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Zwölfter Theil
Zehnte Rede

Unterschiedliche Wiederkehr

Das hab' ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Sāvatthī, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos. Dort nun wandte sich der Erhabene an die Mönche: »Ihr Mönche!« – »Erlauchter! « antworteten da jene Mönche dem Erhabenen aufmerksam. Der Erhabene sprach also:

»Unterschiedliche Wiederkehr werd' ich, ihr Mönche, euch zeigen: das höret und achtet wohl auf meine Rede!«

»Freilich, o Herr!« antworteten da jene Mönche dem Erhabenen aufmerksam. Der Erhabene sprach also:

»Da hat, ihr Mönche, ein Mönch Vertrauen erworben, Tugend erworben, Erfahrung erworben, Entsagung erworben, Weisheit erworben. Der gedenkt bei sich: ›O dass ich doch bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, noch zur Gemeinschaft mit mächtigen Fürsten wiederkehrte!‹ Dahin lenkt er das Herz, darauf richtet er das Herz, dazu erzieht er das Herz. Während er da die unterschiedlichen Gewöhnungen also übt und also pflegt, gedeihen ihm diese zur Wiederkehr dorthin. Das ist, ihr Mönche, der Weg, das ist der Übergang, der zur Wiederkehr dorthin gedeiht.

»Weiter sodann, ihr Mönche, hat ein Mönch Vertrauen erworben, Tugend erworben, Erfahrung erworben, Entsagung erworben, Weisheit erworben. Der gedenkt bei sich: ›O dass ich doch bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, noch zur Gemeinschaft mit mächtigen Priestern – mit mächtigen Bürgern wiederkehrte!‹ Dahin lenkt er das Herz, darauf richtet er das Herz, dazu erzieht er das Herz. Während er da die unterschiedlichen Gewöhnungen also übt und also pflegt, gedeihen ihm diese zur Wiederkehr dorthin. Das ist, ihr Mönche, der Weg, das ist der Übergang, der zur Wiederkehr dorthin gedeiht.

»Weiter sodann ihr Mönche, hat ein Mönch Vertrauen erworben, Tugend erworben, Erfahrung erworben, Entsagung erworben, Weisheit erworben. Der hat reden hören: ›Die Dreiunddreißig Götter, die leben lange und herrlich und glücksälig.‹ Wie hier und oft devā dīghayukā hat Empedokles
θεοι δαλιχαιωνες, den αθανατοισιν Homers und der anderen entgegen, gesagt: ist also identische Übersetzung. – Wenn man die vornehmlich indischen Bilder und Gleichnisse, in die Empedokles seine Lehre gekleidet hat, und nun noch das obige, an sich zwar belanglose, eben darum aber so vielsagende Paralipomenon betrachtet, lässt sich die Vermuthung eines auch historischen Zusammenhanges, bez. frühen Verkehrs zwischen Hindustan und Magna Graecia – durch Ariana-Media, Syrien-Ägypten – nicht mehr verschweigen.
Der gedenkt bei sich: ›O dass ich doch bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, noch zur Gemeinschaft mit den Dreiunddreißig Göttern wiederkehrte!‹ Dahin lenkt er das Herz, darauf richtet er das Herz, dazu erzieht er das Herz. Während er da die unterschiedlichen Gewöhnungen also übt und also pflegt, gedeihen ihm diese zur Wiederkehr dorthin. Das ist, ihr Mönche, der Weg, das ist der Übergang, der zur Wiederkehr dorthin gedeiht.

