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Potz tausend, heut geht's lustig her! Der Steffelbauer hält

Jagd!

Marschiert ein ganzer Zug aus dem Dorf her dem Walde zu, und alle haben Gewehre; lauter bewaffnete Bauern, der Jagdherr voraus mit zwei Dachshundeln; sind auch ein paar Ladendiener aus der Stadt dabei. Der Herbstnebel deckt noch den Wald, daß man kaum die Wipfel der Bäume sieht. »Wo kömmt der Wind her? Wie wollen wir treiben? Wo stellen wir die Treiber an?« Lauter wichtige Fragen, wenn's an ein Treiben geht! Pautsch!! geht dem Veitl schon 's Gewehr los und die Schrot dem Nachbar Martin durch den Hut! Aufgepaßt! könnt' ein anders Mal auch durch den Kopf geh'n! Die Buben und ein paar alte Tagwerker müssen treiben. Nun fangt der Hallo an. Ein paar Hasen laufen übers Feld hinaus; pumps! kracht's beim Weberhansl, hat aber daneben geschossen! Wieder ein Schuß! Auweh! Auch daneben, d. h. neben dem Hasen, aber dafür einem Treiber in den Fuß! Der hinkt blutend heim; das Pläsier geht fort, ein Trieb nach dem andern, bis es dunkel wird; dann heißt's ins Wirtshaus, denn sie sind durstig. Da wird über die Jagd diskutiert und disputiert; jeder erzählt sein Abenteuer! Endlich – 's ist schon hübsch spät in der Nacht, geht's auseinander, die meisten haben ihren Dusl! – Das ist wohl ein kreuzlustiger Tag gewesen, und so recht geeignet für einen Bauern. Mittlerweile haben die Knechte daheim auch hübsch gefaulenzt, weil die »Herren« auf der Jagd waren! Das wär' ein Leben! Ach, wenn's doch alle Tage so wäret Aber nicht genug: der Steffelbauer hat eine Passion gekriegt aufs Jagen. Wie mancher Tag wird verjagt! Die Pürsch und das Herumschlenzen mit dem Gewehr ist gar was Unterhaltendes so treibt's der Steffelbauer; und wie der Herr, so der Diener. Den Knechten behagt das »Wildern« auch nicht übel; haben ihren »Zwilling« auf dem Heuboden oder in einem hohlen Baum versteckt. Endlich gefällt dem Steffelbauer die Jagd wirklich besser als die Bauernarbeit; trägt einen schönen Gemsbart und ein paar Spielhahns federn auf dem Hut. Das taugt nicht hinter den Pflug oder zum Dreschen. Herr Steffelbauer, der Gemeindejagdpächter, spielt auch den Weidmann, wie's sonst nur die vornehmen Herren und weiland die Gutsherrschaft getrieben! Das tut einem Bauern wohl!

Also geht's aber, wenn der Bauer zum Jäger wird: seine ehrenhafte Hantierung wird vernachlässigt; die Arbeit wird zur Last; was weiter kämmt – läßt sich denken!

