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122

Dreizehnter Theil
Zweite Rede

Armuth

II

Das hab' ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene im Lande der Sakker, bei Kapilavatthu, im Park der Feigenbäume.

Da nun begab sich der Erhabene eines Morgens, zeitig gerüstet, mit Mantel und Schaale versehn, auf den Almosengang nach Kapilavatthu, trat in der Stadt von Haus zu Hause um Almosen hin und wandte sich dann, nach dem Mahle, vom Almosengange zurückgekehrt, der Einsiedelei des Sakkers Kāḷakhemako zu, bis gegen Sonnenuntergang da zu verweilen.

Um diese Zeit aber waren in der Einsiedelei des Sakkers Kāḷakhemako viele Sitze bereit gestellt, und der Erhabene sah diese vielen Sitze dort und gedachte bei sich: ›Viele Sitze sind in der Einsiedelei des Sakkers Kāḷakhemako bereit gestellt: viele Mönche werden wohl hier sich aufhalten.‹

Damals nun war der ehrwürdige Ānando in der Einsiedelei des Sakkers Ghaṭāyo in Gemeinschaft vieler Mönche mit dem Ausbessern der Kleidung beschäftigt.

Als nun der Erhabene gegen Abend die Gedenkensruhe aufgehoben hatte, begab er sich nach der Einsiedelei des Sakkers Ghaṭāyo. Dort angelangt nahm der Erhabene auf dem angebotenen Sitze Platz und wandte sich dann an den ehrwürdigen Ānando:

»Viele Sitze, Ānando, sind in der Einsiedelei des Sakkers Kāḷakhemako bereitgestellt: viele Mönche werden wohl dort sich aufhalten.«

»Viele Sitze, o Herr, sind in der Einsiedelei des Sakkers Kāḷakhemako bereit gestellt: viele Mönche halten sich dort auf; die Kleidung herzurichten kommt uns jetzt, o Herr, zu.«

»Nicht kommt, Ānando, Glanz einem Mönche zu, der an Gemeinsamkeit froh wird, an Gemeinsamkeit Freude hat, an Gemeinsamkeit Befriedigung findet, gemeinsam froh, gemeinsam erfreut, gemeinsam zufrieden ist. Dass aber, Ānando, ein Mönch, der an Gemeinsamkeit froh wird, an Gemeinsamkeit Freude hat, an Gemeinsamkeit Befriedigung findet, gemeinsam froh, gemeinsam erfreut, gemeinsam zufrieden ist, was da Wohl der Entsagung, Wohl der Einsamkeit, Wohl der Auflösung, Wohl der Erwachung ist, dieses Wohl nach Wunsch gewinnen werde, in seiner Fülle und Weite: das ist unmöglich. So nun aber, Ānando, ein Mönch, der allein, von Gemeinsamkeit abgeschieden verweilt, ein solcher Mönch es erhoffen mag, was da Wohl der Entsagung, Wohl der Einsamkeit, Wohl der Auflösung, Wohl der Erwachung ist, dieses Wohl werde er nach Wunsch gewinnen, in seiner Fülle und Weite: das ist möglich. Dass aber, Ānando, ein Mönch, der an Gemeinsamkeit froh wird, an Gemeinsamkeit Freude hat, an Gemeinsamkeit Befriedigung findet, gemeinsam froh, gemeinsam erfreut, gemeinsam zufrieden ist, eine zeitlich ersehnte Geisteserlösung erringen werde oder ewige Stille: das ist unmöglich. So nun aber, Ānando, ein Mönch, der allein, von Gemeinsamkeit abgeschieden verweilt, ein solcher Mönch es erhoffen mag, er werde eine zeitlich ersehnte Geisteserlösung erringen oder ewige Stille: das ist möglich. Nicht weiß ich, Ānando, auch nur von einer Form, wobei die Freude, wobei die Befriedigung an der Form, da sie wandelbar, veränderlich ist, nicht in Schmerz überginge und Jammer, Leiden, Trübsinn, Verzweiflung.

