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Fünfzehntes Kapitel.

Wie manchen Stoß, wie manchen Schlag
Mit Lanz' und Schwert sah dieser Tag.

Hudibras.

 

Cornet Richard Grahame ritt mit der extemporirten Friedensfahne in der Hand den Hügel hinunter, und tummelte sein Pferd nach dem Liedlein, das er pfiff. Der Trompeter folgte. Fünf bis sechs Reiter, die einigermaßen das Ansehen von Offizieren hatten, ritten von den Flanken des presbyterianischen Heeres herbei, und im Centrum angelangt, näherten sie sich dem Graben, der sich durch die Tiefe zog, so weit es der Morast gestattete. Gegen diese Gruppe, aber auf der entgegengesetzten Seite des Sumpfes, lenkte Cornet Grahame sein Pferd, und seine Bewegungen wurden der Hauptgegenstand der Aufmerksamkeit für beide Heere; ohne ihren Muth herabsetzen zu wollen, ist es doch wahrscheinlich, daß auf beiden Seiten der Wunsch gehegt ward, diese Gesandtschaft möchte Gefahr und Blutvergießen des bevorstehenden Kampfes verhüten.

Als er sich denen gegenüber befand, die durch ihr Hervortreten zum Empfang seiner Botschaft sich als die Anführer zu erkennen zu geben schienen, befahl Cornet Grahame seinem Trompeter, ihn als Parlamentair anzukünden.

Da nun aber die Insurgenten kein Instrument zu militairischer Musik besaßen, um gebührend zu antworten, so fragte Einer mit lauter, starker Stimme: Warum er sich ihrem Lager nähere?

»Euch aufzufordern im Namen des Königs und des Obersten John Grahame, der von dem hochverehrten Staatsrath von Schottland besonders beauftragt ist, eure Waffen niederzulegen, und das Volk zu entlassen, das ihr zum Aufruhr verleitet gegen die Gesetze Gottes, des Königs und des Vaterlandes.«

»Kehre zurück zu denen, die dich gesendet,« rief der Rebellenanführer, »und sage ihnen, daß wir heute unter Waffen sind wegen des gebrochenen Covenants und der verfolgten Kirche; sage ihnen, daß wir uns lossagen von dem leichtsinnigen und meineidigen Karl Stuart, den ihr König nennt, gleich wie er sich losgesagt vom Covenant, obgleich er einmal und abermal beschworen, denselben zu vollziehen, mit allen Kräften wahrhaft, treulich und aufrichtig alle Tage seines Lebens, und keine Feinde zu haben, als die des Covenants, und keine Freunde, als die Freunde desselben. Da aber, weit entfernt seinen Eid zu erfüllen, zu dessen Zeugen er Gott und seine Engel angerufen, es sein erster Schritt war, nach seiner Rückkehr in dieses Königreich das göttliche Vorrecht des Allmächtigen an sich zu reißen, durch jene scheußlichen Akte, und ohne Vorladung, Anklage oder Prozeß, Hunderte von berühmten, gottesfürchtigen Predigern zu verjagen, das Brod des Lebens aus dem Munde hungriger, armer Geschöpfe zu nehmen, und ihnen dafür gewaltsam den leblosen, saftlosen, kraftlosen, lauwarmen Trank der vierzehn falschen Prälaten und ihren sykophantischen, fleischlichen, abscheulichen Pfaffencreaturen in die Kehle zu gießen –«

»Ich bin nicht hergekommen, Eure Predigt zu hören,« sagte der Offizier, »sondern, mit einem Wort, um zu erfahren, ob ihr auseinandergehen wollt, unter der Bedingung einer Begnadigung für Alle, die Mörder des Erzbischofs von St. Andrews ausgenommen, oder ob ihr den Angriff der königlichen Truppen erwarten wollt, die augenblicklich gegen euch anrücken werden.«

»Mit einem Worte denn,« antwortete der Sprecher, »wir sind hier mit unsern Schwertern an der Hüfte, wie Männer, so da wachen in der Nacht. Wir stehen Alle für Einen, wie Brüder der Gerechtigkeit. Das Blut dessen, der uns angreift in unserer guten Sache, komme über sein eigenes Haupt. Drum kehre zurück zu denen, so dich geschickt, und Gott gebe dir und ihnen die Einsicht, daß eure Wege übel sind.«

»Ist nicht Euer Name John Balfour von Burley?« fragte der Cornet, der sich jetzt erinnerte, den Mann, mit dem er sprach, schon gesehen zu haben.

