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Fünftes Kapitel

»Geh aus, mein Herz, und suche Freud'
In dieser schönen Sommerszeit
An deines Gottes Gaben.«

So sang eine etwas rauhe, zittrige Männerstimme, und Fritz lauschte mit Bewegung dem Lied. Langsam, oft stehenbleibend und mit hellem Auge um sich blickend, kam der Lichtennikele während des Gesanges näher. Der Alte, gar sauber in ein dunkelgrünes, derbes Tuchgewand gekleidet, ging ein wenig gebeugt, aber unter dem breiten Schild der steif aufstehenden, mit breitem tellerartigen Deckel versehenen sogenannten »Weimarer« Tuchmütze leuchteten ein Paar klare graue Augen und ein schmales, freundliches Gesicht hervor. An der einen Hand führte er ein etwa vierjähriges Kind mit flachsblondem Haar, dem er, ohne den Gesang zu unterbrechen, manche frühe Glitsche aus den Feldern pflückte; in der andern, lässig auf den Rücken gelegten Hand trug er einen üppig blühenden Kirschenzweig. Als er vor Fritz stand, bot er ihm herzlich die Hand mit den Worten: »Ei, grüß' Euch der liebe Gott, Herr Schulmeister! Auch ins Freie gemacht? – Ja, heute heißt es recht: ›Geh aus, mein Herz, und suche Freud'!‹ – Mit Verlaub!« Damit setzte er sich neben Fritz auf die Wurzel.

Fritz rückte zu, gab dem Kind freundlich die Hand und fragte nach seinem Namen. – Der Lichtennikele nickte leise mit dem Kopf, Reinhardt aber sagte mit einem Seufzer: »Ja, so sollte es sein! Aber die Menschen, Nikel, die Menschen! Die verleiden einem alle Freude!«

»Ei ja, Herr Schulmeister!« nickte der Nikele bedächtig, »wer wird sich auch die Freud' an unsres Gottes Welt verleiden lassen? Hab's Euch gleich angesehen, daß Euch was über die Leber gelaufen sein muß. Aber das ist nichts, daß Ihr Euch an einem Tag wie heut' verzürnen laßt. Ei ja, mir geht's auch nicht, wie ich's wünsche, heut' wird's grad' acht Jahre, daß meine Frau auf dem Bett liegt und gepflegt werden muß wie ein kleines Kind. Wollt' mir auch das Herz recht schwer werden daheim. Hab' ich aber selber zu mir gesagt: ›Nikel, schämst dich nicht? Willst du auch anfangen zu murren wider deinen Herrgott, der dich noch keinmal verlassen hat? – Schäm' dich, Nikel!‹ Drauf bin ich mit meinem Tichterle hinaus in die Flur, da hab' ich mir bald allen Kummer vom Herzen weggesungen!«

»Sie sind ein glücklicher Mann!« entgegnete Fritz seufzend. »Nicht jedem ist solch fröhliches Herz beschieden.«

»Ei was, Herr Schulmeister, ein fröhliches Herz ist wohl eine Gabe von unserm Herrgott, aber so ganz von selber fällt es einem auch nicht zu, man muß auch das Seine dazutun, um's zu erlangen und, was die Hauptsach' ist, auch zu erhalten. – Ja, was ich sagen wollt': mit dem neumodischen Sie komm' ich nicht zu Rand. Drum tut mir den Gefallen und laßt Euch mein Ihr gefallen; sagt zu mir auch du oder Ihr, wie Ihr wollt.«

Fritz fühlte sich seltsam angeregt durch den munteren Alten, dessen herzliche, wahrhaftige Frömmigkeit ihm unendlich wohltat, und hinter dem er solch selbständiges Denken gar nicht gesucht hätte. Als habe er seine Gedanken erraten, begann der Nikele, während er mit dem Zweig vor dem Gesichte fächelte und das Kind, das von den Schlehenblüten pflückte, nicht aus dem Auge ließ: »Ja, ja, Herr Schulmeister, ich war auch nicht immer so zufrieden und fröhlich wie jetzt. Ja, ja, es wollt mich auch oft verdrießen, daß der Herrgott meine Bravheit nicht besser belohnte. Aber wenn ich meine Bibel in die Hand kriegte, da war all das dumme Zeug weg, ich freute mich meines Herrgotts und mußte rühmen, wie er mir Gutes getan über mein Verdienst und Würdigkeit. Hatt' ich's nicht trotz aller Widerwärtigkeit zu einem eignen Häusle und Gütle gebracht? Und wenn ich's dann so recht betrachtete, so fand ich bald, daß doch auch jedwedes Leid für was gut war, und daß, wenn ich in der Trübsalshitze einmal gar nimmer wußte, wo ein noch aus, unser Herrgott in aller Stille schon mit einer Hilfe nahe war. Ja, seht, und das macht mich so fest und zuversichtlich und im Herzen fröhlich. – Seht, Herr Schulmeister, das ist so mein Glauben. Deswegen meine ich aber nicht, ich allein hätte nun das Recht! – Da nehmt einmal zum Beispiel den Sülzdorfer Schulbauer! Der ist ganz anders wie ich, viel gelehrter und gescheiter. Der glaubt das wenigste, was in der Bibel steht, macht so wunderliche Auslegungen von den Geschichten, daß mir oft das Herz erzittert – und doch weiß ich gewiß, der Schulbauer steht so gut im Glauben wie ich, und der hat auch den rechten Weg gefunden.«