»Da hat denn, Ānando, der Vollendete hier eine Stätte ausgefunden, und zwar aller Vorstellungen sich begeben und in inniger Armuth eine Stätte fassen. Mit dem siam. Texte tattha tathāgatena zu lesen. – Aller Vorstellungen sich begeben: πτωχευσαι απο παντων των φαινομενων, Makarios, Homil. XI § 6 i. f.; paupertatem colere, quasi cœlestem vitam agere in terris, ab omni caducarum rerum cura et cupiditate alienam, nach Bernardus. Die ajjhattaṃ suññatā = der inwendigen Armuth, der Armuth des inneren Menschen, Eckhart p. 280, 626. Wenn da nun, Ānando, an den Vollendeten, der in solcher Stätte eine Stätte gefasst hat, Leute herantreten, Mönche und Nonnen, Anhänger und Anhängerinen, Könige und königliche Fürsten, Büßer und büßende Pilger, so pflegt, Ānando, der Vollendete, gar einsam geneigt im Herzen, einsam gebeugt, einsam gesenkt, abgeschieden, in Entsagung befriedigt, lauter geworden von allen wahnhaften Dingen, einzig nur ein zur Ermunterung taugliches Gespräch zu führen.

»Darum aber, Ānando, mag auch ein Mönch es wünschen, ›Innige Armuth erfassen will ich‹, so hat, Ānando, ein solcher Mönch das innige Herz eben zu festigen, zu beruhigen, einig zu machen und stark. Wie aber kann, Ānando, ein Mönch das innige Herz eben festigen, beruhigen, einig machen und stark? Da weilt, Ānando, der Mönch gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen in sinnend gedenkender ruhegeborener säliger Heiterkeit, in der Weihe der ersten Schauung. Nach Vollendung des Sinnens und Gedenkens erreicht er die innere Meeresstille, die Einheit des Gemüthes, die von sinnen, von gedenken freie, in der Einigung geborene sälige Heiterkeit, die Weihe der zweiten Schauung. In heiterer Ruhe gleichmüthig, einsichtig, klar bewusst weilt der Mönch, ein Glück empfindet er im Körper, von dem die Heiligen sagen: ›Der gleichmüthig Einsichtige lebt beglückt‹; so erwirkt er die Weihe der dritten Schauung. Nach Verwerfung der Freuden und Leiden, nach Vernichtung des einstigen Frohsinns und Trübsinns erwirkt der Mönch die Weihe der leidlosen, freudlosen, gleichmüthig einsichtigen vollkommenen Reine, die vierte Schauung. Also kann, Ānando, ein Mönch das innige Herz eben festigen, beruhigen, einig machen und stark.

»Er nimmt innige Armuth im Geiste auf. Während er innige Armuth im Geiste aufnimmt, will sich ihm das Herz in inniger Armuth nicht erheben, nicht erheitern, nicht beschwichtigen, nicht beruhigen. Ist es also, Ānando, so gedenkt der Mönch: ›Während ich innige Armuth im Geiste aufnehme, will sich mir das Herz in inniger Armuth nicht erheben, nicht erheitern, nicht beschwichtigen, nicht beruhigen.‹ So aber bleibt er da klar bewusst.

»Er nimmt von außen Armuth im Geiste auf, er nimmt von innen und außen Armuth im Geiste auf; er nimmt Unverstörung im Geiste auf. Während er Unverstörung im Geiste aufnimmt, will sich ihm das Herz in Unverstörung nicht erheben, nicht erheitern, nicht beschwichtigen, nicht beruhigen. Ist es also, Ānando, so gedenkt der Mönch: ›Während ich Unverstörung im Geiste aufnehme, will sich mir das Herz in Unverstörung nicht erheben, nicht erheitern, nicht beschwichtigen, nicht beruhigen.‹ So aber bleibt er da klar bewusst.

