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Vierzehntes Kapitel.

Quantum in nobis hielten wir's für gut,
Nicht zu vergießen reines Christenblut,
Und zu versuchen durch Vermittelung,
Und durch Vertrag und Ausgleichung,
Ob wir es nicht zum Frieden bringen,
Ohn' blutig unser Schwert zu schwingen.

Butler.

 

Der raschere Trab der Reiter benahm den eifernden Gefangenen, wenn auch nicht die Lust, doch den Athem zum Reden. Sie waren bereits über eine Meile aus der Waldung; denn auch selbst nachdem sie die Wälder von Tillietudlem im Rücken hatten, war man doch noch durch eine holzreiche Gegend gekommen. Nur wenig Birken und Eichen beschatteten die engen Schluchten, und hie und da bedeckte ein zwerghaftes Gebüsch die tiefe Moorebene. Aber auch diese schwanden allmälig, und eine weite, wüste Gegend lag vor ihnen, die zu mageren Hügeln mit dunklem Haidekraut anschwellend, von tiefen Schluchten durchschnitten war, durch welche im Winter Waldströme sich gewaltsam Bahn brachen; im Sommer aber dienten sie kleinen Bächen zum weiten Bette, die sich träge über Steinhaufen und Kies, den Nachlaß winterlichen Wüthens, hinwegwanden. Diese öde Gegend schien sich weiter zu erstrecken, als das Auge reichte, ohne Großartigkeit, sogar ohne die Würde gebirgiger Wildniß, dennoch durch das ungeheure Mißverhältniß ergreifend, in welchem sie mit den begünstigten Theilen des Landes stand, die sich zum Anbau und Unterhalt des Menschen eigneten. Darum drängten sie auch dem Betrachtenden das Gefühl der Naturallmacht auf, und die Ueberzeugung, wie unzulänglich die gerühmten Verbesserungsmittel sind, welche der Mensch besitzt, wenn sie ungünstiges Klima und Erdreich besiegen sollen.

Eine auffallende Wirkung solcher ausgedehnten Wüsten ist es, daß sich selbst denen, die in großer Gesellschaft dieselben durchreisen, das Gefühl der Einsamkeit aufdrängt; so sehr wird die Einbildungskraft von dem Mißverhältniß zwischen der Oede rings umher, und der Zahl der Gesellschaft ergriffen, die sie durchzieht. So mögen die Glieder einer Caravane von tausend Seelen in den Wüsten Afrikas oder Asiens von einem Gefühl der Einsamkeit ergriffen werden, welches dem einzelnen Reisenden unbekannt ist, der durch ein fruchtbares, angebautes Land wandert.

Nicht ohne seltsame Aufregung sah Morton in der Entfernung von ungefähr einer halben Meile den Reitertrupp, zu dem seine Eskorte gehörte, einen steilen gewundenen Pfad hinziehen, der sich von der Ebene in die Berge hineinschlang. Ihre Anzahl, die furchtbar schien, wenn sie sich in Hohlwegen zusammendrängte, und zwischen den Bäumen bald erscheinend, bald verschwindend, sich vervielfältigt gezeigt hatte, schien jetzt zusammengeschmolzen, da sie sich ganz dem Blick zeigte, der sie in einer Landschaft von unermeßlicher Ausdehnung übersehen konnte. Sie glichen mehr einer Heerde Hornvieh, denn einem Truppencorps, als sie so langsam den Hügel hinankrochen.