»Kennt Ihr den Schulbauer genauer?«

»Ei, ich denke wohl, war ich doch an die zehn Jahre bei ihm Hausmann, eh' ich mich in Bergheim ankaufte. Herr Schulmeister, so oft ich den Schulbauer nennen höre, möcht' ich die Kappe abtun! Ja, das ist ein Mann, so gibt's wenige! So herzensgut gegen jedermann, so gar kein Linsele stolz trotz seines Reichtums. Ich bin doch nur sein Hausmann gewesen und heute nur ein armes Kleinbäuerle, aber der Schulbauer mag mich sehen, wann und wo er will, er geht zu mir, bietet mir die Hand und redet mit mir wie mit seinesgleichen. Ja, dem Schulbauer hab' ich viel zu danken, der hat mir oft mit Rat und Tat geholfen. Eine Geschichte von ihm vergess' ich nicht, weil ich lebe. Der Schulbauer ist der beste Viehdoktor weit und breit, und er springt gern bei, vor allem aber der Armut. So wird er einmal zum Sülzdorfer Schuster gerufen, seine Kuh blähe gar arg. Der Schulbauer macht sich denn auch gleich mit Geräten und Instrumenten auf, und ich muß auch mit. Die Kuh ist in arger Gefahr, der Bauer arbeitet, daß er schwitzt, und endlich denkt man auch, es wird was besser mit dem Tier. Kommt die kleine Schulbauermagd gesprungen und ruft: ›Herr, geht geschwind heim, eine Kuh bläht!‹ Die Schustersleute heulen und jammern, aber der Bauer fragt bloß: ›Welche Kuh bläht?‹ ›Die alte Scheck!‹ sagt die Magd. ›Nikel, geh du heim und mach' das und das. Sag' meiner Lisbeth, ich wäre hier nötiger!‹ gibt der Bauer zur Antwort. Herr Schulmeister, dürft mir glauben, das Wort ist mir durch und durch 'gangen. Die Schusterskuh brachte der Bauer glücklich durch, seine eigene ist richtig gefallen, da kein zweites Blährohr im Dorf war. Wie der Bauer heimkommt, sagt er zur Bäuerin: ›Lisbeth, sei nicht bös', ich konnt' nicht anders. Sieh, unsre Kuh war alt und nicht viel wert, dort handelte sich's um ein junges Prachtstück; dann aber spüren wir den Verlust ja kaum, die Schustersleute aber hätten den Schlag jahrelang nicht verwunden!‹ Die Bäuerin sagte kein Wort, wie's so ihre Art ist, sie hat dem Bauer bloß die Hand gegeben. Freilich, die Bauern in der Gegend haben den Schulbauer deswegen viel verspottet, besonders der Jockenhannes konnte sich gar nicht wieder zufrieden geben, aber die Armen ehrten ihn nur um so mehr.«

»Was ging das den Jockenhannes besonders an?«

»Ei, Herr Schulmeister, kennt Ihr den Jockenhannes so wenig? Wie kann der eine gute Handlung unverspottet lassen? – Überdem besteht auch eine alte Feindschaft zwischen ihm und dem Schulbauer.«

Das Kind kam zum Großvater, beide Hände voll Schlehenblüten. Der Alte knotete sein blaugewürfeltes Taschentuch zum Bündel, füllte die Blüten hinein und sagte: »So ist's recht, mein Herzele! Wird sich deine Mutter freuen und erst gar die Fräle, bringst du den schönen Tee mit heim. So, mein Bäzele, nu geh hin und mach' das Bündele gar voll, ich wart' da beim Birnbaum – und nimm dich in acht, daß du dir an den Dörnern nicht weh tust.«

Fritz saß in tiefen Gedanken; sollte er den Alten über den Hannes ausfragen? Endlich fragte er: »Und wißt Ihr nichts über diese Feindschaft?«

