige Kerle sind, die ihr Wort so wenig in Ehren halten wie unsere Neger oben in Kentucky. Haben aber nun die Gäule und können unsere Felder staatsmäßig herrichten!«

»Das können wir!« sagte Asa. »Wollen auch sogleich daran! Sind aber noch jung, die Gäule, und hab' die Notion, sind auch noch halb wild und nicht lange von ihren Prärien eingefangen.«

Und das war wirklich der Fall. Hatten vorerst die beiden Gäule ein paar Tage einzuspannen und einzujochen, ehe sie eine gerade Furche ziehen lernten. Ging aber dann um so rascher. Wir hatten wohl an fünfzehn Acker zur Welschkornsaat vorbereitet und an zehn für Virginiakraut und waren daran, noch ein paar hundert Cottonwoods zu ringeln und das Unterholz und die Dornen und Schlingpflanzen auszuroden, um noch einiges Welschkorn und Virginiakraut anzubauen, als wir in diesem Vorhaben ein wenig irregemacht wurden.

Hatte Asa richtig gemunkelt, und war das kreolische Gewürm uns eher wieder auf dem Nacken, als wir es erwartet. Waren gerade im Busch beschäftigt, ein Stück von etwa zehn Acres abzumessen und mit der Axt in Bekanntschaft zu bringen, als Jonas gesprungen kam.

»Männer, hört ihr nichts? Die Rothäute!«

»Die Rothäute?« fragten wir. »Was Teufel wollen die, doch nicht unsere Skalpe? Wollen sie die, dann müssen sie zeitig aufstehen!«

Nahmen unsere Rifles zur Hand, die wir an den Baumstämmen lehnen hatten. Denn Hinterwäldler dürfen diese ihre Freunde nie weit von sich haben. Sind wie ihre Weiber, die Rifles, die sie immer zur Seite haben müssen bei Tag und bei Nacht. Nehmen also sofort unsere Rifles zur Hand und stiegen den Kamm hinauf, auf dem weiter zurück unsere Häuser standen. Hörten auch richtig und sahen bald darauf die Bande, die aus vierzehn oder fünfzehn Reitern bestand und mit lauten Hussas und Hurras auf unsere Niederlassung ansprengte.

»Nathan!« sagte Asa. »Das sind keine Rothäute! Hab' die Notion, es sind die verdammten Kreolen, die mit ihrem Schweif ankommen. Scheinen mir wahres Gesindel zu sein, treiben es, als wenn sie betrunken wären.«

Und trieben es so, schier ärger. Hussaten und hurraten wie Kobolde. Sprengten heran, und als sie noch fünfzig Schritte von uns waren, trat Asa vor.

Und war einer sogleich bei der Hand und schrie:

»Da ist er, der Pferdedieb, der Betrüger, der mich um meinen Braunen gebracht!«

Asa gab keine Antwort auf solch grobe Rede, sondern schaute sie an und wartete, bis sie näher kämen.

Und kamen näher, und fragte einer aus ihnen:

»Wer ist hier der Vorgesetzte?«

Und schüttelte Asa den Kopf und erwiderte:

»Hier ist kein Vorgesetzter. Hier sind Mitbürger, und die sind alle gleich.«

»Ihr habt diesem Gentleman, Monsieur Groupier, sein Pferd gestohlen und müßt es herausgeben!«

»Ist das alles?« fragte Asa.

»Nicht alles!« sagte der Mann. »Dann müßt ihr euch ausweisen, wer euch die Befugnis gegeben, hier auf diesem Land zu jagen!«

»Wahrscheinlich derselbe, der sie euch gegeben hat!« sagte Asa zu dem Mann, der sich recht patzig anstellte.

Waren die Kreolen über diese Antwort schier verwundert, und schrien einige: »Wir haben unser Jagdrecht und unsere Schenkungen von Seiner Exzellenz dem Gouverneur!«

Andere riefen: »Und wir von Seiner Majestät dem großen König von Frankreich und Navarra!«

»Und wir wollen nicht, daß Fremde uns hier beeinträchtigen in unserm Jagdrevier!« schrien alle. »Die Bären werden immer seltener, und auch die Jaguare und Hirsche! Die Büffel haben sich ganz verzogen!«

Und sprangen die Kreolen auf ihren Pferden herum, als wenn sie besessen wären.