»Und wenn er's ist,« entgegnete der Sprecher, »hast du Etwas dagegen einzuwenden?«

»Nur dies,« erwiderte Cornet, »daß Ihr ausgeschlossen seid von der Begnadigung im Namen des Königs und meines Obersten. Nur dem Landvolk biet' ich sie an, und nicht mit Euch oder Euresgleichen habe ich hier zu unterhandeln.«

»Du bist ein junger Soldat, Freund,« sagte Burley, »und in deinem Gewerbe kaum erfahren, sonst würdest du wissen, daß der Träger einer Waffenstillstandsfahne nur durch die Offiziere mit einem Heere unterhandelt, und daß er sein sicheres Geleit verwirkt, wenn er dagegen handelt.«

Mit diesen Worten nahm Burley seinen Karabiner aus dem Riemen und spannte den Hahn.

»Die Drohungen eines Mörders sollen mich nicht von der Erfüllung meiner Pflicht abschrecken,« sagte Cornet Grahame. – »Hört, Ihr guten Leute, ich verkündige im Namen des Königs und meines Obersten volle Begnadigung euch Allen, außer – –«

»Ich warne dich abermals,« sagte Burley und legte an.

»Volle Begnadigung euch Allen,« fuhr der junge Offizier fort, immer noch zu den Insurgenten gewendet – »Allen, außer –«

»So sei der Herr deiner Seele gnädig – Amen!« sagte Burley.

»Mit diesen Worten drückte er ab, und Cornet Richard Grahame stürzte vom Pferde. Der Schuß war tödtlich. Dem jungen Manne blieb nur noch Kraft genug, sich auf dem Boden umzuwenden, und die Worte zu lallen: »Meine arme Mutter!« und so verschied er. Sein erschrecktes Pferd floh in vollem Lauf zum Regiment zurück, und kaum weniger bestürzt folgte ihm sein Begleiter.

»Was habt Ihr gethan?« rief Einer von Balfours Waffengefährten.

»Meine Pflicht!« sagte Balfour fest. »Steht nicht geschrieben: Du sollst erschlagen in deinem Eifer? Laßt sie jetzt wagen, von Waffenstillstand oder Verzeihung zu sprechen!«

Claverhouse sah seinen Neffen fallen. Er richtete sein Auge auf Evandale, während eine unbeschreiblich schmerzliche Bewegung auf einen Augenblick seine heitern Züge durchzuckte, und sagte kurz: »Ihr seht den Ausgang.«

»Ich will ihn rächen, oder sterben!« ries Evandale aus, spornte sein Pferd, und ritt wüthend den Hügel hinab, gefolgt von seinen Leuten, und denen des Gefallenen, die, ohne Befehl zu erwarten, hinunter eilten. Da aber Jeder der Erste sein wollte, den jungen Offizier zu rächen, so kamen die Reihen bald in Unordnung.

Diese Schaar bildete die erste Linie der Royalisten. Vergebens rief Claverhouse: »Halt! halt! dieser Ungestüm wird uns verderben!« Alles, was er bewirken konnte, war, vor die zweite Linie hinzusprengen, und durch Bitten, Befehle und Drohungen sie abzuhalten, einem so ansteckenden Beispiele zu folgen.

»Allan,« sagte er, sobald er die Leute etwas zur Ruhe gebracht, »führt sie langsam den Hügel hinab, zu Lord Evandale's Unterstützung; er braucht sie nöthig. – Bothwell, du bist ein kaltblütiger, kühner Junge –«

»Ja,« murmelte Bothwell, »daran denkt Ihr in diesem Augenblicke. –«

»Führe zehn Rotten den Hohlweg hinauf zur Rechten,« sagte der Obrist weiter, »laß kein Mittel unversucht, durch den Sumpf zu kommen. Dann formirt euch, und nehmt die Rebellen in Flanke und Rücken, während sie auf der Fronte mit uns im Gefecht sind.»

Bothwell verbeugte sich, und brach eiligst mit seiner Schaar aus.