»Ei nun, was man eben im Dorf so darüber munkelt. Und habt Ihr wirklich noch nichts darüber gehört?« Als Fritz verlegen verneinte, meinte Nikel kopfschüttelnd: »Ei, ja, Herr Schulmeister, nichts für ungut, aber ich muß mich ernstlich über Euch verwundern. Ihr müßt Euch doch auch gar nichts drum gekümmert haben, was um Euch vorgeht, sonst müßtet Ihr längst um die Geschichte wissen. Ja, 's ist 'ne dunkle Sach' und nicht gut drüber reden. Wie's im Grund geschehen sein mag, weiß niemand; was so unter die Leute kam, ist ungefähr das: Nach dem Tod des alten Herrnbauern, der gar ein ausbündig braver Mann war und mit seinen Kindern gar gut lebte – sein Valtin, der einzige Sohn, der jetzige Herrnbauer, hatte kurz vorher des Schulbauers Mariebärble gefreit, und der Schulbauer war hinwieder mit der Herrnbauerslisbet versprochen – also, der alte Herrnbauer war kaum begraben, so kommt der Jockenhannes und nimmt den Herrnbauerskrautacker in Anspruch. Er zeigt den Kaufvertrag und die Quittung über den Kaufschilling vor, aber der Herrnbauer und der Schulbauer verweigern den Acker abzutreten, nennen Vertrag und Quittung gefälscht, die ganze Geschichte einen Betrug. Danach kam es zur Klage und der Hannes, der Simesschuster und der Wagnerspaule haben beschworen, daß der alte Herrnbauer den Acker im ehrlichen Handel an den Hannes verkauft und auch den Kaufschilling bar erhalten habe. Seit der Zeit ist Todfeindschaft zwischen der Herrnbauersverwandtschaft und dem Jockenhannes.«

»Aber ich höre doch, die Herrnbauers waren schon immer wohlhabend, und die Krautäcker sind die besten Grundstücke in der Feldflur – was könnte den alten Herrnbauer bewogen haben, sein bestes Grundstück wegzugeben, noch dazu hinter dem Rücken seiner Kinder?«

»Grade so sagten die Herrnbauers, und ich kenne Leute, die heute noch so denken!«

»Großer Gott!« rief Fritz erschrocken aufspringend. »So hätte der Hannes falsch – –«

»Stille, Herr Schulmeister!« sagte der Alte und zog den Erregten auf seinen Platz zurück. »So was ist gefährlich zu denken, geschweige zu sagen. Der Bergbauer ließ einmal ein ähnliches Wort fallen, er wird keinem Menschen sagen, wie teuer ihm das zu stehen kam, trotzdem er damals Schulz war. Seht Euch vor, Herr Schulmeister, der Hannes hat Freunde in allen Ecken, die tragen ihm alles zu, und Ihr habt ja gesehen, die fürchten sich auch vor einem Eid nicht.«

Fritz war empört. Jetzt verstand er den Schulbauer und begriff seinen Zorn! – Und dieser Mensch wollte sich zum Apostel einer freieren Glaubensrichtung aufwerfen?

Der Alte hatte ihn nicht aus den Augen gelassen, jetzt legte er zutraulich die Hand auf seine Schulter und sagte: »Gelt, Ihr erschreckt auch, daß solch ein Mensch überall die Religion lästert und eine neue Lehr' aufbringen will? Nichts hat mich auch so sehr gegrimmt, als wenn ich sehen muß, wie die Nachbarn, die den Hannes doch so gut kennen wie ich, nun dortsitzen und die Augen aufreißen, wenn er seine Reden vorbringt, als habe er, Gott verzeih mir's, ein neues Evangelium verkündigt. Gott verhüt's, daß ich dem Hannes unrecht tu', man kann ja doch keinem Menschen ins Herz sehen – aber ich trau' ihm nicht, er meint's nicht ehrlich; um die Religion ist's ihm gar nicht zu tun. Euch vertrau' ich's,« fuhr der Alte fort und rückte näher an Fritz, »ich meine, der Hannes möchte seinem Gewissen entlaufen, drum will er den Herrgott vom Stuhl stoßen! – Denkt an mich, Herr Schulmeister, das End' wird's klarmachen!«

Fritz glühte. Das war ja fast wörtlich des Schulbauern Meinung. Plötzlich rief er: »Ist's wahr, sprengt er das Gerücht aus, ich sei sein heimlicher Anhänger?«

»Gesagt hat er dergleichen – ich hab's gleich nicht geglaubt!«

»Und welche Reden schiebt er mir unter?«

»Ei ja, habt Ihr auch davon gehört? Nun, feine sind's nicht, und wenn ich auch schon etwas vertragen kann, das wär' mir doch zu arg gewesen, zumal von einem Schulmeister, der doch seine Kinder in der Religion unterweisen soll. Aber ich sag's ja, ich hab' ihm gleich nicht geglaubt; denn wenn Ihr auch nicht so fest in der Bibel besteht, Ihr seid brav und fürchtet Gott, das merk' ich, wie Ihr meine Tichterle lehrt. Hätt' Euch schon lang' gern gewarnt: nehmt Euch vor dem Hannes, dem Simesschuster und besonders vor dem Wagnerspaule in acht. Sie möchten Euch gern vorschieben, daß Ihr die Kastanien für sie aus dem Feuer holt. Gebt Euch nicht dazu her, Herr Schulmeister, ich bitt' Euch. Nicht allein Euretwegen – tut's dem Dorf zulieb'. Ach, du lieber Gott, das Unglück ist so schon nimmer zu übersehen, aber es wird voll, wenn Ihr Euch zu ihnen schlagt. – Jetzt schon ist kein Treu' und kein Glauben mehr unter den Nachbarn – und alle Schlechtigkeit wird der Religion zur Last gelegt, hüben und drüben. Und es ist ein Unglück fürs Dorf, daß der Herr Pfarrer gar solch ein eifriger Herr ist; statt zum Frieden zu reden, gießt er mit seinen Strafpredigten Öl ins Feuer. Nun fehlt's bloß noch, daß die Verwirrung auch unter die Kinder gebracht wird. Ach, Herr Schulmeister, tut's nicht, bleibt standhaft!«

