Walter Scott
Das schöne Mädchen von Perth.
Walter Scott

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Vierunddreißigstes Kapitel.

– Dreißig gegen Dreißig fochten in Schranken
Zu Perth eines Tags unweit der Dominikaner.
                                  Wyntoun.

Palmsonntag dämmerte nun. In einer früheren Periode der christlichen Kirche würde es für eine des Bannes würdige Entweihung gegolten haben, wenn man einen Tag der Passionswoche zu einem Kampfe benutzt hätte. Die römische Kirche hatte, zu ihrer unendlichen Ehre, entschieden, daß während der heiligen Osterzeit, wo der Mensch aus seinem gefallenen Zustande erlöst worden, das Kriegsschwert in der Scheide ruhen und zornige Fürsten die Zeit achten sollten, welche Gottesfriede hieß. Die wilde Heftigkeit der letzten Kriege zwischen Schottland und England hatte alle Rücksicht auf diese sittliche und religiöse Anordnung vernichtet. Sehr oft mißbrauchte eine Partei die feierlichsten Gelegenheiten zu einem Angriff, weil sie einander in frommer Andacht und unvorbereitet zur Vertheidigung zu finden hofften. So war der Gottesfriede, den man früher der Zeit, wo er galt, angemessen fand, unterbrochen, und es war selbst nicht ungebräuchlich, die heiligen Feste der Kirche zur Entscheidung der Kampfprobe zu wählen, mit welcher der bevorstehende Streit eine bedeutende Aehnlichkeit hatte.

In gegenwärtigem Falle wurden indeß die Pflichten des Tages mit üblicher Feierlichkeit beobachtet, und die Kämpfer selbst nahmen daran Theil. Eibenzweige in den Händen tragend, als die passendsten Stellvertreter der Palmenzweige, zogen sie ehrfurchtsvoll nach dem Dominikaner- und Karthäuserkloster, um das Hochamt zu hören und sich wenigstens durch einen Anschein von Frömmigkeit auf den blutigen Streit des Tages vorzubereiten. Daher war wohl dafür gesorgt, daß sie während dieses Zuges einander selbst nicht so nahe kamen, daß eine Partei die Sackpfeifen der andern hören konnte; denn es war gewiß, daß sie gleich Streithähnen, die auffordernd einander ankrähen, sich gesucht und angegriffen hätten, ehe man auf dem Kampfplatz anlangte.

Die Bürger von Perth drängten sich auf den Straßen, den ungewöhnlichen Aufzug zu sehen, und erfüllten die Kirche, worin die Clans ihre Andacht verrichteten, um ihr Benehmen zu beobachten und aus ihrem Äußern die Wahrscheinlichkeit des Sieges für die eine Partei zu erkennen. Ihr Benehmen in der Kirche war, so selten sie auch sonst ähnliche Orte besuchten, höchst würdig, und es waren, trotz ihrer wilden und ungebändigten Natur, doch wenige Hochländer, die Verwunderung oder Neugier blicken ließen. Sie schienen es unter ihrer Würde zu achten, Staunen oder Überraschung bei vielen Dingen zu äußern, die sie wahrscheinlich zum ersten Male erblickten.

Hinsichtlich des Ausganges des Streites wagten selbst nur wenige der kompetentesten Richter eine Meinung auszusprechen; obwohl die große Gestalt Torquils und seiner acht gewaltigen Söhne Einige, die sich für Kenner menschlicher Kraft hielten, geneigt machte, dem Clan Quhele den Vortheil zuzusprechen. Die Meinung des weiblichen Geschlechts wurde hauptsächlich durch die schöne Gestalt, die edlen Züge und das ritterliche Benehmen Eachin Mac Jans bestimmt. Mehr als Eine glaubte sich seiner Züge zu erinnern, aber sein glänzender Kriegeranzug machte den niedrigen Lehrling des Handschuhmachers unkenntlich in dem jungen Hochländerhäuptling, außer für eine Person.

Diese Person war, wie man vermuthen kann, der Schmied vom Wynd, der voran unter der Menge gewesen war, welche sich drängte, die tapferen Streiter des Clans Quhele zu sehen. Mit gemischten Gefühlen von Mißfallen, Eifersucht und einer Art Bewunderung betrachtete er den Lehrling des Handschuhmachers, der seine gemeine Kleidung abgelegt hatte und als ein Häuptling glänzte, der durch sein schnelles Auge und ritterliches Benehmen, die edle Stirn und den stolzen Nacken, die glänzende Rüstung und die wohlgebauten Glieder als ein Mann erschien, der wohl verdiente, den ersten Rang unter Männern einzunehmen, die erwählt waren, für die Ehre ihres Stammes zu leben oder zu sterben. Der Schmied konnte kaum glauben, daß er denselben leidenschaftlichen Knaben sah, den er von sich geschüttelt hatte, wie etwa eine Wespe, die ihn stach, und den er aus bloßem Mitleiden nicht zu Boden trat.

»Er sieht stattlich aus mit meinem schönen Harnisch,« so murmelte Harry für sich, »den besten, den ich je machte. Ständ' ich aber mit ihm zusammen, wo keine Hand hälfe, kein Auge zusähe, bei Allem, was heilig ist in dieser Kirche, der gute Harnisch sollte dann zu seinem Eigner zurückkehren! Alles, was ich werth bin, wollte ich um drei oder vier schöne Hiebe auf seine Schulter geben, um mein bestes Werk zu verderben; aber solches Glück wird mir nimmer zu Theil. Entkommt er aus dem Kampfe, so ist der Ruhm seines Muthes so gegründet, daß er es wohl verachten kann, sein neues Glück durch Zweikampf mit einem armen Bürger, wie ich, in Gefahr zu setzen. Er wird mir einen Kämpfer stellen, und zwar meinen Zunftgenossen, den Hammerer, wobei mein ganzer Gewinn sein kann, einen Hochländer Ochsen vor den Kopf zu schlagen. Wenn ich nur Simon Glover sehen könnte! – Ich will nach der andern Kirche, um ihn zu suchen, denn sicherlich muß er aus dem Hochland herunter sein.«

Die Gemeinde ging aus der Kirche der Dominikaner, als der Schmied seinen Entschluß faßte, den er eilig auszuführen trachtete, indem er sich so schnell durch die Menge drängte, als die Gelegenheit und die Würde des Ortes gestattete. Indem er sich Bahn durch's Gedränge machte, kam er auf einmal so nahe an Eachin, daß ihre Augen sich begegneten. Des Schmieds kühnes, braunes Gesicht färbte sich wie das glühende Eisen, das er bearbeitete, und behielt die dunkle Röthe mehrere Minuten. Eachin's Züge glühten von der helleren Glut des Zornes, und ein Blick voll feurigen Hasses schoß aus seinen Augen. Aber das schnelle Erröthen schwand in aschgraue Blässe und sein Auge mied sogleich den unwilligen, aber festen Blick, der ihm begegnete.

Torquil, dessen Auge seinen Pflegesohn nie verließ, sah seine Aufregung und schaute ängstlich um sich, um den Grund zu entdecken. Aber Harry war bereits fern, und eilte weiter nach dem Karthäuserkloster. Auch hier war der heutige Gottesdienst geendet, und die, welche vor Kurzem zum Andenken der großen Begebenheit, welche Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen brachte, Palmen getragen hatten, strömten auf den Kampfplatz, theils in der Absicht, ihren Mitmenschen das Leben zu nehmen, oder es selbst zu verlieren, theils den tödtlichen Kampf mit dem rohen Vergnügen zu betrachten, das die Heiden an den Gefechten ihrer Gladiatoren fanden.

