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Sechstes Kapitel.

Von früher Jugend an bis jetzt, den Achtz'gen nah'.
War meine Jugend hier, und ist jetzt nicht mehr da.
Ein günstiger Wind der Jugend Segel bläht.
Mit achtzig Jahren ist es aber allzuspät.

Wie's euch gefällt.

 

Wir müssen unsern Leser nach dem Schlosse Tillietudlem führen, wohin Lady Margaretha Bellenden zurückgekehrt war, und zwar höchst unzufrieden und betrübt über die unerwartete und, wie sie glaubte, unauslöschliche Beschimpfung, die ihrer Würde durch das ungeschickte Benehmen Gibbie's öffentlich widerfahren.

Diesem unglücklichen Waffenmann ward sofort der Befehl, seine gefiederten Pflegebefohlenen auf den entferntesten Theil der Gemeinweide zu treiben, und durchaus nicht den Kummer oder den Zorn seiner gnädigen Frau durch sein Erscheinen vor ihr zu erwecken, so lange das Gefühl der Kränkung noch neu bei ihr sei.

Am nächsten Morgen ward ein feierliches Gericht gehalten, zu welchem auch Harrison und der Kellermeister gezogen wurden, theils als Zeugen, theils als Beisitzer, um eine Untersuchung über die Weigerung Cuddie Headriggs, des Ackerknechts, einzuleiten, und über den Beistand, den er von seiner Mutter erhalten, da dies als die Hauptursache des Unglücks angesehen wurde, welches die Reisigen von Tillietudlem betroffen. Nachdem die Schuld gehörig ausgemittelt und bewiesen worden, beschloß Lady Margaretha die Schuldigen in Person auszuschelten, und wenn sie keine Reue bezeugten, die Strafe bis zur Vertreibung aus der Baronie zu schärfen.

Miß Bellenden allein wagte es, Einiges zu Gunsten der Angeklagten zu sprechen, aber ihre Fürbitte, die bei jeder andern Gelegenheit von Gewicht gewesen wäre, war diesmal vergebens. Denn sobald Editha gewiß war, daß der unglückliche Ritter keinen Schaden genommen, so erregte sein Mißgeschick ihre unwiderstehliche Lachlust, welche trotz des Unwillens der Lady Margaretha, oder vielleicht gerade durch den Zwang verstärkt, auf dem Heimwege wiederholt ausbrach, bis ihre Großmutter, keineswegs besänftigt durch die erdichteten Ursachen, welche die junge Dame für ihre Lachlust angab, sie auf's Bitterste wegen ihrer Unempfindlichkeit gegen die Ehre ihrer Familie tadelte. Des Fräuleins Verwendung konnte bei dieser Gelegenheit also nicht füglich berücksichtigt werden.

Lady Margaretha hatte, als wolle sie ihre Geneigtheit zur Strenge schon zum Voraus andeuten, das Rohr mit dem elfenbeinernen Knopf, an dem sie sonst gewöhnlich ging, mit einem ungeheuren Stab mit einem goldnen Knopfe vertauscht, der ihrem Vater, dem verstorbenen Grafen von Torwood gehört, und dessen sie sich, als eine Art Amtszeichen, nur bei äußerst feierlichen Gelegenheiten bediente. Unterstützt durch diesen ehrfurchterregenden Commandostab, trat Lady Margarethe Bellenden in's Haus der Delinquenten.

Aus dem ganzen Wesen der alten Mause ging hervor, daß sie ein böses Gewissen hatte; denn sie stand nicht mit jener herzlichen Freude von dem Strohstuhle in der Kaminecke auf, wie sie es gewöhnlich zu thun pflegte, wenn sie von der Lady mit einem Besuche beehrt wurde, sondern mit einer gewissen Umständlichkeit und Verlegenheit, wie ein Angeklagter bei dem ersten Erscheinen seines Richters, vor dem er aber nichtsdestoweniger seine Unschuld zu behaupten entschlossen ist. Ihre Arme waren in einander geschlagen, ihr Mund zuckte mit einem Ausdruck von Ehrerbietung und Hartnäckigkeit; kurz, ihr ganzes Wesen bewies, daß sie dieser feierlichen Zusammenkunft mit ängstlicher Spannung entgegengesehen. Bis auf den Boden sich verneigend, und mit einer stummen Bewegung der Hand, deutete Mause auf den Stuhl, den Lady Margaretha – denn die gute Dame war so etwas von Klatschschwester – bei früheren Gelegenheiten anzunehmen gewürdigt, wenn sie auf ein halbes Stündchen die Neuigkeiten aus der Grafschaft und dem Marktflecken anhören wollte. Jetzt aber war die Dame zu einer solchen Herablassung viel zu aufgebracht. Sie wies die stumme Einladung mit einer stolzen Bewegung der Hand zurück, warf sich in die Brust, und begann die folgenden Fragen in einem Tone, der darauf berechnet war, die Schuldige zu zermalmen.

