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Dreizehnter Theil
Sechste Rede

Bhūmijo

Das hab' ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Rājagaham, im Bambusparke, am Hügel der Eichhörnchen.

Da nun begab sich der ehrwürdige Bhūmijo, zeitig gerüstet, mit Mantel und Schaale versehn, nach dem Hause des Königsohns Jayaseno. Dort angelangt nahm er auf dem dargebotenen Sitze Platz. Und Jayaseno der Königsohn trat an den ehrwürdigen Bhūmijo heran, tauschte höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit ihm und setzte sich zur Seite hin. Zur Seite sitzend wandte sich nun Jayaseno der Königsohn also an den ehrwürdigen Bhūmijo:

»Es giebt, o Bhūmijo, manche Asketen und Priester, die sagen und lehren: ›Wer etwa mit Hoffnung ein Asketenleben führt, kann das Ziel unmöglich gewinnen; wer etwa ohne Hoffnung ein Asketenleben führt, kann das Ziel unmöglich gewinnen; wer etwa mit Hoffnung und ohne Hoffnung ein Asketenleben führt, kann das Ziel unmöglich gewinnen; wer etwa weder mit Hoffnung noch ohne Hoffnung ein Asketenleben führt, kann das Ziel unmöglich gewinnen.‹ Des werthen Bhūmijo Meister aber, was sagt der, was lehrt der, was verkündet der?«

»Ich selber, Königsohn, habe darüber vom Erhabenen nichts gehört, nichts vernommen; doch mag es wohl sein, dass der Erhabene also aussage: ›Wer etwa mit Hoffnung ein Asketenleben nicht von Grund aus führt, kann das Ziel unmöglich gewinnen; wer etwa ohne Hoffnung ein Asketenleben nicht von Grund aus führt, kann das Ziel unmöglich gewinnen; wer etwa mit Hoffnung und ohne Hoffnung ein Asketenleben nicht von Grund aus führt, kann das Ziel unmöglich gewinnen; wer etwa weder mit Hoffnung noch ohne Hoffnung ein Asketenleben nicht von Grund aus führt, kann das Ziel unmöglich gewinnen. Wer etwa mit Hoffnung ein Asketenleben von Grund aus führt, kann das Ziel doch wohl gewinnen; wer etwa ohne Hoffnung ein Asketenleben von Grund aus führt, kann das Ziel doch wohl gewinnen; wer etwa mit Hoffnung und ohne Hoffnung ein Asketenleben von Grund aus führt, kann das Ziel doch wohl gewinnen; wer etwa weder mit Hoffnung noch ohne Hoffnung ein Asketenleben von Grund aus führt, kann das Ziel doch wohl gewinnen.‹ Ich selber, Königsohn, habe darüber vom Erhabenen nichts gehört, nichts vernommen; doch mag es wohl sein, dass der Erhabene also aussage.«

»Wenn des werthen Bhūmijo Meister solches sagt, solches lehrt, solches verkündet, dann freilich hat des werthen Bhūmijo Meister eben all den übrigen Asketen und Priestern gleichsam aufs Haupt geschlagen.«

Und Jayaseno der Königsohn bediente nun den ehrwürdigen Bhūmijo mit Speise von der eigenen Tafel.

Als nun der ehrwürdige Bhūmijo, nach dem Mahle, vom Almosengange zurückgekehrt war, begab er sich dorthin wo der Erhabene weilte, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend erzählte nun der ehrwürdige Bhūmijo dem Erhabenen Wort um Wort das ganze Gespräch, das er mit Jayaseno dem Königsohne geführt hatte. Nach diesem Berichte wandte sich dann der ehrwürdige Bhūmijo also an den Erhabenen:

»Hab' ich nun, o Herr, mit solcher Antwort auf solche Frage wirklich die Worte des Erhabenen gebraucht und den Erhabenen nicht mit Unrecht angeführt und der Lehre gemäß geredet, so dass sich da kein entsprechender Folgesatz als ungehörig erweisen kann?«

