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Und hatten wir sonach beschlossen, unser Recht mit unserm Blut und unseren besten Kräften zu verteidigen, so machten wir auch Anstalt zu dieser Verteidigung. Fällten Bäume, meist junge Zypressen, und schleppten sie hinüber an den Indianerhügel und hauten sie zu. Dann zogen wir sie mit Stricken herauf und blockten sie auf, ein Viereck, vierzig Fuß lang, bei vierzig breit. Und in die Mitte stellten wir einen Kamin, aber war das nicht alles.

Asa hatte bei Brandywine Am 11. September 1777 besiegten die Engländer die Amerikaner unter Sullivan und Lafayette und erzwangen dadurch die Räumung Philadelphias. Der Brandywine ist ein rechter Nebenfluß des Delaware. mitgefochten und war an der Seite Lafayettes gewesen, als er verwundet wurde. Später hatte er in den Carolinas bei Cowpens Am 17. Januar 1781 – Sieg der Amerikaner am Broad River. und gegen Cornwallis gekämpft und da das Verpalisadieren gesehen und den Nutzen, den es gewährt, wenn ein Dutzend oder ein halbes tüchtiger Scharfschützen dahinter steht. Er ließ uns Palisaden schlagen und spitzig zuhauen und die Löcher in den Hügel graben und sie in diese einrammeln und sie mit Zweigen verbinden, so daß sie nicht leicht ausgerissen werden konnten.

Und nachdem wir das Blockhaus aufgeblockt, errichteten wir, wie gesagt, das Pfahlwerk, und nachdem wir damit fertig, deckten wir das Blockhaus mit Schindeln. Nahmen die Schindeln von Schwarzkiefern, die Jonas und Righteous eine halbe Meile von hier fällten und spalteten und dann auf einem Schlitten herüberschleiften. War sehr gefehlt, das – denn Schwarzkiefern brennen euch wie Zunder weg, wenn sie ein paar Tage in der Luft ausgetrocknet sind. War uns aber die Zeit zu kurz, festeres Holz zu nehmen. Hatten bloß sechs und sieben Fuß dicke Zypressen, und die lassen sich nicht so leicht spalten. Und so mußten wir zu den verdammten Schwarzkiefern greifen, die uns später in eine heillose Klemme brachten.

Hatten also das Blockhaus aufgerichtet und die Dachbalken darüber. Belegten diese mit den Dachdauben und nagelten und hämmerten das Ganze zusammen, und auch den Kamin, so daß unsere Weiber zur Not kochen konnten. Füllten die Whisky- und Mehlfässer und Geschirr, so viel als vorrätig, mit Wasser und brachten unsere Gerätschaften und Schinken und Pflüge und Sachen und Mehl und Welschkorn und alles hinein ins Blockhaus. Waren schier Tag und Nacht beschäftigt, alles fix und fertig zu machen, ohne daran zu denken, daß uns die heillosen Schindeln von Schwarzkiefern in eine so verdammte Teufelei bringen würden.

Wir kalkulierten, daß die spanischen Musketiere vor einem Monat oder auch zweien nicht kommen würden. Wir wußten so ziemlich genau die Stärke der Besatzung des Forts von Natchitoches. Sie betrug beiläufig zweihundert Mann, und alle konnte sie der Kommandant nicht gegen uns schicken, kalkulierten wir. Und ehe er Verstärkung von den Forts am Mississippi oder von New Orleans heraufbringen konnte, mußten wenigstens an acht Wochen verlaufen, kalkulierten wir.

Das tröstete uns sehr. Denn wären die Spanier in den vier Wochen gekommen, wäre unser Blockhaus nicht fertig geworden, und mit sechs Rifles, wenn sie noch so gut sind, läßt sich nicht gegen sechzig fechten, das wußten wir. Ist ein glorreiches Ding, eine Rifle in einer tüchtigen Hand und bei einem scharfen Auge, kann aber doch nicht wie der Eselskinnbacken in der Bibel hundert auf einen Hieb niederwerfen.

Eilten wir also, das Blockhaus fix und fertig zu machen, was die Hauptsache war, und die Palisaden dafür zuzuspitzen und einzugraben, alles, wie Asa es haben wollte. Stellten die Pfähle, so wie ihr es hier seht, fünf Schritte vom Blockhaus, so daß ein Zwischenraum war, in dem wir uns frei bewegen konnten. Mußten zuerst die Palisaden genommen werden, ehe sie dem Blockhaus etwas anhaben konnten. Und nahm uns das ganze vier Wochen.

