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Die
richten auf dem Lande großen Schaden an und ist ein wahrer Greuel, daß in unseren Zeiten, wo doch die Leute von jung auf in den Schulen Unterricht bekommen, die Dummheit dennoch so groß sein kann. Nämlich: wird einer krank im Hause, so ist immer das erste dabei zu bedenken, wie man Doktor und Medizin sparen könne: »'s wird schon von selbst besser werden, warten wir's ab« – und dergleichen verdeckte und versteckte Sparereien. Nun wird wirklich »ein bißl abgewartet«, der Patient wird immer schlechter und ist, wenn dann endlich der Arzt geholt wird, nicht mehr zu retten. Kömmt er aber ohne Doktor davon, wo dann der liebe Gott die Natur und nicht die Kunst wirken läßt, so bleibt dennoch oft ein Schaden oder ein chronisches, d. h. dem Menschen anhängendes Leiden. In solchen Fällen nun feiert nicht selten die leidige Quacksalberei ihren Triumph. Man lauft zu irgendeinem alten Weibe oder zu einem Abdecker, der in der Einöde wohnt. Kauft sich Tränke, Salben, Schmieren – und wird auch damit gewöhnlich »eingesalbt und angeschmiert«; aber schon das Geheimnisvolle der Sache hat einen gewissen Reiz, auch verstehn's die Quacksalber vortrefflich, den Leuten einen blauen Dunst vorzumachen und wird ein wenig Sympathie oder gar was von der Religion in Sprüchlein und sonstigen Formeln beigemischt, da werden die Gläubigen erst recht bezaubert von der Geschicklichkeit des Winkeldoktors und ist die Kur nicht
angeschlagen, so gibt's hundert Ausreden. Sollte es doch ganz natürlich verständlich und begreiflich sein, daß der Arzt, welcher alle Schulen durchgemacht, jahrelang Bau und Einrichtung des menschlichen Körpers und die Heilmittel studiert, in den Krankenhäusern viele, viele Krankheiten beobachtet hat – daß dieser besser helfen könne als irgend so ein Quacksalber, der weiter nichts gelernt hat? Zu dieser Einsicht kommt aber die liebe Einfalt selten oder gar nicht. Nun ein hübsches Stücklein von so einem Wunderdoktor: Im Schwabenlande lebte vor wenigen Jahren ein weit und breit berühmter Quacksalber, der sich einen großen Ruf dadurch erwarb, daß er die Leute glauben machte: er könne alle Uebel schon aus dem Wasser der Patienten allein erkennen, so ihm's gebracht würde und er brauche den Kranken gar nicht zu sehen. Das wäre nun freilich eine Meisterkunst seltenster Art! Wie ging's aber eigentlich her? So oft eine Anfrage kam, hieß es meistens: der Herr ist nicht zu Haus; müßt ein bißl warten, denn er kann nicht mehr lang ausbleiben. Die Landleute sind ans Warten gewohnt; wird also in einem Zimmer gewartet, wo die Köchin des Herrn Wunderdoktors einen Diskurs anfangt, die Leute ein wenig ausfragt und dann die Krankengeschichte – versteht sich – erzählt wird und das Warum und Wie. Während der Zeit aber sitzt der Wundermann in einem Nebenkämmerlein und hört durch eine dünne Bretterwand der ganzen Unterhaltung zu, schleicht sich, wenn er genug gehört hat, ganz still zum Hintertürlein hinaus und kömmt vorne mit großem Lärm herein, als wenn er Gott weiß woher stiefelte. Nun begreift sich die Kunst, daß der Krankheitsfall dem Patienten, wenn er selbst da war, gleich aus Puls und Nasenspitze herausspekuliert oder, wenn nur das Wasser geschickt worden, aus diesem erkannt wurde. Hat sich aber einmal eine kuriose Geschichte dabei ereignet, die den Quacksalber beinahe um seine
Reputation hätte bringen können. Wie denn eines Tages ein Bote kam mit dem Patientenwasserglas, der während des Wartens der Jungfrau Köchin den Fall erzählt und dabei auch, daß sich ein Pferd des kranken Bauern den Fuß gebrochen, muß der Wundermann in seinem Nebenstüblein nicht recht aufgepaßt haben, hat etwas vom Fußbrechen gehört und also beim Examinieren des Wassers einen Beinbruch daraus erkennen wollen, worüber der Bote freilich höchlich erstaunt war. Nun hat aber die Köchin den Doktor gleich am Rock gezupft, das gewöhnliche Zeichen, daß eine Dummheit unterlaufen sei, wornach sich denn durch allerhand Flausen- und Schwänkemachereien der Irrtum wieder reparieren ließ, insonderheit, da der Doktor sagte, es müßten eben ein paar Tröpflein vom Pferdewasser darunter gekommen sein, was der Ueberbringer des bewußten Glases auch nicht für unmöglich hielt und die große Weisheit doppelt zu bewundern Gelegenheit nahm! – Irren wir nicht, so ist aber dem Betrüger bald darauf sein Handwerk gelegt worden. So geht's aber, bei den Quacksalbern laufen immer Betrügereien mit: besonders sind die sogenannten Universalmittel – Medikamente, die gegen
alle Uebel helfen sollen – ein Unding. Ein allgemeines Mittel gibt es wohl, nämlich das Vertrauen und Gebet zum lieben Gott, der uns aber dabei selbst befiehlt, alle vernünftigen menschlichen Mittel ebenfalls anzuwenden, die uns heilen können, weil er uns Vernunft und Verstand gegeben hat. In diesem Sinne und aus diesem Grunde wollen wir uns an ordentliche Aerzte zur rechten Zeit wenden, die uns mit Gottes Hilfe kurieren werden, wenn die leibliche
Heilung auch zu unserm geistigen
Heile ist!