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Elfter Theil
Zweite Rede

Die Fünf und die Drei

Das hab' ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Sāvatthī, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos. Dort nun wandte sich der Erhabene an die Mönche: »Ihr Mönche!« – »Erlauchter!« antworteten da jene Mönche dem Erhabenen aufmerksam. Der Erhabene sprach also:

»Es giebt, ihr Mönche, einige Asketen und Priester, die der Zukunft anhängen, der Zukunft nachsinnen, über die Zukunft mancherlei Glaubenslehren verkünden. ›Bewusst ist die Seele, genesen nach dem Tode‹: das verkünden die einen. ›Unbewusst ist die Seele, genesen nach dem Tode‹: das verkünden die anderen. ›Weder bewusst noch unbewusst ist die Seele, genesen nach dem Tode‹: das verkünden die einen. Des lebendigen Leibes Auflösung, Zerstörung, Vernichtung verkünden wiederum andere und das höchste Glück bei Lebzeiten. Dass die Seele zwar beharre, genesen nach dem Tode, der lebendige Leib aber der Auflösung, Zerstörung, Vernichtung erliege, verkünden wiederum andere und das höchste Glück bei Lebzeiten. So verhalten sich hier die Fünf zu den Dreien wie sich die Drei zu den Fünfen verhalten: das ist die Darstellung der Fünf und der Drei.

»Die Asketen und Priester nun, ihr Mönche, welche die Seele als bewusst darstellen, genesen nach dem Tode, diese lieben Asketen und Priester sagen von ihr aus, dass sie formhaft sei, oder formlos; dass sie formhaft und formlos sei, oder weder formhaft noch formlos; dass ihr Bewusstsein einfach sei, oder manigfach; dass ihr Bewusstsein beschränkt sei, oder unermesslich, genesen nach dem Tode. Da gehn denn ihrer einige über alle Bewusstbarkeit hinaus und verkünden unermessliche Unverstörung. Aber es erkennt, ihr Mönche, der Vollendete: ›Wenn diese lieben Asketen und Priester die Seele also als bewusst darstellen, genesen nach dem Tode, und ihnen nun ein Bewusstsein dabei als geläutert, als das beste, herrlichste und höchste gilt, sei es formhaft oder formlos, sei es einfach oder manigfach: ‘Nichts ist da’, so verkünden dann andere das Reich des Nichtdaseins als unermessliche Unverstörung. Aber das ist unterschiedlich, schwerfällig; und es giebt doch eine Auflösung der Unterscheidungen, das giebt es‹: in solcher Gewissheit, eingedenk dieser Entrinnung, geht der Vollendete darüber hinaus.

»Die Asketen und Priester nun, ihr Mönche, welche die Seele als unbewusst darstellen, genesen nach dem Tode, diese lieben Asketen und Priester sagen von ihr aus, dass sie formhaft sei, oder formlos; dass sie formhaft und formlos sei, oder weder formhaft noch formlos, genesen nach dem Tode. Den Asketen und Priestern nun, ihr Mönche, welche die Seele als bewusst darstellen, genesen nach dem Tode, denen widersprechen diese: und warum das? ‘Bewusst sein ist siech sein, bewusst sein ist bresthaft sein, bewusst sein ist schmerzhaft sein: das ist die Ruhe, das ist das Ziel, jenes unbewusst sein.’ Aber es erkennt, ihr Mönche, der Vollendete: ›Wenn diese lieben Asketen und Priester die Seele also als unbewusst darstellen, genesen nach dem Tode, und es wollte da nun, ihr Mönche, irgend einer von ihnen behaupten, ‘Ich werde jenseit der Form, jenseit des Gefühls, jenseit der Wahrnehmung, jenseit der Unterscheidungen, jenseit des Bewusstseins ein Kommen und Gehn, ein Verschwinden und Erscheinen, ein Wachsthum, eine Entwickelung, eine Entfaltung beweisen’, so ist das unmöglich. Aber das ist unterschiedlich, schwerfällig; und es giebt doch eine Auflösung der Unterscheidungen, das giebt es‹: in solcher Gewissheit, eingedenk dieser Entrinnung, geht der Vollendete darüber hinaus.