»Ein solcher Mönch, Ānando, hat nun in jener ersteren geistigen Vertiefung das innige Herz eben zu festigen, zu beruhigen, einig zu machen und stark. Er nimmt innige Armuth im Geiste auf. Während er innige Armuth im Geiste aufnimmt, erhebt sich ihm das Herz in inniger Armuth, erheitert sich, beschwichtigt sich, beruhigt sich. Ist es also, Ānando, so gedenkt der Mönch: ›Während ich innige Armuth im Geiste aufnehme, erhebt sich mir das Herz in inniger Armuth, erheitert sich, beschwichtigt sich, beruhigt sich.‹ So aber bleibt er da klar bewusst.

»Er nimmt von außen Armuth im Geiste auf, er nimmt von innen und außen Armuth im Geiste auf; er nimmt Unverstörung im Geiste auf. Während er Unverstörung im Geiste aufnimmt, erhebt sich ihm das Herz in Unverstörung, erheitert sich, beschwichtigt sich, beruhigt sich. Ist es also, Ānando, so gedenkt der Mönch: ›Während ich Unverstörung im Geiste aufnehme, erhebt sich mir das Herz in Unverstörung, erheitert sich, beschwichtigt sich, beruhigt sich.‹ So aber bleibt er da klar bewusst. Zur Armuth innen und außen cf. den Gedanken Pascals II, 17, 82: »Si j'avais le coeur aussi pauvre que l'esprit, je serais bienheureux; car je suis merveilleusement persuadé que la pauvreté est un grand moyen pour faire son salut.« Die scheinbare Antinomie vom Aufnehmen der Armuth ist in den Versen eines großen, unendlich reichen asketischen, d.i. wohl eingeübten Geistes angemessen gelöst:

La lieta povertà, fugiendo, acquista
Ogni tesor, nè pensa come o quando;
Secur nei boschi, in panni rozzi e bigi,
Fuor d'obrigi, di cure e di letigi.

Letzterem Hinweise, den ich De Lorenzo, dem genauen Kenner Michelangelos, verdanke, mag noch in diesem Zusammenhange die so anschauliche Illustration Meister Eckharts, p. 576, beigefügt sein: »Dar umbe sprach der, der in der kuofen blôz saz, zuo dem grôzen Alexander, der alle welt under ime hete: ›ich bin‹, sprach er, ›vil ein grœzer herre denne dû bist; wan ich hân mêr versmêhet denne dû besezzen hâst. Daz dû grôz ahtest ze besitzenne, daz ist mir ze kleine ze versmêhenne.‹« Das Helldunkel einer solchen einmüthig erfahrenen indo-ārischen Armuth, die heiter über Kaiser und Könige wegblickt, findet man denn auch im Bildnisse eines kynischen Pilgers und kosmopolitischen Palitanten auf einem jüngst entdeckten pompejanischen Fresko zu Boscoreale und zwar voce melius beglaubigt, »daz ist wortelôs«.

»Wenn nun, Ānando, bei diesem Mönche, der eine solche Stätte gefunden hat, im Herzen die Neigung vorwiegt auf- und abzugehn, so geht er auf und ab: ›Also auf- und abgehend werd' ich von Begierde und Missmuth, schlechten, unheilsamen Dingen mich nicht überwältigen lassen.‹ So aber bleibt er da klar bewusst.

»Wenn nun, Ānando, bei diesem Mönche, der eine solche Stätte gefunden hat, im Herzen die Neigung vorwiegt stehn zu bleiben, so bleibt er stehn: ›Also stehn bleibend werd' ich von Begierde und Missmuth, schlechten, unheilsamen Dingen mich nicht überwältigen lassen.‹ So aber bleibt er da klar bewusst.

»Wenn nun, Ānando, bei diesem Mönche, der eine solche Stätte gefunden hat, im Herzen die Neigung vorwiegt niederzusitzen, so setzt er sich nieder: ›Also niedersitzend werd' ich von Begierde und Missmuth, schlechten, unheilsamen Dingen mich nicht überwältigen lassen.‹ So aber bleibt er da klar bewusst.

