Fritz Müller-Partenkirchen
München
Fritz Müller-Partenkirchen

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Im Taglohn

Zwischen München und Großhesselohe kanalisieren sie.

Ich habe einen freien Nachmittag und liege hinterm Gras.

Zwei Münchner Erdarbeiter heben ihre Hacken in gemessenem Tempo.

»Fleißige Leute,« denke ich mir und luge ungesehen durch die grünen Halme.

Auf einmal sehe ich, daß die beiden Hacken den harten Boden nur ein wenig ritzten. Aha, die beiden Brüder wollen ihre Arbeit nur markieren – Markeure also.

»Hoaß is's,« unterbricht der eine die Markeurarbeit und läßt die Hacke sinken.

»Dös is a Demperatur für d' Italiener, aber net für unsereins,« pflichtete ihm der andere, gleichfalls rastend, bei.

»Schaug nur, wie's arwetn da vorn, die Katzelmacher, die elendigen.« (Katzelmacher ist der in Österreich und Bayern übliche Spitzname für die Italiener und zielt hier auf kriegsgefangene bei der Kanalisation beschäftigte Italiener.)

»Als ob sa's im Akkord hättn, die damischen Deifi, die damischen.«

Ein Aufseher kommt in Sicht.

»Du, Maxl.«

»Wo – o – os?«

»Da hinten kimmt er.«

156 »We – e – er?«

»Der Balier.«

»Vo mir aus – lass'n kemma.«

Die beiden Hacken fangen wieder mäßig an zu klirren.

»Hören Sie einmal – Sie beide! – wenn Sie das eine Arbeit nennen, so irren Sie sich. Das muß fix gehen – immer fix, verstanden!«

Er geht vorüber.

»Maxl.«

»Wo – o – os?«

»Hast'n g'hört?«

»We – e – en?«

»Den Balier.«

»Dös is ja gar koa Balier – dös is a Hanswurscht, a hochdeutscher, verstehst?«

»Der soll si fei net soviel Kraut rausnemma.«

»Dem wer'n ma's nacha scho sag'n – was moant denn der Hanswurscht, der hochdeutsche, daß mir umasonst organisiert san, ha?«

»Der soll nur nomal kemma – der – der –«

Und wieder markieren die beiden Hacken eine schwere Arbeit im gelinden Takt.

Ein zweiter Aufseher wird sichtbar.

»Du, Maxl.«

»Wo – o – os?«

»Da kimmt nomal oaner.«

»Lass'n kemma.«

Der zweite Aufseher stellt sich ganz gemütlich vor die beiden, schaut zu, tut die Beine ein bissel auseinander, nimmt umständlich eine große Prise Schmalzler, niest donnerähnlich – niest und niest so fort mit fürchterlichen Tönen.

157 »Ja,« denk ich mir, »hört denn der gar nimmer auf zu niesen?«

Auf einmal merke ich, daß er schon längst nicht mehr niest, sondern schimpft und brüllt . . .

». . . Ja, Himmelherrgott überananda, seid's ös zwoa ausgestopfte Angorikatzn, ha, oder was seid's denn nacha, ös miserablige Bande, ös –, halt's ös mi für so saudumm und stockblind, daß i net siech, ob's ös arwetn tuats oder bloß markier'n, ha – ös ausgschamte Himmiherrgottsakramenter, ös . . .«

Dann war er auch vorübergegangen.

»Du, Maxl.«

»Wos?«

»Dös is amal a Balier, ha?«

»Den vaschteht ma do wenigstens, net?«

»An anschtändiger Mensch is's, vaschtehst, und net a so a damischer Hochdeutscher, a damischer.«

Und beide spucken in die Hände. Und die beiden Hacken gehen wieder auf und ab. Aber jetzt mit Schwung und Vehemenz. Und das Erdreich spritzte . . . 158

 


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