»Die Asketen und Priester nun, ihr Mönche, welche die Seele als weder bewusst noch unbewusst darstellen, genesen nach dem Tode, diese lieben Asketen und Priester sagen von ihr aus, dass sie formhaft sei, oder formlos; dass sie formhaft und formlos sei, oder weder formhaft noch formlos, genesen nach dem Tode. Den Asketen und Priestern nun, ihr Mönche, welche die Seele als bewusst darstellen, genesen nach dem Tode, denen widersprechen diese; und auch den lieben Asketen und Priestern, welche die Seele als unbewusst darstellen, genesen nach dem Tode, widersprechen sie: und warum das? ‘Bewusst sein ist siech sein, bewusst sein ist bresthaft sein, bewusst sein ist schmerzhaft sein; unbewusst sein ist unsinnig sein: das ist die Ruhe, das ist das Ziel, jenes weder bewusst noch unbewusst sein.’ Aber es erkennt, ihr Mönche, der Vollendete: ›Wenn diese lieben Asketen und Priester die Seele also als weder bewusst noch unbewusst darstellen, genesen nach dem Tode, und es sagen nun, ihr Mönche, dergleichen Asketen und Priester, dass man da irgend noch durch Unterscheidung des Sichtbaren, Hörbaren, Denkbaren, Bewusstbaren jenes Ziel erreichen könne, so muss das eben, ihr Mönche, als eine Vereitelung gelten um jenes Ziel zu erreichen: denn es erscheint nun, ihr Mönche, jenes Ziel nicht sowohl durch Eingehn in Unterscheidung erreichbar als vielmehr durch Eingehn in Überunterscheidung. Aber das ist unterschiedlich, schwerfällig; und es giebt doch eine Auflösung der Unterscheidungen, das giebt es‹: in solcher Gewissheit, eingedenk dieser Entrinnung, geht der Vollendete darüber hinaus.

»Da finden sich nun, ihr Mönche, Asketen und Priester, die des lebendigen Leibes Auflösung, Zerstörung, Vernichtung darstellen, und denen, ihr Mönche, widersprechen nun die Asketen und Priester, die da behaupten, die Seele sei bewusst, genesen nach dem Tode; und auch manche liebe Asketen und Priester, die da behaupten, die Seele sei unbewusst, genesen nach dem Tode, widersprechen ihnen; und auch manche liebe Asketen und Priester, die da behaupten, die Seele sei weder bewusst noch unbewusst, genesen nach dem Tode, widersprechen ihnen: und warum das? Alle diese lieben Asketen und Priester halten sich an ein Drüben, hängen eben dem Glauben an: ‘So werden wir nach dem Tode sein, so werden wir nach dem Tode sein!’ Gleichwie etwa ein Händler auf Handel ausgeht: ‘Dort werd' ich das erlangen, dafür werd' ich dies bekommen!’: ebenso erscheinen mir da diese lieben Asketen und Priester wie die Händler: ‘So werden wir nach dem Tode sein, so werden wir nach dem Tode sein!’ Dieses Gleichniss, das man fast als eine gewisse Humoreske nicht unschicklich ansehn könnte, hat Sokrates ganz ebenso naiv, zu Ende des Gesprächs im Euthyphron, gebraucht: Εμπορικη αρα τις αν ειη τεχνη ἡ ὁσιοτης θεοις και ανθρωποις παρ’ αλληλων. Ja auch Eckhart, p. 34: Diz sint allez koufliute... wan sie wellent daz eine umbe daz ander geben unde wellent alsô koufen mit unserm herren. Aber es erkennt, ihr Mönche, der Vollendete: ›Wenn jene lieben Asketen und Priester des lebendigen Leibes Auflösung, Zerstörung, Vernichtung darstellen, so laufen sie aus Angst vor dem Dasein, aus Abscheu vor dem Dasein eben um das Dasein herum, drehn sich herum. Gleichwie etwa ein Kettenhund, sā gaddulabandho, »ein Hund mit einem Kehlbande«. Vergl. Saṃyuttakanikāyo vol. III. p. 150, taṇhāgaddulam, Niddeso II p. 11. an einen festen Pfahl oder Pfosten gefesselt, um eben diesen Pfahl oder Pfosten herumläuft, sich herumdreht, ebenso nun auch laufen jene lieben Asketen und Priester aus Angst vor dem Dasein, aus Abscheu vor dem Dasein eben um das Dasein herum, drehn sich herum. Aber das ist unterschiedlich, schwerfällig; und es giebt doch eine Auflösung der Unterscheidungen, das giebt es‹: in solcher Gewissheit, eingedenk dieser Entrinnung, geht der Vollendete darüber hinaus.

