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Dreizehnter Theil
Siebente Rede

Anuruddho

Das hab' ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Sāvatthī, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos.

Da nun wandte sich Pañcakaṉgo der Baumeister an einen seiner Leute:

»Komm', lieber Mann, und begieb dich zum ehrwürdigen Anuruddho hin und bringe dem ehrwürdigen Anuruddho zu Füßen meinen Gruß dar: ›Pañcakaṉgo‹, sage, ›o Herr, der Baumeister bringt dem ehrwürdigen Anuruddho zu Füßen Gruß dar;‹ und füge hinzu: ›möge, o Herr‹, lässt er sagen, ›der ehrwürdige Anuruddho Pañcakaṉgo dem Baumeister die Bitte gewähren, morgen selbviert bei ihm zu speisen. Und möchte sich doch, o Herr, der ehrwürdige Anuruddho etwas früher schon einfinden: Pañcakaṉgo, o Herr, der Baumeister hat viel zu thun, viel auszuführen, im Auftrage des Königs.‹«

»Wohl, o Herr!« entgegnete da gehorsam jener Mann Pañcakaṉgo dem Baumeister. Und er begab sich dorthin wo der ehrwürdige Anuruddho weilte, bot ehrerbietigen Gruß dar und setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend sprach er dann also zum ehrwürdigen Anuruddho:

»Pañcakaṉgo, o Herr, der Baumeister, bringt dem ehrwürdigen Anuruddho zu Füßen Gruß dar; und er lässt sagen: möge, o Herr, der ehrwürdige Anuruddho Pañcakaṉgo dem Baumeister die Bitte gewähren, morgen selbviert bei ihm zu speisen. Und möchte sich doch, o Herr, der ehrwürdige Anuruddho etwas früher schon einfinden: Pañcakaṉgo, o Herr, der Baumeister, hat viel zu thun, viel auszuführen, im Auftrage des Königs.«

Schweigend gewährte der ehrwürdige Anuruddho die Bitte. Die selbe Gepflogenheit im Umgang mit Menschen von griechischen Weisen oft empfohlen; so von Solon: Σφραγιξε τους μεν λογους σιγη . Desgleichen sehr schön von Makarios: Ο μεν γαρ σιγων ωφελει , Apophthegm. ed. Pritius p.235. Auch von S. Francesco als Evangelicum silentium der Brüder: »ut videlicet ab omni otioso verbo omni tempore abstinerent sollicite«, wie Bonaventura im 5. Kapitel der Vita berichtet. – Cf. Anm. 212.

Und der ehrwürdige Anuruddho begab sich am nächsten Morgen, zeitig gerüstet, mit Mantel und Schaale versehn, nach dem Hause Pañcakaṉgo des Baumeisters. Dort angelangt nahm der ehrwürdige Anuruddho auf dem dargebotenen Sitze Platz. Und Pañcakaṉgo der Baumeister bediente und versorgte eigenhändig den ehrwürdigen Anuruddho mit ausgewählter fester und flüssiger Speise.

Nachdem nun der ehrwürdige Anuruddho gespeist und das Mahl beendet hatte, nahm Pañcakaṉgo der Baumeister einen von den niederen Stühlen zur Hand und setzte sich zur Seite hin. Zur Seite sitzend sprach nun Pañcakaṉgo der Baumeister zum ehrwürdigen Anuruddho also:

»Da haben mich, o Herr, erfahrene Mönche besucht und haben mir gesagt: ›Unbeschränkte Gemütherlösung, Hausvater, übe du‹; einige ihrer haben wieder gesagt: ›Großartige Gemütherlösung, Hausvater, übe du.‹ Was nun, o Herr, unbeschränkte Gemütherlösung ist, und dann wieder großartige Gemütherlösung: sind das von einander verschiedene Begriffe, die auch eine verschiedene Bezeichnung haben, oder sind sie einander gleich und ist nur die Bezeichnung verschieden?«

»Wohlan denn, Hausvater, sage nur, was du hierüber denkst: so wirst du alsbald Gewissheit erlangen.«

»Mir will scheinen, o Herr, als ob die unbeschränkte Gemütherlösung und wiederum die großartige Gemütherlösung Begriffe seien, die einander gleich sind, und dass nur die Bezeichnung eine verschiedene ist.«

