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Vierzehnter Theil
Vierte Rede

Lomasakaṉgiyo

Das hab' ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Sāvatthī, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos.

Um diese Zeit nun weilte der ehrwürdige Lomasakaṉgiyo im Lande der Sakker, bei Kapilavatthu, im Park der Feigenbäume.

Da ließ nun bei einbrechender Dämmerung Candano Von cando Mond; vergl. Haimadhātupārāyaṇam I, 313 candati dīpyate āhlādayati ca, und die beliebten nom. person. deriv. Candrasomaharidattādi, e. g. auch Theragāthā 299 Candano und den Candranavihāras, bei Foucher, Iconographie bouddhique, Paris 1900, S. 62. der Göttersohn die ganze Umgegend des Feigenparkes in immer hellerem Glanze erstrahlen und kam bis dorthin wo der ehrwürdige Lomasakaṉgiyo weilte. Dort angelangt stand er beiseite, und beiseite stehend sprach er den ehrwürdigen Lomasakaṉgiyo also an:

»Kennst du, o Mönch, des Glücksäligeinsamen Stämpel und Abzeichen?«

»Nein, o Bruder, ich kenne des Glücksäligeinsamen Stämpel und Abzeichen nicht: du aber, Bruder, kennst du des Glücksäligeinsamen Stämpel und Abzeichen?«

»Auch ich, o Mönch, kenne nicht des Glücksäligeinsamen Stämpel und Abzeichen: kennst du aber, o Mönch, den glücksäligeinsamen Sang?«

»Nein, o Bruder, ich kenne den glücksäligeinsamen Sang nicht: du aber, Bruder, kennst du den glücksäligeinsamen Sang?«

»Ich kenne, o Mönch, den glücksäligeinsamen Sang.«

»Woher denn aber, Bruder, kennst du den glücksäligeinsamen Sang?«

»Es war einmal, o Mönch, da weilte der Erhabene bei den Dreiunddreißig Göttern, im Schatten des himmlischen Baumes, am weißen Flockenfels. Dort nun hat der Erhabene den Dreiunddreißig Göttern des Glücksäligeinsamen Stämpel und Abzeichen aufgewiesen. Also kenne ich, o Mönch, den glücksäligeinsamen Sang. Erforsche du, Mönch, des Glücksäligeinsamen Stämpel und Abzeichen, erfasse du, Mönch, des Glücksäligeinsamen Stämpel und Abzeichen, bewahre du, Mönch, des Glücksäligeinsamen Stämpel und Abzeichen: sinnreich ist, o Mönch, des Glücksäligeinsamen Stämpel und Abzeichen, urasketenthümlich.«

Also sprach Candano der Göttersohn. Als er das gesagt, war er alsbald verschwunden.

Wie es nun Tag geworden, brach der ehrwürdige Lomasakaṉgiyo sein Lager ab, nahm Mantel und Almosenschaale und begab sich auf die Wanderung nach Sāvatthī. Von Ort zu Ort weiterziehend näherte er sich der Stadt. Und er kam in den Siegerwald, in den Garten Anāthapiṇḍikos, dorthin wo der Erhabene weilte. Dort angelangt begrüßte er den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend erzählte nun der ehrwürdige Lomasakaṉgiyo dem Erhabenen Wort um Wort die ganze Begegnung, die er da vorher, im Lande der Sakker, bei Kapilavatthu, im Park der Feigenbäume, mit jenem Göttersohne gehabt hatte. Dann sprach er also:

»Gut wär' es, o Herr, wollte mir der Erhabene des Glücksäligeinsamen Stämpel und Abzeichen aufweisen.«

»Weißt du aber, Mönch, wer jener Göttersohn war?«

»Nein, o Herr, ich weiß nicht, wer jener Göttersohn war.«

»Candano geheißen, Mönch, ist jener Göttersohn. Candano, Mönch, der Göttersohn, hat achtsam, aufmerksam, mit ganzem Gemüthe hingegeben, offenen Ohres der Lehre gelauscht. Wohlan denn, Mönch, so höre und achte wohl auf meine Rede.«

»Gewiss, o Herr!« sagte da aufmerksam jener Mönch zum Erhabenen. Der Erhabene sprach also:

»Kein Sehnen nach vergangner Zeit,
Kein Hoffen auf die Zukunft hin;
st abgethan was vorher war
Und was noch künftig kommen wird,

»Und hat man immer Ding um Ding
Gewärtig in der Gegenwart:
Was keiner rauben, rütteln kann,
Durchbohrend finden mag man das.

»Noch heute gilt der heiße Kampf:
Ob morgen todt, wer weiß es wohl?
Es muss die Schlacht geschlagen sein,
Mit seiner Heerschaar Er, der Mord.

»Wer also ausharrt unverzagt
Und unermüdlich Tag und Nacht,
Glücksäligeinsam ist er da,
Der stille Denker, wie man sagt.«

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freute sich der ehrwürdige Lomasakaṉgiyo über das Wort des Erhabenen. Von dem hier so oft genannten Kampfe εξοχα πντων gilt Asokos Wort vom dhammavijayo, dem wahren Siege, welchem gegenüber jeder andere, und noch so ungeheuere – der König spricht als Eroberer ganz Hindustans, von Baktrien bis Zeilon, vom Ganges bis zum Indus – nur von recht geringem Geschmacke ist; der dhammavijayo allein, sagt Asoko als erfahrener Held auf dem XIII. Felsenedikt, Girnār 1. 11, ist sa-rasako, mit ächtem Geschmacke begabt: und nur ihn kann man für sättigend und beschwichtigend halten, den wahren Sieg.
Das maraṇaṃ suve = dem śvomaraṇaṃ der Smṛti, e. g. Mahābhāratam XII, 152, 12, »morgen todt«. – Vergl. Jakobs Epist. 4, 14, Korinther I, 15, 30 & 55, und den Scheidegruß des Eremiten Antonios, Anm. 27, ferner das Adagium
στιγμη χρονου von Demetrius Phalereus überliefert, und Goethe, Aus meinem Leben I, 3 i. m. Auch den schönen Spruch »Chi tempo aspetta, tempo perde«, bei Rinaldo d'Aquino, um 1250; sowie das Wort des Königs D. Rodrigo, im D. Quijote II, 26 i. m.:

Ayer fuí señor de España,
Y hoy no tengo una almena
Que pueda decir que es mia.


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