Fritz drückte dem Alten die Hand. »Nikel,« sagte er, »ich danke Euch, Ihr habt mir einen größeren Dienst erwiesen, als Ihr denken könnt. Und habt keine Sorge, ich stehe fest!« –

Wieder war es still auf dem Hügel. Die Wärme ward stärker, die Wölkchen über dem Gebirge vermehrten sich und stiegen höher, die Blütenblättchen rieselten zahlreicher nieder. Der Kuckuck schrie jetzt droben im Steinschrot, in den Weizenäckern wurden da und dort Wachteln laut und flatterten Lerchen in die Luft, jedoch noch ohne Gesang. Von Schottendorf klang das Mittagsläuten herab, und in Bergheim antworteten die Glocken.

Der Alte hatte die Hände gefaltet und blickte ernsthaft zu Boden; Fritz mochte ihn nicht stören, erst als das Geläute verstummte, begann er: »Nikel, Ihr habt mir einen großen Dienst erwiesen, aber nur erst einen halben. Ihr seid ein alter Mann, kennt den Hannes von Jugend auf, Ihr seht auch nicht bloß auf das Äußerliche. Tut mir den Gefallen und erzählt, was Ihr vom Jockenhannes wißt. Ich frage nicht aus müßiger Neugierde, und einen Mißbrauch Eurer Worte braucht Ihr nicht zu befürchten. – Kommt, tut's! – Und da, nehmt eine Zigarre, daß Euch der Mund nicht trocken wird.«

Nikel weigerte sich, endlich nahm er doch die Zigarre, wickelte sie jedoch sogleich behutsam in ein Papier und steckte sie in die Westentasche. »Die rauch' ich daheim, meine Alte soll sich auch darüber freuen und was davon haben!« nickte er, während er seine Tabakspfeife stopfte und in Brand setzte. Das Kind hatte wirklich das Tuch voll Blüten gepflückt und brachte sie jetzt dem Großvater, der ihm freundlich die Flachshaare glatt strich und sagte, es solle nun Schneckenhäuschen und glatte Steinchen suchen und damit spielen.

Dicke Dampfwolken von sich blasend, begann nach einigem Sinnen der Alte: »Ei ja, an den Rechten seid Ihr grad' 'kommen, Herr Schulmeister, und wenn ich alles erzählen wollt', was ich von dem Jocken weiß, in acht Tagen würden wir nicht fertig. Nun, habt nur keine Angst, werd' mich schon kurz fassen. Ja, ja, und schöne Dinge sind's auch nicht, die ich zu berichten hab'.«

Der Alte wiegte den Kopf sinnend und drückte den Tabak in seiner Pfeife nieder. »Werd' ein bißle weit ausholen müssen, 's geht nicht anders. Die alten Jocken waren blutarm und lange Jahre Hausleut' beim Herrnbauer. Weiß noch recht gut, wie der Jock meinen Alten, der doch auch nur ein Tagelöhner war, oft um eine Pfeif' Tabak angesprochen hat. Obgleich sie beim Herrnbauer warm saßen, wollt' es doch nicht vorwärts bei ihnen; beide waren liederlich. Urplötzlich wurde das anders. Der Jock bezahlte seine Schulden, schaffte sich und seiner Frau Kleider und ließ Geld sehen, kaufte – kein Mensch erfuhr, wovon – das Stephanshäusle draußen vorm Dorf, richtete einen Bier- und Schnapsschank ein und hatte bald argen Zulauf. Freilich, das Bier und der Schnaps taten's nicht; ach, Herr Schulmeister, was für Elend kam aus dem Häuschen übers Dorf! Die Weiber verfluchten die Jockenlies und spuckten vor ihr aus – aber was half's? Die Männer ließen doch nicht von dem Häusle und prügelten die Weiber, wenn sie das nicht ruhig geschehen lassen wollten. Wen die Jockenlies nicht lockte, den zog das Spiel ins Jockenhaus. Ach, es ging toll her damals! Der Veitenbauer verspielte an einem Abend zwanzig Krontaler, die er für einen Stier eingenommen hatte; der Türkenhenner den Erlös für zwanzig Simmern Weizen. Der Kirchbauer könnte heute noch in seinem Hof sitzen, hätt' er sich nicht mit dem verfluchten Spiel eingelassen – Ihr werdet gehört haben, wie er sich an Gemeindegeldern vergriff, und welch elenden Tod er fand. So könnt' ich noch viel berichten – doch um es kurz zu machen: Bergheim nahm ab, der Jock aber zu. Der Kirchbäuerin gefiel es nach dem Tod ihres Mannes nimmer in Bergheim; wahrscheinlich auch um der Schande aus dem Wege zu gehen, verkaufte sie ihren Hof. Könnt Euch das Aufsehen denken, als ihn der Jock erstand und fast ganz bar bezahlte. Der Jock war nun auf einmal ein großer Hans – Geld verdeckt ja jede Schande. Aber einen Gefallen taten ihm die Bergheimer doch nicht; wie nahe er es ihnen auch legte, keiner nannte ihn Kirchbauer, er blieb der Jock, und sein einziger Bub der Jockenhannes, bis auf den heutigen Tag.