»Die unbeschränkte Gemütherlösung, Hausvater, und die großartige Gemütherlösung: das sind Begriffe, die von einander verschieden sind und auch verschiedene Bezeichnung haben. Daher aber muss man es, Hausvater, je nach dem Umstand beurtheilen, warum eben diese Begriffe verschieden sind und verschiedene Bezeichnung haben. Was ist also, Hausvater, unbeschränkte Gemütherlösung? Da strahlt, Hausvater, ein Mönch liebevollen Gemüthes weilend nach einer Richtung, dann nach einer zweiten, dann nach der dritten, dann narh der vierten, ebenso nach oben und nach unten: überall in allem sich wiedererkennend durchstrahlt er die ganze Welt mit liebevollem Gemüthe, mit weitem, tiefem, unbeschränktem, von Grimm und Groll geklärtem. Erbarmenden Gemüthes – freudevollen Gemüthes – unbewegten Gemüthes weilend strahlt er nach einer Richtung, dann nach einer zweiten, dann nach der dritten, dann nach der vierten, ebenso nach oben und nach unten: überall in allem sich wiedererkennend durchstrahlt er die ganze Welt mit erbarmendem Gemüthe, mit freudevollem Gemüthe, mit unbewegtem Gemüthe, mit weitem, tiefem, unbeschränktem, von Grimm und Groll geklärtem. Das heißt man, Hausvater, unbeschränkte Gemütherlösung. Cf. Bd. II, Anm. 14; Maṇḍalabrāhmaṇopaniṣat II, 4 i. f.: sarvaṃ jagad ātmatvena paśyaṃs tyaktāhaṇkāro brahmāham asmīti cintayann, idaṃ sarvaṃ yad ayam ātmeti bhāvayan, kṛtakṛtyo bhavati. Kurz als Monogramm: sarvatrātmaiveti paśyanti, Bhikṣukop. i. f. – Unter den heiligen Anachoreten der Bergschluchten, in Wald, Fels, Einöde gebirgauf vertheilt, gelagert zwischen Klüften, ertönt aus der tiefen Region des Pater profundus durch seine innig umfassende Naturerschauung zu Beginn der letzten Szene des Faust ein gleicher Vorklang empor:

So ist es die allmächtige Liebe,
Die Alles bildet, Alles hegt.

»Was ist aber, Hausvater, großartige Gemütherlösung? Da hat ein Mönch, Hausvater, einen einzelnen mächtigen Baum als ›großartig‹ aufgefasst und beruhigt sich dabei. Das heißt man, Hausvater, großartige Gemütherlösung. Da hat ferner, Hausvater, ein Mönch etwa noch zwei bis drei mächtige Bäume als ›großartig‹ aufgefasst und beruhigt sich dabei. Das heißt man, Hausvater, großartige Gemütherlösung. Da hat ein Mönch, Hausvater, ein einzelnes Wiesenfeld als ›großartig‹ aufgefasst und beruhigt sich dabei. Das heißt man, Hausvater, großartige Gemütherlösung. Da hat ferner, Hausvater, ein Mönch etwa noch zwei bis drei Wiesenfelder als ›großartig‹ aufgefasst und beruhigt sich dabei. Das heißt man, Hausvater, großartige Gemütherlösung. Da hat ein Mönch, Hausvater, ein einzelnes Königreich als ›großartig‹ aufgefasst und beruhigt sich dabei. Das heißt man, Hausvater, großartige Gemütherlösung. Da hat ferner, Hausvater, ein Mönch etwa noch zwei bis drei Königreiche als ›großartig‹ aufgefasst und beruhigt sich dabei. Das heißt man, Hausvater, großartige Gemütherlösung. Da hat ferner, Hausvater, ein Mönch etwa noch die vom Ozean umschlossene Erde als ›großartig‹ aufgefasst und beruhigt sich dabei. cf. Chāndogyopaniṣat III, 11,6: imām adbhiḥ parigṛhītām dhanasya pūrṇām. Eine gleiche Zonognosie bekanntlich in der Ilias und in der Edda. Das heißt man, Hausvater, großartige Gemütherlösung. – Auf solche Weise muss man es, Hausvater, je nach dem Umstand beurtheilen, wie eben diese Begriffe verschieden sind und verschiedene Bezeichnung haben.