Die Menge war so groß, daß jede andere Person gezweifelt haben würde, hindurchzukommen. Aber die allgemeine Ergebung, die man Harry vom Wynd schenkte, als dem Kämpfer von Perth, und das allgemeine Bewußtsein, er sei fähig, sich den Weg zu erzwingen, veranlaßte Alle, ihm Platz zu machen, so daß er sich ganz dicht bei den Streitern des Clans Chattans befand. Ihre Pfeifer zogen an der Spitze ihres Zuges. Hierauf folgte das wohlbekannte Banner, die springende Bergkatze darstellend, mit der geeigneten Warnung: »Rühre die Katze nicht ohne den Handschuh an.« Der Häuptling folgte mit erhobenem zweihändigen Schwerte, als wollte er das Sinnbild seines Stammes beschützen. Er war ein Mann von mittlerer Größe, mehr als fünfzig Jahre alt, der aber weder in Mienen noch Gestalt eine Abnahme oder ein Zeichen des Alters verrieth. Sein dunkelrothes krauses Haar war zum Theil mit grauen Locken gemischt, aber sein Schritt und seine Bewegung waren so leicht im Kampfe, auf der Jagd, oder im Tanze, als wär' er noch nicht über das dreißigste Jahr hinaus. Aus seinem grauen Auge glänzte ein wildes Feuer des Muthes mit Trotz verbunden, aber Weisheit und Erfahrung wohnte augenscheinlich auf seiner Stirn, seinen Brauen und Lippen. Die erwählten Streiter folgten ihm paarweise. Es war ein ängstlicher Zug auf den Gesichtern von Vielen bemerkbar, denn sie hatten diesen Morgen die Abwesenheit eines Mannes aus der bestimmten Zahl bemerkt, und in einem so verzweifelten Kampfe schien dieser Verlust Allen bedeutend, außer dem hochherzigen Häuptling Mac Gillie Chattanach.

»Sagt den Sachsen nichts von seiner Abwesenheit,« sagte dieser kühne Führer, als man ihm die Verminderung seiner Schaar berichtete. »Die falschen niederländischen Zungen könnten sagen, daß Einer vom Clan Chattan ein Feiger war, und daß die Uebrigen vielleicht seine Flucht begünstigt haben, um einen Vorwand zur Vermeidung des Kampfes zu finden. Ich weiß, daß Ferquhard Day sich gewiß in den Reihen zeigen wird, ehe wir zum Kampfe bereit sind; oder wenn das nicht geschieht, bin ich nicht Mannes genug für Zwei vom Clan Quhele? oder würden wir nicht lieber Fünfzehn gegen Dreißig kämpfen, als den Ruhm verlieren, den dieser Tag uns bringt?«

Der Stamm vernahm mit Beifall die muthige Rede seines Führers, doch blickten Manche besorgt umher, in der Hoffnung, den Flüchtigen zurückkehren zu sehen, und vielleicht war der Häuptling der Einzige in der muthigen Schaar, den der Umstand gar nicht kümmerte.

Sie zogen vorwärts durch die Straßen, ohne Etwas von Ferquhard Day zu sehen, der viele Meilen jenseits der Berge beschäftigt war, eine solche Entschädigung für den Verlust der Ehre zu empfangen, als glückliche Liebe gewähren konnte. Mac Gillie Chattanach zog voran, ohne seine Abwesenheit zu bemerken, wie es schien; er betrat den nördlichen Anger, eine schöne Ebene dicht bei der Stadt, die zu den Waffenübungen der Bürger eingerichtet war.

Diese Fläche war auf einer Seite von dem tiefen wogenden Tay bespült. Hier war ein starker Pallisadenzaun errichtet, der von drei Seiten einen Platz von hundertundfünfzig Yards Länge und vierundsiebzig Yards Breite umschloß. Die vierte Seite der Schranken hielt man durch den Fluß für hinreichend gedeckt. Ein Amphitheater für die Zuschauer lief rings um die Schranken, welches einen großen Raum für Bewaffnete zu Roß und Fuß und für die gemeinen Zuschauer frei ließ. Am Ende der Schranken war eine Reihe erhöhter Balkone für den König und den Hof, so sehr mit ländlichem Laubwerk und vergoldeten Zierrathen geschmückt, daß der Platz bis auf den heutigen Tag die goldene oder vergoldete Laube heißt.

Die hochländischen Musiker, welche die geeigneten Pibrochs oder Schlachtweisen der jederseitigen Partei gespielt hatten, schwiegen, als sie den Anger betraten, denn so lautete der gegebene Befehl. Zwei stattliche aber bejahrte Krieger, jeder das Banner seines Stammes tragend, schritten an die entgegengesetzten Seiten der Schranken und steckten ihre Standarten in die Erde, bereit, die Zuschauer eines Gefechtes zu sein, woran sie nicht Theil nahmen. Die Pfeifer, die gleichfalls neutral im Kampfe sein sollten, nahmen ihre Plätze bei ihren Brattachs ein.

Die Menge empfing beide Schaaren mit dem allgemeinen Geschrei, womit sie bei ähnlichen Gelegenheiten diejenigen begrüßt, von deren Bemühungen sie Unterhaltung, oder, wie sie sich ausdrückt, Spaß erwartet. Die erwählten Kämpfer erwiderten diesen Gruß nicht, sondern jede Schaar begab sich nach entgegengesetzten Seiten der Schranken, wo sich Eingänge befanden, durch die sie in's Innere gelassen werden sollten. Eine starke Abtheilung Bewaffneter bewachte jeden Eingang; und der Graf Marschall auf der einen, der Lord Großconnetable auf der andern Seite untersuchten sorgfältig jeden Einzelnen, ob er die gehörigen Waffen, nämlich Helm, Panzer, zweihändiges Schwert und Dolch führe. Auch zählten sie beide Schaaren, und groß war der Schrecken des Volkes, als der Graf von Errol die Hand emporhielt und rief: – »Ho! – der Kampf kann nicht beginnen, denn dem Clan Chattan fehlt ein Mann.«

»Was thut das?« sagte der junge Graf von Crawford; »sie hätten besser zählen sollen, ehe sie von Hause gingen.«

Der Graf Marschall stimmte indeß dem Connetable bei, daß das Gefecht nicht vor sich gehen könne, bis die Ungleichheit beseitigt sei, und allgemein regte sich die Besorgniß unter der versammelten Menge, daß nach all' den Zurüstungen kein Kampf stattfinden werde.

Von allen Anwesenden waren vielleicht nur Zwei, die sich bei der Aussicht, daß der Kampf vertagt werden solle, freuten; und diese waren der Häuptling des Clans Quhele und der weichherzige König Robert. Inzwischen begegneten sich die beiden Häuptlinge, jeder von einem besondern Freund und Rathgeber begleitet, in der Mitte des Platzes, während ihnen in der Berathung, was zu thun sei, der Graf Marschall, der Lord Großconnetable, der Graf Crawford und Sir Patrick Charteris beistanden. Der Häuptling des Clans Chattan erklärte, daß er gern und willig auf der Stelle kämpfen wolle, ohne Rücksicht auf die ungleiche Zahl.

