Fritz Müller-Partenkirchen
München
Fritz Müller-Partenkirchen

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Te

Einmal durften wir die Schönschreibhefte in das Lehrerzimmer tragen, der Wiehrlermax und ich mit unserm Dutzend Jahren auf dem grünen Buckel.

Wir waren nicht schlecht stolz und stotzten, die blauen Heftestöße wie Göttergaben auf den ausgestreckten Armen, die Treppe hinauf.

Kommt der Grammatikprofessor: »Was macht ihr da?«

»Ins Lehrerzimmer sollen wir sie tragen, die Heften.«

»Te!« schreit er.

Der Wiehrlermax schaut mich an. Ich schau den Wiehrlermax an. Wir stotzen weiter.

»Ob ihr wohl wiederholen wollt! Was tragt ihr da?«

»Die Schönschreibheften, Herr Professor.«

»Te! Te!«

Der Wiehrlermax schaut mich an. Ich schau den Wiehrlermax an. Wir verstehen uns stumm: Der Professor spinnt.

Wenn ein Professor spinnt, kann man nix machen, also weiter.

»Was tragt ihr also?!« brüllt er hinterher.

Wenn einer spinnt, hilft nur Geduld, das fühlten wir schon damals.

»Die Hef –«

»Im ganzen Satz!«

45 »Wir tragen die Heften aufs –«

»Te! Te!! Te!!!«

Er tanzte wie besessen auf der Treppe. Mir rann ein Schauer durch das junge Hirn. So verzerrt sah also ein Verrückter aus? Aus den Armen rutschte mir der Stoß.

Zitternd hob ich ihn wieder auf.

»Waas hebst du auf?!«

»Die – die Heften.«

»Te, Riesenschaf, Te! – sag's nach!«

»Te, Riesenschaf, Te.«

Der Rektor ging vorüber. Explosion. Verhör. Ich hätte den Grammatikprofessor ein Riesenschaf geheißen –

Der machte eine Bewegung, als wollt' er sagen: So was mag noch hingeh'n, aber –

»Heft–en sagt er, anstatt Heft–e, den dritten Fall anstatt des ersten – es ist eine Affenschande . . .!« 46

 


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