»Vier Arten giebt es da, Hausvater, wie man zu wesen wiederkehrt: und welche vier? Da hat einer, Hausvater, einen bestimmten Glanz aufgefasst und beruhigt sich dabei; der mag, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, zur Gemeinschaft mit Göttern von einem bestimmten Glanze wiederkehren. Da hat ferner, Hausvater, einer unermesslichen Glanz aufgefasst und beruhigt sich dabei; der mag, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, zur Gemeinschaft mit Göttern von unermesslichem Glanze wiederkehren. Da hat einer, Hausvater, unlauteren Glanz aufgefasst und beruhigt sich dabei; der mag, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, zur Gemeinschaft mit Göttern von unlauterem Glanze wiederkehren. Da hat ferner, Hausvater, einer vollkommen reinen Glanz aufgefasst und beruhigt sich dabei; der mag, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, zur Gemeinschaft mit Göttern von vollkommen reinem Glanze wiederkehren. Das sind, Hausvater, vier Arten, wie man zu wesen wiederkehrt.

»Es giebt, Hausvater, eine Zeit wo da solche Gottheiten zusammenkommen; und sind sie zusammengekommen, so zeigt sich wohl bei ihnen verschiedene Farbe, doch kein verschiedener Glanz. Gleichwie etwa, Hausvater, wenn ein Mann gar mancherlei Öllampen in ein Haus hineintrüge; da würde sich wohl unter ihnen verschiedene Flamme zeigen, doch kein verschiedener Glanz: ebenso nun auch, Hausvater, giebt es eine Zeit wo da solche Gottheiten zusammenkommen; und sind sie zusammengekommen, so zeigt sich wohl bei ihnen verschiedene Farbe, doch kein verschiedener Glanz.

»Es giebt, Hausvater, eine Zeit wo da solche Gottheiten dann auseinandergehn; und sind sie dann auseinandergegangen, so zeigt sich eben bei ihnen verschiedene Farbe wie auch verschiedener Glanz. Gleichwie etwa, Hausvater, wenn ein Mann jene mancherlei Öllampen aus dem Hause hinwegtrüge; da würde sich eben unter ihnen verschiedene Flamme zeigen wie auch verschiedener Glanz: ebenso nun auch, Hausvater, giebt es eine Zeit wo da solche Gottheiten dann auseinandergehn; und sind sie dann auseinandergegangen, so zeigt sich eben bei ihnen verschiedene Farbe wie auch verschiedener Glanz.

»Nicht aber, Hausvater, haben die Gottheiten Gedanken wie: ›So bleiben wir beständig, beharrend, ewig‹, sondern sobald eben da die Gottheiten einander genaht sind, sind alsbald eben da die Gottheiten einander genehm. Gleichwie etwa, Hansvater, wenn Fliegen in einem Glase oder in einem Korbe zusammenschwärmen nicht Gedanken haben wie: ›So bleiben wir beständig, beharrend, ewig‹, sondern sobald eben da die Fliegen einander genaht sind, sind alsbald eben da die Fliegen einander genehm: Altvedisches Gleichniss, e. g. im Ṛk IV, 45, 4; cf. Geldner in Pischels Vedischen Studien 2. Band S. 180.: ebenso nun auch, Hausvater, haben die Gottheiten nicht Gedanken wie: ›So bleiben wir beständig, beharrend, ewig‹, sondern sobald eben da die Gottheiten einander genaht sind, sind alsbald eben da die Gottheiten einander genehm.«

Nach diesen Worten wandte sich der ehrwürdige Abhayakaccāno Einer der drei begleitenden Mönche, mit welchen Anuruddho, wie eingangs erwähnt, selbviert geladen war. also an den ehrwürdigen Anuruddho:

»Sehr schön, werther Anuruddho. Ich möchte nun hier noch eine fernere Frage stellen. Die Gottheiten, o Herr, die da glänzen, haben die alle einen bestimmten Glanz, oder giebt es wirklich auch Gottheiten, deren Glanz unermesslich ist?«

»Je nachdem, Bruder Kaccāno. Es giebt wohl manche Gottheiten von bestimmtem Glanze: es giebt aber auch manche Gottheiten, deren Glanz unermesslich ist.«