Nach vier Wochen waren Blockhaus und Palisaden in Ordnung, und unsere Weiber schafften die Vorräte, die wir in Baton Rouge eingehandelt, mit allen unseren Sachen, Pflügen und allem ins Blockhaus und ließen nur das Nötigste in den Häusern. War uns um vieles wohler und weit fröhlicher bei dem Gedanken, daß unser Blockhaus in Ordnung und wir in der Verfassung zur Behauptung.

Nur Asa blieb schwermütig, betrachtete das Blockhaus oft und sagte: »Hab' die Notion, wird ein blutiges Blockhaus in kurzer Zeit werden, und sage euch, hab' die Notion, wird einer hier ein blutiges Grab finden, und wer es ist, das weiß ich am besten.«

Sagte ihm: »Still, Asa! Wozu uns das Herz schwer machen? Brauchen leichte Herzen, Asa!«

Und schien Asa wieder heiter und ging wieder ruhig an die Arbeit, die wir ausgesetzt hatten. Aber da wir nicht immer die Gäule brauchten, so ritt abwechselnd einer um den andern so an zehn Meilen vorwärts und rückwärts auf Kundschaft, um zu sehen, ob die ungebetenen Gäste uns noch nicht besuchen kämen. Auch bei Nachtzeit waren wir auf unserer Hut, und jede Nacht hatten zwei abwechselnd die Wache, mußten in der Runde auf- und abgehen.

Als wir eines Morgens im Busch arbeiteten und Bäume ringelten, kam Righteous angesprengt.

»Sie kommen! Ihrer wenigstens hundert!« schrie er.

»Jetzt gilt es!« sagte Asa so gelassen, als ob er seine Rifle auf einen Hirschbock anlegte. »Jetzt gilt es! Sind sie noch weit weg?«

»Sie kommen gerade auf die Prärie zu. In einer halben Stunde mögen sie da sein.«

»Wie kommen sie? Mit Vorhut? Nachhut? Wie stark mögen sie sein?«

»Nichts von alledem, marschieren in einem Haufen. Mögen ihrer wohl an hundert sein.«

»Dann haben wir gewonnenes Spiel! Verstehen nichts vom Militärwesen, wissen nichts vom Buschkrieg, sind Braddockianer«, sagte Asa.

Spielte damit auf den englischen General Braddock an, der sich im Jahre 1755 bei Pittsburg von den mit den Franzosen verbündeten Indianern überfallen ließ und sein Leben und sein ganzes Heer einbüßte mit Ausnahme der Nachhut, die Washington befehligte.

»Jetzt fort mit euch Weibern, fort!« schrie Asa. »Laßt alles liegen und stehen und fort! Wir folgen und decken euch den Rücken. Zwei voraus, um zu sehen, ob sie unser Versteck nicht ausgewittert!«

Righteous galoppierte sogleich, wie er war, dem Blockhaus zu, um vor ihnen da zu sein, falls sie es ausgewittert. War aber keine Gefahr, ahnten nicht mehr vom Blockhaus als unsere wilden Truthühner.

Und nahmen noch die Weiber das Rumpelzeug mit, das zurückgeblieben war. Viel gab es nicht, denn Hinterwäldler, wie ihr wißt, befassen sich nicht damit, ganze Schiffsladungen unnützen Zeuges mitzuschleppen. Nahmen also, was noch da war, und marschierten ab. Zogen uns am Rand des Waldes unserer Zitadelle zu, in der Righteous bereits war. Er hatte die verborgene Pfostentür geöffnet und die Staffelleiter herabgelassen.

Nachdem wir unseren Gäulen die Füße eingehenkelt, auf daß sie sich nicht verliefen, trieben wir sie gegen den Sumpf zu. Dann stiegen wir auf der Leiter hinauf, zogen dann die Leiter nach und rammelten die Pfostentür zu, und da waren wir.

War uns doch ein wenig sonderbar zumute, als wir eingeschlossen waren zwischen den Palisaden. Konnten nur durch Ritzen so groß, daß ihr eure Rifles durchstecken konntet, schauen, was draußen vorging. Wurde uns schier bange, waren das Eingeschlossensein nicht gewohnt.

Wurden so still, mausestill, und verlief uns eine Minute nach der andern, und war höchstens ein Gewisper zu hören. Rachel zerschnitt alte Hemden und strich Fett auf die Stücke und zerschnitt sie zu Kugelhülsen. Wir setzten frische Steine an unsere Rifles und putzten sie fix und fertig. Und die Weiber schliffen die Äxte und Weidmesser, alles in der Stille.

War uns so eine lange Stunde vergangen, hörten endlich Lärmen und Geschrei und auch Musketenschüsse und sahen endlich auch die spanischen Musketiere. Sie liefen hin und her auf dem Kamm, auf dem unsere Häuser standen, die wir aber nicht sehen konnten.