»In der That hast du, Bhūmijo, mit solcher Antwort auf solche Frage meine eigenen Worte gebraucht und mich nicht mit Unrecht angeführt und der Lehre gemäß geredet, so dass sich da kein entsprechender Folgesatz als ungehörig erweisen kann. – Wer da auch immer, Bhūmijo, als Asket oder als Priester falsch erkennt, falsch bedenkt, falsch redet, falsch handelt, falsch wandelt, falsch bemüht ist, falsch besonnen, falsch vertieft, und also etwa mit Hoffnung ein Asketenleben führt, kann das Ziel unmöglich gewinnen; also etwa ohne Hoffnung ein Asketenleben führt, kann das Ziel unmöglich gewinnen; also etwa mit Hoffnung und ohne Hoffnung ein Asketenleben führt, kann das Ziel unmöglich gewinnen; also etwa weder mit Hoffnung noch ohne Hoffnung ein Asketenleben führt, kann das Ziel unmöglich gewinnen: und warum nicht? Weil er, Bhūmijo, das Ziel gewinnen nicht von Grund aus versteht.

»Gleichwie etwa, Bhūmijo, wenn ein Mann, der Sesamöl begehrt, Sesamöl sucht, auf Sesamöl ausgeht, einen Trog mit Sand anfüllte und mit Wasser verrührte, verquirlte, verriebe; mag der auch also mit Hoffnung bemüht sein, Sesamöl kann er unmöglich gewinnen; mag der auch also ohne Hoffnung bemüht sein, Sesamöl kann er unmöglich gewinnen; mag der auch also mit Hoffnung und ohne Hoffnung bemüht sein, Sesamöl kann er unmöglich gewinnen; mag der auch also weder mit Hoffnung noch ohne Hoffnung bemüht sein, Sesamöl kann er unmöglich gewinnen: und warum nicht? Weil er, Bhūmijo, Sesamöl gewinnen nicht von Grund aus versteht. Ebenso nun auch, Bhūmijo, können dergleichen Asketen oder Priester das Ziel unmöglich gewinnen: und warum nicht? Weil sie, Bhūmijo, das Ziel gewinnen nicht von Grund aus verstehn.

»Gleichwie etwa, Bhūmijo, wenn ein Mann, der Milch begehrt, Milch sucht, auf Milch ausgeht, eine Kuh, die gekalbt hat, am Horne zu melken begänne; mag der auch also mit Hoffnung bemüht sein, Milch kann er unmöglich gewinnen; mag der auch also ohne Hoffnung bemüht sein, Milch kann er unmöglich gewinnen; mag der auch also mit Hoffnung und ohne Hoffnung bemüht sein, Milch kann er unmöglich gewinnen; mag der auch also weder mit Hoffnung noch ohne Hoffnung bemüht sein, Milch kann er unmöglich gewinnen: und warum nicht? Weil er, Bhūmijo, Milch gewinnen nicht von Grund aus versteht. Ebenso nun auch, Bhūijo, können dergleichen Asketen oder Priester das Ziel unmöglich gewinnen: und warum nicht? Weil sie, Bhūmijo, das Ziel gewinnen nicht von Grund aus verstehn,

»Gleichwie etwa, Bhūmijo, wenn ein Mann, der Butter begehrt, Butter sucht, auf Butter ausgeht, Wasser in das Fass eingösse und mit dem Stämpel zu kernen begänne; mag der auch also mit Hoffnung bemüht sein, Butter kann er unmöglich gewinnen; mag der auch also ohne Hoffnung bemüht sein, Butter kann er unmöglich gewinnen; mag der auch also mit Hoffnung und ohne Hoffnung bemüht sein, Butter kann er unmöglich gewinnen; mag der auch also weder mit Hoffnung noch ohne Hoffnung bemüht sein, Butter kann er unmöglich gewinnen: und warum nicht? Weil er, Bhūmijo, Butter gewinnen nicht von Grund aus versteht. Ebenso nun auch, Bhūmijo, können dergleichen Asketen oder Priester das Ziel unmöglich gewinnen: und warum nicht? Weil sie, Bhūmijo, das Ziel gewinnen nicht von Grund aus verstehn.