»Das,« sagte Torquil von der Eiche, »wird der Clan Quhele nimmer zugeben. Ihr könnt nimmer bei uns Ehre gewinnen mit dem Schwerte, und sucht nur eine Ausflucht, um, wenn ihr geschlagen seid (was geschehen wird, wie ihr wißt), sagen zu können, dies sei wegen der kleinen Zahl geschehen. Aber ich thue einen Vorschlag – Ferquhard Day war der Jüngste eurer Schaar, Eachin Mac Jan ist der Jüngste der Unsern – wir wollen ihn für den Mann weglassen, der dem Kampfe entflohen ist.«

»Ein höchst unbilliger und ungerechter Vorschlag,« rief Toshach Beg, der Secundant, wie man ihn nennen konnte, Mac Gillie Chattanachs. »Das Leben des Häuptlings ist für den Clan der Lebensodem, und nimmer dulden wir, daß unser Häuptling den Gefahren ausgesetzt werde, welche der Häuptling des Clans Quhele nicht theilt.«

Torquil sah mit großer Besorgniß, daß sein Plan scheitern wollte, als man diesen Einwand gegen Hektors Wegbleiben aus dem Kampfe machte; und er sann nach, wie sich sein Vorschlag unterstützen ließe, als sich Eachin selbst einmischte. Seine Furchtsamkeit war, wie man bemerken muß, nicht von der schmutzigen und selbstsüchtigen Art, die diejenigen, welche von ihr angesteckt sind, ruhig der Schande sich unterziehen läßt, ehe sie sich in Gefahr wagen. Er war im Gegentheil von moralischem Muthe beseelt, aber durch körperliche Anlage feig, und die Scham, den Kampf zu meiden, war in dem Augenblicke mächtiger, als die Furcht vor demselben.

»Ich will,« sagte er, »nichts von einem Plane hören, der während des glorreichen Kampfes dieses Tages mein Schwert ruhig in der Scheide läßt. Wenn ich jung in Waffen bin, so sind genug tapfere Männer um mich, denen ich nachahmen kann, wenn ich ihnen nicht gleichzukommen vermag.«

Er sprach diese Worte mit einem Feuer, das auf Torquil und vielleicht auf den jungen Häuptling selbst Eindruck machte.

»Nun, Gott segne dein edles Herz,« sagte der Pflegevater zu sich selbst. »Ich wußte gewiß, daß der schnöde Zauber gebrochen werden würde, und daß der träge Geist, der ihn gefangen hielt, beim Klange der Pfeife und beim ersten Wehen des Brattach weichen müßte!«

»Hört mich, Lord Marschall,« sagte der Connetable. »Die Stunde des Kampfes kann nicht länger verschoben werden, denn es ist hoch am Mittag. Laßt den Häuptling des Clan Chattan die übrige halbe Stunde nützen, um einen Vertreter für seinen Flüchtling zu finden; kann er's nicht, so mögen sie fechten, wie sie dasteh'n.«

»Ich bin's zufrieden,« sagte der Marschall, »wiewohl, da Keiner von seinem eigenen Clan näher als fünfzig Meilen ist, ich nicht einsehe, wie Mac Gillie Chattanach einen Helfer finden soll.«

»Das ist seine Sache,« sagte der Großconnetable; »aber wenn er einen hohen Lohn bietet, so gibt's genug rüstige Yeomen um die Schranken, die froh sein werden, ihre Glieder in einem solchen Kampfspiel zu regen. Ich selber, wenn Stand und Amt es erlaubten, würde gern unter diesen wilden Burschen fechten, und es mir zur Ehre anrechnen.«

Sie theilten ihre Entscheidung den Hochländern mit, und der Häuptling des Clans Chattan erwiderte: »Ihr habt unparteiisch und edel geurtheilt, Mylord, und ich halte mich für verpflichtet, Eurer Weisung zu folgen. – So macht bekannt, Herolde, daß wenn Einer an den Ehren und Schicksalen des Clans Chattan heute Theil nehmen will, er sofort eine Goldkrone erhalten und die Freiheit haben soll, bis auf den Tod in meinen Reihen zu fechten.«

»Ihr seid etwas karg mit Eurem Schatze, Häuptling,« sagte der Graf Marschall; »eine Goldkrone ist ein geringer Lohn für einen solchen Kampf.«

»Wenn Jemand da ist, der um Ehre fechten will,« erwiderte Mac Gillie Chattanach, »so ist der Preis hoch genug; und ich kann den Dienst eines Kerls nicht brauchen, der sein Schwert allein für Gold zieht.«

Die Herolde schritten vor, gingen halb um die Schranken herum und hielten von Zeit zu Zeit still, um nach dem erhaltenen Befehl den Aufruf hören zu lassen, ohne daß sich bei irgend Jemand die mindeste Neigung zu zeigen schien, der Werbung folgen zu wollen. Einige spotteten über die Armseligkeit der Hochländer, die einen so niedrigen Preis für einen so verzweifelten Dienst boten. Andere waren unwillig, daß sie das Blut der Bürger so niedrig anschlugen. Keiner zeigte die mindeste Neigung, das Anerbieten anzunehmen, bis der Lärm des Ausrufers Harry vom Wynd erreichte, der, von Zeit zu Zeit mit dem Bailie Craigdallie sprechend, oder vielmehr zerstreut anhörend, was ihm diese Magistratsperson erzählte, an den Schranken stand.

»Ha! was rufen sie aus?« rief er.

»Ein freigebiges Anerbieten von Seiten Mac Gillie Chattanachs,« sagte der Wirth aus dem Greif; »derselbe bietet eine Goldkrone Jedem, der es heute mit der wilden Katze halten und sich in ihrem Dienst ein Bißchen todtschlagen lassen will! Das ist Alles.«

»Wie!« rief der Schmied eifrig, »fordern sie einen Mann, um gegen den Clan Quhele zu fechten?«

»Ja, das thun sie wahrhaftig,« sagte Greif; »aber ich denke, solche Narren werden sie in Perth nicht finden.«

Er hatte das Wort bereits gesagt, als er sah, wie der Schmied mit einem Sprunge in den Schranken stand und sagte: »Hier bin ich, Sir Herold, Harry vom Wynd, bereit zum Kampfe auf Seiten des Clans Chattan.«

Ein Schrei der Verwunderung lief durch die Menge, während die ersten Bürger nicht den geringsten Grund finden konnten für Harry's Benehmen, und daher schlossen, sein Kopf müsse ganz verdreht vor Kampflust sein. Der Oberrichter war besonders betroffen.

»Du bist toll!« sagte er, »Harry! Du hast weder ein zweihändiges Schwert, noch Panzer.«

»Freilich nicht,« sagte Harry, »denn ich trennte mich von einem Panzer, den ich für mich gemacht, und ließ ihn jenem hübschen Häuptling des Clans Quhele, der bald auf seinen Schultern fühlen soll, mit was für Hieben ich an meinen Ringen rassele! Was das zweihändige Schwert anlangt, so wird mir dieser Kindersäbel genügen, bis ich mir eine schwerere Waffe erbeute.«

»Das darf nicht geschehen,« sagte Errol. »Hör', Waffenschmied, bei St. Maria, du sollst meinen Mailänder Harnisch und mein gutes spanisches Schwert haben.«

»Ich danke Eurer Herrlichkeit, Sir Gilbert Ray; aber die Wehr, womit Euer tapferer Ahn die Schlacht von Loncarty gewann, würde mir wohl auch genügen. Ich bin wenig gewöhnt an Schwert oder Harnisch, die ich nicht selber gemacht habe, weil ich nicht genau weiß, welche Hiebe der Eine aushält, ohne zu brechen, oder der Andere austheilt, ohne zu springen.«

Der Lärm hatte sich unterdessen unter der Menge verbreitet und war in die Stadt gedrungen, daß der tapfere Schmied im Begriff sei, ohne Rüstung zu fechten, als, just wie sich die verhängnißvolle Stunde näherte, der gellende Schrei eines Weibes gehört ward, welches sich schreiend durch die Menge drängte. Das Volk gab ihrer Zudringlichkeit Raum und sie trat, athemlos vor Eile, unter der Last eines Harnisches und großen zweihändigen Schwertes heran. Man erkannte bald Oliver Proudfute's Wittwe, und die Rüstung, die sie trug, war Harry Schmieds eigene, die ihr Gatte an dem armseligen Abend seiner Ermordung getragen, die natürlich mit dem Leichnam nach Hause gebracht worden war, und die nun durch die Anstrengungen der dankbaren Wittwe in dem Augenblick in die Schranken gebracht wurde, da so erprobte Waffen sehr wichtig für ihren Besitzer waren. Harry empfing mit Vergnügen die wohlbekannte Rüstung, und die Wittwe nahm, nachdem sie zitternd vor Hast sie ihm anlegen geholfen, mit den Worten Abschied: »Gott mit dem Kämpfer für Wittwen und Waisen, und Unglück Allen, die ihm entgegenstehen!«

Sich vertrauensvoll in seiner wohlerprobten Rüstung fühlend, schüttelte sich Harry, als wollte er das Stahlkleid am Körper anschmiegen lassen, und das große zweihändige Schwert entblößend, schwang er es über seinem Kopfe, die Luft, welche dabei pfiff, in Form einer Achte durchschneidend, und zwar mit so leichter und gewandter Hand, daß man sah, wie kräftig und geschickt er die gewichtige Waffe zu führen verstand. Die Kämpfer erhielten nun Befehl, in Ordnung um die Schranken zu ziehen, so jedoch, daß sie einander nicht begegneten, während sie, bei der goldenen Laube, wo der König saß, vorübergehend, sich verbeugten.