»Gewiß,« sagte Morton zu sich selbst, »eine Handvoll entschlossener Männer vermag jeden Engpaß in diesen Bergen gegen eine so geringe Macht, wie diese, zu vertheidigen, wenn ihre Tapferkeit nur ihrer Begeisterung gleicht.«

Während er diese Betrachtungen anstellte, hatten die Reiter, die seine Bewachung bildeten, schnell den Raum zurückgelegt, welcher sie von ihren Gefährten trennte, und ehe die Fronte der Colonnen die Spitze des Hügels erreichte, hatte sich Bothwell mit seinen Gefangenen und dem Nachtrab der Hauptmacht und des Obersten Befehlen angeschlossen. Die großen Schwierigkeiten des Weges, der bald steil, bald sumpfig war, hielt die Colonne und besonders den Nachtrab auf; denn die Pferde der Ersten wühlten den sumpfigen Boden dergestalt auf, daß die Hintersten gezwungen waren, den gebahnten Pfad zu verlassen, um wo möglich einen bessern zu finden.

Bei dieser Gelegenheit wurden die Leiden des ehrwürdigen Gabriel Pauker und der alten Mause Headrigg um ein Erkleckliches vermehrt, da die rohen Soldaten, von denen sie bewacht wurden, trotz aller Gefahr, welcher ungeübte Reiter ausgesetzt find, sie zwangen, über Gräben und Gewässer zu setzen, oder ihre Pferde durch Moräste und Sümpfe zu treiben.

»Mit Hülfe des Herrn bin ich über eine Mauer gesprungen,« rief die arme Mause, als die rohen Begleiter das Pferd gezwungen hatten, über die Rasenumfriedung einer verlassenen Hürde zu springen, wobei ihr die Haube vom Kopfe flog, und ihr graues Haar unbedeckt ließ.

»Ich bin gesunken in tiefen Schlamm, wo kein Grund ist – ich bin gekommen in tiefes Wasser, wo die Wogen mich überfluthen,« rief Pauker, als sein Pferd bis an den Sattelgurt in einen Brunnenkopf versank, (wie man Quellen nennt, deren Wasser die Sümpfe bildet,) und der schwarze Koth dem gefangenen Geistlichen Kopf und Kleider bespritzte.

Diese Ausrufungen erweckten ein schallendes Gelächter ihrer Begleiter; aber bald traten Ereignisse ein, welche Allen Ernst einflößten. Die ersten Reihen des Regiments hatten kaum die Spitze des steilen Hügels erreicht, als einige Reiter, die man bald für einen Theil der eigenen Vorhut erkannte, in vollem Galopp herangesprengt kamen. Ihre Rosse schnaubten, und die Reiter schienen eiligst zu fliehen. Ihnen auf dem Fuße folgten fünf oder sechs Reiter, mit Säbeln und Pistolen wohl bewaffnet, welche auf der Spitze des Hügels Halt machten, und die herannahende Leibwache betrachteten. Einige, die Karabiner hatten, saßen ab, und schossen gemächlich zielend auf die vordersten Glieder des Regiments, wovon zwei Soldaten, und zwar Einer schwer, verwundet wurden. Sie stiegen dann wieder zu Pferde, und verschwanden hinter dem Berge. Dabei zeigten sie so viel Kaltblütigkeit, daß leicht zu ersehen war, die Annäherung einer so beträchtlichen Macht schrecke sie nicht, und daß sie von einer hinlänglichen Macht in ihrem Rücken beschützt wurden. Dieser Vorfall veranlaßte, daß der ganze Reiterhaufen Halt machte, und während Claverhouse selbst den Bericht des Vorpostens anhörte, welcher auf die Hauptmacht zurückgetrieben ward, ritt Lord Evandale auf die Bergspitze, hinter die sich die feindlichen Reiter zurückgezogen, und der Major Allan, Cornet Grahame und die übrigen Offiziere waren beschäftigt, das Regiment von dem ungünstigen Boden wegzubringen, und es zu gegenseitiger Unterstützung in zwei Reihen auf der Seite des Hügels aufzustellen.

Der Befehl zum Vorrücken erfolgte, und in wenigen Minuten stand die erste Linie auf der Spitze mit der Aussicht auf die andere Seite des Berges. Die zweite Linie und der Nachtrab mit den Gefangenen stand dicht hinter ihr, so daß Morton und seine Mitgefangenen gleichfalls beobachten konnten, welcher Widerstand sich den weitern Fortschritten der Truppen entgegensetzen würde.