Unterdessen war das Unglück, welches Claverhouse befürchtete, eingetroffen. Die Reiter, die mit Lord Evandale auf den Feind lossprengten, wurden in ihrem ungeregelten Vorstürmen durch den unwegsamen Boden aufgehalten. Einige blieben im Moraste stecken, als sie sich durchzuarbeiten bestrebten, Andere scheuten den Versuch und blieben am Rande, und wiederum Einige zerstreuten sich, um eine günstigere Stelle zum Uebergang zu suchen. In dieser Verwirrung rückte die erste Linie des Feindes vor, die vorderste Reihe knieete, die zweite bückte sich, und die dritte stand aufrecht. Ihr Feuer wirkte so zerstörend, daß wenigstens zwanzig Sättel leer, und die Unordnung der Reiter vermehrt wurde. Unterdessen ward Lord Evandale an der Spitze einiger wohlberittener Soldaten in den Stand gesetzt, über den Graben zu kommen, aber auch sogleich von dem linken Flügel der feindlichen Kavallerie angegriffen, welche, durch die kleine Anzahl ihrer Gegner ermuthigt, wüthend mit dem Geschrei aus sie losstürzten: »Wehe, wehe über die unbeschnittenen Philister! Nieder mit Dagon und allen seinen Anbetern!«

Der junge Edelmann focht wie ein Löwe; aber die meisten seiner Begleiter fielen, und er selbst würde kaum demselben Schicksal entgangen sein, wenn nicht Claverhouse, der indessen mit der zweiten Linie bis an den Graben gekommen war, durch ein furchtbares Karabinerfeuer so verheerend in den feindlichen Reihen gewüthet hätte, daß Reiter und Fußvolk einen Augenblick zu weichen anfingen, und Lord Evandale sich dem ungleichen Kampfe entziehen, und, indem er wieder allein war, über den Sumpf setzen konnte. Aber trotz des Verlustes, den sie durch Claverhouse's erstes Feuer erlitten, nahmen die Insurgenten bald wahr, daß sowohl durch die Mehrzahl, als durch die vortheilhafte Stellung der Sieg entschieden auf ihrer Seite bleiben, und die Leibgarde nothwendig unterliegen müßte, wenn sie nur einen kurzen, aber entschlossenen Widerstand leisteten. Die Anführer flogen durch ihre Reihen, ermahnten ihre Leute, die Stellung zu behaupten, und zeigten ihnen, wie wirksam ihr Feuer sein müsse, da Roß und Mann demselben zugleich ausgesetzt seien; denn die Reiter schossen, wie es bei ihnen üblich war, ohne abzusitzen. Claverhouse sah seine besten Leute durch ein Feuer zusammenstürzen, das sie nicht nachdrücklich erwidern konnten, und machte wiederholte verzweiflungsvolle Versuche, an verschiedenen Punkten durch den Sumpf zu kommen, und den Kampf aus festerem Boden kräftiger zu erneuern. Aber das nahe Feuer der Insurgenten, verbunden mit den natürlichen Schwierigkeiten des Ueberganges, vereitelte alle Bestrebungen.

»Wir müssen uns zurückziehen,« sagte er zu Evandale, »wenn Bothwell uns nicht eine günstige Diversion bewirken kann. Inzwischen bringt die Leute aus dem Feuer, und laßt Plänkler hinter diesem Erlengebüsch stehen, um den Feind im Schach zu halten.«

Diese Befehle wurden ausgeführt, und man sah ungeduldig Bothwells Erscheinen entgegen. Aber Bothwell hatte eigene Schwierigkeiten zu überwinden. Seine Bewegung rechts war dem scharfen Blicke Burley's nicht entgangen; er machte eine entsprechende Bewegung mit dem linken Flügel der berittenen Insurgenten, so daß Bothwell, nachdem er eine beträchtliche Strecke thalaufwärts geritten war, und einen Punkt gefunden hatte, wo der Sumpf mit einiger Schwierigkeit überschritten werden konnte, sich immer noch vor der Fronte eines überlegenen Feindes sah. Sein kühner Muth aber ließ sich dadurch nicht niederschlagen.

