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Fromm, fleißig und fröhlich.

Das sind drei Wörtlein aus dem ff. – Zu Nürnberg, der schönen Stadt, so reich an Künsten und Gewerben, lebte vor Zeiten ein gar geschickter Goldschmied, des kunstvolle Arbeit allenthalben beliebt war und bei welchem viel hohe Fürsten und Herren nit wenig Bestellung machten, als an kostbarem Geschmeide und Tafelgeschirr aller Art. Selbiger hatte einen Sohn, der bei ihm insoweit die Goldschmiedkunst gelernt hatte, daß es nun an der Zeit war, auf Wanderschaft zu gehen, um anderer Orten allerlei zu sehen, was ihm nützlich sein könnte und sich weiter auszubilden, wie denn von den ehrsamen Zünften vorgeschrieben und hiernach sich zu achten ist. Als nun die Reis' beschlossen, lud der alte Goldschmied zum Valettrunk ein paar Freunde und Gesellen des Jungen ein und saßen noch fröhlich beisammen, bis es an dem war, zu scheiden. Da nahm der Vater einen schönen Pokal, so er für solche und andere Hausfestlichkeit aus Elfenbein mit mannigfach lieblichem Goldzierat selber angefertigt, füllte ihn mit gutem Wein und sprach zu seinem Sohne nit ohne Tränen im Aug', wie folgt: »Viellieber Sohn, da Du nunmehr von dannen mußt, will ich noch den letzten Trunk mit Dir tun und indem ich Dich dem Schutz und Segen des allmächtigen Vaters im Himmel anempfehle, auch darum mit Deiner Mutter täglich bitten werd', geb' ich Dir ein Wandersprüchlein mit, so Du niemals vergessen sollst.« Und indem er solches sagte, steckte er dem Sohne ein gülden Ringlein an den Finger und sprach weiters. »Dies Fingerlin hab' ich Dir selbst gemacht und siehst Du drauf drei Buchstaben, und zwar drei F einziseliert auf einem grünen Kleeblättlein; sollen aber nichts anderes bedeuten als die drei Wörtlein: fromm, fleißig und fröhlich. In den dreien magst Du immer die beste Anleitung finden, wie Du Dich als ein guter Gesell allerorten zu halten. Damit Du deren aber stets eingedenk seist, magst Du allmorgendlich beim Frühgebete auf Dein Ringlein blicken. Wer fromm ist, der wird auch fleißig sein und wird darum immer ein fröhlich Gemüt haben, insoferne ein gut Gewissen durch die erstbesagten beiden Eigenschaften wohl erhalten bleibt. Verlier' also das Ringelein nit vom Finger und die drei Wörtlein nit aus Deinem Sinne! Und nunmehr gehab' Dich wohl und geh' Deines Weges.« Nachdem der junge Goldschmied sich höflichst bedankt, nit nur für das Geschenk, sondern für alles, was Vater und Mutter anher ihm Liebes und Gutes erwiesen, sich auch noch den Segen erbeten, zog er von dannen und hat nicht bloß auf seiner ersten Wanderschaft, sondern sein ganzes Leben hindurch das Ringlein samt dem Sprüchlein in Ehren gehalten und haben ihn Glück und Segen nie verlassen. Das Ringlein aber ist durch mehr als ein Jahrhundert als ein kostbar Erbteil hochgeachtet blieben und hat es einer vom andern übernommen, bis es einmal verloren gegangen und da war auch bald die Werkstätte verschollen, denn die drei Wörtlein waren in den Wind verhallt. –

Diese Erzählung aus alter guter Zeit hat wohl eine gar schöne Bedeutung, und wenn jeder Hausvater unter das C.M.B. † auch die F. F. F. mit Kreide an die Türe schreiben wollte, für sich und die ganze Hausgenossenschaft, jung wie alt, und wenn dann ein jeder sich auch an die drei Wörtlein halten wollte, so wär's fürwahr nicht schlecht, müßte aber die Deutung der Buchstaben deutlich eingeprägt werden, damit nicht etwa irgendein Knecht oder eine Dirn' aus dem F faul oder frech herauslesen möchte, welche sauberen Eigenschaften auf dem Lande leider nicht ungekannt sind!

Wollet nur drei F euch merken,
wohlbedacht bei allen Werken,
Fromm und fleißig, fröhlich auch
Ist gewiß der beste Brauch.


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