Sprach Asa: »Je eher die Bären und Wölfe und Jaguare weggeschafft werden, desto besser für das Land. Ist nicht für Bären und Wölfe das Land, sondern für Menschen!«

Und sagten die Kreolen, wir hätten kein Recht hier zu jagen und sollten uns wegpacken.

Und fragte sie Asa, welche Autorität sie hätten, ihn wegzuweisen.

Und stutzten sie darüber und murmelten untereinander. Und sah Asa wohl, daß sie keine Autorität hätten, auch keine Amtspersonen wären, sondern nur zusammengelaufene Nachbarn, die ohne Autorität kämen und uns ins Bockshorn zu jagen kalkulierten.

Und fragten sie wieder, ob wir eine Befugnis hätten, uns hier niederzulassen, Wohngebäude aufzurichten und Felder zu bestellen.

Sagte ihnen Asa, sie sollten sich deshalb kein graues Haar wachsen lassen. Er habe sich hier mit seinen Mitbürgern niedergelassen und werde auch dafür sorgen, daß die Befugnis nicht fehle.

Das sagten sie, sie wollten es dem Kommandanten von Natchitoches und dem Syndikus und weiß der Himmel wem anzeigen, daß wir uns unberufen hier niedergelassen hätten, und möchten wir dann nur zuschauen.

Erklärte ihnen Asa, sie möchten gehen und es seinethalben dem Teufel anzeigen, sollten es aber bald tun. Denn wenn sie ihn toll machten, so wolle er ihnen heimleuchten, daß sie ans Wiederkommen nicht mehr denken würden.

Und schrie der Kreole, dessen Name Groupier war, er müsse sein Pferd haben.

Sagte Asa, er solle es haben, und beide, wenn er das Kaufgeld zurückgäbe, fünfunddreißig Dollar.

Erwiderte der Kreole, es sei nicht so viel gewesen, bloß fünfzehn.

Da rief Asa uns herüber, die wir an dreißig Schritte hinter den Cottonwoods gehalten hatten, und schritten wir, die Rifles im Arm, auf die Rotte zu. Waren sie, als sie uns schuß- und trutzfertig erblickten, ein wenig herabgestimmt und schauten einander an und zogen sich zurück.

Asa aber sagte ganz gelassen – sprach ziemlich geläufig das Französische, hatte nämlich im Revolutionskrieg in der Division Lafayettes gestanden und später auch, als Rochambeau sich mit Washington vereinigte, gegen Cornwallis – Asa aber sagte ganz gelassen:

»Gentlemen, ihr seid nicht artig gekommen. Sehe aber, ihr habt euch von diesem Mann da, der nicht besser ist als er sein sollte, etwas auf die Nase binden lassen. Hier stehen fünf meiner Mitbürger. Fragt sie alle, ob nicht die Gäule regelmäßig verkauft sind und das Geld, nämlich fünfunddreißig Dollar, zwanzig für den einen und fünfzehn für den anderen Gaul, wie es sich gehört und gebührt, ausbezahlt und alles in Ordnung geschehen ist!«

»Larifari!« schrie der Kreole. »Larifari! Ihr sollt uns hier nicht unsere Jagd verderben und sollt hier nicht Häuser bauen! Ihr habt kein Recht dazu, und ich will es Seiner Exzellenz dem Gouverneur und dem Kommandanten von Natchitoches, überall will ich's anzeigen!«

Und die Kreolen, die vernünftig und ruhig werden zu wollen schienen, währenddem Asa sprach, wurden euch wieder so rappelköpfisch, schrien und gestikulierten so erbärmlich, galoppierten vorwärts und rückwärts und schwenkten ihre Jagdflinten wie Indianer.

Wir sollten uns aus dem Lande packen, schrien sie. Sie brauchten keine Amerikaner, könnten das Wild selber jagen, und fort sollten wir, sogleich... oder...