»Wenn nun, Ānando, bei diesem Mönche, der eine solche Stätte gefunden hat, im Herzen die Neigung vorwiegt sich hinzulegen, so legt er sich hin: ›Also liegend werd' ich von Begierde und Missmuth, schlechten, unheilsamen Dingen mich nicht überwältigen lassen.‹ So aber bleibt er da klar bewusst.

»Wenn nun, Ānando, bei diesem Mönche, der eine solche Stätte gefunden hat, im Herzen die Neigung vorwiegt zu reden, so gedenkt er: ›Ein Gespräch, das gewöhnlich, gemein, alltäglich, unheilig, ungeeignet ist, nicht zur Abkehr, nicht zur Wendung, nicht zur Aufhebung, nicht zur Auflösung, nicht zur Durchschauung, nicht zur Erwachung, nicht zur Erlöschung hinlenkt, als da sind Gespräche über Könige, über Räuber, über Fürsten, über Soldaten, über Krieg und Kampf, Gespräche über Speise und Trank, über Kleidung und Lager, über Blumen und Düfte, Gespräche über Verwandte, über Fuhrwerk und Wege, über Dörfer und Burgen, über Städte und Länder, über Weiber und Weine, über Straßen und Märkte, über die Altvorderen und über die Veränderungen, über Ereignisse im Reich, Ereignisse zur See, über dies und das und dergleichen mehr: ein solches Gespräch werde ich nicht führen.‹ So aber bleibt er da klar bewusst.

»Wenn es aber, Ānando, ein Gespräch ist, das zur Ledigung, zur geistigen Befreiung taugt, einzig zur Abkehr, zur Wendung, zur Aufhebung, zur Auflösung, zur Durchschauung, zur Erwachung, zur Erlöschung hinlenkt, als da sind Gespräche über Genügsamkeit, über Zufriedenheit, Gespräche über Einsamkeit, über Abgeschiedenheit, über Beharrlichkeit, über Tugend, Gespräche über Vertiefung, über Weisheit, über Erlösung, über Wissensklarheit der Erlösung: ›ein solches Gespräch‹, gedenkt er, ›werde ich führen.‹ So aber bleibt er da klar bewusst.

»Wenn nun, Ānando, bei diesem Mönche, der eine solche Stätte gefunden hat, im Herzen die Neigung vorwiegt zu erwägen, so gedenkt er: ›Erwägungen, die da gewöhnlich, gemein, alltäglich, unheilig, ungeeignet sind, nicht zur Abkehr, nicht zur Wendung, nicht zur Aufhebung, nicht zur Auflösung, nicht zur Durchschauung, nicht zur Erwachung, nicht zur Erlöschung hinlenken, als da sind Erwägungen des Begehrens, der Gehässigkeit, der Wuth: solche Erwägungen will ich nicht erwägen.‹ So aber bleibt er da klar bewusst.

»Wenn es aber, Ānando, Erwägungen sind, die da heilig, ausreichend ausreichen, dem Grübler zur gänzlichen Leidensversiegung, als da sind Erwägungen des Entsagens, der Duldsamkeit, der Milde: ›solche Erwägungen‹, gedenkt er, ›will ich erwägen.‹ So aber bleibt er da klar bewusst.

 