»Gleichwie etwa, Bhūmijo, wenn ein Mann, der Feuer begehrt, Feuer sucht, auf Feuer ausgeht, ein feuchtes, leimiges Holzscheit mit dem Reibholze anzureiben begänne; mag der auch also mit Hoffnung bemüht sein, Feuer kann er unmöglich gewinnen; mag der auch also ohne Hoffnung bemüht sein, Feuer kann er unmöglich gewinnen; mag der auch also mit Hoffnung und ohne Hoffnung bemüht sein, Feuer kann er unmöglich gewinnen; mag der auch also weder mit Hoffnung noch ohne Hoffnung bemüht sein, Feuer kann er unmöglich gewinnen: und warum nicht? Weil er, Bhūmijo, Feuer gewinnen nicht von Grund aus versteht. Ebenso nun auch, Bhūmijo, können dergleichen Asketen oder Priester das Ziel unmöglich gewinnen: und warum nicht? Weil sie, Bhūmijo, das Ziel gewinnen nicht von Grund aus verstehn.

»Wer da auch immer, Bhūmijo, als Asket oder als Priester recht erkennt, recht bedenkt, recht redet, recht handelt, recht wandelt, recht bemüht ist, recht besonnen, recht vertieft, und also etwa mit Hoffnung ein Asketenleben führt, kann das Ziel doch wohl gewinnen; also etwa ohne Hoffnung ein Asketenleben führt, kann das Ziel doch wohl gewinnen; also etwa mit Hoffnung und ohne Hoffnung ein Asketenleben führt, kann das Ziel doch wohl gewinnen; also etwa weder mit Hoffnung noch ohne Hoffnung ein Asketenleben führt, kann das Ziel doch wohl gewinnen: und warum das? Weil er, Bhūmijo, das Ziel gewinnen von Grund aus versteht.

»Gleichwie etwa, Bhūmijo, wenn ein Mann, der Sesamöl begehrt, Sesamöl sucht, auf Sesamöl ausgeht, einen Trog mit Sesammehl anfüllte und mit Wasser verrührte, verquirlte, verriebe; mag der auch also mit Hoffnung bemüht sein, Sesamöl kann er doch wohl gewinnen; mag der auch also ohne Hoffnung bemüht sein, Sesamöl kann er doch wohl gewinnen; mag der auch also mit Hoffnung und ohne Hoffnung bemüht sein, Sesamöl kann er doch wohl gewinnen; mag der auch also weder mit Hoffnung noch ohne Hoffnung bemüht sein, Sesamöl kann er doch wohl gewinnen: und warum das? Weil er, Bhūmijo, Sesamöl gewinnen von Grund aus versteht. Ebenso nun auch, Bhūmijo, können dergleichen Asketen oder Priester das Ziel doch wohl gewinnen: und warum das? Weil sie, Bhūmijo, das Ziel gewinnen von Grund aus verstehn.

»Gleichwie etwa, Bhūmijo, wenn ein Mann, der Milch begehrt, Milch sucht, auf Milch ausgeht, eine Kuh, die gekalbt hat, am Euter zu melken begänne; mag der auch also mit Hoffnung bemüht sein, Milch kann er doch wohl gewinnen; mag der auch also ohne Hoffnung bemüht sein, Milch kann er doch wohl gewinnen; mag der auch also mit Hoffnung und ohne Hoffnung bemüht sein, Milch kann er doch wohl gewinnen; mag der auch also weder mit Hoffnung noch ohne Hoffnung bemüht sein, Milch kann er doch wohl gewinnen: und warum das? Weil er, Bhūmijo, Milch gewinnen von Grund aus versteht. Ebenso nun auch, Bhūmijo, können dergleichen Asketen oder Priester das Ziel doch wohl gewinnen: und warum das? Weil sie, Bhūmijo, das Ziel gewinnen von Grund aus verstehn.