»Weiter sodann, ihr Mönche, hat ein Mönch Vertrauen erworben, Tugend erworben, Erfahrung erworben, Entsagung erworben, Weisheit erworben. Der hat reden hören: ›Die Schattengötter – die Säligen Götter – die Götter der unbeschränkten Freude – die Jenseit der unbeschränkten Freude weilenden Götter, paranimmitavasavattino devā ≅ sa brahmaṇaḥ para etā bhavati... akṣayyam aparimitam anāmayam sukham aśnute: Maitryupaniṣat IV, i. 4. die leben lange und herrlich und glücksälig.‹ Der gedenkt bei sich: ›O dass ich doch bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, noch zur Gemeinschaft mit jenen Göttern wiederkehrte!‹ Dahin lenkt er das Herz, darauf richtet er das Herz, dazu erzieht er das Herz. Während er da die unterschiedlichen Gewöhnungen also übt und also pflegt, gedeihen ihm diese zur Wiederkehr dorthin. Das ist, ihr Mönche, der Weg, das ist der Übergang, der zur Wiederkehr dorthin gedeiht.

»Weiter sodann, ihr Mönche, hat ein Mönch Vertrauen erworben, Tugend erworben, Erfahrung erworben, Entsagung erworben, Weisheit erworben. Der hat reden hören: ›Der tausendfache Brahmā, der lebt lange und herrlich und glücksälig.‹ Der tausendfache Brahmā, ihr Mönche, strahlt tausend Welten durch und ragt über sie empor; die aber dorthin zu wesen wiederkehren, auch diese durchstrahlt er und ragt über sie empor. Gleichwie etwa, ihr Mönche, wenn ein scharfsehender Mann einen Reif um die Hand legte und betrachtete, ebenso nun auch, ihr Mönche, strahlt der tausendfache Brahmā tausend Welten durch und ragt über sie empor; die aber dorthin zu wesen wiederkehren, auch diese durchstrahlt er und ragt über sie empor. Und jener gedenkt bei sich: ›O dass ich doch bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, noch Lies vā. – Nb. die Übereinstimmung mit dem wunderbaren Puruṣasūktam, Ṛgvedas X, 90, 1: Sahasraśīrṣā puruṣaḥ... bhūmiṃ viśvato vṛtvā atyatiṣṭhad dāśāṉgulaṃ. Die wahre Bedeutung von vṛtvā hier ergiebt sich aus unserem entsprechenden pharitvā. Vergl. Westergaards Radices s. v. vṛ No. 4 ferre. – Bhagavadgītā X, 42. zur Gemeinschaft mit dem tausendfachen Brahmā wiederkehrte!‹ Dahin lenkt er das Herz, darauf richtet er das Herz, dazu erzieht er das Herz. Während er da die unterschiedlichen Gewöhnungen also übt und also pflegt, gedeihen ihm diese zur Wiederkehr dorthin. Das ist, ihr Mönche, der Weg, das ist der Übergang, der zur Wiederkehr dorthin gedeiht.

»Weiter sodann, ihr Mönche, hat ein Mönch Vertrauen erworben, Tugend erworben, Erfahrung erworben, Entsagung erworben, Weisheit erworben. Der hat reden hören: ›Der zweitausendfache Brahmaā – der dreitausendfache, viertausendfache, der fünftausendfache Brahmā, der lebt lange und herrlich und glücksälig.‹ Der fünftausendfache Brahmā, ihr Mönche, strahlt fünftausend Welten durch und ragt über sie empor; die aber dorthin zu wesen wiederkehren, auch diese durchstrahlt er und ragt über sie empor. Gleichwie etwa, ihr Mönche, wenn ein scharfsehender Mann fünf Reifen um die Hand legte und betrachtete, ebenso nun auch, ihr Mönche, strahlt der fünftausendfache Brahmā fünftausend Welten durch und ragt über sie empor; die aber dorthin zu wesen wiederkehren, auch diese durchstrahlt er und ragt über sie empor. Und jener gedenkt bei sich: ›O dass ich doch bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, noch zur Gemeinschaft mit dem fünftausendfachen Brahmā wiederkehrte! ‹ Dahin lenkt er das Herz, darauf richtet er das Herz, dazu erzieht er das Herz. Während er da die unterschiedlichen Gewöhnungen also übt und also pflegt, gedeihen ihm diese zur Wiederkehr dorthin. Das ist, ihr Mönche, der Weg, das ist der Übergang, der zur Wiederkehr dorthin gedeiht.