Während dieser Zug Statt fand, verglichen die meisten Zuschauer wieder neugierig die Gestalt, Glieder und Sehnen der beiden Parteien und bemühten sich, den wahrscheinlichen Ausgang des Streites vorauszusagen. Eine hundertjährige Fehde, mit all ihren Angriffen und Wiedervergeltungen, concentrirte sich im Busen eines jeden Streiters. Ihre Mienen schienen zum wildesten Ausdruck des Stolzes, Hasses und des verzweifelten Entschlusses, bis auf's Aeußerste zu kämpfen, gebracht zu sein.

Die Zuschauer murmelten freudig Beifall, in hochgespannter Erwartung des blutigen Spieles. Wetten wurden geboten und angenommen über den Streit im Allgemeinen und die Thaten einzelner Kämpfer. Der helle, freie und stolze Blick Harry Schmieds machte ihn zum Liebling aller Anwesenden, und ungleiche Wetten wurden darauf eingegangen, daß er drei Gegner tödten würde, ehe er selbst fiele. Kaum war der Schmied zum Kampfe gerüstet, als der Befehl der Anführer die Kämpfer an ihre Plätze stellte, und in demselben Augenblick hörte er Simon Glovers Stimme aus dem Volke, das vor Erwartung schwieg, rufen: »Harry Schmied, Harry Schmied, welcher Wahnsinn hat dich befallen?«

»Ja, er will seinen hoffnungsvollen Schwiegersohn retten, das heißt nämlich aus des Schmieds Händen,« war Harry's erster Gedanke – sein zweiter war, sich umzudrehen und ihn anzureden – und sein dritter, daß er unter keinem Vorwande die Schaar verlassen könnte, zu der er sich gesellt, ja, daß es auch nicht mit der Ehre verträglich sei, wenn er wünsche, das Gefecht zu verschieben.

Er wendete sich daher dem Werke dieser Stunde zu. Beide Parteien waren von ihren Häuptlingen in drei Linien, jede zu zehn Mann, getheilt. Sie waren neben einander gestellt, daß zwischen den Einzelnen immer Raum genug blieb, um ein Schwert zu schwingen, dessen Klinge, ohne den Griff, fünf Fuß lang war. Die zweite und dritte Reihe diente als Rückhalt, wenn die erste unglücklich war. Rechts in der Schlachtordnung des Clans Quhele stand der Häuptling Eachin Mac Jan, in der zweiten Reihe zwischen zweien seiner Pflegebrüder. Vier von ihnen nahmen die rechte Seite der ersten Linie ein, indeß der Vater und zwei andere Brüder den Rücken des geliebten Häuptlings deckten. Torquil besonders hielt sich ganz nahe an Eachin, um ihn zu schirmen. So stand dieser mitten unter den neun stärksten Männern seiner Schaar, indem er vier treffliche Vertheidiger vor sich, einen auf jeder Seite und drei hinter sich hatte.

Die Linien des Clans Chattan waren genau auf die nämliche Weise geordnet, nur daß der Häuptling das Centrum der mittelsten Reihe einnahm, statt zur äußersten Rechten zu stehen. Dies bewog Harry Schmied, der unter den beiden Schaaren nur einen Feind sah, und zwar den unglücklichen Eachin, vorzuschlagen, daß er in die erste Reihe des linken Flügels des Clan Chattan gestellt würde. Aber der Anführer mißbilligte dies, und nachdem er Harry erinnert hatte, daß er ihm Gehorsam schuldig sei, weil er Sold von ihm erhalte, befahl er ihm, den Platz in der dritten Linie gerade hinter ihm selbst einzunehmen, ein Ehrenplatz, den Harry nicht ablehnen konnte, obwohl er ihn mit Widerstreben einnahm.

Als die Clans so einander gegenüber aufgestellt waren, zeigten sie ihre Fehdelust und ihre Begier zum Kampfe durch ein wildes Geschrei an, welches, vom Clan Quhele ausgestoßen, der Clan Chattan zur Antwort wiederhallen ließ, indem Alle zu gleicher Zeit ihre Schwerter schüttelten und einander drohten, als wenn sie die Einbildungskraft ihrer Gegner besiegen wollten, bevor sie den Streit wirklich begönnen.

In diesem Augenblicke der Prüfung wurde Torquil, der nie für sich selbst gefürchtet hatte, von Unruhe ergriffen, hinsichtlich seines Pflegesohnes, tröstete sich jedoch, indem er bemerkte, daß er eine entschlossene Miene zeigte, und daß die wenigen Worte, die er zu seinem Clan sprach, kühn geäußert wurden und wohlberechnet waren, sie zum Kampfe zu ermuthigen, da sie seinen Entschluß ausdrückten, ihr Schicksal zu Tod oder Sieg zu theilen. Aber es war keine Zeit zu fernerer Beobachtung. Die Trompeten des Königs tönten zum Angriff, die Sackpfeifen ließen ihre schmetternden, betäubenden Töne hören, und die Streiter, in regelmäßiger Ordnung vorschreitend und ihren Schritt bis zum schnellen Laufe beschleunigend, trafen mitten im Kampfplatze zusammen, wie ein wüthender Landstrom der nahenden Meerfluth begegnet.

Einige Augenblicke schienen die vordersten Reihen, mit ihren langen Schwertern gegen einander hauend, in einer Folge einzelner Kämpfe begriffen; aber die zweite und dritte Reihe kamen von beiden Seiten, angetrieben durch die Gier des Hasses und den Durst nach Ehre, drängten sich durch die Zwischenräume und machten die Scene zu einem lärmenden Chaos, über dem die gewaltigen Schwerter stiegen und sanken, einige immer blinkend, andere von Blut überströmt; sie schienen bei der seltsamen Schnelle, mit der sie geschwungen wurden, eher durch verwickelte Maschinen in Bewegung gesetzt, als durch Menschenhände geführt zu werden. Einige der Streiter, die sich zu sehr zusammengedrängt hatten, um diese großen Waffen zu gebrauchen, hatten bereits zu ihren Dolchen ihre Zuflucht genommen, und sich bemüht, ihren Gegnern auf den Leib zu kommen. Indessen floß eine Menge Blut, und das Stöhnen der Fallenden begann sich mit dem Geschrei der Fechtenden zu mischen, das nach der bei den Hochländern zu allen Zeiten waltenden Sitte kaum ein Geschrei, sondern mehr ein gellendes Gekreisch genannt werden konnte. Die von den Zuschauern, deren Augen an solche Blutscenen am besten gewöhnt waren, konnten jedoch keinen Vortheil auf irgend einer Seite entdecken. Der Kampf schwankte in der That in verschiedenen Zwischenräumen vorwärts und zurück; aber es war nur augenblicklicher Sieg, den die Partei, die ihn gewann, fast augenblicklich durch eine ähnliche Anstrengung der andern wieder verlor. Die wilden Töne der Pfeifen wurden noch immer unter dem Tumulte gehört und reizten die Wuth der Kämpfer.