Jetzt wurden aber auch wir wild. Sie sollten sich auf der Stelle fortscheren, schrie Asa. Seien keine Gentlemen, sondern Lumpenpack, das er sich mit der Peitsche vom Hals schaffen wolle. Sollten gehen und ihn nicht giftig machen, sonst würden sie es alle Tage ihres Lebens bereuen.

Indem er so zornig wurde, warf Asa seine Rifle schußfertig vor, und wir auch.

Als die Kreolen das sahen, gaben sie ihren Pferden die Sporen und galoppierten davon.

Als sie aber aus dem Bereich unserer Kugeln an fünfhundert Schritte weit waren, erhoben sie euch doch ein solches kauderwelsches Geschrei, fünfzigtausend Gänse am Red River oder Mississippi sind Stumme dagegen, schossen auch mehrere ihrer rostigen Gewehre auf uns ab.

Und lachten wir herzlich über diese Maulhelden, nur Asa lachte nicht.

»Sagt' ich's nicht, daß die Kreolen uns eine Teufelei auf den Hals bringen würden?« rief er.

»Teufelei?« fragte ich. »Nennst du das Teufelei, Asa?

Solche Altweiberzungen! Sollten sich in die Seele hinein schämen, da herzukommen auf fremder Leute Land und ihr Kauderwelsch auszuleeren, daß unsere Weiber selbst sich schämen müssen! Und ruhige Bürger in ihrem eigenen Hause so zu behandeln! Sollen wir das einstecken!«

»Das wäre noch nicht das Schlimmste«, meinte Asa. »Wäre es das, so könnten wir's recht wohl einstecken, würde uns die Taschen eben nicht abreißen. Hab' aber die Notion, die schäbigen Kerle erzählen es weiter, und es kommt zu den Ohren eines ihrer Kommandanten oder des Gouverneurs, daß wir uns in ihrem Land so mir nichts dir nichts häuslich niedergelassen. Und ehe wir einen Monat älter sind, kommt eine Kompanie oder zwei ihrer Musketiere gezogen, und dann ...?«

»Und dann? Und wenn sie angezogen kommen, Asa, was dann?« fragte ich. »Kommen sie angezogen, so kommen wir ihnen entgegengezogen! Hast du den Indianerhügel vergessen?«

»Hab' ihn nicht vergessen, denke eben daran, ob wir uns da nicht ein Blockhaus bauen könnten, das auch aushielte.«

»Hab' die Notion«, sagte ich, »kalkuliere, daß wir uns da ein Blockhaus bauen können, das aushalten wird.«

»Das ist alles recht«, meinte Asa. »Alles recht! Aber ob wir auch das Recht dazu haben, Nathan, das ist eine andere Frage. Plagt mich der Gedanke schier Tag und Nacht seit den drei Wochen, da diese verdammten Kreolen zuerst angerückt, Tag und Nacht, sag' ich dir. Will nichts Unrechtes, Nathan! Will das Rechte, Mann! Das Rechte geht über alles. Bist du mit dem unrechten Fuß vorwärts, geht alles schief, und du gerätst in Sumpfgrund, und verschlingt dich der Sumpf und die Alligatoren.«

»Asa«, sagte ich, »hab' auch darüber nachgedacht, schon seit langer Zeit nachgedacht und kalkuliert und gegrübelt. Hab' die Notion, Asa, daß wir nicht mit dem unrechten Fuß vorwärts geschritten, sondern auf dem rechten Weg, auf so rechtem Weg, als es nur einen geben kann. Wir haben auf das Land so gerechten Anspruch, wie kein Sheriff in den Staaten leugnen kann und kein Franzose und Spanier, sie mögen herkommen, wo sie wollen. Haben gerechten Anspruch, sag' ich!«