»Ist es wahr, Mause, was mir Harrison, Gudyill und meine andern Leute gesagt, daß Ihr Euch herausgenommen, der Treue zuwider, die Ihr Gott, dem König und mir, Eurer natürlichen Gebieterin und Herrin, schuldig seid, Euern Sohn von der auf Befehl des Sherifs gehaltenen Waffenschau zurückzuhalten, und seine Rüstung und Waffenstücke in einem Augenblicke zurückzugeben, wo es unmöglich war, einen passenden Stellvertreter zu finden, wodurch der Baronie von Tillietudlem in der Person ihrer Besitzerin und ihren Bewohnern eine solche Schande und Unehre zugefügt worden, wie noch nie seit den Tagen von Malcolm Canmore?«

Mause's angeborner Respekt für ihre Gebieterin war sehr groß, sie stockte, und ein zweimaliges Husten verrieth, wie schwierig es war, sich zu vertheidigen.

»Gewiß – Mylady – hm, hm! Gewiß thut mir's leid – sehr leid, daß eine Ursache zu Mißvergnügen vorgekommen – aber meines Sohnes Krankheit – –«

»Sprecht mir nicht von Eures Sohnes Krankheit, Mause! Wäre er wirklich krank gewesen, Ihr würdet gewiß mit ihm bei Tagesanbruch auf's Schloß gekommen sein, um Etwas für ihn zu holen, das ihm gut gethan hätte. Es gibt wenig Uebel, gegen die ich nicht ein Recept bereit hätte, und das wißt Ihr recht gut.«

»O ja, gewiß, Mylady! Ich weiß, Ihr habt wunderbare Kuren zu Stande gebracht: was Ihr dem Cuddie schicktet, als die Kolik ihn quälte, hat wie ein Zaubermittel gewirkt.«

»Nun denn, warum habt Ihr Euch nicht an mich gewendet, wenn es wirklich Noth that? – aber es that nicht Noth, Ihr falsches Weib, Ihr!«

»So hat mich Ew. Herrlichkeit noch nie genannt. Oh, daß ich's erleben mußte, so genannt zu werden,« fuhr sie heftig weinend fort, »und bin doch eine geborene Dienerin des Hauses Tillietudlem! Glaubt nur, man verläumdet Cuddie und mich, wenn man sagt, er wolle nicht bis über die Stiefel in Blut für Ew. Herrlichkeit und Miß Editha und für das alte Schloß fechten – ja, das sollte er; aber um ihr Reiten und die Waffenschau kümmere ich mich nicht, Mylady. Dazu kann ich nicht die geringste Verpflichtung finden.«

»Keine Verpflichtung?« rief die hochgeborne Frau. »Seid Ihr nicht verpflichtet, bei allen Jagden, Heerzügen und Wachen treu und gewärtig zu sein, wenn Ihr gesetzmäßig in meinem Namen dazu aufgefordert werdet? Euren Dienst thut Ihr nicht umsonst. Ich denke, Ihr habt Land genug dafür. – Ihr seid gut bestellt, habt ein Haus, habt einen Kohlgarten, und Gras für eine Kuh auf der Gemeindeweide. Wenig Leute haben's so weit gebracht, und Ihr murrt, wenn Euer Sohn einen Tag Dienst auf dem Felde für mich thun soll?«

»Nein, Mylady, nein, das nicht!« rief Mause in großer Verlegenheit; »aber Niemand kann zweien Herren dienen, und wenn die Wahrheit doch herauskommen soll, es ist Einer über uns, dessen Befehle ich vor denen Ew. Herrlichkeit befolgen muß. Gewiß, weder die Befehle eines Königs oder Kaisers, oder sonst eines Menschen, würde ich höher achten, als die Euren.«

»Was meint Ihr damit, altes einfältiges Weib? – Glaubt Ihr, ich befehle Etwas, das dem Gewissen zuwider liefe?«

»Das sage ich nicht, Mylady, in Bezug auf Euer Gewissen; denn das ist in bischöflichen Grundsätzen auferzogen worden. Aber Jeder kann nur nach dem Lichte seines eigenen handeln, und das meinige,« sagte Mause, deren Kühnheit mit der Lebhaftigkeit des Gespräches zunahm – »das meinige sagt mir, daß ich eher Haus, Kohlgarten und den Weideplatz aufgeben, lieber Alles dulden soll, als die Meinen in einer unrechtmäßigen Sache den Harnisch anlegen zu sehen.«

