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Die christkatholische

Kirche

besteht seit der Zeit, als ihr allerheiligster Stifter, unser Herr Jesus Christus, zum Apostel Petrus gesagt hat: »Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich bauen meine Kirche und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen.« Und er hat sie gebaut, und sie ist stehen geblieben unerschüttert, trotz aller Anfeindungen aller Zeiten – wahrlich ein wunderbares geistiges Bauwerk! was aber die sichtbaren Kirchen anbelangt, von deren Türmen herab uns das Glockengeläute zum Gebete ruft, sei's, daß wir uns zu irgendeiner heiligen Handlung dort einfinden oder auch heraußen im Freien des Morgens, Mittags und Abends unser Hütlein abzieh'n und die Hände falten was diesen Bau anbelangt, so stund es freilich darum im Anfänge der Christenheit gar schlecht, wißt ihr ja selbst, wie die ersten Christen von Juden und Heiden verfolgt wurden, wie sich nur im Verborgenen die Gemeinde versammeln konnte, um Gott zu dienen nach Christi Lehre; kurz, in jenen Zeiten gab es wohl schon eine Kirche – d. h. eine geistige Gemeinde, aber noch keinen Kirchenbau. Unter einzelnen römischen Kaisern durften sich die Christen wohl in Wohnhäusern versammeln, aber auch nicht immer; ja, sie mußten ihren Gottesdienst in unterirdischen Räumen halten, deren Ueberbleibsel noch die sogenannten Katakomben sind, zu Rom und an anderen Orten, unterirdische Gänge und Höhlen, woselbst auch die ersten christlichen Begräbnisstätten waren. Kaiser Konstantinus erst (welcher im Jahre 337 starb, nachdem er sich zum Christentume bekehrt hatte) gab dem christlichen Glauben Freiheit und Oeffentlichkeit, und in seinem Zeitalter war eine der ersten Kirchen die Salvatorkirche zu Rom, der Lateran genannt, weil sie zuvor der Palast des Geschlechtes der edlen Lateranen gewesen und aus diesem in die Kirche des goldenen Heilandes umgewandelt wurde, also genannt wegen ihrer reichen güldenen Verzierungen. Zugleich erhoben sich dann zu Rom die schönen Kirchen: der Vatikan oder St. Peter, St. Paul, St. Laurenz, St. Agnes u. a. m. In Deutschland begann der Kirchenbau unter Karl dem Großen zu blühen, also im achten Jahrhundert.

Wie alles in dem katholischen Leben auf gemeinsamer Grundlage beruht und alles wie aus einer Blüte sprosset und wachst, so hat sich auch der Bau der Kirchen nach gewissen Grundsätzen und Vorschriften regeln müssen und dabei blieb's und bleibt's in der Hauptsache noch. Von Anbeginn an besteht jede Kirche aus drei Hauptteilen: 1. der Opferstätte, 2. dem Raume für die Gemeinde und 3. der Vorhalle (Vorhof), und zwar zumeist in Form der Kreuzesgestalt. – Die Opferstätte oder das Chor, wo der Altar erhaben steht, ist dem Osten oder Aufgang der Sonne zugewandt, damit die Betenden ihr Antlitz gegen Christus, d. h. den recht eigentlichen Aufgang der Sonne, gerichtet haben. Der Raum für die Gemeinde war in drei Teile (Schiffe) geteilt: rechts für die Männer, links für die Weiber, getrennt durch das sogenannte Mittelschiff. Der Vorhof – die Vorhalle – war zum Eintritte bestimmt und in früheren Zeiten für jene, welche infolge angeordneter Kirchenbuße die Kirche selbst nicht betreten durften. Diese Einteilung könnt ihr heutzutage an allen größeren Kirchen beobachten. Was die Kirchenbußen anbelangt, wurden sie im Verlaufe der Zeit von den Päpsten gemildert, durch Ablaßgewinnung ergänzt oder abgeschafft; dürften aber jetziger Zeit wohl gar viele in der Vorhalle heraußen zu stehen haben, wenn's noch so streng herging, anstatt daß sie drinnen bei den andern knien! Wie dem auch sei – ist es nicht eine schöne Sache, daß wir jetzt unsere Kirchen allenthalben haben und unser bedrängtes oder freudenvolles Herz hineintragen können vor den Altar des Herrn, ungefährdet und ungestört, während viele Tausende vor Zeiten gemartert und getötet worden, weil sie in die Kirche gingen, d. h. den christlichen Glauben öffentlich zu bekennen sich nicht scheuten! Daran denkt auch selten einer, wenn er des Sonntags an der Kirchentüre das Weihwasser nimmt; wär' aber nicht übel, wenn er sich dieser Gnade Gottes gelegentlich erinnern wollte. Der Brauch, daß in unseren Kirchen viele heilige Bilder und Figuren, ja sogar die Fensterscheiben bunt bemalt sind, hat wohl auch seinen herrlichen Zweck; denn es kann der Andächtige vom Gebete ausruhen und sich in frommer Betrachtung an all' den Gegenständen erfreuen, die ihm da vor Augen stehen, und hat er sich eine Weile daran erquickt, so mag er wieder in sein Büchel schauen oder sonst ein heiliges Gebet anheben.

Die herrlichen altdeutschen Kirchen, deren mancher von euch wohl gesehen haben mag, in welchen die Säulen wie mächtige Baumstämme eines Waldes dastehen und sich oben in ein Geäste verzweigen, durch das ein gestirntes Himmelsgewölbe blickt, die vielen Vöglein und andere Tiere, die zur Verzierung dienend, aus dem Laubwerk herabschauen – diese wunderbaren Kirchenbauten sind das Sinnbild der katholischen Lehre, in welcher alles Natürliche vergeistiget werden soll zu Gottes Lob und Preis, wie auch die Hauptabschnitte des menschlichen Lebens durch die heiligen Sakramente eine besondere Weihe erhalten.

Eine gar schöne Legende erzählt, daß die Kirche von Engelstein in Ostpreußen, die tief im Walde gelegen ist, von selbst entstanden sein soll, indem sich die dichtstehenden Bäume als Säulen und Wände geordnet und ihre Aeste zum Dache verzweigt haben. Wo aber eine große Kirche gebaut worden, da findet sich meistens eine Sage vom Teufel dabei, nämlich von seinem Aerger und Zorn über das Gelingen des Baues. Zu München fährt er dieweilen als Sturmwind um die Liebfrauenkirche herum, zu Regensburg hat er den Baumeister vom höchsten Dache herabgestürzt – kurz, derlei soll uns nur kundgeben, daß der Teufel am Kirchengehen nicht absonderliche Freude haben mag, wie sich wohl von selbst versteht. Wir aber wollen nicht nur äußerlich unsere Pflicht erfüllen, vorgeschriebenerweise die Kirche zu besuchen, wir wollen unser Kirchlein auch im eigenen Herzen aufbauen dem lieben Gott und all' seinen Heiligen zur Herberge.

Im Herzen laßt ein Kirchlein bau'n
Mit Glockenspiel und Orgelklang
Und heil'gen Bildern drin zu schau n
Bei wunderbarem frommen Sang,
Daß Engel wandeln aus und ein
Und süßer Weihrauch duftet draus
Und hell erglänzet güld'ner Schein
Um dieses kleine Gotteshaus.
Ihr Engel helft zu bauen mir
Und schützt mich vor des Feinds Gewalt;
Du, Herr, erwähl' das Kirchlein Dir
Zu Deines Segens Aufenthalt!


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