Aber auf einmal wurden wir euch doch alle so bleich! Stieg zuerst eine Rauchsäule auf, dann eine zweite, eine dritte.

»Gott gnade uns!« sagte Rachel. »Die Mordbrenner haben unsere Häuser in Brand gesteckt!«

Und wir zitterten alle vor Wut. Hört! Wenn ihr euch so vier bis fünf Monate abgeschunden habt, ärger als das unvernünftige Vieh, und euch für eure Weiber und die armen Würmer, die sie getragen, eine Blockhütte zusammengebaut, und so ein höllischer Feind kommt und brennt sie weg, als wären sie Stoppeln in einem Welschkornfeld, hört, da müßtet ihr keine Menschennatur mehr haben, wenn euch da nicht die Zähne klapperten und die Fäuste sich ballten! Und klapperten uns die Zähne, standen aber still, die Wut ließ uns nicht reden.

»O unser Haus!« seufzte Rachel. »Unser armes Blockhaus! Was hat unser armes Blockhaus den Mordbrennern getan? O ihr Mordbrenner, ihr!«

»Still, Weib!« sagte Asa. »Still! Ist nicht Zeit zum Lamentieren! Haben vielleicht bald auslamentiert!«

»Herr, dein Wille geschehe!« sagte Rachel.

Ist frommer Leute Kind, liest ihre Bibel. Und holte diese auch hervor, aber Asa sagte:

»Ist jetzt nicht Zeit zum Beten, so gern ich das sonst tue, sondern zum Handeln! Laß das, Rachel!«

Und legte Rachel die Bibel wieder weg. Wir schauten nun, ob alles in Ordnung war, und legten unsere Rifles an und starrten auf den Rauch unserer armen brennenden Blockhäuser. Und wie wir so schauten und starrten, kam es auf einmal ganz schwarz und blau da herein zwischen den beiden Waldesrändern. Kamen die Spanier, wohl an die hundert, herangesprungen.

War Mittagszeit. Wir zählten sie, konnten aber anfangs nicht recht ins reine kommen, denn sie schwärmten ab und zu wie wilde Tauben und schier in keiner besseren Ordnung. Mußten gar zu wenig von uns denken, sonst hätten sie sich klüger benommen. Aber als sie auf fünfhundert Schritte herangekommen, ordneten sie sich einigermaßen in Reih und Glied, und wir zählten zweiundachtzig Mann mit Musketen und Karabinern und drei ohne. Sie hatten entblößte Degen in der Hand und saßen zu Pferde, stiegen aber jetzt ab.

Und waren noch sieben andere zu Pferde. Stiegen gleichfalls ab und banden ihre Gäule an. Wir erkannten unter ihnen drei der verräterischen Kreolen, die uns in die Klemme gebracht, und den einen, den sie Groupier nannten.

Die anderen waren sogenannte Akadier oder Kanadier, mit deren Landsleuten wir bereits am oberen Mississippi Bekanntschaft gemacht. Sind tüchtige Jäger, diese Akadier, aber meist verwilderte, liederliche, versoffene Barbaren. Waren es, hab' die Notion, diese Akadier, die den spanischen Musketieren den Weg zu unserm Blockhaus zuerst gezeigt. Denn die Spanier stellten sich so dämlich an, daß sie, hab' die Notion, wohl ein paar Stunden wie weiße Nachteulen bei hellem lichtem Tag herumgepußt hätten, ehe sie ausgefunden, wo wir hingeraten.

Und kamen endlich die Akadier zuerst und erhoben ein lautes Geschrei, als sie das Blockhaus und die Pfähle darum sahen. Wie sie merkten, daß wir zu ihrem Empfang gerüstet, stutzten sie und traten zu dem Haupttrupp. Berichteten zweifelsohne den Offizieren, die sie zwar anhörten, aber die Köpfe schüttelten. Dann setzte sich der ganze Trupp in Bewegung.

»Jetzt gilt es!« raunte uns Asa zu, als sie blau und weiß und braun und in allen Farben, einer aber schmutziger als der andere, herankamen.

Sie marschierten jetzt in besserer Ordnung, der Captain an der Front, die Akadier an den Flanken. Sie hielten sich näher an die Cottonwoods und waren bald ganz hinter diesen verschwunden.

Als Asa dies sah, raunte er mir zu, diese wären eigentlich die gefährlichsten von wegen ihrer schußfertigen Hand und ihres scharfen Auges, auf diese müßten wir es vorzüglich anlegen. Die übrigen verständen nichts vom Buschkrieg, mit denen würden wir wohl fertig werden.