»Unrechtmäßig!« rief ihre Gebieterin, »die Sache, wofür Ihr durch Eure rechtmäßige Herrschaft, – durch den Befehl des Königs, – durch die Verordnung des Staatsraths – durch die Verfügungen des Lordlieutenants und das Aufgebot des Sherifs aufgerufen werdet?«

»Ja, Mylady, ohne Zweifel: aber nehmt's nicht für ungut, Ihr wißt in der Schrift, da war einmal ein König, hieß Nebukadnezar, und ließ aufrichten ein goldenes Bild in der Ebene von Dura, ungefähr wie dort am Flusse, und die Fürsten, und die Statthalter, und die Hauptleute, und die Richter, dann die Schatzmeister, die Räthe und die Sherifs wurden zur Einweihung desselben aufgeboten, und es ward ihnen anbefohlen, niederzustürzen und anzubeten beim Schall der Hörner, der Flöten, Harfen, Psalter und aller Art von Musik –«

»Aber was heißt das, du thöricht Weib? Was hat Nebukadnezar mit der Waffenschau auf dem obern Ward von Clydesdale zu schaffen?«

»Es soll nur soviel sagen,« fuhr Mause mit Festigkeit fort, »daß die bischöfliche Kirche gleichet dem goldenen Bilde in der Ebene von Dura, und daß wie Sadrach, Meschach und Abednego angewiesen wurden, nicht hinzustürzen und anzubeten: so soll auch Cuddie Headrigg, Ew. Herrlichkeit armer Ackersknecht, wenigstens mit seiner alten Mutter Einwilligung keine Kniebeugung machen im Hause der Prälaten und Pfarrer, noch soll er Waffen tragen, für ihre Sache zu streiten, weder beim Schalle der Pauken, Orgeln und Sackpfeifen, noch irgend einer andern Art von Musik.«

Lady Margaretha Bellenden hörte diese Schrifterklärung mit dem größten Unwillen und Erstaunen.

»Ich merke, woher der Wind bläst,« rief sie endlich, »der böse Geist von 1642 wirkt wieder so geschäftig, wie je, und jedes alte Weib in der Kaminecke will mit den Doktoren der Gottesgelahrtheit und den gottseligen Kirchenvätern um die Lehre disputiren.«

»Wenn Ew. Herrlichkeit die Bischöfe und Pfarrer meint, so weiß ich gewiß, diese sind nur Stiefväter gegen die Kirche von Schottland. Und da es Ew. Herrlichkeit genehm ist, mit uns von Weggehen zu sprechen, so bin ich so frei, Euch über etwas Anderes meine offene Meinung zu sagen. Ew. Herrlichkeit und der Haushofmeister haben vorgeschlagen, mein Sohn Cuddie solle mit der neuen Schwingmaschine arbeiten, um das Korn von der Spreu zu sondern, und so dem Willen göttlicher Vorsehung sündhaft zu widerstreben, indem man für Ew. Herrlichkeit eigenen Gebrauch Wind macht, statt ihn durch Gebet zu erflehen, oder geduldig darauf zu warten, bis ihn die göttliche Vorsehung in ihrer Güte auf die Tenne hätte senden wollen. Nun Mylady – –«

»Das Weib könnte einen vernünftigen Menschen um den Verstand bringen,« sagte Lady Margaretha, – nahm aber sogleich ihren kalten, gebieterischen Ton an, und schloß mit den Worten: »Gut, Mause. Ich will damit enden, womit ich hätte anfangen sollen, – Ihr seid mir allzugelehrt und zu fromm, um mit Euch zu streiten; darum sag' ich nur das: – entweder Cuddie muß den Musterungen beiwohnen, wenn er durch den Ortsbeamten dazu aufgeboten wird, oder er und Ihr verlasset sobald als möglich meine Güter, es ist kein Mangel an alten Weibern und Ackerknechten, und wäre dies auch der Fall, so wollt' ich doch lieber, die Felder von Tillietudlem trügen nichts als Binsen und Sandgestrüppe, als daß sie von Rebellen gegen den König gepflügt würden.«

»Gut, Mylady,« sagte Mause. »Hier bin ich geboren, und dachte zu sterben, wo mein Vater starb; Ew. Herrlichkeit war eine gnädige Gebieterin, das will ich nimmer läugnen, und ich werde nie aufhören, für Euch und Fräulein Editha zu beten, daß Ihr zur Erkenntniß Eurer Irrthümer gelangen möchtet. Aber noch –«