Jeder Stand auf Erden hat seinen Beruf; daß aber der Bauer zum Jagdvergnügen bestimmt sei, das will mir nicht recht eingehen; denn wenn's auch anfänglich ganz subtil getrieben werden mag, es ist doch so ein eigen Ding und hat derlei noch niemals gut getan; ist auch Gottlob noch nie recht allgemein geworden und nicht alten Herkommens. Denken wir weit zurück, wo alle Bauern zunächst ihre Höfe als Lehen von den Rittern und Gutsherren hatten und ihnen sogar nichts freies Eigentum war wie jetzt – damals war freilich von keiner Bauernjagd die Rede. Man ließ das Jagen denen, die Zeit dazu hatten, und den Jägern von Haus aus, die das Weidwerk kunstmäßig erlernten und betrieben. Aus gutem Grunde stund auch den Bauern nie ein Recht an, zu jägern. Nun ist freilich so mancher Wald freies Bauerneigentum geworden; darin aber auch zu jagen nach Willkür – dieses Recht scheint nicht begründet. Mag es manches für sich haben, daß ein jeder auf seinem Grunde schießen dürfe, wie er will und was er will; aber dieser Grundsatz und diese Befugnis könnte doch endlich zu einer solchen Verwirrung führen, daß endlich ein Nachbarschütze den andern totschießen würde, ging's in der Weidlust hin und her über die Grenze, die man nit immer so genau im Kopf hat. Wenn nun aber, da nun einmal derlei Gesetze entstanden sind, gewisse Bezirke gebildet sind, welche von der Gemeinde verpachtet werden und es gerade nicht unbillig ist, daß dem übertriebenen Wildstande, namentlich dem Hochwilde, Einhalt getan wurde – so wäre es wohl am gescheitesten und den Bauern selbst zu Nutz und Frommen, daß die Jagd denjenigen in Pacht gelassen würde, die sich von altersher damit abgegeben haben – mag dann der Bauer bei seiner Arbeit bleiben und ist ihm von jeher alle Freude und Erholung gegönnt gewesen, die ihm ansteht und zusteht. Es ist einmal so in der Welt – und möchten's auch manche anders haben – alles hat seinen Ort und alles seine Zeit! Und da's denn immer Standschaften gegeben hat und geben wird (mögen die »Gleichmacher« auch das Ihrige nach Leibeskräften dagegen tun), so soll auch der Schuster beim Leisten bleiben und der brave ehrenhafte Bauer sich seines Pfluges und Drischels freuen, das Gewehr aber steht ihm schlecht an. Hat aber wohl auch immer Ausnahmen gegeben und soll das Kindlein nit mitsamt dem Bade ausgeschüttet werden und wir wissen ja alle recht gut, daß vor Zeiten, wie die Gutsherrschaften noch die Jagden allein hatten, gar mancher ordentliche Bauer von den Jägern geladen war und auf den Treibjagden mitging, seinen Hasen oder ein Füchslein zu schießen, und so hätt's auch bleiben können.

Es haben sich aber in diesen Zeiten der Bauernjägerei nicht selten schon kuriose Geschichten ereignet, die ein spaßhaft oder traurig Ende nahmen. So ist vor nicht langer Zeit einmal ein Bauer mit geladenem Gewehre auf seiner Jagdgrenze des Abends angesessen, um einem Rehbock aufzupassen, der täglich aufs Feld gezogen. Dies hatte aber der Grenznachbar auch ausspekuliert und sich zu gleicher Zeit auf seinem Grunde mit der Büchse unter einen Baum gestellt; hat aber keiner vom andern was gewußt. Als nun das Böcklein zur Aesung sich blicken ließ, kracht's von beiden Seiten aus dem Walde heraus und das Tier fällt wohlgetroffen. Da springt denn jeder gleich hin, um seine Beute zu holen, versteht sich höchlich erstaunt. Nun geht's an ein Streiten, wem der Bock gehört; werden auch die Fäuste gebraucht, um die Explikation deutlicher zu machen, kehrt endlich einer gar sein Gewehr um und versetzt dem andern mit dem Kolben ein paar Püffe auf den Kopf, daß er hinfällt. Der stand aber nimmer auf und lag maustot neben dem Rehbock da. Dies war der fröhlichen Jagd trübselig Ende. Was daraus zu lernen, das kann sich ein jeder selbst herausbuchstabieren. Wir wollen hoffen, daß dergleichen nicht oft geschehen ist; haben aber leider von ähnlichen Stücklein bisweilen gehört. Das Traurigste aber war doch das Vorkommnis – und wir können dessen Wahrheit verbürgen – daß ein paar Bauern in ihrer Jagdwut einen Jäger von Profession im Walde überfallen und elendiglich an einer Holzhütte angenagelt haben, so daß er kaum mit dem Leben davongekommen ist, nachdem ihn ein Hüterbub in dem erbärmlichsten Zustande gekreuzigt dahangend getroffen. – Wir möchten allen das Beste wünschen: jedem seine Freude und Erholung nach geschehener Arbeit; den Bauern aber wünschen wir die gute Einsicht, daß die Jägerei nicht ihres Berufes sei, und von den eigentlichen Jägern hoffen wir, daß sie ihr Geschäft mit Vernunft treiben, die immer Maß und Ziel hält!


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