Und marschierten die Spanier und kamen näher. Waren nur noch hundert Schritt vom Blockhaus und prächtig zu treffen.

Fragte Righteous: »Sollen wir knallen gegen die Mordbrenner?«

»Gott behüte!« sagte Asa. »Uns geziemt das nicht. Wollen uns wie Männer verteidigen, aber warten, bis sie uns angreifen. Kommt dann ihr Blut über sie. Und fallen wir, so fallen wir im Kampf für unser Leben und unserer Weiber Leben. Wollen aber auf Rechtsgrund stehen bleiben.«

Als nun die Spanier bis auf hundert Schritte vom Blockhaus herangekommen und deutlich sahen, daß sie erst die Palisaden nehmen müßten, um zu uns zu gelangen, hielten und besprachen sich die Offiziere. Und rief ihnen Asa ein Halt zu.

Und rief uns der Captain entgegen: »Messieurs les Américains!«

»Was gibt es?« fragte Asa durch die Palisadenritze.

Und steckte der Captain ein schmutziges Sacktuch auf die Spitze seines Degens, sprach lachend zu seinen Offizieren und trat dann zwanzig Schritte vor. Hinter ihm drein seine Leute.

»Halt!« rief Asa abermals aus dem Pfahlwerk heraus. »Das ist nicht Kriegsbrauch! Der Parlamentär mag kommen, aber wenn seine Mannschaft kommt, geben wir Feuer!«

Müßt wissen, die Spanier, die doch sonst wohl hinter Wällen und Bäumen zu fechten wissen, standen alle in einem Klumpen. Mußten verdammt wenig von unseren Rifles halten oder schier die Notion haben, wir würden es gar nicht wagen, uns unserer Haut zu wehren. Sonst wären sie klüger gewesen und hätten es wie die Akadier gemacht, die sich hinter den dicken Cottonwoods hielten.

Riefen auch diese dem Captain zu, er solle sich in den Wald verziehen, aber er schüttelte verächtlich den Kopf.

Wie er Asa aber nochmals Halt rufen hörte und schreien, daß er Feuer gebe, wurde ihm doch ein wenig angst, wir sahen es. Mochte wohl die Notion haben, daß unsere Kugeln ihn nicht fehlen würden.

Und schrie er: »Halt und schießt nicht, bis ich euch alles eröffnet habe!«

»Dann macht es kurz!« schrie Asa zurück. »Wenn ihr etwas zu eröffnen hattet, dann solltet ihr es, wenn ihr Kriegsbrauch versteht, vor Eröffnung der Feindseligkeiten getan, nicht aber wie Mordbrenner unsere Häuser niedergebrannt haben!«

Und knallten, während Asa so sprach, drei Schüsse hintereinander aus dem Wald herüber. Waren die Kreolen, die zwar Asa nicht sehen konnten, aber – hab' die Notion – durch die Ritzen der Palisaden einen seiner Knöpfe oder seine Rifle blinken sahen und in dieser Richtung und der Stimme nach anlegten und krachen ließen.

Und sprangen die beiden Verräter ebenso schnell wieder hinter den Baum und lugten vor, um zu hören, ob nicht ein Wimmern ausbräche. Righteous und ich sahen aber, wie sie ihre verräterischen Köpfe vorstreckten, und ließen wir zusammen krachen. Im nächsten Augenblick taumelten sie nieder, um nicht mehr aufzustehen. Waren zwei der Kreolen, mit denen wir den Pferdehandel hatten, einer davon der Verräter, der sich Groupier genannt.

Und wie die spanischen Musketiere die Schüsse hörten, denn sehen konnten sie nichts wegen der vorspringenden Waldesecke, lief der Offizier Hals über Kopf zurück und schrie:

»Vorwärts zum Angriff!«

Und die Spanier sprangen und liefen wie närrisch an dreißig Schritte vorwärts und schossen ihre Musketen auf das Blockhaus los, als glaubten sie, wir seien wilde Gänse, die sich vom bloßen Büchsenknall vertreiben lassen.

»Jetzt ist's die Zeit!« sagte Asa. »Sie wollen es nicht besser. Habt ihr wieder geladen, Nathan und Righteous? Ich nehme den Captain, du, Nathan, den Leutnant, Righteous den dritten Offizier, James den Sergeanten. Versteht ihr, daß nicht zwei einen nehmen! Dürfen unsere Kugeln nicht umsonst verschießen.«

Und waren die Spanier noch sechzig Schritte entfernt, aber wir auf hundertundsechzig unseres Schusses gewiß, und wenn sie Eichhörnchen gewesen wären. Ließen krachen, und jeder Schuß nahm seinen Mann. Der Captain und der Leutnant und der dritte Offizier und die beiden Sergeanten und noch einer lagen da und krümmten sich. Bald hatten sie ausgekrümmt.

