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Kapitel 129

Thomas und Dismas bei den armen Seelen des Generals und seiner 3.000 Mann starken Schar, gegenseitige Aussprache im Interesse der Wahrheit. Die Zeugnisrede des Thomas. Des Generals gute Ansprache an seine Schar. Dismas zeigt die offene Tür zum Lebenssaal, der Erlöser steht in der offenen Tür und des Generals dankbare Worte an seine Schar

1 Nach diesen Worten nimmt der Mönch Thomas den freundlichen Dismas bei der Hand, und begibt sich sogleich hinaus in den Vorsaal zum General,

2 der sich über und über zu erstaunen anfängt, als er den ihm bestbekannten Mönch Thomas auch in dieser leuchtenden Kleidung, mit dem Dismas vor ihm, in einer allerfreundlichsten Stellung erblickt. Der General reicht sogleich beiden die Hände und spricht: »Grüße euch, liebe Freunde! tausendmale willkommen! Aber Freund Thomas, wie seht ihr aus? Ehedem, als meine Schar wider meinen eigentlichen Willen die Hände an euch legte, wegen dem mißlungenen Vaterunser und wegen der projektierten Messe, und wegen noch so manchen nicht mehr zu erwähnenden Worten, da waret ihr ja schwarz wie ein alter Mohr, und nun leuchtet ihr wie die Sonne. Saget mir doch, wie denn das zugegangen ist, daß ihr in einer so kurzen Zeit zu solch einer enormen Glorifizierung gekommen seid? Habt ihr das denn doch durchs Messelesen erhalten, und durchs lateinische Vaterunser? Das ist ja wahrlich was Außerordentliches! Habt ihr etwa gar die Gottheit aufgefunden? O saget, saget es mir, welchen Weg ihr eingeschlagen habt, daß ihr zu solch einem wahren Heile gelanget seid?«

3 Spricht der Thomas: »Mein schätzbarster Freund! verspreche du mir, das ungezweifelt zu glauben, was ich dir sagen werde, so sollst auch du mit dieser ganzen Schar dich sogleich auf demselben Grunde und Boden befinden, auf dem nun ich und dieser dir ebenfalls von Wien aus wohlbekannte Bruder Dismas uns befinden.«

4 Spricht der General: »Ich erkenne es aus eurem Leuchten, daß ihr euch auf dem Boden der Wahrheit befindet; denn die Lüge kann nicht leuchten, weil sie hohl und nichts ist; und so will ich euch denn auch auf’s Wort glauben, was immer ihr mir sagen werdet; daher redet nur geschwinde, denn ich brenne vor Begierde, aus eurem Munde eine leuchtende Wahrheit zu vernehmen!«

5 Spricht der Thomas: »Gut, so höre denn! Jesus, der Gekreuzigte, ist nicht nur der Sohn des lebendigen, allmächtigen Gottes, sondern Gott, der Allmächtige, Selbst, in aller Fülle der urewigsten Allmacht und Allkraft! Durch Ihn und in Ihm ist allein das Heil und das wahre ewige Leben zu finden und für ewig zu haben. Wende dich samt der ganzen Schar an Ihn, und es wird euch allen im Augenblicke geholfen sein. Er ganz allein hat mir und diesem Bruder geholfen, ohne mein und sein Tun in eine Rechnung zu ziehen, da Er endlos gut ist, und richtet niemanden; jedem aber gibt Er, danach sein Herz sich sehnet. Wer guten Willens ist, dem wird ein Übermaß des Guten zuteil aus seinem eigenen Willen. Nun weißt du aber auch schon alles, und kannst tun, was du willst; dein höchst eigener Wille wird dein Richter sein.«

6 Spricht der General: »Was sagst denn du, Bruder Dismas, dazu?« – Spricht Dismas: »Was der Bruder Thomas weisest gesagt, das sage auch ich, nach der Fülle der Wahrheit.«