»Fünf Begehrungen, Ānando, giebt es: welche fünf? Die durch das Gesicht ins Bewusstsein tretenden Formen, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden, reizenden; die durch das Gehör ins Bewusstsein tretenden Töne, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden, reizenden; die durch den Geruch ins Bewusstsein tretenden Düfte, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden, reizenden; die durch den Geschmack ins Bewusstsein tretenden Säfte, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden, reizenden; die durch das Getast ins Bewusstsein tretenden Tastungen, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden, reizenden. Das sind, Ānando, die fünf Begehrungen, wobei der Mönch oft und oft sein Herz erforschen muss: ›Kommt es wohl vor, dass mir bei diesen fünf Begehrungen, auf diesem oder auf jenem Gebiete, geistiges Zukehren erwächst?‹ Sobald, Ānando, der Mönch bei seiner Erforschung merkt: ›Es kommt vor, dass mir bei diesen fünf Begehrungen, auf diesem oder auf jenem Gebiete, geistiges Zukehren erwächst‹: ist es also, Ānando, so gedenkt der Mönch: ›Was da bei diesen fünf Begehrungen Willensreiz ist, das hab' ich nicht verloren.‹ Der siam. Text hat richtig yo kho imesu pañcasu. kāmaguṇesu chandarāgo so me appahino. Etc. – Zur Selbsterforschung cf. die 15. u. 151. Rede ≅ Aureum Pythagoreornm carmen v. 40 –44. So aber bleibt er da klar bewusst. Sobald aber, Ānando, der Mönch bei seiner Erforschung merkt: ›Nicht kommt es vor, dass mir bei diesen fünf Begehrungen, auf diesem oder auf jenem Gebiete, geistiges Zukehren erwächst‹: ist es also, Ānando, so gedenkt der Mönch: ›Was da bei diesen fünf Begehrungen Willensreiz ist, das hab' ich verloren.‹ So aber bleibt er da klar bewusst.

»Fünf giebt es, Ānando, der Stücke des Anhangens, wobei der Mönch das Entstehn und Vergehn beobachten muss: ›So ist die Form, so entsteht sie, so löst sie sich auf; so ist das Gefühl, so entsteht es, so löst es sich auf; so ist die Wahrnehmung, so entsteht sie, so löst sie sich auf; so sind die Unterscheidungen, so entstehn sie, so lösen sie sich auf; so ist das Bewusstsein, so entsteht es, so löst es sich auf.‹ Während er bei diesen fünf Stücken des Anhangens das Entstehn und Vergehn beobachtet, geht ihm dabei was Dünkel der Ichheit ist verloren. Ist es also, Ānando, so gedenkt der Mönch: ›Was da bei diesen fünf Stücken des Anhangens Dünkel der Ichheit war, das hab' ich verloren.‹ So aber bleibt er da klar bewusst. Das nun, Ānando, sind Dinge, die einzig dem Heile zuführen, heilige, überweltliche, unüberkommen vom Bösen. –

»Was bedünkt dich, Ānando: aus welchem zureichenden Grunde darf wohl ein Jünger dem Meister nachfolgen, so lange bis er ihn von sich weist?«

»Vom Erhabenen stammt unser Wissen, o Herr, vom Erhabenen geht es aus, auf den Erhabenen geht es zurück. Gut wär' es, o Herr, wenn doch der Erhabene den Sinn dieser Rede erläutern wollte: das Wort des Erhabenen werden die Mönche bewahren.«

»Nicht wohl, Ānando, darf ein Jünger dem Meister nachfolgen, um nur Reden, Aussprüche, Erklärungen zu hören: Der Text hat richtig sotum. und warum nicht? Lange Zeit habt ihr ja, Ānando, die Dinge gehört, gehütet, mit der Rede beherrscht, im Gedächtniss bewahrt, von Grund aus verstanden. Was aber da, Ānando, ein Gespräch ist, das zur Ledigung, zur geistigen Befreiung taugt, einzig zur Abkehr, zur Wendung, zur Aufhebung, zur Auflösung, zur Durchschauung, zur Erwachung, zur Erlöschung hinlenkt, als da sind Gespräche über Genügsamkeit, über Zufriedenheit, Gespräche über Einsamkeit, über Abgeschiedenheit, über Beharrlichkeit, über Tugend, Gespräche über Vertiefung, über Weisheit, über Erlösung, über Wissensklarheit der Erlösung: um eines solchen Gespräches willen, Ānando, darf wohl ein Jünger dem Meister nachfolgen, so lange bis er ihn von sich weist. –