Im Kirchbauernhaus trieb er die Wirtschaft erst ins Große, legte eine Brauerei an, und sein Hannes kam nach der Konfirmation zu einem großen Bierbrauer in die Stadt in die Lehre. Dummheiten brachte der Hannes genug mit ins Dorf zurück, sonst muß er aber nicht viel profitiert haben, denn er kümmerte sich wenig um Brauerei und Wirtschaft, er betrieb bloß Ökonomie. Nach dem Tod seiner Eltern, die in den besten Jahren rasch nacheinander wegstarben, ließ er die Brauerei und die Schenkwirtschaft eingehen.

Bald zeigte sich's, wo der Fuchs lief. Der Hannes wollte die Schande seiner Eltern vergessen machen und sich in große Bauernfamilien eindrängen. Klein fing er nicht an: kurz nacheinander bewarb er sich um die Herrnbauerslisbeth und um das Sülzdorfer Schulbauernmariebärble. Da griff er jedoch in die Nesseln. Wer weiß, ob sein Haß gegen die Herrn- und Schulbauers sich nicht von der Gelegenheit datiert?

Einen Verdruß ließ sich der Fuchs nicht merken, lachte, und auf einmal war er mit der Beckenmargelies versprochen. Sie war freilich viel älter als der Hannes, aber reich, und in eine große Bauernfamilie kam er nun doch. Eine glückliche Ehe ward es nicht, du lieber Gott, ich hab' es der Margelies von Herzen gegönnt, als sie ein baldiger Tod von ihrem Leiden erlöste.

Der Hannes trieb es schlimm, oder vielmehr in der einen Sache treibt er's heute noch schlimm. Er wollte der Reichste im Dorf sein und bei seinem großartigen Leben verbleiben, drum legte er sich aufs Geldverleihen. Ich sag' Euch, Herr Lehrer, der Hannes ist der schmutzigste Wucherer, den es geben kann. Ich red' aus Erfahrung, er hat mich auch einmal in den Krallen gehabt, und nahm sich der Schulbauer nicht meiner an, war ich ein verlorner Mann. Wen er einmal hat, den läßt er nicht los, den saugt er aus, langsam aber sicher. Und schlau fängt er seine Sache an, er hat mit den Gerichten nicht gern zu tun, aus Gründen. Sein Handel mit den Herrnbauers hatte doch großes Aufsehen erregt, auch im Amt, und danach kam noch ein böser Handel dazu.

Der Hannes war schon als Bursch ein Wilder, kein Mädchen war vor ihm sicher, und auch im Ehestand trieb er das alte Unwesen. So hieß es denn auch, der Hannes habe Umgang mit der Einzelberger Schäferin, was ein junges, ansehnliches Weiberleut' war. Macht sich danach das Jungvolk ein Vergnügen daraus, den Einzelberger Schäfer im Wirtshaus zu hänseln. Der Schäfer mußte wohl noch nichts von seiner Schande wissen; wie toll und wütend fuhr er auf, unter greulichen Flüchen verschwur er sich: bewahrheite sich das Gerede, mache er sie und ihn kalt, möge ihm dann geschehen, was da wolle. Noch ganz außer sich, verließ er das Wirtshaus – am andern Tag fand man ihn tot in seiner Schäferhütte.«

»Allmächtiger!« rief Fritz entsetzt.

»Ja, ja! An einen Unglücksfall war nicht zu denken, der Schäfer war gewaltsam erdrosselt. Uhr und Geld fehlten, auch sein Messer – das fand sich nachher aufgeklappt und blutig unter dem Bett seiner Frau. In der Hütte konnte er nicht erdrosselt worden sein; wo aber die Tat geschehen, wußte und weiß nur Gott im Himmel – den Hannes und Uhrmacherle ausgenommen, vielleicht! – ein Regen, der in der Nacht einfiel, hatte alle Fußtritte verwaschen.

Die Schäferin aber war völlig von Sinnen, saß auf ihrem Bett und weinte, kein Mensch brachte ein Wort aus ihr heraus, die Doktoren sagten, sie sei von Gedanken. Noch während der Untersuchung tat sie sich ein Leids.