»Folgt mir, Kinder,« rief er seinen Leuten zu; »man soll nicht sagen, daß wir diesen plärrenden Rundköpfen den Rücken zeigten.«

Und wie entflammt vom Geiste seiner Ahnen, rief er: »Bothwell! Bothwell!« stürzte sich in den Morast, arbeitete sich an der Spitze seiner Leute durch, und griff Burley mit solcher Wuth an, daß er ihn auf Pistolenschußweite zurücktrieb, und drei Mann mit eigener Hand tödtete. Burley, der schnell die Folgen einer Niederlage auf dieser Stelle voraussah, und wohl wußte, daß seine Mannschaft, obgleich größer an Zahl, sich in Führung der Waffen und im Reiten nicht mit Jenen messen konnte, warf sich Bothwell in den Weg, und griff ihn persönlich an. Jeder der Kämpfenden ward als Verfechter seiner eigenen Partei angesehen, und es gab eine Scene, die sich mehr in Romanen, als in der wirklichen Geschichte findet. Die Reiter von beiden Seiten stellten nämlich das Gefecht ein, und sahen auf die Anführer, als ob das Schicksal des Tages von dem Ausgange dieses Zweikampfes abhinge. Die Kämpfenden schienen selbst dieser Meinung zu sein; denn nachdem sie einige heftige Stöße und Hiebe gewechselt, hielten sie, wie in Folge einer Abrede, an, um Athem zu holen und sich wieder zu dem Zweikampf zu rüsten, wobei sich Jeder seinen Mann gefunden zu haben bewußt war.

»Ihr seid der mörderische Schurke Burley,« sagte Bothwell, sein Schwert kräftig fassend und die Zähne zusammenbeißend – »ein Mal bist du uns entgangen, aber – (hier that er einen Schwur, zu furchtbar, um niedergeschrieben zu werden) – dein Kopf wird mit Silber aufgewogen, und ich bringe ihn an meinem Sattelknopfe heim, oder mein Sattel kommt ohne mich.«

»Ja,« erwiderte Burley mit ernststrenger Fassung, »ja, ich bin jener John Balfour, der versprach, deinen Kopf dahin zu legen, wo du ihn nicht wieder aufheben sollst, und Gott thue mir desgleichen, und noch mehr, wenn ich nicht mein Wort löse.«

»Also ein Bett auf der Haide, oder tausend Mark!« sagte Bothwell, mit voller Kraft einen Hieb auf Burley führend.

»Das Schwert des Herrn und Gideons!« antwortete Balfour, indem er den Hieb parirte und ihn erwiderte.

Selten sind wohl zwei Kämpfer aufeinander gestoßen von so gleicher Körperkraft, Geschicklichkeit in der Führung der Waffen und der Pferde, von so entschlossenem Muthe und unversöhnlicher Feindschaft. Nach langem verzweifeltem Kampfe, wobei jeder von ihnen einige unbedeutende Wunden empfing, begannen sie mit einander zu ringen mit der ungeduldigen Hast tödtlicher Feindschaft. Bothwell faßte seinen Feind am Wehrgehänge, Burley ihn aber am Kragen, so daß Beide der Länge nach auf den Boden stürzten. Burley's Gefährten eilten zu seinem Beistande herbei, wurden aber von den Dragonern zurückgetrieben, und der Kampf ward wieder allgemein. Aber nichts war im Stande, die Aufmerksamkeit beider Ringenden von einander abzulenken, oder sie zu vermögen, abzulassen von der verderblichen Umarmung; sie wälzten sich auf dem Boden herum, rissen, zerrten und schäumten mit dem Grimm zweier wohlabgerichteter Doggen.

Mehrere Pferde gingen während des Gefechtes über sie weg, ohne daß sie einander losließen, bis endlich Bothwells rechter Arm durch den Huftritt eines Rosses zerschmettert wurde. Jetzt ließ er seinen Gegner mit tiefem, unterdrücktem Stöhnen los, und beide Kämpfer standen wieder auf den Beinen. Bothwells rechte Hand hing kraftlos an seiner Seite herunter, aber seine Linke griff nach der Stelle, wo sein Dolch hing; dieser war im Ringen aus der Scheide gefallen, – mit einem Blick voll Wuth und Verzweiflung stand er ganz wehrlos da, als Burley, mit wilder Freude lachend, sein Schwert schwang und es dem Gegner in den Leib rannte. Bothwell empfing den Stoß, ohne zu fallen – er hatte nur die Rippen gestreift. Er versuchte keine fernere Gegenwehr, sondern blickte auf Burley mit grimmigem, tödtlichen Haß, und rief: – »Schmählicher Bauernlümmel, du hast das Blut eines königlichen Sprößlings vergossen!«