»Weiter sodann, ihr Mönche, hat ein Mönch Vertrauen erworben, Tugend erworben, Erfahrung erworben, Entsagung erworben, Weisheit erworben. Der hat reden hören: ›Der zehntausendfache Brahmā, der lebt lange und herrlich und glücksälig.‹ Der zehntausendfache Brahmā, ihr Mönche, strahlt zehntausend Welten durch und ragt über sie empor; die aber dorthin zu wesen wiederkehren, auch diese durchstrahlt er und ragt über sie empor. Gleichwie etwa, ihr Mönche, ein Juwel, ein Edelstein, von reinem Wasser, Es ist das ursprüngliche subho jotimā wiederherzustellen, wie die ed. Siam., e. g. vol. II. p. 333, richtig hat. – Vergl. dosinā-jyotsnā.. achteckig, wohlbearbeitet, auf lichter Decke liegend leuchtet und funkelt und strahlt, ebenso nun auch, ihr Mönche, strahlt der zehntausendfache Brahmā zehntausend Welten durch und ragt über sie empor; die aber dorthin zu wesen wiederkehren, auch diese durchstrahlt er und ragt über sie empor. Und jener gedenkt bei sich: ›O dass ich doch bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, noch zur Gemeinschaft mit dem zehntausendfachen Brahmā wiederkehrte!‹ Dahin lenkt er das Herz, darauf richtet er das Herz, dazu erzieht er das Herz. Während er da die unterschiedlichen Gewöhnungen also übt und also pflegt, gedeihen ihm diese zur Wiederkehr dorthin. Das ist, ihr Mönche, der Weg, das ist der Übergang, der zur Wiederkehr dorthin gedeiht.

»Weiter sodann, ihr Mönche, hat ein Mönch Vertrauen erworben, Tugend erworben, Erfahrung erworben, Entsagung erworben, Weisheit erworben. Der hat reden hören: ›Der hunderttausendfache Brahmā, der lebt lange und herrlich und glücksälig.‹ Der hunderttausendfache Brahmā, ihr Mönche, strahlt hunderttausend Welten durch und ragt über sie empor; die aber dorthin zu wesen wiederkehren, auch diese durchstrahlt er und ragt über sie empor. Gleichwie etwa, ihr Mönche, ein Stück gediegenes Gold, von einem geschickten Goldschmidtgesellen im Schmelztiegel mit aller Sorgfalt abgeläutert, auf lichter Decke liegend leuchtet und funkelt und strahlt, Ebenso hat Pindar in der vierten Nemeonike i. f. ὁ χρυσος ἑψομενος αυγας εδειξεν ἁπασας, und die erste Olympionike begonnen: ὁ δε χρυσος αιθομενον πυρ ἁτε διαπρεπει νυκτι μεγανορος εξοχα πλουτου. Ein gleiches Bild dann bei unserem Gottfried, Tristan, v. 12 944f.:
in dem tigele gebrant
Und geliutert als ein golt.
ebenso nun auch, ihr Mönche, strahlt der hunderttausendfache Brahmā hunderttausend Welten durch und ragt über sie empor; die aber dorthin zu wesen wiederkehren, auch diese durchstrahlt er und ragt über sie empor. Und jener gedenkt bei sich: ›O dass ich doch bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, noch zur Gemeinschaft mit dem hunderttausendfachen Brahmā wiederkehrte!‹ Dahin lenkt er das Herz, darauf richtet er das Herz, dazu erzieht er das Herz. Während er da die unterschiedlichen Gewöhnungen also übt und also pflegt, gedeihen ihm diese zur Wiederkehr dorthin. Das ist, ihr Mönche, der Weg, das ist der Übergang, der zur Wiederkehr dorthin gedeiht.