Ach, waren das Zeiten! Das verstörte Wesen der Frau, das offene Messer unter dem Bett, die Vorgänge im Wirtshaus am Abend, ehe der Mord geschah, das Verhältnis zur Schäferin warfen einen bösen Verdacht auf den Hannes, und es dauerte nicht lang', so kam er in Untersuchungshaft. Wie ihn die Gendarmen abführten, brach die Margelies zusammen, von da an hat sie sich nicht wieder erholt.«

Dem Alten war längst schon die Pfeife erloschen, erschöpft schwieg er und spielte im Haar des Kindes, das zu seinen Füßen saß und leere Schneckenhäuschen auf Stäbchen reihte. Fritz sprang auf und fragte: »Und wie widerlegte Hannes den Verdacht?«

»So, daß auch kein Untädele an ihm hängen blieb. Ja, ja, Herr Schulmeister, wir Bergheimer erstaunten damals auch nicht wenig, als der Uhrmacherle auftrat und für den Hannes zeugte. Nach seiner Aussage waren sie am selben Abend, da der Mord geschah, in Schottendorf zusammengetroffen, waren in verschiedenen Wirtshäusern geblieben bis spät in die Nacht, dann nach Sülzdorf gegangen, wo sie wieder einkehrten. Sie seien da schon nicht mehr ganz nüchtern gewesen, in Sülzdorf seien sie vollends lustig geworden und geblieben bis an den hellen Morgen. Der Uhrmacherle beschwor, daß der Jockenhannes in der Nacht vom Sonntag auf den Montag nicht von seiner Seite gekommen sei. Die Aussage der Wirte, die auch beigezogen wurden, stimmte damit überein; nur wollten die Schottendorfer Wirte im Anfang behaupten, der Hannes und der Uhrmacherle könnten nicht bis in die Nacht sich bei ihnen verhalten haben, überhaupt wollten sie sich nicht recht auf den Uhrmacherle besinnen können. Da sie das aber nicht mit Bestimmtheit zu behaupten wagten, zuletzt gar einer den Hannes und Uhrmacherle noch spät unter seinen Gästen bemerkt haben wollte, so wurde der Hannes von der Anklage gänzlich freigesprochen.«

Fritz atmete schwer. »Ja, ja,« fuhr der Alte seufzend fort, »freigesprochen ward der Hannes wohl, aber der Verdacht blieb; kam doch auch manches dazu, was ihn immer wieder erneuerte. So mied der Hannes von der Zeit an Einzelberg und machte weite Umwege, um es nicht zu betreten; die Worte ›Mord‹ und ›Mörder‹ kann er schon gar nimmer hören. Das Auffällige aber war, daß der Uhrmacherle nach einiger Zeit seine Schulden bezahlte und Geld sehen ließ – kein Mensch wußte, wie er dazu gekommen war. Das gab viel Gerede. Aber die Schäferin war gestorben, beweisen konnte man doch nichts – und so verlief die Geschichte im Sand, und es wuchs Gras darüber.

Eine Zeit war der Hannes nun recht still und demütig, kam wenig unter die Leute, es hieß, er wäre krank. Um diese Zeit starb unser alter Pfarrer, ein guter Herr, der sich wenig um die Welt kümmerte und darum auch mit niemand in Verdruß kam. Sein Nachfolger war ein junger Herr aus der Stadt, der eine grausam vornehme Frau mitbrachte und erschrecklich reich sein sollte. In dem stillen Pfarrhaus wurde es nun lebendig; eine vornehme Gesellschaft jagte die andere, die Gastereien nahmen kein Ende, von Amtleuten, Advokaten, Kaufleuten und Förstern ward das Haus nicht leer. Die Nachbarn schüttelten zuerst die Köpfe; als aber das Treiben immer toller wurde, da entstand eine Spaltung im Dorfe. Die Liederlichen lobten den Pfarrer und ahmten ihm nach, die Rechtschaffnen klagten ums Dorf. Und der Pfarrer trieb's wirklich toll, nicht nur im Haus; die wildesten Pferde ritt er wie der Teufel, und in allen Jagdrevieren war er, glaube ich, besser bekannt als in seinen Büchern. Seine Predigten wurden immer kürzer, oft mußte der Schulmeister für ihn lesen, und ernste Männer begannen auswärtige Kirchen aufzusuchen.

Einen starken Anhang hatte der Pfarrer natürlich auch – und der Jockenhannes war der eifrigste darunter. Er wurde wieder lebendiger, der Hannes, führte das große Wort und war womöglich noch ehrsüchtiger als zuvor. Der Pfarrer mochte ihm gefallen, er suchte an ihn zu kommen, und es dauerte richtig nicht lange, so war er der tägliche Gast im Pfarrhaus.

Die Freundschaft mit dem Hannes hat dem Pfarrer viel geschadet; wer was auf sich hielt, mochte nun gar nichts mehr mit ihm zu tun haben. Darum kümmert sich der Pfarrer nichts, und der Hannes war so recht in seinem Element. Er kleidete sich jetzt vornehm, und seine Line ging nicht mehr in die Schule, sie kriegte ›Stunden‹, wie sie's hießen, mit den Pfarrfräl'n zusammen beim Hauslehrer; auch Geige und Klavier mußte das arme Wurm lernen.