Die Anhöhe, auf der die königlichen Leibwachen jetzt hielten, senkte sich jenseits in einen sanften, mehr als eine Viertelmeile tiefen Abhang, und zeigte einen Boden, der, obgleich an einigen Stellen uneben, doch der Reiterei nicht ungünstig war, bis dahin, wo der Abhang in eine sumpfige Ebene auslief, die in ihrer ganzen Ausdehnung von einem natürlichen oder künstlichen Graben durchschnitten war, dessen Seiten durch Quellen und mit Wasser gefüllte Einschnitte unterbrochen waren, woraus man Torf und Braunkohlen zu stechen pflegte; hier und dort stand auch zerstreutes Erlengehölz, welches die Feuchtigkeit so sehr liebt, daß es als Gebüsch da fortwuchert, wo der ungünstige Boden ihm nicht verstattet, als Baum in die Höhe zu schießen. Jenseits dieses Grabens hob sich der Boden wieder zu einem Hügel empor, an dessen Fuß, als sollte der unebene Boden und der die Fronte deckende Graben vertheidigt werden, das Corps der Aufrührer sich aufgestellt hatte.

Ihre Infanterie war in drei Linien abgetheilt. Die erste, leidlich mit Feuergewehr versehen, stand dicht am Rande des Sumpfes, so daß ihr Feuer nothwendig der königlichen Reiterei schaden mußte, wenn sie die andere Seite des Hügels hinabritt; wollte sie aber durch den Morast, so mußte es ihr noch weit verderblicher werden. Hinter dieser ersten Linie stand eine Abtheilung Pikenträger zur Unterstützung bestimmt, im Falle die Dragoner den Durchgang durch den Morast erzwingen sollten. Hinter diesen stand die dritte Linie, die aus Landleuten bestand, welche mit Sensen, Heugabeln, Aexten, Keulen, Ochsenziemern, Fischspeeren und dergleichen ländlichen Geräthen bewaffnet waren, die jäher Zorn in Kriegswaffen umgewandelt hatte. Auf jeder Flanke der Infanterie stand ein kleiner Haufe Reiter, ein wenig hinter dem Sumpf, um trockenen und festen Boden zu haben. Im Ganzen waren sie schlecht bewaffnet, und noch schlechter beritten, aber voll Begeisterung für ihre Sache. Größtentheils bestanden sie aus kleinen Landeigenthümern oder Pächtern der bessern Klasse, die durch ihr Vermögen im Stande waren, zu Pferde zu dienen. Einige von denen, welche die königliche Vorhut zurückgetrieben hatten, ritten jetzt langsam zu ihrer Schwadron zurück. Nur sie schienen in Bewegung; alle Andern standen bewegungslos, wie die grauen Steine, welche zerstreut auf der Haide umherlagen.

Die ganze Zahl der Aufrührer mochte ungefähr tausend Mann betragen; doch waren unter diesen kaum hundert Reiter, und kaum die Hälfte leidlich bewaffnet. Aber ihre vortheilhafte Position, das Bewußtsein, einen verzweifelten Schritt unternommen zu haben, ihre überwiegende Zahl, und vor Allem ihr glühender Feuereifer, ersetzte in den Augen ihrer Anführer den Mangel an Waffen und kriegerischer Uebung.