»Meiner Irrthümer?« – unterbrach Lady Margaretha zornig. » Meiner Irrthümer, unhöfliches Weib?«

»Ja, ja, Mylady. Wir sind Alle blind, die wir leben im Thale der Finsterniß und der Thränen, und haben gar viele Irrthümer, Vornehme wie Geringe, – aber, wie ich sagte, wo ich auch immer sein werde, ich werde stets für Euch und die Euren beten. Ich werde trauern, wenn ich von Eurem Kummer höre, und froh sein, wenn ich von Eurer Wohlfahrt vernehme, der zeitlichen sowohl, als der geistlichen. Aber ich kann die Befehle eines irdischen Herrn nicht denen des himmlischen vorziehen, und so bin ich denn bereit zu dulden für die gerechte Sache.«

»Sehr gut,« sagte Lady Margaretha, und kehrte ihr höchst mißvergnügt den Rücken; »Ihr kennt meinen Willen in der Sache. Ich will keine Whigs in der Baronie von Tillietudlem. Sehr bald könnte es sonst kommen, daß man in meinem eigenen Zimmer Conventikel hielte.«

Nach diesen Worten entfernte sie sich mit vieler Würde, und Mause, die jetzt ihren während der Unterhaltung unterdrückten Gefühlen freien Lauf ließ, – denn sie hatte so gut ihren Stolz, wie ihre Gebieterin, – erhob ihre Stimme und weinte laut.

Cuddie, dessen wirkliche oder vorgebliche Krankheit ihn noch immer an's Bett fesselte, lag während dieser ganzen Unterredung in seiner Bretterbettlade zusammengekauert, und in Todesangst, Lady Margaretha, gegen welche er eine angeborne Ehrfurcht hegte, möchte seine Gegenwart entdecken, und ihn selbst mit jenen bittern Vorwürfen überhäufen, welche sie seiner Mutter angedeihen ließ. Sobald er sie aber weit genug entfernt glaubte, sprang er auf in seinem Neste.

»Daß Euch der Henker, wenn ich so sagen darf,« schrie er seine Mutter an, »was Ihr ein langzüngiges, geschwätziges Weib seid, wie Euch mein Vater immer nannte. Konntet Ihr nicht die Lady mit Eurem whigischen Geschwätz ungeschoren lassen? Und ich war auch ein rechter Esel, auf Euer Geschwätz hin mich zwischen die Laken zu legen, wie ein Igel, statt auf die Waffenschau zu gehen, wie andere Leute. Aber ich habe Euch einen Streich gespielt und bin zum Fenster hinausgesprungen, als Ihr Euren alten Rücken umwandtet, und hinunter bin ich zu dem Vogelschießen, und habe mit Zweien um den Preis geschossen. Um Eures Geschwätzes willen hab' ich die Lady betrogen; aber mein Mädchen wollt' ich nicht betrügen. Jetzt mag sie aber heirathen, wen sie will; denn mit mir ist's aus. Das ist eine schlimmere Geschichte, als die mit Gudyil, als Ihr mir verboten hattet, Rosinenbrei zu essen am Weihnachtsabend, als ob es Gott und Menschen nicht einerlei wäre, ob ein Ackersknecht Pasteten schluckt oder Sauermilch.«

»Schweig doch, Kind, schweig,« erwiderte Mause; »du verstehst das nicht; das war ein verbotenes Gericht, das nur für Festtage bestimmt war, welche protestantische Christen nicht halten dürfen.«

»Und jetzt,« fuhr der Sohn fort, »habt Ihr uns die Lady selbst auf den Hals gebracht! – Hatte ich nur ein ordentliches Stück Kleid erwischt, ich wäre aus dem Bett gesprungen und hätte ihr gesagt, ich wolle reiten, wohin sie verlange, bei Tag und Nacht, wenn sie uns das freie Haus und den Garten überläßt, in dem der beste Kohl der ganzen Gegend wächst und das Gras für die Kuh.«

»Oh weh! mein lieber Sohn Cuddie,« fuhr die Alte fort, »murre nicht über die Prüfung, und weigere dich nicht, für die gute Sache zu leiden.«

»Was weiß ich, ob die Sache gut oder schlimm ist, Mutter!« entgegnete Cuddie; »wenn Ihr auch noch so gelehrt darüber schwatzt. Das geht über meinen Verstand. Ich sehe keinen so großen Unterschied zwischen den beiden Wegen, wie die Leute behaupten. Freilich lesen die Pfarrer immer dieselben Worte wieder, und wenn es rechte Worte sind, warum sollten sie es nicht thun? Eine gute Erzählung hört man gern zwei Mal, und man versteht sie desto besser, glaub' ich. Nicht Jeder kann so leicht begreifen, wie Ihr, Mutter.«