Mit der Zeit hörten die Gastereien im Pfarrhaus auf, die fremden, vornehmen Besuche blieben aus. Der Pfarrer hing sich jetzt ganz an den Jockenhannes und wurde sogar mit dem Wagnerspaule und Simesschuster spezial. Was die drei so oft im Pfarrhaus trieben, weiß ich nicht; was Gescheites wird's wohl nicht gewesen sein. So nach und nach begannen sie sich über die Religion lustig zu machen und verspotteten im Wirtshaus den Glauben, ließen auch merken, daß sie im Pfarrhaus noch ganz anders redeten. – Seht, das war der Anfang, und seit der Zeit ging der Unfug fort bis heute!

Das machte wieder viel Rumor, der Herrnbauer und Bergbauer redeten sogar von Beschwerden gegen den Pfarrer. Das kann ihm nicht verborgen geblieben sein; der Hannes wurde nun auch von Tag zu Tag hoffärtiger, er behandelte den Pfarrer beinahe wie seinesgleichen – kurzum, der Pfarrer begann auf einmal über Bergheim zu klagen und meldete sich weg. Bald danach ward er auch richtig nach Gersdorf versetzt, und allen Leuten fiel auf, wie gleichgültig der Hannes, Wagnerspaule und Simesschuster von ihm Abschied nahmen.

Und nun kam die traurige Zeit über Bergheim, in der wir noch stehen. Der Hannes nahm sich nun gar kein Blatt mehr vors Maul. ›Wißt Ihr, warum der Pfarrer so Knall und Fall fort ist? – Ich hab' ihm in die Karten geguckt, drum traut er nimmer!‹ Das war der Anfang, wie's weiter ging, nun das habt Ihr ja von ihm und seinem Gelichter selber oft erfahren. Damals sprach er es zuerst offen aus, die Religion sei eine Erfindung der Großen, das Volk in der Dummheit zu erhalten; die Pfaffen selber glaubten nicht, was sie lehrten, und lachten über die Brummochsen, die sich am Narrenseil führen ließen. – Ja, Herr Schulmeister, wäre der vorige Pfarrer ein richtiger Mann gewesen, 's kann sein, daß die Nachbarn dem Hannes das Maul gestopft hätten; so aber, was konnten sie ihm erwidern? Und der Leichtsinn war auch schon größer geworden im Dorf; das schlimmste war, der Hannes hatte die meisten Nachbarn am Bändel, und sie mußten sich vor ihm fürchten. So war er Meister Matz im Wirtshaus, und die ernsthaften Männer, da sie nichts gegen ihn ausrichteten, blieben lieber ganz weg.

›Gar keine Pfaffen mehr, bei uns und auf der ganzen Welt keine mehr, das wäre das Rechte!‹ lärmte er; da er sie aber doch nicht abschaffen konnte, hetzte er an den Nachbarn, sie sollten doch wenigstens keinen Schwarzen, keinen Pietisten ins Dorf lassen. Ging wild her damals im Wirtshaus. Wie's so geschieht bei Vakanzen, allwöchentlich brachten die Marktleute Nachrichten mit heim, und es war schier kein Pfarrer mehr im Ländle, von dem es nicht geheißen hätte, er kommt nach Bergheim. Dann gab's stets großen Rat im Wirtshaus; der Hannes und seine Speziale sorgten dafür, daß kein gutes Haar an dem Geistlichen blieb, und zuletzt wurde festgesetzt: den nehmen wir nicht. Schlimm waren sie alle, aber der Allerschlimmste war der Großbeersdorfer. ›Nur den nicht!‹ lärmte der Hannes. ›Nur den nicht! Das ist der Schwärzeste unter den Schwarzen landauf, landab! Das Dorf ist ruiniert, kommt der 'rein!‹

Und nun hieß es: der Großbeersdorfer Pfarrer kommt nach Bergheim! – und dasmal war's auch richtig. Der Hannes spie Feuer und Flammen, er kam fast nicht aus dem Wirtshaus heraus, den Bauern machte er himmelerdenangst vor dem neuen Herrn, täglich wußte er neue Geschichten von seinem Eifer und seiner Strenge zu berichten, und als handele es sich um seine eigene Seligkeit, schürte er, man solle Eingaben an die Regierung machen, und wenn das nichts hülfe, mit Einmut erklären: den nehmen wir nicht! Viele waren auch nicht abgeneigt, aber als der Hannes beim Unterschreiben den Kopf durch die Schlinge ziehen wollte, lachten die andern und traten auch zurück.