»Wenn da, ihr Mönche, Asketen oder Priester der Zukunft anhängen, der Zukunft nachsinnen, über die Zukunft mancherlei Glaubenslehren aufstellen, so stellen alle solche eben diese fünf Bereiche dar, oder eines derselben.

»Es giebt, ihr Mönche, manche Asketen und Priester, die der Vergangenheit anhängen, der Vergangenheit nachsinnen, über die Vergangenheit mancherlei Glaubenslehren aufstellen, als wie ›Ewig ist Seele und Welt; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‹: das verkünden die einen. ›Zeitlich ist Seele und Welt; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‹: das verkünden die anderen. ›Ewig und zeitlich ist Seele und Welt; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‹: das verkünden die einen. ›Weder ewig noch zeitlich ist Seele und Welt; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‹: das verkünden die anderen. ›Endlich ist Seele und Welt; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‹: das verkünden die einen. ›Unendlich ist Seele und Welt; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‹: das verkünden die anderen. ›Endlich und unendlich ist Seele und Welt; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‹: das verkünden die einen. ›Weder endlich noch unendlich ist Seele und Welt; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‹: das verkünden die anderen. ›Einfach bewusst ist Seele und Welt; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‹: das verkünden die einen. ›Manigfach bewusst ist Seele und Welt; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‹: das verkünden die anderen. ›Beschränkt bewusst ist Seele und Welt; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‹: das verkünden die einen. ›Unermesslich bewusst ist Seele und Welt; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‹: das verkünden die anderen. ›Einzig freudvoll ist Seele und Welt; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‹: das verkünden die einen. ›Einzig leidvoll ist Seele und Welt; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‹: das verkünden die anderen. ›Freudvoll und leidvoll ist Seele und Welt; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‹: das verkünden die einen. ›Weder freudvoll noch leidvoll ist Seele und Welt; dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‹: das verkünden die anderen.

»Dass nun, ihr Mönche, diese Asketen und Priester, die solches meinen, solches glauben, etwa auch ohne Zutrauen, ohne Hingabe, ohne Hörensagen, ohne prüfendes Unheil, ohne geduldig Einsicht zu nehmen eben selber die Erkenntniss erlangten, die geläuterte, die geklärte: das ist unmöglich. Ermangeln sie aber selber, ihr Mönche, der Erkenntniss, der geläuterten, der geklärten, so kann diesen lieben Asketen und Priestern was sie auch hier an einiger Erkenntniss etwa irgend erringen mögen doch nur als Anhangen gelten. ›Aber das ist unterschiedlich, schwerfällig; und es giebt doch eine Auflösung der Unterscheidungen, das giebt es‹: in solcher Gewissheit, eingedenk dieser Entrinnung, geht der Vollendete darüber hinaus.

»Da hat, ihr Mönche, irgend ein Asket oder Priester das Erforschen der Vergangenheit aufgegeben, das Erforschen der Zukunft aufgegeben, hat gänzlich die Bande des Begehrens abgestreift und weilt in der Weihe einsamer Freude: ‘Das ist die Ruhe, das ist das Ziel, dass ich da in der Weihe einsamer Freude weile.’ Und diese einsame Freude vergeht ihm, und wann ihm die einsame Freude vergeht erhebt sich Trübsinn, und wann ihm der Trübsinn vergeht erhebt sich einsame Freude. Gleichwie etwa einen, ihr Mönche, den der Schatten verlässt die Sonne ankommt, und den die Sonne verlässt der Schatten ankommt: ebenso nun auch, ihr Mönche, erhebt sich wann die einsame Freude vergeht Trübsinn, und erhebt sich wann der Trübsinn vergeht einsame Freude. Aber es erkennt, ihr Mönche, der Vollendete: ›Dieser liebe Asket oder Priester hat das Erforschen der Vergangenheit aufgegeben, hat das Erforschen der Zukunft aufgegeben, hat gänzlich die Bande des Begehrens abgestreift und weilt in der Weihe einsamer Freude: ‘Das ist die Ruhe, das ist das Ziel, dass ich da in der Weihe einsamer Freude weile.’ Und diese einsame Freude vergeht ihm, und wann ihm die einsame Freude vergeht erhebt sich Trübsinn, und wann ihm der Trübsinn vergeht erhebt sich einsame Freude. Aber das ist unterschiedlich, schwerfällig; und es giebt doch eine Auflösung der Unterscheidungen, das giebt es‹: in solcher Gewissheit, eingedenk dieser Entrinnung, geht der Vollendete darüber hinaus.