Und entstand ein völliger Wirrwarr unter den achtzig Musketieren, oder wie viele ihrer waren. Die einen Hefen hin, die anderen her. Die meisten liefen dem Wald zu, aber ein Dutzend oder auch mehr blieben und hoben den Captain und ihre Offiziere auf, um zu sehen, ob noch Leben in ihnen wäre.

Wir aber, nicht träge und ohne erst auf Asa zu hören, der uns zuraunte, frisch zu laden, hatten schnell die Kugeln in unseren Büchsen und ließen abermals krachen. Und fielen wiederum sechs. Die noch standgehalten, ließen nun alles liegen, wie es fiel und lag, als ob ihnen die Schuhsohlen brannten.

Wir aber putzten so schnell, als es ging, unsere Rifles. Wußten, daß wir es später nicht mehr würden tun können, und daß ein einziger versagender Schuß uns alle verderben könne. Und nachdem wir unsere Rifles geputzt, luden wir und kalkulierten, was wohl die Musketiere zuerst anfangen würden.

Waren zwar die Offiziere gefallen, aber von den Kreolen und Akadiern waren noch fünf am Leben, und diese gerade am meisten zu fürchten. Die Turkey-Buzzards hatten sich bereits gesammelt und kamen ihrer immer mehr. Zu Hunderten kamen sie angeflogen, umkreisten uns und die Gefallenen.

Als wir so auf der Lauer standen und auf allen Ecken hinaus in den Wald lugten, winkte mir Righteous, der ein prächtiges Auge hatte, und deutete hinunter auf die Waldecke, wo sich das Unterholz anschloß. Und ich winkte Asa, der gerade geladen, und wir schauten. Und wie wir schauten, sahen wir, daß es kriechendes Getier war, das sich im Unterholz herumwand, um auf die östliche Waldseite zu gelangen. Und sahen wir deutlich, daß zwei Akadier voran waren und an zwanzig oder mehr Musketiere hinterdrein.

»Nimm du, Nathan, und du, Righteous, die Akadier!« sagte Asa. »Wir nehmen die Spanier der Reihe nach, wie sie herankriechen.«

Und nahmen wir sie so und ließen krachen. Die zwei Akadier mit vier Spaniern krümmten sich und blieben liegen. Aber einer der Akadier, den wir übersehen hatten, weil er hinter einem Spanier kroch, der sprang auf und schrie:

»Mir nach! Frisch mir nach! Haben abgeschossen, und ehe sie geladen, sind wir im Wald! Wollen es doch noch haben, das Blockhaus!«

Und sprang der Akadier auf und die Spanier hinterdrein. Und ehe wir geladen hatten, waren sie im Wald drüben. Wir knirschten vor Wut, daß uns der Akadier entgangen war.

Merkten bald, daß noch drei Akadier oder Kreolen, was sie waren, übriggeblieben, denn sie übernahmen nun den Befehl über die Spanier, die einsehen gelernt hatten, daß ihre Offiziere nichts vom Buschkrieg verstanden. Und war unsere Lage nicht um vieles besser als gleich anfangs, wie sie noch alle beisammen waren. Kamen ihrer noch immer zehn auf einen von uns. Aber war uns der Mut nicht gesunken, ganz und gar nicht. Hatten nur jetzt schwereres Spiel, weil wir unsere Aufmerksamkeit und Kräfte teilen mußten und der Feind gewitzigt war. Und wir hatten bald darauf alle Hände voll zu tun, und war es hohe Zeit, die Augen offenzuhalten. Denn wo sich nur einer von uns an einer Ritze zeigte – die Kugeln hatten Späne aus den Palisaden gerissen und Löcher gemacht –, da knackten ein und auch mehrere Schüsse lustig darauflos. Sie hielten sich jetzt aber hinter den Bäumen.

Hatten zwar einige Male Gelegenheit, unsere Büchsen knallen zu lassen, und an vier oder fünf Musketiere mußten nieder. Aber wurde uns die Zeit schier lang. Hatten die Spanier sich, merkt ihr, auf beiden Seiten des Waldrandes geteilt und schossen herüber. Wir achteten nicht viel darauf, da gaben sie uns auf einmal ein lautes Hurra.

Hatten verdammtes Werg zu ihren Ladungen genommen, und einer ihrer Schüsse gezündet. Wir merkten es nicht sogleich, aber dann begann es zu knistern und zu prasseln im Dach, in den Schwarzkieferschindeln. Und wie die Spanier das sahen, gaben sie ein dreimaliges Hurra und dann hielten sie sich abermals still.