»Was ist nun, werther Anuruddho, der Anlass, was ist der Grund, dass unter Gottheiten, im selben Götterbereiche geboren, manche einen bestimmten Glanz aufweisen, und wiederum manche einen Glanz, der unermesslich ist?«

»Da will ich dir denn, Bruder Kaccāno, eben hierüber eine Frage stellen: wie es dir gutdünkt magst du sie beantworten. Was meinst du wohl, Bruder Kaccāno: wenn da jener Mönch einen einzelnen mächtigen Baum als ›großartig‹ aufgefasst hat und dabei sich beruhigt; und ein anderer Mönch etwa noch zwei bis drei mächtige Bäume als ›großartig‹ aufgefasst hat und dabei sich beruhigt: so ist nun welche von diesen beiden geistigen Übungen die großartigere?«

»Wenn da, o Herr, ein Mönch etwa noch zwei bis drei mächtige Bäume als ›großartig‹ aufgefasst hat und dabei sich beruhigt, so ist diese von den beiden geistigen Übungen die großartigere.«

»Was meinst du wohl, Bruder Kaccāno: wenn da jener Mönch etwa noch zwei bis drei mächtige Bäume als ›großartig‹ aufgefasst hat und dabei sich beruhigt; und ein anderer Mönch ein einzelnes Wiesenfeld als ›großartig‹ aufgefasst hat und dabei sich beruhigt: so ist nun welche von diesen beiden geistigen Übungen die großartigere?«

»Wenn da, o Herr, ein Mönch ein einzelnes Wiesen; feld als ›großartig‹ aufgefasst hat und dabei sich beruhigt, so ist diese von den beiden geistigen Übungen die großartigere.«

»Was meinst du wohl, Bruder Kaccāno: wenn da jener Mönch ein einzelnes Wiesenfeld als ›großartig‹ aufgefasst hat und dabei sich beruhigt; und mn anderer Mönch etwa noch zwei bis drei Wiesenfelder als ›großartig‹ aufgefasst hat und dabei sich beruhigt: so ist nun welche von diesen beiden geistigen Übungen die großartigere?«

»Wenn da, o Herr, ein Mönch etwa noch zwei bis drei Wiesenfelder als ›großartig‹ aufgefasst hat und dabei sich beruhigt, so ist diese von den beiden geistigen Übungen die großartigere.«

»Was meinst du wohl, Bruder Kaccāno: wenn da jener Mönch etwa noch zwei bis drei Wiesenfelder als ›großartig‹ aufgefasst hat und dabei sich beruhigt; und ein anderer Mönch ein einzelnes Königreich als ›großartig‹ aufgefasst hat und dabei sich beruhigt: so ist nun welche von diesen beiden geistigen Übungen die großartigere?«

»Wenn da, o Herr, ein Mönch ein einzelnes Königreich als ›großartig‹ aufgefasst hat und dabei sich beruhigt, so ist diese von den beiden geistigen Übungen die großartigere.«

»Was meinst du wohl, Bruder Kaccāno: wenn da jener Mönch ein einzelnes Königreich als ›großartig‹ aufgefasst hat und dabei sich beruhigt; und ein anderer Mönch etwa noch zwei bis drei Königreiche als ›großartig‹ aufgefasst hat und dabei sich beruhigt: so ist nun welche von diesen beiden geistigen Übungen die großartigere?«

»Wenn da, o Herr, ein Mönch etwa noch zwei bis drei Königreiche als ›großartig‹ aufgefasst hat und dabei sich beruhigt, so ist diese von den beiden geistigen Übungen die großartigere.«

»Was meinst du wohl, Bruder Kaccāno: wenn da jener Mönch etwa noch zwei bis drei Königreiche als ›großartig‹ aufgefasst hat und dabei sich beruhigt; und ein anderer Mönch etwa noch die vom Ozean umschlossene Erde als ›großartig‹ aufgefasst hat und dabei sich beruhigt: so ist nun welche von diesen beiden geistigen Übungen die großartigere?«

»Wenn da, o Herr, ein Mönch etwa noch die vom Ozean umschlossene Erde als ›großartig‹ aufgefasst hat und dabei sich beruhigt, so ist diese von den beiden geistigen Übungen die großartigere.«

»Das ist nun, Bruder Kaccāno, der Anlass, das ist der Grund, dass unter Gottheiten, im selben Götterbereiche geboren, manche einen bestimmten Glanz aufweisen, und wiederum manche einen Glanz, der unermesslich ist.« Hiermit vergl. man die ähnlich gesteigerten, immer suhlimierter, immer reinlicher befriedigenden Begriffe des sokratischen Eros, im Symposion des Platon p. 210 – 212.