Am Abhange des Hügels, der sich hinter ihnen erhob, sah man die Weiber und selbst die Kinder, welche der durch die Verfolgung angefachte Glaubenseifer in die Wildniß geführt hatte. Sie schienen dort zu stehen, um dem Kampfe beizuwohnen, der über ihr eigenes Geschick und über das ihrer Eltern, Gatten und Söhne entscheiden sollte. Wie die Weiber der alten Deutschen, sollte das gellende Geschrei, das sie beim Anblick der glänzenden Reihen ihrer Feinde erhoben, ihren Verwandten als ein Sporn dienen, bis zum Aeußersten für das zu fechten, was ihnen das Theuerste war. Diese Ermahnung schien auch von dem besten Erfolg gekrönt; denn ein wildes Halloh, das beim Anblick der Soldaten von Reihe zu Reihe lief, bekundete den Willen der Insurgenten, bis auf den Tod zu kämpfen. Als die Reiter auf der Spitze des Berges Halt machten, erschallten ihre Trompeten und Pauken drohend und herausfordernd in kriegerischen, wilden Tönen, die wie der schmetternde Ruf des Würgengels durch die Wüste fuhren. Zur Antwort vereinigten die Wanderer ihre Stimmen, und sangen in feierlicher Melodie die zwei ersten Verse des siebenundsiebenzigsten Psalms nach der metrischen Uebersetzung der schottischen Kirche:

»In Juda's Land ist Gott bekannt,
Dort ist sein Name groß,
In Salem ist sein Zelt gespannt;
Sein Sitz ist Zions Schooß.

Den Kriegspfeil brach er in den Staub,
Den Schild, das Schwert, den Streit,
Du, herrlicher als Beut' und Raub,
Du übertriffst sie weit.«

Ein Geschrei, oder vielmehr ein feierlicher Zuruf begleitete den Schluß des Verses, und nach einer Todtenstille begannen die Insurgenten die folgenden Verse, und bezogen prophetisch die Vertilgung der Assyrer auf den Ausgang ihres eigenen Kampfes: –

»Die stolzen Herzen sanken hin,
Hin in die Todesnacht,
Von allen Männern der Gewalt
Fand keiner seine Macht.

Und als dein Zorn, o Jakobs Gott,
Gefloh'n in ihren Bund,
Da sanken Roß und Reiter hin,
In tiefen, tiefen Schlund.«

Abermals erscholl ein Zuruf, auf welchen tiefe Stille folgte.

Während diese feierlichen Töne von tausend Stimmen in den öden Berg nachhallten, blickte Claverhouse mit großer Aufmerksamkeit in den Grund hinab, und auf die Schlachtordnung, welche die Wanderer eingenommen hatten, und in welcher sie den Angriff zu erwarten schienen.

»Die Kerle,« sagte er, »müssen einige Soldaten bei sich haben; kein Bauer kann diese Stellung gewählt haben.«

»Man sagt für gewiß, daß Burley unter ihnen sei,« sagte Lord Evandale; »auch Hackston von Rathillet, Paton von Meadowhead, Cleland und andere kriegerfahrene Männer.«

»Das hab' ich gleich aus der Weise geschlossen, wie die abgeschickten Reiter über den Graben sprengten, als sie auf ihren Standort zurückkehrten,« erwiderte Claverhouse. »Es war leicht wahrzunehmen, daß einige rundköpfige Soldaten, ächte Söhne des alten Bundes, unter ihnen wären. Wir müssen die Sache eben so klug als kühn anfangen. Evandale, laßt die Offiziere auf diese Spitze kommen.«

»Ich habe Euch nicht zu mir berufen, Ihr Herren,« sagte Claverhouse, »um einen förmlichen Kriegsrath zu halten; denn ich will durchaus nicht die Verantwortlichkeit, welche mein Rang mir auferlegt, auf Andere wälzen. Ich möchte nur Eure Meinungen wissen, und, wie die meisten Menschen zu thun pflegen, wenn sie um Rath fragen, dann meiner eigenen Ansicht folgen. – Was sagt Ihr, Cornet Grahame? Sollen wir die Kerle angreifen, die dort unten brüllen? Ihr seid der Jüngste und Hitzigste, und werdet deßhalb zuerst sprechen, ich mag wollen oder nicht.«