»Daher kommt es, Ānando, dass ein Lehrer Unbill erfährt; daher kommt es, dass ein Schüler Unbill erfährt; daher kommt es, dass ein Asket Unbill erfährt. Wie aber, Ānando, erfährt ein Lehrer Unbill ? Da sucht, Ānando, irgend ein Lehrer einen abgelegenen Ruheplatz auf, einen Hain, den Fuß eines Baumes, eine Felsengrotte, eine Bergesgruft, einen Friedhof, die Waldesmitte, ein Streulager in der offenen Ebene. Während er also zurückgezogen weilt, gehn in der Umgegend Priester und Hausleute, Bürger wie Bauern, ihren Geschäften nach. Und während in der Umgegend Priester und Hausleute, Bürger wie Bauern, ihren Geschäften nachgehn, wird er aus Ohnmacht begehrlich, Lies mucchā nikāmayati. geräth in Leidenschaft, kehrt sich der Üppigkeit zu. Den heißt man, Ānando, einen Lehrer, der unbillig Unbill des Lehrers erfahren hat: überzogen haben ihn schlechte, unheilsame Dinge, besudelnde, Wiederdasein säende, entsetzliche, Leiden ausbrütende, wiederum Leben, Altern und Sterben erzeugende. Also, Ānando, erfährt ein Lehrer Unbill.

»Wie aber, Ānando, erfährt ein Schüler Unbill? Da ist eben einer, Ānando, eines solchen Meisters Jünger, und der Einsamkeit des Meisters gemäß übt er sich ein und sucht einen abgelegenen Ruheplatz auf, einen Hain, den Fuß eines Baumes, eine Felsengrotte, eine Bergesgruft, einen Friedhof, die Waldesmitte, ein Streulager in der offenen Ebene. Während er also zurückgezogen weilt, gehn in der Umgegend Priester und Hausleute, Bürger wie Bauern, ihren Geschäften nach. Und während in der Umgegend Priester und Hausleute, Bürger wie Bauern, ihren Geschäften nachgehn, wird er aus Ohnmacht begehrlich, geräth in Leidenschaft, kehrt sich der Üppigkeit zu. Den heißt man, Ānando, einen Schüler, der unbillig Unbill des Schülers erfahren hat: überzogen haben ihn schlechte, unheilsame Dinge, besudelnde, Wiederdasein säende, entsetzliche, Leiden ausbrütende, wiederum Leben, Altern und Sterben erzeugende. Also, Ānando, erfährt ein Schüler Unbill.

»Wie aber, Ānando, erfährt ein Asket Unbill? Da erscheint, Ānando, der Vollendete in der Welt, der Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter der Männerheerde, der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene. Er sucht einen abgelegenen Ruheplatz auf, einen Hain, den Fuß eines Baumes, eine Felsengrotte, eine Bergesgruft, einen Friedhof, die Waldesmitte, ein Streulager in der offenen Ebene. Während er also zurückgezogen weilt, gehn in der Umgegend Priester und Hausleute, Bürger wie Bauern, ihren Geschäften nach. Und während in der Umgegend Priester und Hausleute, Bürger wie Bauern, ihren Geschäften nachgehn, wird er nicht aus Ohnmacht begehrlich, geräth in keine Leidenschaft, kehrt sich der Üppigkeit nicht zu. Da ist nun einer, Ānando, eines solchen Meisters Jünger, und der Einsamkeit des Meisters gemäß übt er sich ein und sucht einen abgelegenen Ruheplatz auf, einen Hain, den Fuß eines Baumes, eine Felsengrotte, eine Bergesgruft, einen Friedhof, die Waldesmitte, ein Streulager in der offenen Ebene. Während er also zurückgezogen weilt, gehn in der Umgegend Priester und Hausleute, Bürger wie Bauern, ihren Geschäften nach. Und während in der Umgegend Priester und Hausleute, Bürger wie Bauern, ihren Geschäften nachgehn, wird er aus Ohnmacht begehrlich, geräth in Leidenschaft, kehrt sich der Üppigkeit zu. Den heißt man, Ānando, einen Asketen, der unbillig Unbill des Asketen erfahren hat: überzogen haben ihn schlechte, unheilsame Dinge, besudelnde, Wiederdasein säende, entsetzliche, Leiden ausbrütende, wiederum Leben, Altern und Sterben erzeugende. Also, Ānando, erfährt ein Asket Unbill. Was da nun, Ānando, eine Unbill des Lehrers und Unbill des Schülers anlangt, so ist eine Unbill des Asketen reicher an Leiden als jene, reicher an Bitterkeit, und führt zum Verderben hin. –