Und wir schauten hinauf auf das Dach, konnten bereits das Flämmchen sehen, das leckend im Dachstuhl weiterfraß. Und die Spanier hörten wir wieder mehr und mehr jubeln.

»Dem Ding muß ein Ende gemacht werden, sonst braten wir hier wie Hirschkeulen zusammen!« sagte Asa. »Muß einer hinauf in den Kamin mit einem Kübel Wasser! Will selber hinauf!«

»Nein, ich will hinauf!« sagte Righteous.

»Bleib du hier! Einer gilt wie der andere. Will hinauf und das Feuer löschen!« sagte Asa.

War damals das Blockhaus voll von uns und unserer Rumpelkammer und Kram, und nahm Asa einen Tisch und stellte einen Stuhl darauf. Und Rachel reichte ihm den Kübel mit Wasser, und er zog sich an den Haken, die wir in den Kamin eingeschlagen und woran wir unsere Hirschkeulen gehängt, hinauf und zog dann den Kübel nach.

Und wurden auch die Spanier immer toller und ihr Geschrei immer ärger. War hohe Zeit, dem Feuer Einhalt zu tun. Und hatte Asa nun den Kübel hinaufgezogen und schüttete das Wasser aus.

»Mehr links, Asa!« sagte Righteous. »Mehr links frißt die Flamme am stärksten.«

»Das ist ein verdammtes Links, kann es nicht sehen!« schrie Asa zurück. »Reicht mir noch einen Kübel mit Wasser!«

Wir reichten ihm den zweiten Kübel mit Wasser. Und Asa streckte den Kopf hinaus aus dem Kamin, nur um zu schauen, wo das Feuer eigentlich lecke, und dann schüttete er das Wasser darüber hin. Aber in dem Augenblick knallten wohl ein Dutzend Schüsse, hatten ihn gesehen, die Spanier.

»Halt!« rief Asa mit ganz veränderter Stimme. »Halt, ich hab's! Laßt sie schreien und springen, die Teufel!«

Und in demselben Augenblick kamen Schinken und Hirschziemer herab aus dem Kamin, und ein Gepolter, und gleich darauf Asa, ganz blutig.

»Um Gottes willen, Mann, du bist erschossen!«

»Still, Weib! Still, sag' ich dir!« sagte Asa. »Hab' genug für alle Tage meines Lebens, die kurz genug sein werden. Aber wehrt euch, Jungens, und schießt ja nicht zwei auf einen! Verschwendet keine Kugel, werdet sie brauchen! Versprecht mir das!«

»Asa, mein liebster, bester Asa, du tot! Dann mag ich nicht mehr leben, ich will dir folgen!« schrie Rachel.

»Still, törichtes Weib! Vergißt du, daß ein Asa zurückbleibt und du einen zweiten im Leib trägst! Still, sag' ich dir! Hört die Spanier! Wehrt euch und schützt mein Weib und Kind! Nathan, sei an Vaters Stelle, versprich mir das!«

Hatten aber keinen Augenblick mehr Zeit, dem sterbenden Asa zu versprechen oder die Hand zu drücken. Denn die Spanier, die erraten haben mußten, was vorgegangen, waren wie wütende Kobolde auf unsere Verschanzung losgesprungen. Wohl an zwanzig kamen von jener, an dreißig und darüber von dieser Seite.

»Ruhig!« schrie ich. »Ruhig! Du, Righteous, her zu mir! Und Rachel, jetzt kannst du zeigen, daß du Hiram Strongs Tochter und Asas Weib bist! Du ladest Asas Rifle, sowie ich abgeschossen!«

»Gott, o mein Gott!« schrie Rachel. »O mein Asa, den die Höllenhunde verräterisch erschossen!«

Sie hing an ihres Mannes Leichnam und war nicht wegzubringen. Ich war euch schier böse darüber, aber die Feinde gaben mir keine Zeit zum Bösesein. Kam ein Trupp, von einem der übriggebliebenen Akadier angeführt, auf meiner Seite heran und herauf. Mit Flinten und Äxten! Ich schoß den Akadier nieder, gerade wie er oben war. Aber ein anderer Akadier, der sechste und vorletzte, sprang an seine Stelle.

»Rachel, jetzt das Gewehr! Mein Gott, Rachel, die Rifle, um Gottes willen, die Rifle!« schrie ich. »Eine Kugel mag so viel wert sein wie das Blockhaus und unsere Leben!«

War aber keine Rachel da, und der Akadier mit den Musketieren, die aus dem Aussetzen unseres Feuers errieten, daß wir entweder nicht geladen oder unsere Munition verschossen hatten, die sprangen nun wie höllische Feinde lachend heran. Einer hob den anderen, so kletterten sie den senkrecht aufsteigenden Rasen herauf, ein halbes Dutzend mit ihren Äxten, voran der Akadier, der tüchtig auf die Palisaden einhieb und das Flechtwerk auseinanderhaute.