»Gleichwie etwa, Bhūmijo, wenn ein Mann, der Butter begehrt, Butter sucht, auf Butter ausgeht, Rahm in das Fass eingösse und mit dem Stämpel zu kernen begänne; mag der auch also mit Hoffnung bemüht sein, Butter kann er doch wohl gewinnen; mag der auch also ohne Hoffnung bemüht sein, Butter kann er doch wohl gewinnen; mag der auch also mit Hoffnung und ohne Hoffnung bemüht sein, Butter kann er doch wohl gewinnen; mag der auch also weder mit Hoffnung noch ohne Hoffnung bemüht sein, Butter kann er doch wohl gewinnen: und warum das? Weil er, Bhūmijo, Butter gewinnen von Grund aus versteht. Ebenso nun auch, Bhūmijo, können dergleichen Asketen oder Priester das Ziel doch wohl gewinnen: und warum das? Weil sie, Bhūmijo, das Ziel gewinnen von Grund aus verstehn.

»Gleichwie etwa, Bhūmijo, wenn ein Mann, der Feuer begehrt, Feuer sucht, auf Feuer ausgeht, ein trockenes, ausgedörrtes Holzscheit mit dem Reibholze anzureiben begänne; mag der auch also mit Hoffnung bemüht sein, Feuer kann er doch wohl gewinnen; mag der auch also ohne Hoffnung bemüht sein, Feuer kann er doch wohl gewinnen; mag der auch also mit Hoffnung und ohne Hoffnung bemüht sein, Feuer kann er doch wohl gewinnen; mag der auch also weder mit Hoffnung noch ohne Hoffnung bemüht sein, Feuer kann er doch wohl gewinnen: und warum das? Weil er, Bhūmijo, Feuer gewinnen von Grund aus versteht. Ebenso nun auch, Bhūmijo, können dergleichen Asketen oder Priester das Ziel doch wohl gewinnen: und warum das? Weil sie, Bhūmijo, das Ziel gewinnen von Grund aus verstehn. – Hättest du aber, Bhūmijo, diese vier Gleichnisse Jayaseno dem Königsohne dargestellt, ohne Zweifel wäre dann Jayaseno der Königsohn mit dir zufrieden geworden und hätte zufrieden dir zugestimmt.«

»Wie doch nur hätt' ich, o Herr, Jayaseno dem Königsohne diese vier Gleichnisse darzustellen vermocht, die unzweifelhaften, nie zuvor gehörten, gleichwie etwa der Erhabene!«

 

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freute sich der ehrwürdige Bhūmijo über das Wort des Erhabenen. Von der Hoffnung im weiteren Sinne hamrlrit die 131.–134. Rede. Gegensatz: Chāndogyopaniṣat VII, 14, 2: āṣayāsya sarve kāmāḥ samṛdhyanti, amoghā hāsyāśiṣo bhavanti. – Thales: Τιχανοτατον, ελπις χαι γαρ οις αλλο ηδενμ , αύτη παρεστι . Lucanus II, 15: Liceat sperare timenti. Shakespeare: The miserable have no other medicine, | But only hope: Measure for Measure III,1. Anacchariyam »unzweifelhaft«, »unerstaunlich«, hat mir Hikkaḍuwe Sumaṇgala recht hübsch als thokam abbhutam erklärt, Subhūti dagegen künstlich gezwungen als an-uccāriyam. –- Das nur im Pāli, und auch da nur in einigen Reden erhaltene Wort assutapubbam »nie zuvor gehört« hat dem Dichter Bāṉas gar sehr gefallen, so dass er es in sein Harṣacaritam als aśrutapūrvatvam aufgenommen. Cf. Anm. 51.


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