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Tod und Teufel,

das sind ein paar gute Kameraden: Macht der klapperdürre Knochenmann irgendwo seine Visit, so läßt der andere nit lang auf sich warten und will gleich bei der Gelegenheit anfragen, ob er kein gutes Geschäft machen und sich seinen Braten holen kann.

Als Adam und Eva an dem verhängnisvollen Apfelbaum, an dem die verbotene Frucht hing, sich eine Weile besonnen haben, ob sie wohl davon essen sollten (denn Gott der Herr hatte ihnen gesagt: so sie davon äßen, würden sie des Todes sterben), redete ihnen die Schlange, so der Teufel gewesen, zu und wollte ihnen weiß machen, daß ihnen die Augen erst aufgehen würden, wenn die Frucht genossen wäre. Nachdem sie nun dem Trug der Schlange gefolgt waren, da wurden sie erst sterbliche Menschen und seit jener Zeit haben Tod und Teufel gar feste Freundschaft geschlossen. Aber das ist noch das Gute bei der Kameradschaft für uns, daß wir nach dem Ausspruche Gottes und infolge der Sündhaftigkeit unserer Stammeltern allerdings alle samt und sonders, König wie Bauer, dem Tod anheimfallen, um in ein neues Leben einzugehen, damit aber noch nicht gesagt ist, daß wir dem Teufel angehören, so wir nit selber gewollt haben. Das hat gute Wege. An unserm Sterbebettlein steht auch unser heiliger Lebensengel, der in ein Büchlein unsere guten Werke und was wir etwa sonst noch Liebes im Sinne hatten mit goldnen Lettern eingeschrieben, wogegen der Satan auch sein schwarzes Register in den höllischen Krallen hält. Nun wird die himmlische Gerechtigkeit den Spruch sprechen; da müssen wir uns freilich gefaßt machen.

Die Alten, die nicht so dumm waren, wie man es uns von Seite gewisser »aufgeklärter« Herren vormachen möchte, haben darum den Tod des Menschen gar hübsch bildlich dargestellt, wie ihr es selbst in Kirchen oder Kapellen gesehen haben mögt, und zwar wie ein Sterbender auf dem Lotterbettlein seine Seele aushaucht, um die sich Engel und Teufel streiten, wo dann nach bewandten Umständen der eine oder der andere den Sieg davon trägt. In einem uralten Buche fand ich einmal eine Geschichte, die ich euch hier erzählen will:

»Ist einmal in einem dunklen Tannenwald der Teufel, Satanas genannt, gewandelt, um etwan eine arme Seel' zu fangen und war aber selber gar unwirsch, daß er so lang keine gefischt hat. (Jetzt ging's nit so rar her, denk' ich mir.) Da ist ihm der Tod, genannt Mors, auf dem Weg begegnet und fragt: Wo aus in die Welt? sagt ihm der Teufel: Möcht' eine arme Seel holen, ist aber der Galgen schon lang wieder leer. Sagt der Tod: Da mag ich dir helfen, denn ich geh' zu einem, so dir reif ist. Da macht der Teufel vor Freud' einen höllischen Katzensprung und schnalzt mit der feurigen Zunge, daß es durch die Bäume blitzt. Sie gehen des Wegs zusammen in eine Stadt, allwo sie vor einem Häuslein still steh'n; schauen durchs Fenster hinein. Da klappert's gewaltig, denn sitzt einer drinnen, so Goldgülden und andere kostbare Münzen in viel Kisten und Kästen hin- und herzählt, und dabei für sich hinsagt: O du schönes Gold, o du klingendes Labsal, wie erfreust du mein Herz! Was kümmert's mich ob derer, die draußen darben und hungern, gönn' ich mir ja selber kaum einen Bissen; aber ich nähre mich am Schimmern und Blinken des edlen Schatzes Tag und Nacht! den soll mir wohl kein Dieb rauben, denn mein Geschloß und Riegel sperrt gut und mein Hündlein ›Hungermaul‹ wacht. Allwie er nun so mit sich selber red't, und dabei wieder ein Säcklein Goldmünzen zubindet, fängt das Hündlein ›Hungermaul‹ zu bellen an. Durch die verschlossene Tür tritt der Tod ein und spricht also zu dem Geizhals: Allnun mußt du deinen Schatz fahren lassen und mit mir geh'n. Als aber der Geizhals fragen wollt', wer es sei, so ihm so gröblich begegnet, hatt' ihn selbiger schon beim Röcklein gefaßt und einen sanften Schlag auf das Haupt geben, worauf er tot niederfiel auf seine Goldkisten. Da sprang nun der Teufel gar schnell zum Fenster herein und fuhr mit ihm ab, was denn zum löblichen Beispiel dienen möge, wie der Geiz ein abscheulich Laster ist und alle guten Qualitäten, so ein Mensch haben könnt', verschlingt oder verdunkelt, so daß der höllische Drach', der allenthalben auf die Sterblichen fahndet, ohne weiters und mit Zulassung des himmlischen Richters seine Beut' mit sich wegschleppen kann.«

Hüte sich denn ein jeder, daß nicht Tod und Teufel gleich in Kompagnie hantieren; und da ist ein gutes Gewissen das beste Schutz- und Trutzmittel, damit wir ruhig einschlafen können, und wenn wir Reu und Leid machen (was doch so beiläufig allabendlich geschehen soll), uns der Barmherzigkeit Gottes getrost anempfehlen dürfen, für den Fall, daß es der letzte Schlaf wäre und wir auf dieser Welt nimmer aufzuwachen hätten. Davor ist ja keiner sicher und ist manchem schon gegangen wie jenem argen Wüstling und Schlemmer, der bei einem Saufgelage, das er mit seinen Genossen gehalten, auf des Teufels Gesundheit getrunken hat, am andern Morgen aber tot in seinem Bett gefunden worden, wo ihm denn freilich sein Frevel vergangen sein mochte, aber wohl zu spät! nämlich daß einer in vermessenen Gedanken sich zur Ruhe gelegt und nicht mehr aufgestanden ist, als die Morgensonne durch sein Fenster hineingewinkt hat mit ihren freundlichen Strahlen. So aber vielmehr möge uns der Tod kein Schreckbild sein, sondern immer willkommen, wenn es der liebe Gott für gut hält, daß er uns aus diesem irdischen Reiche abrufe, und wenn ihr dann über den Kirchhof geht, wo gar manches Liebe unter einem Hügel liegt, seht ihr ja auf jedem Grabe auch das Kreuz stehen, das Zeichen der Erlösung und Gnade, auch ein Baum, der seine Aeste ausbreitet, uns wieder in ein himmlisch Paradies aufzunehmen, wie es ein Baum gewesen, an welchem Adam und Eva zunächst gestanden waren, als der Versucher sie lockte, in jenem Paradiese, das sie und wir durch sie und mit ihnen verloren.

Der gestrig' Tag, der ist vergangen,
Den heut'gen drum tu' wohl anfangen,
Der morgige ist dir verborgen,
Sollst allzeit für den Todfall sorgen.


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