»Nun denn,« sagte Cornet Grahame, »da ich die Ehre habe, die Fahne der Leibgarde zu tragen, so soll sie mit meinem Willen sich nie vor den Rebellen zurückziehen. Ich sage: Drauf! in Gottes und des Königs Namen!«

»Und was sagt Ihr, Allan?« fuhr Claverhouse fort; »denn Evandale ist so bescheiden, daß er gewiß nicht sprechen wird, bis Ihr Eure Meinung mitgetheilt.«

»Diese Burschen,« sagte Major Allan, ein alter, erfahrener Kavallerieoffizier, »verhalten sich gegen uns wie Drei oder Vier gegen Einen – daraus würd' ich mir nun nichts machen, wenn es auf offenem Felde wäre, aber sie stehen in einer furchtbar festen Position, und sind nicht geneigt, dieselbe zu verlassen. Darum denk' ich – bei aller Achtung vor Cornet Grahame's Meinung, wir ziehen nach Tillietudlem zurück, besetzen den Paß zwischen den Bergen und dem offenen Lande, und bitten den Lord Roß, der zu Glasgow mit einem Infanterieregiment liegt, um Verstärkung. Auf diese Weise schneiden wir sie vom Thale des Clyde ab, und zwingen sie, entweder aus ihrer festen Stellung zu weichen, und uns auf ebenem Boden eine Schlacht anzubieten, oder sie bleiben hier, und wir greifen sie an, sobald die Infanterie zu uns stößt, und uns in den Stand setzt, mit Erfolg zwischen diesen Gräben, Sümpfen und Pfühlen zu agiren.«

»Pah!« rief der junge Cornet, »was hilft eine feste Stellung, wenn sie nur von einem Schwarm singender, Psalmen orgelnder alter Weiber besetzt ist?«

»Ein Mann ficht darum nicht schlechter, wenn er auch Bibel und Psalmen ehrt,« entgegnete Major Allan. »Diese Burschen werden hartnäckig sein, wie Stahl; ich kenne sie von Alters her.«

»Ihr näselndes Psalmodiren,« sagte der Cornet, »erinnert unsern Major an das Rennen von Dunbar.«

»Wäret Ihr bei jenem Rennen gewesen, junger Mann,« versetzte Allan, »Ihr hättet nicht nöthig gehabt, daß Euch Jemand daran erinnerte, so lange Ihr lebt.«

»Still, still, meine Herren,« sagte Claverhouse; »das sind unzeitige Witzeleien. – Mir würde Euer Rath gefallen, Major Allan, hätten unsere verdammten Kundschafter, die dafür gehörig gezüchtigt werden sollen, uns bei Zeiten Nachricht von des Feindes Stärke und Stellung gegeben. Da wir uns ihnen aber einmal in Schlachtordnung gezeigt haben, so würde der Rückzug der Leibwachen große Furcht verrathen, und das Signal zum allgemeinen Aufstand im Westen geben. Und in diesem Falle würde uns Lord Roß wenig Hülfe leisten können, da er leicht von uns abgeschnitten werden könnte, bevor wir mit ihm zusammenstoßen, oder er uns erreicht. Ein Rückzug würde denselben unglücklichen Erfolg für des Königs Sache haben, wie eine verlorene Schlacht, und was unsere eigene Sicherheit betrifft, so wird gewiß kein Edelmann nur einen Augenblick daran denken. Es muß doch in den Morästen irgend eine Stelle zu finden sein, durch welche wir uns den Weg erzwingen können, und sind wir einmal auf festem Boden, so wird hoffentlich kein Einziger in der Leibgarde glauben, daß unsere Schwadronen, obgleich so gering an Zahl, unfähig wären, die doppelte Menge solcher ungeschickten Bauern in den Staub zu treten. – Was sagt Ihr, Mylord Evandale?«

