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Vierzehnter Teil
Buch der Abzeichen

131

Vierzehnter Theil
Erste Rede

Glücksäligeinsam

Das hab' ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Sāvatthī, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos. Dort nun wandte sich der Erhabene an die Mönche: »Ihr Mönche!« – »Erlauchter!« antworteten da jene Mönche dem Erhabenen aufmerksam. Der Erhabene sprach also:

»Vom Glücksäligeinsamen will ich euch Mönchen Stämpel und Abzeichen weisen: das höret und achtet wohl auf meine Rede.«

»Ja, o Herr!« antworteten da jene Mönche dem Erhabenen aufmerksam. Der Erhabene sprach also:

»Kein Sehnen nach vergangner Zeit,
Kein Hoffen auf die Zukunft hin:
Ist abgethan was vorher war
Und was noch künftig kommen wird,

»Und hat man immer Ding um Ding
Gewärtig in der Gegenwart:
Was keiner rauben, rütteln kann,
Durchbohrend finden mag man das. Mit dem siam. Texte taṃ viddhā zu lesen; cf. Muṇḍakapan, II, 2, 2: tad veddhavyaṃ (cetasā bhāvanīyam), ib. 4: apramattena veddhavyaṃ śaravat.

»Noch heute gilt der heiße Kampf:
Ob morgen todt, wer weiß es wohl?
Es muss die Schlacht geschlagen sein,
Mit seiner Heerschaar Er, der Mord.

»Wer also ausharrt unverzagt
Und unermüdlich Tag und Nacht,
Glücksäligeinsam ist er da,
Der stille Denker, wie man sagt.

»Wie aber, ihr Mönche, sehnt man sich nach vergangener Zeit? ›Also war einst meine Form gewesen‹: daran findet man seine Befriedigung; ›Also war einst mein Gefühl gewesen‹: daran findet man seine Befriedigung; ›Also war einst meine Wahrnehmung gewesen‹: daran findet man seine Befriedigung; ›Also war einst mein Unterscheiden gewesen‹: daran findet man seine Befriedigung; ›Also war einst mein Bewusstsein gewesen‹: daran findet man seine Befriedigung. Also, ihr Mönche, sehnt man sich nach vergangener Zeit.

»Wie aber, ihr Mönche, sehnt man sich nicht nach vergangener Zeit? ›Also war einst meine Form gewesen‹: daran findet man keine Befriedigung; ›Also war einst mein Gefühl gewesen‹: daran findet man keine Befriedigung; ›Also war einst meine Wahrnehmung gewesen‹: daran findet man keine Befriedigung; ›Also war einst mein Unterscheiden gewesen‹: daran findet man keine Befriedigung; ›Also war einst mein Bewusstsein gewesen‹: daran findet man keine Befriedigung. Also, ihr Mönche, sehnt man sich nicht nach vergangener Zeit.

»Wie aber, ihr Mönche, hofft man auf die Zukunft hin? ›Also will ich einst meine Form haben‹: daran findet man seine Befriedigung; ›Also will ich einst mein Gefühl haben‹: daran findet man seine Befriedigung; ›Also will ich einst meine Wahrnehmung haben‹: daran findet man seine Befriedigung; ›Also will ich einst mein Unterscheiden haben‹: daran findet man seine Befriedigung; ›Also will ich einst mein Bewusstsein haben‹: daran findet man seine Befriedigung. Also, ihr Mönche, hofft man auf die Zukunft hin.

»Wie aber, ihr Mönche, hofft man nicht auf die Zukunft hin? ›Also will ich einst meine Form haben‹: daran findet man keine Befriedigung; ›Also will ich einst mein Gefühl haben‹: daran findet man keine Befriedigung; ›Also will ich einst meine Wahrnehmung haben‹: daran findet man keine Befriedigung; ›Also will ich einst mein Unterscheiden haben‹: daran findet man keine Befriedigung; ›Also will ich einst mein Bewusstsein haben‹: daran findet man keine Befriedigung. Also, ihr Mönche, hofft man nicht auf die Zukunft hin.

»Wie aber, ihr Mönche, wird man bei gegenwärtigen Dingen aus der Fassung gebracht? Da hat einer, ihr Mönche, nichts erfahren, ist ein gewöhnlicher Mensch, ohne Sinn für das Heilige, der heiligen Lehre unkundig, der heiligen Lehre unzugänglich, ohne Sinn für das Edle, der Lehre der Edlen unkundig, der Lehre der Edlen unzugänglich und betrachtet die Form als sich selbst, oder sich selbst als formähnlich, oder in sich selbst die Form, oder in der Form sich selbst; er betrachtet das Gefühl, die Wahrnehmung, die Unterscheidungen, das Bewusstsein als sich selbst, oder sich selbst als diesen ähnlich, oder in sich selbst diese, oder in diesen sich selbst. Also, ihr Mönche, wird man bei gegenwärtigen Dingen aus der Fassung gebracht.

»Wie aber, ihr Mönche, wird man bei gegenwärtigen Dingen nicht aus der Fassung gebracht? Da hat einer, ihr Mönche, als erfahrener heiliger Jünger das Heilige gemerkt, ist der heiligen Lehre kundig, der heiligen Lehre wohlzugänglich, hat das Edle gemerkt, ist der Lehre der Edlen kundig, der Lehre der Edlen wohlzugänglich und betrachtet die Form nicht als sich selbst, noch sich selbst als formähnlich, noch in sich selbst die Form, noch in der Form sich selbst; er betrachtet das Gefühl, die Wahrnehmung, die Unterscheidungen, das Bewusstsein nicht als sich selbst, noch sich selbst als diesen ähnlich, noch in sich selbst diese, noch in diesen sich selbst. Also, ihr Mönche, wird man bei gegenwärtigen Dingen nicht aus der Fassung gebracht.

»Kein Sehnen nach vergangner Zeit,
Kein Hoffen auf die Zukunft hin;
Ist abgethan was vorher war
Und was noch künftig kommen wird,

»Und hat man immer Ding um Ding
Gewärtig in der Gegenwart:
Was keiner rauben, rütteln kann,
Durchbohrend finden mag man das.

»Noch heute gilt der heiße Kampf:
Ob morgen todt, wer weiß es wohl?
Es muss die Schlacht geschlagen sein,
Mit seiner Heerschaar Er, der Mord.

»Wer also ausharrt unverzagt
Und unermüdlich Tag und Nacht,
Glücksäligeinsam ist er da,
Der stille Denker, wie man sagt.

»‘Vom Glücksäligeinsamen will ich euch Mönchen Stämpel und Abzeichen weisen’: wurde das gesagt, so war es darum gesagt.«

 

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freuten sich jene Mönche über das Wort des Erhabenen.


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