Wären ihrer nur drei gewesen wie dieser Akadier – dem Teufel seine Gerechtigkeit! –, so war es um uns geschehen! Denn auf der anderen Seite war gleichfalls ein Dutzend Angreifer mit dem siebenten dieser verdammten Akadier, und von dorther keine Hilfe möglich. Die Spanier hämmerten zwar auch tüchtig darauf los, waren aber wahre Kinderschläge. Entweder fehlte ihnen der starke Arm oder das Geschick.

Gerade wie Righteous geladen und wieder einen niedergeschossen, riß der Akadier die Palisade – wie, weiß ich zur Stunde noch nicht, muß auswärts ein Ast stehen geblieben sein –, riß sie kurz heraus, hob sie wie ein Schild vor gegen mich, schleuderte sie auf mich, warf mich zurück, daß ich taumelte, und sprang herein.

Jetzt war es um uns geschehen. Righteous gab zwar dem nachkommenden Spanier mit seiner Rifle eines auf den Kopf und stach den nächsten mit seinem Weidmesser nieder, aber dieser Akadier war Mann genug, uns alle in die Teufelei zu bringen. Da fiel ein Schuß, der Akadier taumelte. Im nächsten Augenblick sprang mein zehnjähriger Bube Godsend mit Asas Rifle auf mich zu. Hatte sie aufgerafft, die Rifle, wie er sah, daß Rachel es nicht tat, und sie geladen, der herzige Bube, und ihn flink niedergeschossen, den Akadier, der gloriose Bube.

Und jetzt besann ich mich, griff nach der Axt, und diese wieder in der Hand stürzte ich auf die Spanier los und schmetterte in sie hinein, in der rechten Hand die Axt, in der linken das Weidmesser. War ein wahres Metzeln, das eine gute Viertelstunde und darüber dauerte. Verging ihnen endlich die Lust und wäre ihnen früher vergangen, hätten sie gewußt, daß der Akadier gefallen. Wehrten sich wohl nur, weil sie oben waren, und sich ihrer Haut wehren mußten und in der Verwirrung nicht wußten, wie sie wieder hinunter sollten. Sprangen aber endlich alle über den Rand hinab und liefen, die nämlich laufen konnten, und hatten wir Ruhe auf dieser Seite.

Und sprang ich mit Righteous, um die Palisade wieder einzusetzen. Sagte meinem Buben, er solle achthaben auf die Spanier, dann lief ich auf die andere Seite, wo der Kampf schier ebenso verzweifelt vor sich ging.

Waren da drei unserer Männer und die Weiber, die mit Spießen und Schüreisen und Äxten mithalfen. Die Spanier hatten mit ihren Bajonetten durch die Palisaden gegen unsere Männer gestoßen und mehrere verwundet. Bluteten wie angeschossene Stiere. Aber Rachel war wieder zu sich gekommen von ihrem Schmerz um Asa. Sie und die Weiber rissen den Spaniern die Bajonette durch die Palisaden aus den Händen und die Musketen dazu. Und indem beide Teile hin und her zerrten, zerrten sie die Palisaden so weit auseinander, daß die dünnleibigen Spanier von ihren Hintermännern gedrängt hereinkamen.

Kam gerade herbeigesprungen, als ein paar dieser olivengrünen Dons sich hereingezwängt hatten, statt ihrer Musketen nun ihre kurzen Säbel in der Hand, um kürzeres Werk mit uns zu machen. Sind fertig in diesen Handgriffen, die Spanier. Sprang einer auf mich zu, und ohne mein Weidmesser war es um mich geschehen. Denn fehlte an Raum, um die Axt zu schwingen, gab ihm aber zuerst einen Faustschlag, der ihn schier zu Boden warf, und stach ihm dann das Weidmesser in den Leib.

Sprang dann vor und riß Rachel eine Muskete aus der Hand. Kehrte sie um – die Kolben der Spanier waren viel schwerer als die unserer Rifles, war mir auch leid um meine Rifle – und schlug die Spanier auf die Köpfe, rechts und links. Schrie den Weibern zu, sie sollten ins Blockhaus und uns nicht im Wege sein. Sollten die Rifles laden und alles andere liegen und stehen lassen! Den Akadier müßten wir noch haben, war der letzte!