Obgleich er tüchtig ausgelacht wurde, ließ der Hannes das Hetzen doch nicht. ›Katholisch will er euch machen, an die Jesuiten und Freimaurer verkaufen! Paßt auf, das dauert nicht lang', so führt er die Ohrenbeichte ein, für jeden krummen Tritt müßt ihr euch mit schwerem Geld loskaufen. Am Sonntag müßt ihr singen und beten, daß ihr die Angst kriegt; mit Kirmse und Tänzen ist's vorbei!‹ – Das wiederholte er Tag für Tag. Zuletzt glaubte ihm wohl niemand, aber als erst ein paar Großbeersdorfer in der Stadt bei Bergheimern lästerlich über ihren Pfarrer loszogen, bekam Hannes Oberwasser. Alles schimpfte auf den neuen Herrn, und im Wirtshaus wurde ausgemacht, dem Pfarrer allen Arger anzutun, bis er klein beigebe; und besonders dürfe niemand in die Kirche, das würde am ersten wirken!

Der Pfarrer, dem hinterbracht sein mochte, wie in Bergheim über ihn losgezogen wurde, hielt in aller Stille seinen Einzug, und nun spannte alles auf den nächsten Sonntag.

Ja, Herr Schulmeister, da mußte ich doch fast lachen! Die Kirche war gerappelt voll, der Hannes und sein Anhang auf den vordersten Bänken, und es war so still in der Kirche, man hätte fast das eigne Herz schlagen hören.

Ich wußte wohl, daß der Hannes nur da war, um den Pfarrer zu belauern; aber dasmal lauschte er vergebens, er konnte kein Häckeln an der Predigt finden. Wär' unser Herr Pfarrer auf dem Weg geblieben. Ja, nach der ersten Predigt war der Hannes gar still, er hat sich kaum zu sagen getraut: wartet's ab! Wie aber der Pfarrer in seinen Eifer verfiel, dann war der Hannes wieder Meister Matz – wie's jetzt im Dorf steht, wißt Ihr selber.«

Der Lichtennikele klopfte bedächtig seine Pfeife aus, strich dem Kind die Haare glatt und klopfte die Erde aus seinem Kleidchen. In Bergheim läutete es eben das zweite Zeichen für den Nachmittagsgottesdienst. Der Nikele stand auf und dehnte die steif gewordenen Glieder zurecht. »Haben nichts übrig, Herr Schulmeister, wollen wir noch in die Kirche kommen. Geht Ihr mit den obern Weg?«

Fritz drückte dem Alten die Hand und dankte ihm im Weitergehen für den großen Dienst, den er ihm geleistet. Es sei ihm selbst unbegreiflich, wo er seine Augen gehabt; heute erst habe er gemerkt, was eigentlich vorgehe, und nun sei er sich wie verloren vorgekommen.

Nikel hatte den Zweig in den Mund genommen und nickte still. Mit schlauem Lächeln meinte er: »Ja, Ihr habt mich oft gedauert, wenn Ihr umschichtig gar so freudlos und einspännig 'rumgangen seid. Nichts für ungut, ich mein', ich kenn' Eure Raupen. Ihr möchtet weiter fliegen, höher 'nauf, haltet Euch zu gut für die Bauern. Hab' ich's getroffen? – Ei, ich nehm' das von mir selber ab. Hab' auch einmal gemeint, ich sei zu gut für einen Hintersitzer und Kühbäuerle, müßt auch höher 'nauf und im Wirtshaus bei den Großen sitzen. Jetzt seh' ich freilich: ein richtiger Kühbauer ist so nötig in der Welt, wie ein Hofbauer. Wenn alles an den Herrentisch drängt, wer soll an der Tür sitzen? und ist doch dort ein gutes Wort so nötig und oft unverlorner als droben – nichts für ungut! Herr Schulmeister, ich hab' Euch lang schon danken wollen, daß Ihr Euch mit Freundlichkeit der Kinder annehmt und keinen Unterschied macht zwischen arm und reich. Ich kann Euch nicht sagen, wie mir das immerfort in die Seel' 'nein wohltut. – Ich bin ein armer Mann und kann Euch nichts zugut' tun für Eure Müh' und Eure Plag', aber bitten möcht' ich Euch: geht nicht von Bergheim fort! Guckt, wenn Ihr nur erst eingewurzelt seid, dann wird es Euch auch bei uns gefallen. An Freundschaft wird's Euch nicht fehlen, der Schulbauer hält große Stücke auf Euch, und das ist ein Mann, solch einen gibt's auf der ganzen Welt nicht wieder. Mit dem werdet Freund, dann seid Ihr geborgen. Aber vor dem Hannes nehmt Euch in acht, das ist ein wilder, gewaltsamer Mensch. Und so großartig er sich stellt, der Wagnerspaule steckt ihn doch zehnmal in den Sack, und er merkt's gar nicht. Ja, vor dem Paule und Sime hütet Euch, das sind Heimtücker. Und nehmt mein Schwatzen nicht ungut, was ich sag', kommt aus aufrichtigem Herzen. – – Ja, beinah' hätt' ich's vergessen: Der Uhrmacher ist ein Klatschmaul und Zuträger in der Pfarr'. Und wenn Ihr mein Haus nicht verachten wollt, soll mir's 'ne große Ehr' sein!«

Die Männer schüttelten sich nochmals die Hand und trennten sich.


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