»Sehr schön, werther Anuruddho. Ich möchte nun hier noch eine fernere Frage stellen. Die Gottheiten, o Herr, die da glänzen, haben die alle unlauteren Glanz, oder giebt es wirklich auch Gottheiten, deren Glanz vollkommen rein ist?«

»Je nachdem, Bruder Kaccāno. Es giebt wohl manche Gottheiten von unlauterem Glanze: es giebt aber auch manche Gottheiten, deren Glanz vollkommen rein ist.«

»Was ist nun, werther Anuruddho, der Anlass, was ist der Grund, dass unter Gottheiten, im selben Götterbereiche geboren, manche unlauteren Glanz aufweisen, und wiederum, manche einen Glanz, der vollkommen rem ist?«

»Da lasse mich denn, Bruder Kaccāno, ein Gleichniss dir geben: auch durch Gleichnisse wird da manchem verständigen Manne der Sinn einer Rede klar. – Gleichwie etwa, Bruder Kaccāno, wenn bei einer angezündeten Öllampe das Öl nicht vollkommen rein ist und der Docht nicht vollkommen rein ist, sie wegen der unvollkommenen Reinheit des Öls und der unvollkommenen Reinheit des Dochtes gar dunkel und düster schauen wird: ebenso nun auch, Bruder Kaccāno, hat da ein Mönch unlauteren Glanz aufgefasst und beruhigt sich dabei. Der hat körperliche Schwerfälligkeit nicht vollkommen beschwichtigt, hat matte Müde nicht vollkommen ausgerodet, hat stolzen Unmuth nicht vollkommen ausgetrieben. Weil er körperliche Schwerfälligkeit nicht vollkommen beschwichtigt hat, matte Müde nicht vollkommen ausgerodet hat, stolzen Unmuth nicht vollkommen ausgetrieben hat, wird er gar dunkel und düster schauen. Der kehrt, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, zur Gemeinschaft mit Göttern von unlauterem Glanze wieder. Gleichwie aber, Bruder Kaccāno, wenn bei einer angezündeten Öllampe das Öl vollkommen rein ist und der Docht vollkommen rein ist, sie wegen der vollkommenen Reinheit des Öls Vergl. Theragāthā 927, Yogacūḍāmaṇyupaniṣat v. 80 ≅ Theaitetos p. 144. und der vollkommenen Reinheit des Dochtes gar nicht dunkel und düster schauen wird: ebenso nun auch, Bruder Kaccāno, hat da ein Mönch vollkommen reinen Glanz aufgefasst und beruhigt sich dabei. Der hat körperliche Schwerfälligkeit vollkommen beschwichtigt, hat matte Müde vollkommen ausgerodet, hat stolzen Unmuth vollkommen ausgetrieben. Weil er körperliche Schwerfälligkeit vollkommen beschwichtigt hat, matte Müde vollkommen, ausgerodet hat, stolzen Unmuth vollkommen ausgetrieben hat, wird er gar nicht dunkel und düster schauen. Der kehrt, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, zur Gemeinschaft mit Göttern von vollkommen reinem Glanze wieder. – Das ist nun, Bruder Kaccāno, der Anlass, das ist der Grund, dass unter Gottheiten, im selben Götterbereiche geboren, manche unlauteren Glanz aufweisen, und wiederum manche einen Glanz, der vollkommen rein ist.«

Derart berichtet wandte sich nun der ehrwürdige Abhayakaccāno also an den ehrwürdigen Anuruddho:

»Sehr schön, werther Anuruddho. – Nicht hat, o Herr, der ehrwürdige Anuruddho gesagt ›Das hab' ich gehört‹ oder ›So dürfte es sein‹, sondern es hat eben, o Herr, der ehrwürdige Anuruddho ›So ist es mit diesen Gottheiten, so ist es mit jenen Gottheiten‹ schlechthin gesprochen. Da ist mir, o Herr, der Gedanke gekommen: ›Gewiss hat der ehrwürdige Anuruddho mit jenen Gottheiten ehemals Verkehr gehabt, ehemals Rede und Rath mit ihnen gepflogen.‹«

»Gewiss hast du, Bruder Kaccāno, diese Frage versuchend gestellt, um weiter auszuholen: aber ich will dir Antwort geben. Lange Zeiten hab' ich, Bruder Kaccāno, mit jenen Gottheiten ehemals Verkehr gehabt, ehemals Rede und Rath mit ihnen gepflogen.« Vergl. Bd. 2, Anm. 70 über das Kevaṭṭttasuttantam. Auch die verwandte Tripādvibhūtimnahānārāyaṇopaniṣat VI i. f., wo der upāsakas immer höhere Gegenden ersteigend, immer höhere Kreise und Himmel erkundend endlich den Ādinārāyaṇas antrifft, von ihm begrüßt wird »Du bist Brahmā: ich bin Brahmā« – worauf dieser verschwindet und er selbst sich seiner bewusst ist. Ebenso Eckharts Darstellung des "Klimmenden Geistes", p. 275 und den Gang in den eigenen Grund, wo der Mensch einig geworden als vor tausend Jahren und als nach tausend Jahren und als im Nu verkehren und mitwirken mag: »unt daz ist wisen liuten ze wizzene unde groben ze gloubenne«, p. 189 – 190. – Vergl. schon das altvedische Aufsteigen zum Sonnenrade, e. g. Śatapathabrāhm, I, 9, 5, 15; und wiederum Eckharts Fliegen an das Rad der »gewâren sunnen«, p. 303.
Zum Gleichnisse von der hell brennenden Öllampe cf. Triśikhibrāhmaṇopaniṣat v. 157: nivātadīpasadṛśaḥ und ein Scholion zu Maitryupanisat VI i.m.: nirvātadeśasthapradīpaśikhāvadacalatayā'vasthānaṃ samādhiḥ. Ähnlich noch Maṇḍalabrāhmaṇopaniṣat II, 3 im Anf. (cf. Anm. 198), Yogatattvop. II, 4, Bhagavadgītā VI, 19, etc. Auch Makarios, bei Floss p. 197: »Sicut lampas splendida in loco tenebroso... sic monachus perfectus in sobrietate et castitate« etc. – Form und Technik der indischen Lampe entspricht genau der griechischen. Von der antiken bis zur modernen Welt hat man die Metapher der Lampe immer gern gebraucht; auch in anderer Gestalt, z.B. in der 43., bez. 146. Rede unserer Sammlung, ferner in den Liedern der Mönche v. 906, der Nonnen v. 116, woselbst weitere Belege angemerkt sind. Wie beliebt solche Gleichnisse in Rom gewesen sein müssen erhellt aus dem 30. Briefe Senecas, wo er haec non tamquam nova, sed tamquam in rem praesentem perductus mit Wohlgefallen anführt, indem er, ganz wie Lieder der Mönche v. 702, das schöne Bild entwickelt: »Ignis qui valentem materiam occupavit aqua et interdum ruina extinguendus est; ille qui alimentis deficitur sua sponte subsidit.« Vergl. auch das Testament Ephraems im Anf. Aus neueren Zeiten seien hier noch zwei Stellen aus den Relations de la mort de quelques religieux de l'abbaye de la Trappe, Paris 1702, I. p. 171 u. II. p. 227 gegeben, wo es vom abbé De Chastillon heißt »il cessa de vivre comme une lampe qui s'éteint et qui cesse d'éclairer«, und vom frère Achilles »on le voioit diminuer de jour en jour et s'éteindre, pour ainsi dire, comme une lampe qui manque d'huile.«

Auf diese Worte wandte sich der ehrwürdige Abhayakaccāno an Pañcakaṉgo den Baumeister und sagte:

»Gesegnet bist du, Hausvater, hochgesegnet bist du, Hausvater, dass dir ein Zweifel da gelöst wurde, und wir dann diesen Gedankengang zu hören bekamen.«


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