Auf einmal bliesen jedoch, wie auf gegenseitige Uebereinkunft, die Instrumente zum Rückzug; dieser ward durch klagende Töne ausgedrückt, welche eine Todtenweise für die Gefallenen zu sein schienen. Die Parteien trennten sich von einander, um einige Minuten Athem zu schöpfen. Die Augen der Zuschauer betrachteten mit Vergnügen die zerrissenen Rüstungen der Kämpfer, als sie sich aus dem Kampfe zurückzogen; aber es war ihnen immer noch unmöglich, zu entscheiden, wer den größten Verlust erlitten hatte. Es schien, als habe der Clan Chattan weniger Leute verloren, als sein Gegner; aber dagegen zeigten die blutigen Plaids und Waffenröcke seiner Schaar (denn von beiden Seiten hatten Mehrere die Mäntel weggeworfen) mehr Verwundete, als der Clan Quhele. Ungefähr zwanzig von beiden Seiten lagen todt oder sterbend auf dem Felde; abgehauene Arme und Beine, bis auf das Rückgrat gespaltene Köpfe, tiefe Hiebe durch die Schulter bis in die Brust zeigten auf einmal die Wuth des Kampfes, die Furchtbarkeit der gebrauchten Waffe, und die verhängnißvolle Stärke der Arme, die sie führten. Der Häuptling des Clans Chattan hatte den entschlossensten Muth gezeigt und war leicht verwundet. Auch Eachin hatte, von seiner Leibwache umringt, tapfer gefochten. Sein Schwert war blutig, sein Benehmen kühn und kriegerisch, und er lächelte, als der eine Torquil ihn in die Arme schloß, und mit Lob und Segnungen überhäufte.

Die beiden Häuptlinge zogen, nachdem sie ihre Gefährten zehn Minuten lang hatten Athem schöpfen lassen, wieder in ihre Reihen auf, die fast um ein Drittel ihrer ursprünglichen Anzahl vermindert waren. Sie wählten nun ihre Stelle näher am Flusse, als wo sie zuvor einander begegnet waren, da der erste Kampfplatz mit Todten und Verwundeten bedeckt war. Einige der letzteren sah man von Zeit zu Zeit sich erheben, um dem Kampfe ein wenig zuzusehen, zurücksinken und meist an Blutverlust durch die fürchterlichen Wunden sterben, die ihnen der Claymore geschlagen hatte.

Harry Schmied zeichnete sich leicht aus durch seine Niederlandskleidung, sowie durch sein Zurückbleiben auf der Stelle, wo man zuerst gefochten hatte, und wo er, auf seinem Schwert lehnend, neben einem Leichnam stand, dessen mit der Mütze bedeckter Kopf durch die Gewalt des Hiebes, der ihn abgehauen, zehn Yards weit vom Rumpfe geschleudert war, und der das Eichenlaub, die eigenthümliche Auszeichnung der Leibwache Eachins, trug. Seit er diesen Mann erschlug, hatte Harry keinen Hieb mehr gethan, sondern sich begnügt, viele abzuwehren, die auf ihn geführt wurden, und einige, die auf den Häuptling gezielt waren. Mac Gillie Chattanach ward unruhig, als, nachdem er seinen Leuten das Zeichen sich zu ordnen gegeben hatte, dieser gewaltige Streiter fern von den Reihen blieb und wenig Neigung zeigte, sich zu ihm zu gesellen.

»Was hast du, Mann?« sagte der Häuptling. »Kann ein so starker Leib einen gemeinen und feigen Geist haben? Komm und nimm am Kampfe Theil.«

»Ihr habt mich vorhin nur einen Miethling genannt,« erwiderte Harry – »bin ich ein solcher,« auf den kopflosen Leichnam deutend, »so hab' ich für meinen Tagelohn genug gethan.«

»Wer mir dient, ohne die Stunden zu zählen,« erwiderte der Häuptling, »den belohn' ich, ohne die Arbeit nachzurechnen.«

»Dann fecht' ich,« sagte der Schmied, »als ein Freiwilliger, und auf dem Posten, der mir am besten gefällt.«

»Das kommt Alles auf Euch an,« sagte Mac Gillie Chattanach, der es für gut hielt, einen so vielversprechenden Bundesgenossen bei Laune zu erhalten.

»Es ist genug,« sagte Harry, und seine schwere Waffe schulternd, gesellte er sich eilig zu den übrigen Streitern, und stellte sich dem Häuptling des Clans Quhele gegenüber.

Da geschah es zum ersten Male, daß Eachin einige Unsicherheit zeigte. Er hatte Harry längst als den besten Streiter betrachtet, den Perth und die Umgegend in die Schranken bringen könnte. Sein Haß gegen ihn als Gegner mischte sich mit der Erinnerung, wie leicht derselbe unlängst, obwohl unbewaffnet, seinen plötzlichen, verzweifelten Angriff vereitelt hatte, und als er ihn die Augen auf sich heften und das blutige Schwert in der Hand, offenbar auf einen Zweikampf mit ihm sinnen sah, da sank sein Muth und er zeigte ein Beben, welches seinem Pflegevater nicht entging.

Es war ein Glück für Eachin, daß Torquil in Folge seines eigenen Charakters und desjenigen der Personen, mit denen er gelebt hatte, nicht im Stande war, den Gedanken zu begreifen, daß Einer seines eigenen Stammes, und zumal sein Häuptling und Pflegesohn, Mangel an persönlichem Muthe haben könne. Hätte er dies gewußt, sein Schmerz und seine Wuth hätten ihn zum Aeußersten getrieben, Eachin das Leben zu nehmen, um ihn vor Befleckung seiner Ehre zu bewahren. Aber sein Geist verachtete den Gedanken, sein Pflegesohn könne ein Feigling sein, weil ihm dies unnatürlich und entsetzlich schien. Daß er unter dem Einfluß eines Zaubers stehe, war eine Lösung des Räthsels, die der Aberglaube eingab, und nun fragte er ängstlich und mit flüsternder Stimme Hektor: »Verdunkelt jetzt der Zauber deinen Geist, Eachin?«

»Ja; o, ich Elender!« antwortete der unglückliche Jüngling; »und dort steht der schändliche Zauberer!«

»Wie!« rief Torquil, »und du trägst einen von ihm gemachten Harnisch? – Norman, elender Bursche, warum brachtest du diesen verfluchten Panzer?«

»Wenn mein Pfeil fehlgegangen ist, so kann ich nur mein Leben hinterdrein schießen,« antwortete Norman nan Ord. »Steht fest, Ihr sollt mich den Zauber brechen sehen.«

»Ja, steh' fest,« sagte Torquil. »Er mag ein schnöder Zauberer sein; aber mein eigenes Ohr hörte und meine eigene Zunge hat es gesagt, daß Eachin die Schlacht gesund, frei und unverwundet verlassen solle – laßt uns den sächsischen Hexenmeister sehen, der das Lügen strafen kann. Er mag ein starker Mann sein, aber der schöne Stamm der Eiche soll fallen, Stock und Zweige, eh' er einen Finger an meinen Pflegesohn legt; umringt ihn, meine Söhne, – Bas air son Eachin!«

Die Söhne Torquils riefen jauchzend die Worte nach, die bedeuten: »Tod für Hektor!«

Ermuthigt durch ihre Ergebenheit, raffte sich Eachin wieder zusammen und rief kühn den Musikern seines Clans zu: »Seid suas!« d. h. spielt auf!