»Weiter sodann, ihr Mönche, hat ein Mönch Vertrauen erworben, Tugend erworben, Erfahrung erworben, Entsagung erworben, Weisheit erworben. Der hat reden hören: ›Die Glänzenden Götter – die Hellerglänzenden Götter – die Unermesslichglänzenden Götter – die Leuchtenden Götter – die Strahlenden Götter – die Hellerstrahlenden Götter – die Unermesslichstrahlenden Götter – die Strahlengewordenen Götter – die Gewaltigen Götter – die Wonnigen Götter – die Sonnigen Götter – die Hehren Götter – die Herrlichen Götter – die Erhabenen Götter, die leben lange und herrlich und glücksälig.‹ Und er gedenkt bei sich: ›O dass ich doch bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, noch zur Gemeinschaft mit den Erhabenen Göttern wiederkehrte!‹ Dahin lenkt er das Herz, darauf richtet er das Herz, dazu erzieht er das Herz. Während er da die unterschiedlichen Gewöhnungen also übt und also pflegt, gedeihen ihm diese zur Wiederkehr dorthin. Das ist, ihr Mönche, der Weg, das ist der Übergang, der zur Wiederkehr dorthin gedeiht. »Weiter sodann, ihr Mönche, hat ein Mönch Vertrauen erwarben, Tugend erworben, Erfahrung erworben, Entsagung erworben, Weisheit erworben. Der hat reden hören: ›Die Raumunendlichkeit genießenden Götter – die Bewusstseinunendlichkeit genießenden Götter – die Nichtdasein genießenden Götter – die weder Wahrnehmung noch Nichtwahrnehmung genießenden Götter, die leben lange, bestehn lange und glücksälig.‹ Und er gedenkt bei sich: ›O dass ich doch bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, noch zur Gemeinschaft mit den weder Wahrnehmung noch Nichtwahrnehmung genießenden Göttern wiederkehrte!‹ Dahin lenkt er das Herz, darauf richtet er das Herz, dazu erzieht er das Herz. Während er da die unterschiedlichen Gewöhnungen also übt und also pflegt, gedeihen ihm diese zur Wiederkehr dorthin. Das ist, ihr Mönche, der Weg, das ist der Übergang, der zur Wiederkehr dorthin gedeiht.

»Weiter sodann, ihr Mönche, hat ein Mönch Vertrauen erworben, Tugend erworben, Erfahrung erworben, Entsagung erworben, Weisheit erworben. Der gedenkt bei sich: ›O dass ich doch den Wahn versiegen und die wahnlose Gemütherlösung, Weisheiterlösung noch bei Lebzeiten mir offenbar machen, verwirklichen und erringen könnte!‹ Und er kann den Wahn versiegen und die wahnlose Gemütherlösung, Weisheiterlösung noch bei Lebzeiten sich offenbar machen, verwirklichen und erringen. Ein solcher Mönch, ihr Mönche, kehrt nirgend wieder.«

 

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freuten sich jene Mönche über das Wort des Erhabenen. Das Leitmotiv dieser Rede, das Thema von der Allmacht der Übung, wird auch am Ende von Gautamas' Dharmaśāstram intoniert, bei Manus VI, 80 phrasiert. Es ist im Abendlande vielleicht von keinem so innig erkannt und bekräftigt worden wie vom großen Diogenes: ουδεν γε μην ελεγε το παραπαν εν τῳ βιῳ χωρις ασκησεως κατορθουσθαι, δυνατην δε ταυτην παν eκνικησαι, Diog. Laert. VI, 71. Vor ihm hatte schon Periandros gesagt: Μελετη το παν. Dem Verständnisse der Phaenomena vom tausendfachen Brahmā durch immer höhere und höhere Kreise bis zu den letzten Noumena möglicher Wahrnehmung kann, wie De Lorenzo bemerkt hat, unsere kantische Naturgeschichte und Theorie des Himmels als würdiger Eingang dienen.


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