»Was sagst du da, Nathan?«

»Hast du nicht gehört, Asa? Weißt du nicht, daß der Vater Mississippi in unserm Land entspringt? Und ist dieser Vater Mississippi nicht das grausamst allmächtigste Gewässer, das auf dem Erdboden zu finden ist? Und nimmt er dir nicht, der Mississippi, hier einen Brocken Landes von einem Schock Quadratmeilen mit den Bäumen dazu mir nichts dir nichts weg, dort einen anderen Brocken, und führt ihn mit sich fort, wie ein alter brummiger Bär eine jährige Sau, und verschlingt ihn ebenso oder wirft ihn von da an die zwanzig oder hundert Meilen weiter unten aus?«

»Das tut er«, sagte Asa. »Hab' es selbst gesehen, wie er oberhalb Memphis einen Fetzen Landes abriß, mit Bäumen so groß, daß die dünnsten Äste Masten zu Dreideckern abgeben konnten. War schier, als ob die Welt zu Ende ginge, wie das Land so weggerissen wurde. War mächtig grausam zu schauen, standen mir das erste Mal in meinem Leben die Haare zu Berge. Weißt, Nathan, daß mir die Haare nicht oft zu Berg stehen.«

»Wohl weiß ich das. Ist aber, Asa, nicht das ganze Louisiana ein aus solch Brocken und Fetzen zusammengesetztes Land? Sag mir das, Asa!«

»Das weiß ich nicht. Kalkuliere, es mag so sein, bin aber nicht ganz gewiß.«

»Aber du hast es doch öfters schon gehört und selbst gesehen, daß dieses Louisiana nichts ist als Mississippi-Bottom – reiner Mississippi-Boden, Niederschlag des Flußschlammes vom Mississippi. Und dieser Flußschlamm kommt von unserem Land herab!«

»Das weiß ich«, sagte Asa.

»Und wenn aus diesem Flußschlamm Louisiana entstanden ist, aus unserem Schlamm, Mann, amerikanischem Schlamm, haben dann die Spanier und Franzosen einen Strohhalm Anspruch darauf?«

»Das wäre!« sagte Asa. »Hab' die Notion, sie haben nicht!«

»Wohl, Mann! Und wenn der allmächtig trübe Mississippi oben unser Land wegführt und wie der Bär die Sau verzehrt und darüber dick und schmutzig geworden und diesen Schlamm wieder ausgeworfen, wie der Bär auswirft, was stinkt und schmutzig ist, wem gehört der Auswurf? Asa, sag mir das! Wem anders als dem, dem der Bär gehört? Und der Bär, gehört er nicht dem, in dessen Land er ist? Sag mir das, Asa, gehört der Bär, der Mississippi, nicht uns?«

»Das behaupte ich auch«, sagte Asa. »Wollte den sehen, der da anders sagte! Wollte ihm die Knöchel in die Weichen drücken, daß ihm die Lust verginge!«

»Und wenn der Mississippi unser ist und unser Land verzehrt, gehört nicht sein Auswurf auch uns, haben wir nicht das Recht auf diesen Auswurf?« fragte ich. »Ein so gutes und besseres Recht, als die Frenchers und Spanier haben?«

»Aber sie waren eher da, Nathan, die Frenchers und Spanier, eher da als wir!«

»Und wir sind später da, Asa! Sind zur elften Stunde gekommen, Mann! Aber deshalb sind wir doch bei dem Vergnügen. Wollen den Frenchers und Spaniern nicht ihr Recht nehmen. Kein Pferdehuf soll ihnen verlorengehen, aber wollen auch uns unser Recht nicht nehmen lassen. Haben so viel Recht auf Louisiana wie die Frenchers und Spanier, und wollen dieses Recht behaupten, Asa, sage ich! Ist unser Fluß, der Mississippi, entsteht in unserm Land, irgendwo oberhalb der St.-Anthony-Fälle, reißt jedes Jahr mehr Land mit sich fort, das schier ein kleines Königreich geben könnte, wie die Leute sagen, die aus der Alten Welt über das Salzwasser herüberkommen. Ist das Land daher unser Land!«

»Aber wir sind unserer bloß sechs«, meinte Asa. »Wie können wir es mit Hunderten aufnehmen?«