»Stirb, Elender! – stirb!« rief Balfour, den Stoß mit besserem Erfolg wiederholend, setzte dann seinen Fuß auf den Leib des Gefallenen, und durchstach ihn zum dritten Male. – »Stirb, Bluthund! Stirb, wie du gelebt hast! – Stirb, wie ein Thier, das umkommt – nichts hoffend – nichts glaubend –«

»Und nichts fürchtend,« sagte Bothwell mit der letzten Lebenskraft, und verhauchte.

Ein flüchtiges Pferd am Zügel ergreifen, sich darauf werfen, und zum Beistand seiner Gefährten eilen, war bei Burley das Werk eines Augenblickes. Da Bothwells Tod die Insurgenten eben so ermuthigt, als dessen Kameraden niedergeschlagen hatte, so blieb der Ausgang dieses Streites keinen Augenblick unentschieden. Viele Soldaten wurden erschlagen, die übrigen über den Sumpf zurückgetrieben, auseinander gesprengt, und der siegreiche Burley setzte nun selbst hinüber, um gegen Claverhouse dieselbe Bewegung auszuführen, welche auf dessen Befehl Bothwell gegen ihn hatte bewerkstelligen sollen. Er ordnete seine Schaar in der Absicht, den rechten Flügel der Königlichen anzugreifen, schickte der Hauptmacht die Nachricht von seinem Siege zu, und ermahnte sie, in des Himmels Namen über den Sumpf zu gehen, und das glorreiche Werk des Herrn durch einen allgemeinen Angriff auf den Feind zu vollenden.

Inzwischen hatte Claverhouse einigermaßen der durch den ersten unregelmäßigen und unglücklichen Angriff entstandenen Verwirrung abgeholfen, und den Kampf auf der Fronte in ein Geplänkel umgewandelt, das hauptsächlich von einigen abgesessenen Reitern unterhalten ward, die er hinter dem Erlengebüsch aufgestellt hatte, welches den Rand des Sumpfes an einigen Punkten deckte, und die durch ein dichtes, nachdrückliches Feuer dem Feind großen Schaden zufügten, und ihm ihre eigene Schwäche verbargen. Während Claverhouse noch hoffte, daß eine von Bothwell und seiner Truppe ausgeführte Diversion einen allgemeinen Angriff erleichtern würde, kam ein Dragoner auf ihn losgesprengt, dessen blutiges Gesicht und ermattetes Pferd bezeugten, daß er von schwerem Dienste komme.

»Was gibt's, Halliday?« sagte Claverhouse, der jeden Mann seines Regiments beim Namen kannte – »wo ist Bothwell?«

»Bothwell liegt darnieder, und mancher wackere Kamerad neben ihm,« antwortete Halliday.

»Dann hat der König einen tapfern Soldaten verloren,« sagte Claverhouse mit der ihm gewöhnlichen Ruhe. – »Vermuthlich hat der Feind den Sumpf passirt?«

»Mit einer starken Reiterschaar, befehligt von dem eingefleischten Teufel, der Bothwell erschlug,« antwortete der erschrockene Soldat.

»Still, still!« sagte Claverhouse, seinen Finger auf den Mund legend, – »kein Wort zu Jemand, außer mir. – Lord Evandale, wir müssen weichen. So will's das Schicksal. Zieht die Plänkler zusammen. Laßt Allan das Regiment formiren, und zieht euch in zwei Haufen auf den Hügel zurück, so daß der eine Halt macht, während der andere weiter zieht. Ich will die Schurken mit dem Nachtrab im Schach halten, und ihnen von Zeit zu Zeit die Stirne bieten. Sie werden sogleich über den Graben sein, denn ich sehe ihre ganze Linie in Bewegung. Darum keine Zeit verloren!«

»Wo ist Bothwell mit seiner Schaar?« fragte Lord Evandale, erstaunt über die Kaltblütigkeit des Befehlshabers.