Der wilde Pibroch tönte wieder zum Angriff, aber die beiden Parteien näherten sich einander langsamer, als das erste Mal, als Männer, die den gegenseitigen Muth kannten und achteten. Harry Wynd ging, in seiner Ungeduld, den Streit zu beginnen, vor den Clan Chattan voraus, und winkte Eachin, heranzukommen. Norman sprang aber vorwärts um seinen Pflegebruder zu bedecken, und es fand eine allgemeine, obwohl nur momentane Pause Statt, wie wenn beide Parteien den Ausgang dieses Zweikampfes als Vorbedeutung für das Schicksal des Tages erwarten wollten. Der Hochländer rückte vor, das Schwert hoch erhoben, als wolle er eben den Hieb führen; als er aber noch eine Schwertlänge von seinem Gegner entfernt war, warf er die lange schwere Waffe von sich, sprang leicht über des Waffenschmieds Schwert, als dieser nach ihm hieb, zog seinen Dolch und stieß, da er Harry so nahe kam, ihm diese Waffe (sein eigenes Geschenk) seitwärts nach dem Halse, indem er den Stoß abwärts nach der Brust lenkte und zu gleicher Zeit laut rief: »Ihr lehrtet mich den Stoß!«

Aber Harry Wynd trug seinen eigenen guten Harnisch, doppelt geschützt durch eine Lage harten Stahls. Wäre er minder sicher gerüstet gewesen, so waren seine Kämpfe auf ewig aus. Jetzt aber war er nur leicht verwundet.

»Narr!« erwiderte er, dem Norman mit dem Knopf seines langen Schwertes einen Hieb gebend, daß er zurücktaumelte, »ich lehrt' Euch den Stoß, aber nicht das Pariren;« und damit führte er einen Hieb auf den Gegner, der ihm durch den Helm den Schädel spaltete, und schritt über den Leichnam dem jungen Häuptling entgegen, der nun frei vor ihm stand.

Aber die kräftige Stimme Torquils donnerte: »Far eil son Eachin!« (ein Anderer für Hektor!) und die beiden Brüder, die ihres Häuptlings Seiten deckten, stürzten gegen Harry vor und zwangen ihn, indem Beide zugleich eindrangen, sich zu vertheidigen.

»Vorwärts, Stamm der Tigerkatze!« rief Mac Gillie Chattanach; »rettet den tapfern Sachsen; laßt diese Kerls eure Klauen fühlen!«

Bereits sehr verwundet schleppte sich der Häuptling hin zu des Schmieds Beistand, und hieb einen der Leibwache nieder, von dem er angegriffen ward. Harry's eigenes Schwert befreite ihn von dem andern.

»Reist air son Eachin!« (wieder für Hektor!) rief der treue Pflegevater.

»Bas air son Hektor!« (Tod für Hektor!) antworteten noch zwei seiner ergebenen Söhne, und stellten sich der Wehr des Schmiedes und derjenigen entgegen, die ihm zu Hilfe gekommen waren; während Eachin, sich nach dem linken Flügel des Kampfes bewegend, minder furchtbare Gegner suchte, und indem er einige Tapferkeit zeigte, die sinkenden Hoffnungen seiner Gefährten wieder belebte. Die beiden Kinder der Eiche, die diese Bewegung deckten, theilten das Schicksal ihrer Brüder, denn das Geschrei des Häuptlings von Chattan hatte einige der Tapfersten auf diese Seite des Kampfes gezogen. Torquils Söhne fielen nicht ungerächt, sie hinterließen furchtbare Zeichen ihrer Schwerter an den Leibern der Lebenden und Todten. Aber die Nothwendigkeit, ihre ausgezeichnetsten Krieger um den Häuptling zu stellen, war dem allgemeinen Ausgange des Kampfes nachtheilig, und so klein war nun die Zahl, die noch focht, daß man leicht sah, der Clan Chattan habe noch fünfzehn Mann, obwohl meist verwundet, der Clan Quhele aber nur zehn, wovon vier, worunter auch Torquil, die Leibwache des Anführers bildeten.

Sie fochten und kämpften trotzdem, und so wie ihre Kraft abnahm, schien ihre Wuth zu steigen. Harry Wynd, an mehreren Stellen verwundet, war noch immer bemüht, die Schaar kühner Herzen zu durchbrechen oder zu vernichten, die um den Gegenstand seines Zornes focht. Aber immer wurde des Vaters Ruf: »ein Anderer für Hektor!« mit der verhängnißvollen Antwort freudig erwidert: »Tod für Hektor!« und obwohl der Clan Quhele nun so klein an Zahl war, schien der Kampf doch noch zweifelhaft. Es war nur körperliche Erschlaffung, die zu einer neuen Pause nöthigte.

Der Clan Chattan zählte nun noch zwölf Mann, aber zwei oder drei waren kaum fähig, zu stehen, ohne sich auf ihre Schwerter zu lehnen. Dem Clan Quhele waren fünf geblieben; Torquil und sein jüngster Sohn, Beide leicht verwundet, waren darunter. Eachin allein war bis jetzt, durch die Sorgfalt, womit alle gegen ihn gerichteten Hiebe aufgefangen wurden, noch unverletzt. Die Wuth beider Parteien war durch Erschöpfung in düstere Verzweiflung übergegangen. Sie wankten wie im Schlaf durch die Leichname der Erschlagenen, und starrten sie an, als wollten sie ihren Haß gegen die lebenden Feinde durch den Anblick der verlorenen Freunde beleben.

Bald nachher sah die Menge die Ueberlebenden des verzweifelten Kampfes sich zusammenziehen, um den Vernichtungskampf am Ufer des Flusses zu erneuen, da der Ort weniger schlüpfrig von Blut war, und minder bedeckt mit Körpern der Erschlagenen.

»Um Gottes willen – um der Gnade willen, die wir täglich erflehen,« sagte der sanftmüthige alte König zum Herzog von Albany, »laßt das enden! Warum soll man diese elenden Ueberreste der Menschheit ihre Schlächterei vollenden lassen? – Gewiß werden sie sich lenken lassen, und auf mäßige Bedingungen Frieden schließen.«

»Beruhigt Euch, mein König,« sagte sein Bruder. »Diese Leute sind die Pest des Niederlandes. Beide Häuptlinge leben noch – wenn sie unverletzt davon kommen, ist das ganze Tagewerk weggeworfen. Denkt an Euer dem Rathe gegebenes Versprechen, daß Ihr nicht Halt rufen wolltet.«

»Ihr zwingt mich zu einem großen Verbrechen, Albany, sowohl als König, der seine Unterthanen schützen sollte, wie als Christ, der seine Mitgläubigen achtet.«

»Ihr urtheilt falsch, Mylord,« sagte der Herzog; »diese sind keine liebenden Unterthanen, sondern ungehorsame Rebellen, wie Mylord von Crawford bezeugen kann; und sie sind noch weniger Christen, denn der Prior der Dominikaner wird Euch für mich versichern, daß sie mehr als halbe Heiden sind.«

Der König seufzte tief. »Ihr müßt Euren Willen haben, und seid zu weise für mich, um Euch zu bestreiten. Ich kann mich nur abwenden und meine Augen schließen vor dem Anblick und dem Getöse eines Blutbades, welches mich krank macht. Aber ich weiß wohl, daß Gott mich selbst dafür strafen wird, daß ich Zeuge dieser Verwüstung menschlichen Lebens bin.«

»Tönt, Trompeten,« sagte Albany; »ihre Wunden erstarren, wenn sie länger zaudern.«

Während dies geschah, umarmte und ermuthigte Torquil seinen jungen Häuptling.