»O mein lieber Cuddie, das ist das Schlimmste von Allem!« sagte die bedrängte Mutter, – »O, wie oft hab' ich dir den Unterschied gezeigt zwischen der reinen evangelischen Lehre und der, welche verderbt worden von Menschensatzung! O, mein Kind, wenn auch nicht um deiner Seele willen, doch um meiner greisen Haare – –«

»Nun, Mutter,« unterbrach sie Cuddie, »warum so viel Geschwätz? Ich hab' immer gethan, was Ihr mich geheißen, und bin immer Sonntags in die Kirche gegangen, wohin Ihr wolltet, und habe an andern Tagen genug für Euch gearbeitet. Und das quält mich am Meisten, wenn ich denke, daß ich Euch, jetzt erhalten soll, in diesen bittern Zeiten. Ich weiß nicht, ob ich anderswo eben so gut pflügen kann, wenigstens hab' ich's noch auf keinem andern Grunde probirt, und es würde mir nicht so leicht werden. Und kein benachbarter Gutsbesitzer wird uns aufnehmen, nachdem uns die Non-Conformisten vertrieben.«

»Non-Conformisten, Kind,« seufzte Mause, »das ist der Name, den uns die Weltlichen geben.«

»Nun, nun, – wir werden wohl recht weit Weggehen müssen, vielleicht zwölf oder fünfzehn Meilen weit. Ich könnte wohl auch Dragoner werden; denn ich kann reiten und mit dem Säbel spielen; aber da werdet Ihr mir wieder vorheulen von der Gnade Gottes und Euren grauen Haaren.« (Hier wurden Mause's Ausrufungen stärker.) »Nun, nun, ich sprach nur so davon. Seid Ihr doch schon zu alt, um Euch mit Ebbie Dumblane, der Corporalsfrau, auf den Bagagewagen zu setzen. Ich kann also nicht wissen, was aus uns werden soll. Ich werde wohl noch am Ende in die Berge müssen, zu den wilden Whigs, wie man sie nennt, und dann werd' ich todtgeschossen, wie eine wilde Katze, oder man schickt mich zum Himmel mit einem hänfenen Halstuch.«

»O mein lieber Cuddie, laß ab von solchen fleischlichen, selbstsüchtigen Reden, das ist ein Zweifel an der Vorsehung. Ich habe noch nie gesehen, daß der Sohn des Gerechten sein Brod betteln muß, sagt die Schrift, und dein Vater war ein sanfter, frommer Mann, obwohl etwas weltlich in seinem Treiben, und auf irdische Dinge allzusehr bedacht, wie du, mein Kind.«

»Nun,« sagte Cuddie nach kurzem Nachdenken, »ich sehe nur einen Weg, und da bläst man eine kalte Kohle. Ihr habt gewiß so Etwas gemerkt von einer Zuneigung zwischen Fräulein Editha und dem jungen Herrn Heinrich Morton, – sollte eigentlich der junge Milnwood heißen. Da hab' ich denn zuweilen ein Buch oder ein Brieflein hin- und hergetragen, und mich gestellt, als wüßt' ich nicht woher es käme: obgleich ich es gar wohl wußte. Manchmal ist's recht gut, wenn man dumm darein sieht, – und ich habe sie auch oft zusammen spazieren gehen sehen; aber keine Seele hat je ein Wörtchen von mir gehört. Ich weiß, ich bin etwas vernagelt; aber rechtschaffen bin ich, wie unser alter Vorspannochse, – das arme Thier, ich soll's jetzt nicht mehr vorspannen. Ich hoffe, daß meine Nachfolger es eben so gut behandeln, wie ich. Aber, was ich doch sagen wollte: Wir wollen nach Milnwood und dem jungen Herrn Heinrich unser Herzleid mittheilen. Sie brauchen einen Ackerknecht und der Boden dort ist ungefähr wie der unsere. – Gewiß wird sich der junge Herr Heinrich meiner annehmen; denn er ist ein gutmüthiger Herr. – Es wird wohl wenig Lohn absetzen; denn der Oheim, der alte Nippie Milnwood, hat eine dürre Hand, wie der Teufel. Aber ein Stückchen Brod werden wir schon verdienen, und ein Kohlgärtchen und Dach und Fach, – und vor der Hand ist das genug. Packt also zusammen, Mutter; denn da wir doch einmal fort müssen, so möchte ich nicht warten, bis Herr Harrison und der alte Gudyill kommen, um uns die Thüre zu weisen.«


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