»Meine bescheidene Meinung ist,« erwiderte dieser, »mag der Tag enden, wie er wolle, er wird blutig werden; wir werden manchen wackern Burschen verlieren, und wahrscheinlich genöthigt sein, eine große Anzahl jener mißleiteten Menschen hinzumorden, welche bei Allem doch Schotten und Unterthanen König Karls sind, so gut als wir.«

»Rebellen! Rebellen! die nicht verdienen, Schotten oder Unterthanen zu heißen,« sagte Claverhouse; »doch Mylord, was bezweckt Eure Meinung?«

»Einen Vergleich mit diesen unwissenden und mißleiteten Menschen einzugehen.«

»Einen Vergleich, und mit Rebellen, die unter Waffen stehen? Nimmermehr!« antwortete der Befehlshaber.

»Schickt wenigstens einen Trompeter mit einer Waffenstillstandsfahne,« fuhr Lord Evandale fort, »und laßt sie auffordern, die Waffen niederzulegen und auseinander zu gehen, gegen das Versprechen der Begnadigung. Ich habe immer gehört, wäre dies vor der Schlacht bei den Pentlandshügeln geschehen, so wäre viel Blut gespart worden.«

»Gut,« sagte Claverhouse; »aber wer Teufel, glaubt Ihr denn, wird diese Aufforderung den tollen, verzweifelten Schwärmern bringen wollen? Sie anerkennen keine Kriegsgesetze. Ihre Anführer, die Alle großen Antheil an dem Morde des Erzbischofs von St. Andrews hatten, fechten mit dem Stricke um den Hals, und tödten wahrscheinlich den Abgesandten, blos um ihre Anhänger mit unschuldigem Blute zu beflecken, damit diese, wie sie selbst, an der Begnadigung verzweifeln.«

»Wenn Ihr erlaubt, geh' ich selbst hin,« sagte Evandale. »Ich habe oft mein Leben gewagt, um es Andern zu nehmen, laßt es mich jetzt wagen, um es Andern zu retten.«

»Ihr sollt nicht diese Botschaft verrichten, Mylord,« sagte Claverhouse. »Rang und Stellung machen Eure Sicherheit allzuwichtig für das Land in einer Zeit, wo gute Grundsätze so selten sind. – Hier ist meines Bruders Sohn, Richard Grahame, der fürchtet Schuß und Hieb so wenig, als wenn ihm der Teufel die Rüstung gefeiet hätte, wie es die Schwärmer von seinem Oheim wissen wollen. Er soll eine Stillstandsfahne nehmen, und mit einem Trompeter nach dem Rande des Sumpfes hinreiten, um sie aufzufordern, die Waffen niederzulegen, und sich zu zerstreuen.«

»Herzlich gern, Herr Oberst,« antwortete der Cornet. »Ich will mein Halstuch auf eine Pike stecken, daß sie statt der weißen Fahne diene – die Schurken haben in ihrem ganzen Leben noch keine Flagge mit flandrischen Spitzen gesehen.«

»Oberst Grahame,« sagte Evandale, während Jener sich zum Aufbruch anschickte, »dieser junge Edelmann ist Euer Neffe und wahrscheinlicher Erbe. Um Gotteswillen, laßt mich gehen! Mein Rath war es, und ich muß diese Gefahr auf mich nehmen.«

»Und wäre er mein einziger Sohn,« sagte Grahame, »dies ist weder die Zeit, noch die Sache, ihn zu schonen. Ich hoffe, meine persönlichen Neigungen werden nie meine Dienstpflicht hindern. Wenn Richard Grahame fällt, so trifft der Verlust fast nur mich allein; fielet Ihr aber, Mylord, so litten König und Vaterland. Nun, meine Herren, Jeder auf seinen Posten! Wenn unsere Aufforderung ungünstig aufgenommen wird, so greifen wir gleich an, und – wie das alte schottische Wappen sagt: Gott schütze das Recht!«


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