»Widersteh' der Hexerei nur noch einige Minuten! Sei guten Muthes – du wirst davonkommen ohne Wunde und Narbe, ohne Hieb oder Schaden. Sei guten Muthes!«

»Wie kann ich guten Muthes sein,« sagte Eachin, »während meine tapfern Verwandten nach einander vor meinen Füßen starben? – Alle starben für mich, der ich nimmer ihre Liebe im Geringsten verdienen konnte!«

»Und wozu sind sie geboren, außer für ihren Häuptling zu sterben?« sagte Torquil mit Fassung. »Warum klagen, daß der Pfeil nicht wieder in den Köcher zurückkehrt, wenn er nur das Ziel trifft? Sei fröhlich – hier ist Tormot und ich nur wenig verwundet, während die wilden Katzen sich durch die Ebene schleppen, als wären sie halb erwürgt von den Dachshunden – nur Einer steht noch muthig, und der Tag soll Euer sein, obwohl es sein kann, daß Ihr allein am Leben bleibt. – Spielleute, blas't zum Angriff!«

Die Pfeifer beider Parteien bliesen zum Angriff, und die Streiter mischten sich im Kampfe, zwar nicht mit derselben Kraft, aber mit ungeschwächter Hartnäckigkeit. Es gesellten sich auch die zu ihnen, deren Pflicht es war, neutral zu bleiben, die sich dazu aber nun unfähig fanden. Die beiden alten Kämpfer, welche die Fahnen trugen, waren allmälig von den äußersten Enden der Schranken vorgerückt und näherten sich jetzt dem Boden des Kampfes. Als sie das Blutbad näher sahen, wurden sie beiderseits von dem Wunsche angetrieben, ihre Brüder zu rächen oder sie nicht zu überleben. Wüthend griffen sie einander mit den Lanzen an, woran die Fahnen befestigt waren, kamen einander nach einigen tödtlichen Stößen auf den Leib, und wurden handgemein, immer ihre Fahnen tragend, bis sie in der Hitze des Streites endlich zusammen in den Tay stürzten, wo sie nach dem Gefecht, Jeder den Andern fest in die Arme drückend, gefunden wurden. Die Wuth des Kampfes, der Wahnsinn rasender Verzweiflung ergriff sofort die Spielleute. Die beiden Pfeifer, die während des Kampfes ihr Aeußerstes gethan hatten, den Muth ihrer Brüder aufrecht zu erhalten, sahen jetzt den Kampf wegen Mangels an Menschen fast geendigt. Sie warfen ihre Instrumente von sich, stürzten mit ihren Dolchen verzweifelt auf einander los, und da sich Jeder mehr bemühte, seinen Gegner niederzustoßen, als sich selber zu schützen, so wurde der Pfeifer des Clans Quhele sogleich getödtet und der des Clans Chattan tödtlich verwundet. Der Letztere ergriff trotzdem seine Pfeife, und die Weise des Clans ließ ihre schwindenden Töne über den Clan Chattan vernehmen, so lange der sterbende Pfeifer noch Athem hatte. Das Instrument, welches er gebrauchte, oder wenigstens den Theil desselben, den man den Sänger nannte, wird in der Familie eines hochländischen Häuptlings noch bis auf den heutigen Tag aufbewahrt, und wird sehr in Ehren gehalten unter dem Namen Federan Dhu oder der schwarze Sänger.

Unterdessen war im letzten Angriff der junge Tormot, geweiht, gleich seinen Brüdern, von seinem Vater Torquil dem Schutze des Häuptlings, durch das schonungslose Schwert des Schmieds tödtlich verwundet worden. Die zwei Andern, die vom Clan Quhele noch übrig, waren gleichfalls gefallen, und Torquil erzwang sich mit seinem Pflegesohn und dem verwundeten Tormot den Rückzug vor acht bis zehn vom Clan Chattan, machte am Ufer des Flusses Halt, während die Feinde sich anstrengten, sie zu überwältigen, soweit es ihre Wunden erlaubten. Torquil hatte eben die Stelle erreicht, wo er stehen wollte, als der Jüngling Tormot niederfiel und starb. Sein Tod entlockte dem Vater den ersten und einzigen Seufzer, den er an dem ganzen ereignißreichen Tage ausgestoßen hatte.

»Mein Sohn Tormot!« sagte er, »mein jüngster und liebster! Aber wenn ich Hektor rette, so rett' ich Alle. – Jetzt, mein theurer Pflegesohn, hab' ich für dich Alles gethan, was ein Mensch thun kann, außer das Letzte. Laß mich dir diese unheilvolle Rüstung abthun, und lege du die des Tormot an; sie ist leicht und wird dir wohl passen. Während du dies thust, will ich auf diese verstümmelten Menschen stürzen, und ihnen so viel als möglich zu schaffen machen. Ich glaube, ich werde nur wenig zu thun haben, denn sie folgen einander wie lahme Stiere. Wenigstens, Liebling meiner Seele, wenn ich dich nicht retten kann, zeig' ich dir doch, wie ein Mann sterben soll.«

Wahrend Torquil so sprach, löste er die Schnallen von des jungen Häuptlings Rüstung, in dem einfältigen Glauben, daß er so die Schlingen zerreißen könnte, womit Furcht und Zauberei sein Herz umfangen hatten.

»Mein Vater, mein Vater, o, mehr als mein Vater!« sagte der unglückliche Eachin. – »Bleib' bei mir! – Mit dir an meiner Seite kann ich bis auf's Aeußerste fechten.«

»Es ist unmöglich,« sagte Torquil. »Ich will die Herankommenden aufhalten, während du den Harnisch anlegst. Gott segne dich ewig, Geliebter meiner Seele!«

Darauf stürzte, sein Schwert schwingend, Torquil von der Eiche vorwärts mit demselben furchtbaren Kriegsruf, der so oft über das blutige Feld getönt hatte: »Bas air son Eachin!« – Die Worte erschallten drei Mal mit Donnerstimme, und jedesmal, wenn er seinen Kriegsruf schrie, schlug er einen vom Clan Chattan nieder, so wie er sie nach einander auf ihn zuwankend traf. – »Wackrer Kampf, Habicht! – gut geflogen, Falke!« rief die Menge, als sie die Anstrengungen sah, die noch in der letzten Stunde das Schicksal des Tages zu verändern drohten. Plötzlich schwieg das Geschrei, und es folgte darauf ein so furchtbares Schwerterklirren, als hätte der ganze Kampf sich in der Person Harry Wynds und Torquils von der Eiche erneuert. Sie hieben und stießen, als hätten sie heut' zum ersten Mal ihre Klingen gezogen, und ihre Hartnäckigkeit war gegenseitig, denn Torquil erkannte den bösen Zauberer, der seinen lieben Sohn behext hatte, und Harry sah den Riesen vor sich, der während des ganzen Kampfes die Absicht vereitelt hatte, um deren willen allein er bei der Schaar der Streitenden stand. Sie fochten mit einer Gleichheit, die vielleicht nicht stattgefunden hätte, wäre nicht Harry, etwas stärker verwundet, als sein Gegner, seiner gewohnten Behendigkeit einigermaßen beraubt gewesen.