»Sechs!« sagte ich. »Und wenn wir ein tüchtiges Blockhaus auf den Indianerhügel hinaufstellen, zählt das sechzig, und können es mit hundert solcher spanischen Musketen aufnehmen. Haben jetzt eine so schöne Gelegenheit, uns ein herrliches Stück Land zu erobern. Und lassen wir uns vertreiben, so sollte man unsere Rifles zerbrechen und uns statt ihrer Welschkornbesen in die Hand geben!«

Und Asa wurde nachdenklich, und sagte meine Schwester Rachel:

»Kalkuliere, daß Nathan, obgleich er mein Bruder ist und ich so was nicht sagen sollte, gesprochen hat wie ein echter Sohn seines Vaters, der sich eher zehnmal hätte von den Rothäuten skalpieren lassen, als daß er so ein herrlich allmächtig schönes Stück Landes aufgegeben, das ihm so klar und rechtmäßig gebührt! Sage dir, Asa, will durchaus nicht mehr auf den schmutzig allmächtigen Mississippi zurück, das ist ein Fakt!«

»Aber wenn nun so an hundert spanische Musketiere anrücken?« fragte Asa. »Und hab' die Notion, sie kommen!«

»Darum wollen wir das Blockhaus bauen«, erklärte Rachel. »Und uns da wehren um unser Eigentum! Und sage dir, Asa, erfahren unsere Leute am Salt River und am Kentucky und Cumberland, daß die Spanier gegen uns ziehen, werden sie die Hände gewiß nicht in den Schoß legen.«

»Hab' die Notion«, sagte ich, »wenn die Männer in den westlichen Territorien erfahren, was wir hier für schönes Land haben, und wie uns die Franzosen und Spanier die Sporen in die Weichen zu setzen gedenken und uns tyrannisieren, weil wir unser Recht verteidigen, so werden sie nicht lange ausbleiben.«

»Ist aber weit vom Red River hinauf zum Salt River und Kentucky und Cumberland, gute fünfzehnhundert Meilen und darüber«, meinte Asa. »Ehe sie da oben Wind von uns erhalten, mögen leicht unsere Gebeine bleich genug sein, um ihnen zu Gabel- und Messerheften zu dienen. Ist mir nicht um mich zu tun. Hab' den Kanonenschlünden oft genug in den feuersprühenden Rachen geschaut und die englischen Musketen oft genug knallen gehört, hab' aber Weib und Kind.«

»Sorg dich nicht für Weib und Kind!« sagte Rachel. »Sorg nicht für Weib und Kind, wo die Ehre auf dem Spiel steht und das Recht! Müßten uns ja in Ewigkeit schämen, wenn wir vor diesen Maulhelden abzögen. Wenn es noch Indianer wären, haben aber keinen Tropfen Blutes von den Rothäuten! Sind ja so feige, ärger als die Neger! Sage dir, Asa, sage dir's im voraus: ich gehe nicht auf den schmutzig allmächtigen Mississippi zurück, will nichts mehr damit zu tun haben, hab' ihn satt für alle Tage meines Lebens. Ist ein ungeschliffener Geselle, das ist ein Fakt. Willst du dich mit ihm abgeben, so magst du gehen! Aber laß mir eine Rifle, will mein Blockhaus verteidigen! Und wenn mich die Spanier skalpieren, so werden die Leute am Salt River doch sagen, die Rachel war eine echte Tochter vom Hiram Strong und hat sich gewehrt. Und Danny Boone Daniel Boone (1734 – 1820) erschloß ab 1769 Kentucky der Besiedelung und sein Weib haben auch nicht mehr getan.«

Und gab dieses den Ausschlag. Asa war nun überzeugt, daß er mit Fug und Recht sich gegen die Spanier wehren und behaupten könne. Und machten wir sogleich Anstalt uns zu behaupten. Kitzelte uns auch nicht wenig der Gedanke, die ersten zu sein, die das Banner der Staaten in Louisiana aufpflanzten, und was unsere Leute am Salt River sagen würden, wenn sie hörten, wir, denen der Sheriff um ein Haus weiter geleuchtet, hätten zuerst das Sternenbanner in Louisiana aufgepflanzt.


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