Fritz Müller-Partenkirchen
Kramer & Friemann
Fritz Müller-Partenkirchen

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Fanget an!

Statt einer Vorrede

Liebe Mitlehrlinge! Das sind wir nämlich alle heute: Ihr und ich und eure Prinzipale, jeder Deutsche. Der große Krieg hat uns dazu gemacht. Wir müssen von vorn anfangen. Jeder Lehrling muß das.

Erinnert euch an euren ersten Lehrtag. Das könnt ihr leicht. Unvergeßlich ist er. Da hat man euch an einen Tisch gesetzt, einen blanken Tisch. Dann die Arbeit draufgelegt. Leere Blätter: »Schreibt! fangt an!«

Liebe Mitlehrlinge, es ist heute wieder so, wie am ersten Lehrtag. Das ganze deutsche Volk an einen Tisch gesetzt, einen bitter blanken Tisch. Die Arbeit draufgelegt. Leere Blätter: »Fangt an! vorn, ganz vorn!«

Freunde, ich schrieb an diesem Buch die letzte Zeile, als wir Frieden machten. Machen mußten. Jetzt stehen wir dazwischen, ihr und ich und alle. Zwischen einer Schlacht, die wir verloren haben, und einer Schlacht, die wir gewinnen können. Nein, gewinnen müssen. Verloren ist die Blutschlacht, gewinnen müssen wir die neue Schlacht der Arbeit.

Freunde, uns allen ist einmal quer übern Lebensweg ein Mensch gelaufen, den wir nicht vergessen können. Ein Mensch, dem ein harter Arm über seinen Arbeitstisch gefahren ist – sei's ein Unglück, eine Krankheit, ein Bankerott, in Mark und Pfennig einer oder, schlimmer noch, ein seelischer – und hinunterfegte alles, was daraufstand, blank gefegt hat, bitter blank. Einen Augenblick ist er starr gestanden, der Geschlagene. Und was dann geschehen ist – je nun, was euer Mann getan hat, müßt ihr selber wissen. Der meinige hat die Zähne zusammengebissen und gesagt – nein, mit zusammengebissenen Zähnen kann man höchstens knirschen: »Jetzt gerad extra!« knirschte er, er hat leicht die Aermel aufgestreift, 4 den Mut und seine Seele. Und dann fing seine Arbeit an – Freunde, eine Arbeit, daß die Späne flogen.

Liebe Mitlehrlinge, heute ist die Stunde, wo wir auch die Späne fliegen lassen müssen. Verflucht und zugenäht! die Schlacht gewinnen wir auf aller Erden Breiten!

Freunde, wie es morgen aussieht, weiß kein Mensch. Wohl aber, wie in zwanzig Jahren. In zwanzig Jahren, Freunde, sind wir der Erde erstes Volk in Tüchtigkeit und Treuen. Dann aber unbestritten und auf ewig unbestreitbar!

An euch liegt's mit, daß solche stolze Hoffnung nicht zu Schanden werde. Hopp, vor den Tisch gesetzt, vor unsern bitter blanken: »Fanget an!«

Fritz Müller    

 


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