»Darum aber, Ānando, mögt ihr mit Liebe mir begegnen und nicht mit Feindschaft; das wird euch lange zum Wohle, zum Heile gereichen.

»Wie aber, Ānando, begegnen einem Meister die Jünger mit Feindschaft und nicht mit Liebe? Da legt, Ānando, ein Meister den Jüngern die Lehre dar, mitleidig, wohlwollend, von Mitleid bewogen: ›Das dient euch zum Wohle, das dient euch zum Heile.‹ Und die Jünger horchen nicht auf ihn, leihen ihm kein Gehör, wenden das Herz nicht dem Verständnisse zu, und übertreten in ihrem Betragen die Satzung des Meisters. Also, Ānando, begegnen einem Meister die Jünger mit Feindschaft und nicht mit Liebe.

»Wie aber, Ānando, begegnen einem Meister die Jünger mit Liebe und nicht mit Feindschaft? Da legt, Ānando, ein Meister den Jüngern die Lehre dar, mitleidig, wohlwollend, von Mitleid bewogen: ›Das dient euch zum Wohle, das dient euch zum Heile.‹ Und die Jünger horchen auf ihn, leihen ihm Gehör, wenden das Herz dem Verständnisse zu, und nicht übertreten sie in ihrem Betragen die Satzung des Meisters. Also, Ānando, begegnen einem Meister die Jünger mit Liebe und nicht mit Feindschaft.

»Darum aber, Ānando, mögt ihr mit Liebe mir begegnen und nicht mit Feindschaft; das wird euch lange zum Wohle, zum Heile gereichen. Nicht brauch' ich, Ānando, mit euch umzugehn wie der Töpfer mit den ungebrannten Thongefäßen. Einfüllend einfüllen, Ānando, kann meine Rede, ausgießend ausgießen: der Gehalt bleibt der selbe.«

 

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freute sich der ehrwürdige Ānando über das Wort des Erhabenen. Der Schluss der Rede, yo sāro so ṭhassati, ist mit v. 204 der Lieder der Mönche, sāram buddhāna sāsanam, nebst Anmerkung zu vergleichen. – Ein ähnliches Bild Ṡātyāyanīyopaniṣadante: Ekākṣarapradātātraṃ | yo guruṃ nābhinandati | tasya ṡrutaṃ tathā jñānaṃ sravatyārnaghatāmburat | ferner Vāsiṣṭharmaiṡāstre VI, 31 f.:

Āmapātre yathā nyastaṃ
kṣiraṃ dadhi ghṛtaṃ madhu
vinaṥyet pātradaurlabhyāt,
kṣatapātraṃ rasāṥca te:
evaṃ gā vā hiraṇyaṃ vā
vastram aṥvaṃ mahīṃ tilān
avidvān pratigṛhnāno
bhasmībhavati kāṣṭhavat.

De Lorenzo weist mit Recht darauf hin, dass Horaz das selbe, so anschaulich lehrreiche Gleichniss gewählt hat, im berühmten 2. Briefe des 1. Buches. Er schreibt mir: »Il verso

Sincerum est nisi vas, quodcumque infundis acescit
allude proprio a vasi di creta; prima di tutto perchè i romani e i greci non adoperavano che tali vasi, e non di metallo, e poi perchè Orazio stesso alla fine della medesima epistola spiega ancor meglio il paragone con i versi:

Nunc adbibe puro
Pectore verba, puer, nunc te melioribus offer.
Quo semel est imbuta recens servabit odorem
Testa diu.
I quali versi corrispondono esattamente alla chiusa del discorso 122: »Darum aber mögt ihr mit Liebe mir begegnen und nicht mit Feindschaft; das wird euch lange zum Wohle, zum Heile gereichen.«"
Mit Liebe und nicht mit Feindschaft dem Meister begegnen, Gehör leihen u.s.w. hat Makarios getreu nachempfunden, bei Floss p. 305: Ου γαρ πιστευειν μονον δει Χριστῳ, αλλα και συμπασχειν αυτῳ: und Agathon hat auch zugleich Vertrauen schlechthin wie S. 297-299 sehr besonnen als Ohnmacht und Unbill erkannt ib. p. 151: Non est peior altera passio quam fiducia: genetrix est enim omnium passionum; convenit ergo operatio monacho non sumere fiduciam, vel si solus sit in cella.
Die ewige Stille, S. 287 ( asāmāyikam akuppam ≅ asamayavimokho No. 29 i. f.), ist wohl zumeist von
Eckhart geschrieben worden, theils in Paradoxen wie ›Alle Beweglichkeit ist sterben‹, p. 536, oder ›Ganze Ruhe ist Freiheit aller Bewegungen‹, 605, theils gegenüber der ›Unstetigkeit und dem Sturme des Weltenflusses‹, 247, als ›das Wesen in einer stillen Stillheit‹, 389 ; ferner als wesentliche Stillheit 668, heimliche Stillheit der Einigkeit 520, Tiefe der Stillheit 517, lautere Stillniss 120, unbewegliche Stilleheit 583, stete Stillheit 600, stille Ewigkeit 375, etc. Vergl. Anm. 195.
Zur Bezeichnung Sakker in dieser Rede und Sakyer in der vorhergehenden sei bemerkt, dass die Namen, obwohl an sich identische Denominativa von √ śak »vermögen«, insofern leicht differenziert erscheinen als einige nördlichere Städte und Burgen wie etwa Kapilavatthu oder Devadaham stetig den Sakkern, und wieder andere südlichere wie z.B. Nagarakam oder Metāḷumpam stetig den Sakyern zugesprochen sind. (Cf. Anmerk. 1 i. f.) Gotamo nennt seinen Vater Sakko, in der 36. und 85. Rede: er selbst aber wird allgemein Sakyaputto, Sohn der Sakyer, geheißen, so in der 41. Rede etc. Der engere Kreis Sakkos, des stolzen Śakras', als der er gegolten, und seiner Sakker, Sākrer, mag sich immerhin dem umfassenderen der Sakyer, Śākyer, eingeordnet haben, die Linie der Dynastie, der Zweig dem Stamme. Darum also haben auch die nächsten Verwandten Gotamos auf der Urneninschrift um die krystallene Phiole, die sie den Aschenresten ihres erlauchten Bruders gewidmet, sich selber als Sakyer bekannt:

Das ist ein Leichenschrein des Erwachten, Erhabenen:
Der Sakyer Stiftung, der Brüder mit Schwestern, mit Kindern und Frauen.

Diesem nüchternen und doch beredten Epitaph ist wohl ferner noch zu entnehmen, dass die Brüder, bez. Halbbrüder Gotamos das Erbe Sakkos gemeinsam angetreten hatten. Zerstörender Habsucht an 2400 Jahre verborgen wurde Urne und Phiole im Januar 1898 aus einem kostbar schützenden Topenhügel bei Piprāvā an der nepālischen Gränze ausgegraben und noch von Bühler als das erste historische Sakyer-Dokument erkannt, Journ. Roy. As. Soc. 1898 p. 389, die Inschrift aber erst von Pischel im 56. Bande d. Zeitschr. deutsch. morgenländ. Ges. S. 157 f. richtig erklärt. – Der Unfug mit dem Śakaśākagargādibhyo yañ ist späterer Missverstand, wie die gute alte Theragāthā 533 u. 536 zeigt.


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