»Da hat nun, ihr Mönche, irgend ein Asket oder Priester das Erforschen der Vergangenheit aufgegeben, das Erforschen der Zukunft aufgegeben, hat gänzlich die Bande des Begehrens abgestreift, hat die einsame Freude überwunden und weilt in der Weihe überweltlichen Wohles: ‘Das ist die Ruhe, das ist das Ziel, dass ich da in der Weihe überweltlichen Wohles weile.’ Und dieses überweltliche Wohl vergeht ihm, und wann ihm das überweltliche Wohl vergeht erhebt sich einsame Freude, und wann ihm die einsame Freude vergeht erhebt sich überweltliches Wohl. Gleichwie etwa einen, ihr Mönche, den der Schatten verlässt die Sonne ankommt, und den die Sonne verlässt der Schatten ankommt: ebenso nun auch, ihr Mönche, erhebt sich wann das überweltliche Wohl vergeht einsame Freude, und erhebt sich wann die einsame Freude vergeht überweltliches Wohl. Aber es erkennt, ihr Mönche, der Vollendete: ›Dieser liebe Asket oder Priester hat das Erforschen der Vergangenheit aufgegeben, hat das Erforschen der Zukunft aufgegeben, hat gänzlich die Bande des Begehrens abgestreift, hat die einsame Freude überwunden und weilt in der Weihe überweltlichen Wohles: ‘Das ist die Ruhe, das ist das Ziel, dass ich da in der Weihe überweltlichen Wohles weile.’ Und dieses überweltliche Wohl vergeht ihm, und wann ihm das überweltliche Wohl vergeht erhebt sich einsame Freude, und wann ihm die einsame Freude vergeht erhebt sich überweltliches Wohl. Aber das ist unterschiedlich, schwerfällig; und es giebt doch eine Auflösung der Unterscheidungen, das giebt es‹: in solcher Gewissheit eingedenk dieser Entrinnung, geht der Vollendete darüber hinaus.

»Da hat, ihr Mönche, irgend ein Asket oder Priester das Erforschen der Vergangenheit aufgegeben, das Erforschen der Zukunft aufgegeben, hat gänzlich die Bande des Begehrens abgestreift, hat die einsame Freude überwunden, hat das überweltliche Wohl überwunden und weilt in der Weihe leidlosen, freudlosen Gefühles: ‘Das ist die Ruhe, das ist das Ziel, dass ich da in der Weihe leidlosen, freudlosen Gefühles weile.’ Und dieses leidlose, freudlose Gefühl vergeht ihm, und wann ihm das leidlose, freudlose Gefühl vergeht erhebt sich überweltliches Wohl, und wann ihm das überweltliche Wohl vergeht erhebt sich leidloses, freudloses Gefühl. Gleichwie etwa einen, ihr Mönche, den der Schatten verlässt die Sonne ankommt, und den die Sonne verlässt der Schatten ankommt: ebenso nun auch, ihr Mönche, erhebt sich wann das leidlose, freudlose Gefühl vergeht überweltliches Wohl, und erhebt sich wann das überweltliche Wohl vergeht leidloses, freudloses Gefühl. Aber es erkennt, ihr Mönche, der Vollendete: ›Dieser liebe Asket oder Priester hat das Erforschen der Vergangenheit aufgegeben, hat das Erforschen der Zukunft aufgegeben, hat gänzlich die Bande des Begehrens abgestreift, hat die einsame Freude überwunden, hat das überweltliche Wohl überwunden und weilt in der Weihe leidlosen, freudlosen Gefühles: ‘Das ist die Ruhe, das ist das Ziel, dass ich da in der Weihe leidlosen, freudlosen Gefühles weile.’ Und dieses leidlose, freudlose Gefühl vergeht ihm, und wann ihm das leidlose, freudlose Gefühl vergeht erhebt sich überweltliches Wohl, und wann ihm das überweltliche Wohl vergeht erhebt sich leidloses, freudloses Gefühl. Aber das ist unterschiedlich, schwerfällig; und es giebt doch eine Auflösung der Unterscheidungen, das giebt es‹: in solcher Gewissheit, eingedenk dieser Entrinnung, geht der Vollendete darüber hinaus.