Und Godsend lud meine Rifle, und die Weiber luden die anderen. Und während wir an den Pfählen kämpften, stellten sich die braven Weiber, unsere herrlichen Weiber, im Blockhaus auf und schossen in die Spanier hinein. Und das wirkte! Fielen ihrer drei oder vier, darunter zum Glück der Akadier. Wie die Spanier das sahen – sind wie die Hunde, diese Spanier, die nur anpacken, wenn es ihnen ein Vormann so zu tun heißt – da sprangen sie mit »Dios!« und »Caraja!« und »Maleditos Gogos!« Verdammte Kornwürmer den Hügel hinab und liefen, als wenn ein Sprenggeschoß unter sie gefahren wäre.

Diese halbe oder ganze Stunde – wie lange sie gedauert, könnte ich euch unmöglich sagen – war mir kurz und lang, kurz und tödlich lang zugleich. Ist bei meiner Seele kein Spaß, wenn man sich so gegen ein schier hundert spanisches Gewürm um seine Haut zu wehren hat und um der Seinigen Haut und seiner lieben Kinder Haut! Waren euch doch so hunds- und todesmüde, daß wir gerade wie abgehetzte Ochsen oder Kälber niederfielen, ohne aufs Blut zu achten, das so dick rann, als ob es Blut seit dem Morgen geregnet hätte.

Lagen siebzehn Spanier mit den zwei Akadiern innerhalb der Verpfählung, hatten sich ausgeblutet. Auch wir bluteten wie angeschossene Säue, waren alle leichter oder schwerer verwundet. Ich hatte mehrere Stiche, andere hatten Schießwunden, die zwar nicht gefährlich, aber doch ziemlich tief waren. Fielen, wie gesagt, in alle Ecken und Winkel hin, gerade wie Büffel, die angeschossen, sich einen Schlupfwinkel suchen, um ihr Leben auszuhauchen.

Hätten die Spanier jetzt angegriffen, so waren wir ohne Rettung verloren. Während der Schlacht, solange das Blut fließt, spürt ihr nicht leicht die Abnahme eurer Kräfte, aber sobald sie vorüber, werden eure Glieder steif, und seid ihr dann zu nichts mehr nütze. Waren zu nichts mehr nütze, aber erfuhren jetzt, wozu unsere Weiber nütze waren. Hatten unsere Schuldigkeit getan, jetzt taten sie unsere Weiber.

Kamen mit Fetzen und Bandagen, und Rachel, die etwas von Medizin versteht, die kam mit ihren Zangen und Scheren und zog Righteous und Bill und James die Kugeln aus dem Fleisch. Dann verband sie ihre und meine Wunden. Die übrigen Weiber machten Feuer und kochten zuerst eine Suppe – denn zu etwas anderm hatten wir keinen Appetit – und schleppten uns ins Blockhaus, damit wir aus den geronnenen Blutlachen herauskamen, und legten uns da sanft auf Tillandsea-Matratzen.

Und während wir auf unserm Schmerzenslager wimmerten, sagte Godsend, mein Bube:

»Vater!« sagte er. »Vater, soll ich die Rifles laden?«

»Jawohl, Godsend, lieber Bube, lade sie! Ich kann nicht, bin so schwach, daß ich den Kopf nicht heben kann.«

Hatte auch einen Stich im Nacken.

»Und die spanischen Musketen?« fragte Godsend.

»Auch die!« sagte ich. »Lade sie alle, obwohl ihre Läufe zu groß sind für unsere Kugeln. Führen zweilötige Kugeln, und wir achtundzwanzig auf ein Pfund. Aber lade sie, Godsend! Hab' die Notion, wenn die Spanier ihre Rifles zurückgelassen, werden ihre Patronentaschen, wie sie sie nennen, auch nicht weit sein. Verstehst du, Godsend?«

Und Godsend, mein herziger Bube, lud unsere Rifles und die spanischen Musketen mit spanischen Patronen und stellte sie in der Reihe auf, sechs Rifles und wohl zweimal so viel Musketen. Und jetzt dachte ich, könnten wir wohl ruhig schlafen.

Und sagten die Weiber, wir sollten nur ruhig schlafen. Sie wollten wachen und schauen, ob die Spanier noch einen Angriff vorhätten. Und wachten sie abwechselnd, war aber und blieb alles still, bis auf die Geier und die weißköpfigen Adler und Turkey-Buzzards, die einen heillosen Lärm schlugen.

Sonst aber blieb alles still, die ganze Nacht hindurch. Und war Godsend schier die ganze Nacht mit den Weibern auf, die uns Suppe gaben und unsere Wunden verbanden, wenn sie sich durchs Hin- und Herwerfen auf dem Lager geöffnet. Und blieb es so still bis zum folgenden Morgen.


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