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Des Lebens hohes Lied.

Ein Januarmorgen in leuchtender Sonnenschönheit, weit offene Fenster, die ersten Veilchen. Frühlingstraum! – In meinen Armen ein Menschenfrühling: Das kleine Mädchen war da. Ich hörte sein winziges Herz stark und lebenswillig pochen an dem Meinen. Es ist nicht denkbar, in Worte zu fassen, was eine Frau empfindet in solcher Stunde. Mutterschaft ist höchste Religion, höchste Erfüllung.

Nur zweimal in meinem ganzen Leben, als das erste Stück, das ich geschrieben, auf der Bühne lebendig wurde, Widerhall fand, und als mir das Kind geboren wurde, habe ich das seltsame Flügelrauschen eines wirklichen Menschenglücks empfunden, des Erdenlebens hohes Lied. Und ich muß schweigen über diese Augenblicke. Sie sind zu sehr allem Unerforschlichen des Daseins verbunden, des Menschenlebens letztem Kern.

Die äußeren Umstände dieses Erlebens waren denkbar lustig. Es kam so weit; mein Mann drüben in seinem Zimmer ahnte nichts, als ich mit vielen gemurmelten »unerhört! unerhört!« meine notwendigen Kämpfe durchmachte. Der kleine Gegenstand, meine neue Welt, wurde fein gemacht, bekam sogar schon einen Kamillentee; wurde gewickelt wie ein Striezel; dann erst, nach zwei Stunden dieser bewegten Morgenfrühe klopfte man sacht an beim »Herrn Baron«, bat ihn in düsteren Tönen doch einmal herüber. Er stöhnte: ach es geht los; er kam sehr langsam.

An der Türe aber stand die Wackere aus der Heimat, die alles wohl durchgeführt und streckte ihm wortlos das Paketl entgegen, wie es später auf den vielen Reisen hieß: unser Paketl. Mein Mann war sprachlos. Ich muß den Respekt beiseite setzen und gestehen, er schaute dumm drein, das einzige Mal in seinem Leben. Er wich abwehrend von dem quieksenden Paketl zurück, bis die Panholzerin flötete: Aber Herr Baron! Es is' ja schon da, passiert ja gar nix mehr. Ich aber lag da mit einem gesunden Größenwahn über dieses neueste meiner Werke, das mir am Besten von allen gefallen hat. Darin hatte ich gewiß auch recht. –



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