»Da hat nun, ihr Mönche, irgend ein Asket oder Priester das Erforschen der Vergangenheit aufgegeben, das Erforschen der Zukunft aufgegeben, hat gänzlich die Bande des Begehrens abgestreift, hat die einsame Freude überwunden, hat das überweltliche Wohl überwunden, hat das leidlose, freudlose Gefühl überwunden und ‘Verglommen bin ich, erloschen bin ich, ohne Anhangen in mir’ merkt er bei sich. Aber es erkennt, ihr Mönche, der Vollendete: ›Dieser liebe Asket oder Priester hat das Erforschen der Vergangenheit aufgegeben, hat das Erforschen der Zukunft aufgegeben, hat gänzlich die Bande des Begehrens abgestreift, hat die einsame Freude überwunden, hat das überweltliche Wohl überwunden, hat das leidlose, freudlose Gefühl überwunden und ‘Verglommen bin ich, erloschen bin ich, ohne Anhangen in mir’ merkt er bei sich. Freilich hat dieser Ehrwürdige von dem Pfade gesprochen, der zur Erlöschung eben hinleitet. Der Text hat richtig nibbānasappāyam. Und da ist denn dieser liebe Asket oder Priester der Erforschung der Vergangenheit doch etwa anhänglich angehangen, der Erforschung der Zukunft doch etwa anhänglich angehangen, den Banden des Begehrens doch etwa anhänglich angehangen, der einsamen Freude doch etwa anhänglich angehangen, dem überweltlichen Wohle doch etwa anhänglich angehangen, dem leidlosen, freudlosen Gefühle doch etwa anhänglich angehangen: und dass nun dieser Ehrwürdige ‘Verglommen bin ich, erloschen bin ich, ohne Anhangen in mir’ bei sich merkt, das eben kann diesem lieben Asketen oder Priester als Anhangen gelten. Aber das ist unterschiedlich, schwerfällig; und es giebt doch eine Auflösung der Unterscheidungen, das giebt es‹: in solcher Gewissheit, eingedenk dieser Entrinnung, geht der Vollendete darüber hinaus.

»Da hat nun, ihr Mönche, der Vollendete den unvergleichlichen höchsten Friedenspfad auferschlossen. das heißt der sechs Sinnesgebiete Aufgang und Untergang, Labsal und Elend und Überwindung der Wahrheit gemäß verstehn und ohne Anhangen ledig sein.

»So hat denn, ihr Mönche, der Vollendete den unvergleichlichen höchsten Friedenspfad auferschlossen, das heißt der sechs Sinnesgebiete Aufgang und Untergang, Labsal und Elend und Überwindung der Wahrheit gemäß verstehn und ohne Anhangen ledig sein.«

 

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freuten sich jene Mönche über das Wort des Erhabenen. Cf. die 1. Rede des 1. Bandes. – Tao-te-king, ed. Julien, 1. Buches letztes Kap. i. f.
Das Erforschen der Vergangenheit und der Zukunft aufgeben ist öfters eingehend behandelt, wie Saṃyuttakanikāyo vol. V. p. 263/4, oder Theragāthā 397: yathā pure tathā pacchā yathā pacchā tatthā pure. Vergl. die vedische Gāthā: yad asya pūrvam aparaṃ tad asya | yadvasyāparaṃ tadvasya pūrvam’: Aitareyabrāhmaṇam III, 43. Zu den Antinomien, S. 34 passim, finden sich mancherlei scholastische Beispiele im 3. Kap. Des Sarvadarśanasaṃgrahas. Näher steht das schöne Wort des Demonax:
Εξεταζοντων τινων, ει ό χοσμος εμψυχος, χαι αυδιο, ει σφαιροειδης Ύμεις, εφη, περι μεν του χοσμου πολυπραγμσνειτε, περι δε της έαυτων αχοσμιας ου φροντιζετε . Ähnlich Sokrates in der Einleitung zum Phaidros.


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