7 Spricht der General: »Zwei solche Zeugen genügen, und somit glaube ich euch alles auf's Wort. Nun aber lasset mich auch einige Worte an diese schon ziemlich geweckte große Schar richten!« –

8 Darauf wendet sich der General zu der Menge und spricht: »Habet nun alle Achtung auf das, was ich euch nun verkünden werde. Ihr alle samt mir habet es seit unserem sehr traurigen Hiersein nur zu tief und hart empfunden, in welch einem unbeschreiblich unangenehmen Zustande wir uns bisher befunden haben. Wir riefen, und niemand meldete sich, wir klagten und weinten, und es kam uns kein Tröster entgegen, wir suchten, und fanden nichts; wir fluchten, und es tat sich kein Schlund auf, daß er uns verschlänge; wir begannen dann auch zu beten, so schlecht (wie) wir es eigentlich nur immer zuwege bringen konnten; denn das haben wir wahrlich nie gelernt; aber auch das Beten schien uns im Stiche lassen zu wollen; kurz und gut, uns blieb am Ende nur noch die Verzweiflung übrig. Ich tröstete euch wohl, so gut es mir nur immer möglich war, aber was half das alles, so sich der Tröster bei sich bei weitem unglücklicher fühlen mußte, als wie die es waren, die er tröstete.

9 Als mich selbst nun schon aller Mut samt irgend einer Hoffnung zu verlassen anfing, da sandte die Gottheit, die von uns lange verbannte und nicht geglaubte, uns allen zwei Retter, und zwar uns wohlbekannte; diese verkünden uns die nahe Rettung durch die alleinige Annahme der einzigen Gottheit Jesu Christi, des Gekreuzigten; was hindert uns hier, wo wir doch bei Gott nichts zu verlieren, noch etwas zu gewinnen haben, alles das treuherzigst anzunehmen und fest zu glauben, was diese zwei lichtumflossenen Freunde uns sagen. Schlechter als es uns hier bis jetzt ergangen ist, kann es uns wahrlich in einer barsten Hölle nicht ergehen. Wir haben dadurch nur eine, nach diesen zweien zu urteilen, gegründete Hoffnung auf die mögliche Verbesserung unseres Loses zu überkommen; und das ist ja schon in sich selbst etwas Ungeheures, gegen unsere nunmalige verzweifelte Lage.

10 Bedenket das von mir zu euch allen freundlichst Gesagte, und tuet danach! Schaden kann es uns ewig keinen bringen! – Zudem übt an uns hauptsächlich jener Pater, den ihr früher hinausgeworfen habt, den Akt dieser Freundschaft aus; der wird uns am wenigsten belügen, indem er ehedem lange genug das herbe Los mit uns geteilet hat, und daher in seinem jetzigen sicher sehr glücklichen Zustande nur zu gut empfindet, wie es uns, seinen früheren Genossen, zu Mute sein kann, uns in solch einem miserabelsten Zustande zu befinden, und das durch eine vielleicht schon kaum mehr meßbare Zeitdauer. Und so Freunde aut Caesar, aut nihil! (entweder alles oder nichts!) Jesus Christus für unsere Herzen um jeden Preis!« –

11 Die ganze Schar schreit: »Ja, ja, lieber General! wir alle sind ganz ihrer Meinung; was sie sagen und wollen, das werden wir auch tun. Jesus Christus! Der uns helfe, um jeden Preis! Hilft Der uns nicht, so sind wir verloren und rein hin!«

12 Spricht der General zum Thomas: »Freund! vergebe es mir, so ich dich von nun an auch als kein General mehr, sondern als ein Bruder anrede; denn ich meine, daß alle die weltlichen Titulaturen hier für mich zu Ende sein werden. Also noch einmal, liebster Freund und Bruder! du hast nun selbst vernommen, wie schnell diese ganze große Schar, die aus allen möglichen nationalen Elementen zusammengesetzt ist, sich wie ein Mann für die allein gute Sache erklärte; Jesus ist ihr – wie mir selbst – nun alles in allem! Was geht uns nun noch ab, das wir zu erreichen trachen müssen, um Jesus, dem Herrn von Ewigkeit nur etwas würdiger zu werden, als wir es nun sind? –