Inzwischen ward Eachin, als er sich allein fand, und einen unordentlichen und vergeblichen Versuch machte, seines Pflegebruders Rüstung anzulegen, durch eine Regung von Schaam und Verzweiflung ermuthigt, und eilte vorwärts, um seinem Pflegevater in dem schrecklichen Kampfe beizustehen, bevor ein Anderer vom Clan Chattan herankommen konnte. Als er noch fünf Yards entfernt und fest entschlossen war, an dem tödtlichen Gefechte Theil zu nehmen, fiel sein Pflegevater, vom Halsbein bis fast in die Brust gespalten, und murmelte mit dem letzten Athemzug: Bas air son Eachin! – Der unglückliche Jüngling sah den Fall seines letzten Freundes, und in demselben Augenblicke den Todfeind, der ihn durch den ganzen Kampf gejagt hatte, eine Schwertlänge von sich, die ungeheure Waffe schwingend, mit welcher er sich durch so viele Hindernisse den Weg zu seinem Leben gehauen hatte. Vielleicht war dies genug, um seine körperliche Sicherheit auf den höchsten Grad zu steigern, oder vielleicht erinnerte er sich in demselben Augenblicke, daß er ohne Schutzwaffen war, und daß eine feindliche Linie, zwar verwundet und langsam, aber rache- und blutgierig, heranrückte. Es genügt zu sagen, daß sein Herz ermattete, seine Augen dunkelten, seine Ohren klangen, sein Hirn schwindelte – alle anderen Gedanken gingen unter in der Furcht vor augenblicklichem Tode; und einen unwirksamen Hieb gegen den Schmied führend, vermied er den, welcher auf ihn gerichtet war, indem er rückwärts sprang, und ehe Jener seine Waffe wieder erheben konnte, hatte sich Eachin in den Taystrom gestürzt. Ein schmähendes Geschrei folgte ihm, als er über den Fluß schwamm, obwohl vielleicht nicht ein Dutzend von denen, die darein stimmten, in gleichen Umständen sich anders benommen hätten. Harry sah dem Flüchtling schweigend und staunend nach, konnte aber die Folgen seiner Flucht nicht sehen, wegen der Ohnmacht, die ihn zu überwältigen schien, sobald die Aufregung des Streites vorüber war. Er setzte sich auf das Rasenufer und bemühte sich, diejenigen seiner Wunden zu stillen, die am stärksten bluteten.

Die Sieger wurden allgemein beglückwünscht. Der Herzog von Albany und Andere gingen hinab, den Kampfplatz zu besehen, und Harry Wynd wurde mit besonderer Achtung geehrt.

»Wenn du mir folgen willst, guter Bursch',« sagte der schwarze Douglas, »so will ich deinen Ledergurt mit einem Rittergürtel vertauschen, und dein bürgerliches Besitzthum mit einem Land von hundert Pfund, um deinen Rang zu behaupten.«

»Ich danke Euch bescheidentlich, Mylord,« sagte der Schmied abweisend; »aber ich habe schon Blut genug vergossen, und der Himmel hat mich gestraft, indem ich den einzigen Zweck verfehlte, um deßwillen ich an dem Kampfe Theil nahm.«

»Wie, Freund?« sagte Douglas. »Fochtest du nicht für den Clan Chattan, und hat dieser nicht einen ruhmvollen Sieg errungen?«

»Ich focht auf meine eigene Hand,« sagte der Schmied gleichgiltig; und die Redensart ist noch sprichwörtlich in Schottland.

Der gute König Robert kam nun auf einem ruhigen Zelter heran, denn er hatte die Schranken in der Absicht betreten, um nach den Verwundeten sehen zu lassen.

»Mylord von Douglas,« sagte er, »Ihr plagt den armen Mann mit zeitlichen Dingen, da er doch nur kurze Zeit zu haben scheint, um sich mit geistlichen zu beschäftigen. Hat er keine Freunde hier, die ihn hinbringen können, wo für seine körperlichen Wunden, so wie für das Heil seiner Seele gesorgt werden kann?«

»Er hat so viel gute Freunde, als gute Menschen in Perth sind,« sagte Sir Patrick Charteris; »und ich halte mich selbst für einen seiner genauesten Freunde.«

»Ein Bauer wittert immer den Bauer heraus,« sagte der stolze Douglas, sein Pferd seitwärts lenkend; »das Anerbieten des Ritterschlags vom Schwert des Douglas hätte ihn von den Pforten des Todes zurückgerufen, wenn ein Tropfen edlen Bluts in seinem Leibe flöße.«

Ohne den Spott des mächtigen Grafen zu beachten, stieg der Ritter von Kinfauns ab, um Harry in seine Arme zu nehmen, da er nun in wirklicher Ohnmacht zurücksank. Aber daran hinderte ihn Simon Glover, der mit andern angesehenen Bürgern jetzt in die Schranken trat.

»Harry, mein geliebter Sohn Harry!« sagte der alte Mann, »o, was verführte dein Herz zu diesem unseligen Streite! – Sterbend – sprachlos?«

»Nein – nicht sprachlos,« antwortete Harry. – »Katharina –«.

Er konnte nichts weiter hervorbringen.

»Katharina ist wohl, hoff' ich, und sie wird die Deinige – das heißt, wenn –«

»Wenn sie am Leben ist, willst du sagen, alter Mann,« sagte Douglas, der, obwohl etwas beleidigt durch Harry's Abweisen seines Anerbietens, doch zu großmüthig war, um nicht an dem Vorgehenden Antheil zu nehmen. – »Sie ist wohl, wenn Douglas' Banner sie schützen kann – wohl, und soll reich werden. Douglas kann denen Reichthum geben, die ihn mehr schätzen als Ehre.«

»Für ihre Sicherheit, Mylord, laßt den herzlichen Dank und die Segnungen eines Vaters den edlen Douglas begleiten; was Reichthum betrifft, so sind wir reich genug – Gold kann meinen geliebten Sohn nicht ersetzen.« –

»Wunderlich!« sagte der Graf – »ein gemeiner Bursch' weist den Adel von sich – ein Bürger verachtet Gold!«

»Mit Eurer Herrlichkeit Gunst,« sagte Sir Patrick, »ich, der ich Ritter und Edelmann bin, erlaube mir zu sagen, daß ein so wackerer Mann, wie Harry Wynd, Ehrentitel verachten kann – und ein so ehrenwerther Mann, wie dieser würdige Bürger, kann das Gold missen.«

»Ihr thut wohl, Sir Patrick, für Eure eigne Stadt zu sprechen, und das deut' ich nicht übel,« sagte Douglas. »Ich zwinge meine Güte Niemand auf. – Aber,« fügte er, zu Albany flüsternd, hinzu, »Eure Hoheit muß dem König diesen blutigen Anblick entziehen, denn er muß heut' Abend das wissen, was mit dem Morgengrauen über ganz Schottland schallen wird. Dieser Kampf ist beendigt. Aber selbst ich beklage, daß so viele brave Schotten erschlagen liegen, deren Schwerter in der Schlacht für ihres Vaterlandes Sache hätten entscheidend werden können.«

Mit Mühe führte man König Robert vom Kampfplatze; Thränen rannen ihm über die gefurchten Wangen und den weißen Bart, als er Alle ringsum, Edle und Priester, beschwor, daß man für die Leiber und Seelen der wenigen überlebenden Verwundeten sorgen und den Erschlagenen ein ehrenvolles Begräbniß geben möchte. Die Anwesenden versprachen mit Eifer Beides, und erfüllten ihr Wort treulich und fromm.

So endete dieser berühmte Streit auf dem nördlichen Anger von Perth. Von vierundsechzig tapfern Männern (mit Einschluß der Spielleute und Fahnenträger), die mannhaft auf das unselige Schlachtfeld geschritten waren, blieben nur sieben lebendig, die man in Sänften, in einem von den um sie her Sterbenden und Todten wenig verschiedenen Zustande, und gemischt mit ihnen in dem traurigen Zuge, welcher sie von der Scene des Kampfes führte, hinwegbrachte. Eachin allein war ohne Wunden und ohne Ehre geblieben.

Es bleibt nur übrig, zu sagen, daß kein Mann vom Clan Quhele den blutigen Kampf überlebte, außer der flüchtige Häuptling, und die Folge der Niederlage war die Auflösung ihres Bundes. Die Clans, aus denen er bestand, sind jetzt nur Gegenstand der Vermuthungen des Alterthumsforschers, denn nach diesem verhängnißvollen Streite sammelten sie sich nie wieder unter derselben Fahne. Der Clan Chattan hingegen fuhr fort zu wachsen und zu blühen, und die besten Familien der nördlichen Hochlande rühmen sich ihrer Herkunft vom Geschlecht der Bergkatze.


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