»Gut aufgehoben!« flüsterte ihm Claverhouse in's Ohr – »der König hat einen Diener verloren, und der Teufel einen gewonnen. Aber auf, zum Werk, Evandale! braucht die Sporen, und bringt die Leute zusammen. Allan und Ihr müßt sie in Ordnung halten. Dieser Rückzug ist etwas Neues für uns Alle; aber die Reihe kommt auch bald an uns

Evandale und Allan machten sich sogleich an ihr Geschäft; doch bevor sie noch das Regiment geordnet hatten, um sich in zwei Haufen zurückzuziehen, war der Feind schon in großer Anzahl über den Sumpf gesetzt. Claverhouse, der einige der tapfersten und bewährtesten Leute bei sich behalten, griff in eigener Person die Herübergekommenen an, ehe sie sich noch auf dem unsicheren Boden in Ordnung gestellt hatten. Einige wurden getödtet, Andere in den Morast zurückgeworfen, die Uebrigen wurden aufgehalten, so daß jetzt ein Haupttheil des Regiments, wiewohl geschwächt und entmuthigt durch den erlittenen Verlust, den Rückzug nach dem Hügel beginnen konnte.

Aber bald erhielt der feindliche Vortrab Verstärkung, und zwang Claverhouse seiner Schaar zu folgen. Nie hat noch Jemand den Namen eines Soldaten besser behauptet, als er an diesem Tage. Ausgezeichnet durch sein schwarzes Roß und seine weiße Feder, war er stets der Vorderste bei den wiederholten Angriffen, die er bei jeder günstigen Gelegenheit machte, die Fortschritte der Verfolger zu hemmen und den Rückzug seines Regimentes zu decken. Der Zielpunkt für jeden Feind, schien er gegen jeden Schuß gesichert zu sein. Die abergläubigen Schwärmer, welche auf ihn als einen vom Erzfeind mit übernatürlichen Vertheidigungsmitteln begabten Mann sahen, behaupteten, sie hätten die Kugeln von seinen Stiefeln und Büffelwams abprallen sehen, wie Hagel von einem Granitfelsen, als er im Schlachtensturme hin und her sprengte. Mancher Whig lud an diesem Tage sein Gewehr mit einem zerhackten Silberthaler, in dem Wahne, nur eine silberne Kugel könne den Verfolger der heiligen Kirche niederschmettern, über welchen Blei keine Macht habe.

»Versucht's mit dem kalten Stahl!« hieß es bei jedem erneuerten Angriffe – »Pulver verschlägt nichts bei ihm. Es ist, als ob ihr auf den alten Erzfeind selbst schösset.«

Allein trotz dieses lauten Rufes war der Schrecken in den Gemüthern der Insurgenten so groß, daß sie vor Claverhouse wie vor einem übernatürlichen Wesen flohen, und nur Wenige wagten mit ihm handgemein zu werden. Dennoch focht er immer mit allem einen Rückzug begleitenden Nachtheil. Die Soldaten hinter ihm bemerkten, wie die immer mehr anwachsende Zahl der Feinde über den Sumpf setzte, und wurden unruhig; Major Allan und Lord Evandale fanden es bei jedem ferneren Vordringen unmöglicher, sie aufzuhalten und eine regelmäßige Linie zu bilden, während auf der andern Seite der Rückzug allmälig rascher wurde, als sich mit einer guten Ordnung vertragen wollte.

Als sie sich dem Bergrücken näherten, von welchem sie zur unglücklichen Stunde hinabgestiegen waren, vermehrte sich der panische Schrecken. Jeder wollte zuerst durch den Bergrücken vor dem unausgesetzten Feuer der Verfolger geschützt sein, auch konnte Niemand einsehen, warum gerade er der Letzte im Rückzuge sein und so sein eigenes Leben Anderen aufopfern solle. So geschah es denn, daß einige Soldaten ihren Pferden die Sporen gaben und davon flohen, die Anderen wurden so verwirrt in ihren Bewegungen, daß ihre Offiziere jeden Augenblick fürchteten, sie würden dem Beispiele folgen.

Mitten unter diesen Scenen von Blut und Verwirrung, dem Gestöhne der Verwundeten, dem Stampfen der Rosse, dem steten Feuer des Feindes, der bei jeder Kugel, die einen Soldaten niederwarf, in ein Freudengeschrei ausbrach – unter allen Schrecken einer solchen Scene, als kaum noch zu bezweifeln war, daß sie von ihren entmuthigten Kriegern gänzlich verlassen werden würden, konnte Evandale nicht umhin, die Fassung seines Befehlshabers zu bewundern. Sein Auge war an diesem Morgen bei Lady Margaretha's Tafel nicht heiterer, sein Benehmen nicht ruhiger gewesen. Er hatte sich Evandale genähert, um ihm einige Befehle zu ertheilen, und einige Leute zur Verstärkung seines Nachtrabs zu beordern.