13 Spricht Thomas: »Es stehet geschrieben: »Wer an den Sohn Gottes glaubt, und daß Er Selbst ist und gibt das ewige Leben, der wird selig werden.« Ihr aber glaubet es nun, und werdet deshalb auch pur durch Seine Gnade – selig. Aber etwas gehet euch noch ab, wie ich es so aus deinen Äußerungen entnehme, die wohl recht sehr gläubig klingen, aber dabei doch etwas lebenstrocken sind; dieses Abgängige aber ist die Liebe eben zu Jesus, dem Herrn; öffnet Ihm euer Herz! Lasset es in aller Liebe erbrennen zu Ihm, und Er wird euch Selbst, ich sage es euch, so ihr's wollt, tausendmale auf mein ewiges Leben wahrlich, wahrlich entgegenkommen, und wird euch aufnehmen und weiter führen. Denn mit Seiner Güte, und Seiner Liebe und Erbarmung hat es ewig kein Ende!«

14 Spricht der General: »Freund! wohl klingen unsere Worte etwas rauh, und trocken scheint ihr Sinn zu sein; aber sie kommen aus einem wahren und aufrichtigen Herzen, und so kannst du versichert sein, daß unsere Herzen dem Herrn Jesus sicher wärmer entgegenschlagen werden, als die so mancher feinen Christen, die recht viel und schön denken und erhaben sprechen, aber dabei sehr wenig fühlen. Wir haben schon auch noch etwas Verstand, aber freilich nicht von sehr hoher und feinster Bildung; dafür aber desto mehr Herz auf der Zunge; und ich meine, das wird dem Herrn der Herrlichkeiten doch auch nicht unangenehm sein. Du kannst somit denn auch vollauf versichert sein, daß wir in der Liebe zu Gott Jesus, dem Herrn, nicht schwächer sein werden, als in unserem nun kernfestesten Glauben an Ihn! Du hast nun auch diese unsere Zusicherung, die durchaus auf festem Grunde stehet; sage: Was gehet uns noch ab?!«

15 Spricht nun Dismas: »Es gehet euch allen nun nichts ab; daher sage es der ganzen Schar, sie möge ihre Augen auftun, und sehen auf die offenstehende große Türe, die aus diesem Saale in den großen anstoßenden Lebenssaal führet; dort stehet Er schon mit weit ausgebreiteten Armen, um euch alle aufzunehmen in das große Reich Seiner Gnade und Erbarmung!«

16 Hier wendet sich der General schnell nach der klarst ersichtlichen offenen Türe, und sieht und erkennt Mich sogleich. Von der größten Freude ergriffen ruft er mit einer echten Kommandanten-Stimme aus: »O Du angebetester Herr über alle Himmel und Welten. So, so endlos herablassend kommst Du Erhabenster uns Elenden entgegen. O Du Heiliger, Heiliger, Heiliger! – Brüder und Schwestern! hebet empor eure Augen, und schauet! Der Herr, Gott, Jesus, der für uns am Kreuze den größten Heldentod starb, und am dritten Tage aus höchst eigener Macht wieder vom Tode erstand, als ein Sieger aller Sieger, kommt uns entgegen! Fallet nieder, und betet und lobet Ihn aus der tiefsten Tiefe eures Herzens! – – Nun saget lebendigst: O unser heiliger Vater, der Du kommst aus Deinen Himmeln zu uns armen Sündern, hochgelobet, gepriesen und geheiliget werde Dein heiligster Name! O vergebe uns unsere Sünden, und strafe uns nicht nach unseren schlechten Taten, sondern lasse uns Deine heilige Gnade nach dem Maße Deiner Erbarmung anstatt des strengen Gerichtes angedeihen! Dir, o Herr, Vater Jesus, sei ewig allein all unsere Liebe, Ehre, Ruhm und Preis!« –


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