»Wenn dieser Tanz noch fünf Minuten dauert,« sagte er leise, »so werden die Schurken Euch, Allan und mir die Ehre überlassen, den Kampf mit eigener Hand auszufechten. Ich muß doch Etwas thun, die Musketiere zu zerstreuen, oder wir gehen zu Grunde. Versucht nicht, mir zu Hülfe zu kommen, wenn Ihr mich in Gefahr seht, sondern bleibt an der Spitze Eurer Leute; geht in Gottes Namen fort, und sagt dem König und dem Staatsrath, daß ich in der Erfüllung meiner Pflicht gefallen sei.«

Und als er dies gesprochen, gebot er etwa zwanzig rüstigen Soldaten, ihm zu folgen, und machte mit dieser kleinen Schaar einen so verzweifelten und unerwarteten Angriff, daß er die Vordersten der Verfolger in eine beträchtliche Entfernung zurücktrieb. In der Verwirrung des Gefechts faßte er Burley in's Auge, und von dem Verlangen beseelt, Schrecken unter dessen Leuten zu verbreiten, versetzte er ihm einen so heftigen Hieb auf den Kopf, daß die Klinge durch die Stahlhaube ging, und ihn, obgleich unverwundet, doch betäubt vom Pferde stürzte. Man hielt es nachher für wunderbar, daß der überstarke Balfour von dem Hiebe eines Mannes gesunken, der anscheinend so schwächlich war, wie Claverhouse, und der Pöbel schrieb also die Wirkung, die ein entschlossener Geist auch einem minder starken Arm verleihen kann, einem übernatürlichen Beistande zu. Claverhouse hatte sich indessen bei diesem letzten Angriffe mitten unter die Rebellen gewagt, und war völlig umringt.

Lord Evandale sah die Gefahr seines Obersten, da sein Dragonerhaufen gerade Halt machte, während der von Allan befehligte sich zurückzog. Ohne auf Claverhouse's uneigennützigen Befehl zu achten, befahl er dem Trupp, an dessen Spitze er sich befand, hinabzusprengen und den Obristen zu retten. Einige begleiteten ihn, – die Meisten standen unentschlossen, Viele flohen. Mit den Wenigen gelang es ihm, Claverhouse zu befreien. Sein Beistand kam zu rechter Zeit; denn ein Bauer hatte mit einer Sense sein Pferd auf eine schreckliche Weise verwundet, und war im Begriff, den Streich zu wiederholen, als ihn Lord Evandale niederhieb. Nachdem sie aus dem Gedränge waren, blickten sie zurück. Allans Abtheilung hatte sich hinter den Berg zurückgezogen; das Ansehen dieses Offiziers vermochte sie nicht zurückzuhalten. Evandale's Schaar war zerstreut und in gänzlicher Verwirrung.

»Was ist nun zu thun, Oberst?« fragte Lord Evandale.

»Ich glaube, wir sind die Letzten auf dem Schlachtfelde,« sagte Claverhouse, »und wenn ein Mann so lange ficht, als er kann, so ist die Flucht keine Schande. Hektor selbst würde sagen: ›der Teufel mag der Hinterste sein, wenn nur Zwanzig gegen Tausend sind?‹ – Rettet euch, Kinder, und sammelt euch, sobald ihr könnt. Kommt, Mylord, wir müssen dasselbe thun.«

Mit diesen Worten spornte er sein verwundetes Pferd an, und das edle Thier eilte, ohne auf Schmerz und Blutverlust zu achten, schnell davon, gleichsam als wäre es sich bewußt, daß seines Reiters Leben von ihm abhing. Wenige Offiziere und Soldaten folgten ihm, aber auf eine sehr regellose und verwirrte Weise. Claverhouse's Flucht galt allen Nachzüglern als Signal, so schnell als möglich zu fliehen, und das Schlachtfeld den siegenden Empörern zu überlassen.


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