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Kapitel 30

Vom reichen Prasser und dem armen Lazarus im Jenseits, und von der Kluft dazwischen. Wer hat ersteren in die Hölle getan? Wer hat die Hölle gemacht? Die Bosheit der Geister selbst nur. Denn Gottlos-sein heißt unglücklich sein. Höchst klare und weise Belehrung über diese bisher dunklen Fragen

1 »Du, Robert, sprichst nun bei dir: Ja, ja, das ist alles richtig, so die Gottheit zu jenen also spricht, die sich zufolge ihrer vollsten Freiheit von Ihr ganz abgelöset haben, wie sie durch sich selbst in sich beschaffen sind, so kann in dieser scheinbaren Schreckenssentenz unmöglich das unmenschlichst Schaudervollste auf keinen Fall vorhanden sein, als wie man es auf den ersten Augenblick doch notwendig vermuten solle; aber was hat es dann mit der Parabel vom armen Lazarus und dem reichen Prasser für eine Bewandnis, der ohne alle Gnade und Pardon im heftigsten und schrecklichsten Feuer der Hölle gesehen wird; der da bittet, und keine Erhörung seiner Bitten findet! Zwischen dem – und der Liebe und Gottes Gnade – eine ewig unübersteigliche Kluft angezeiget wird, über die für ewig keine Übergangsbrücke sich befindet! – Was sagt denn da die göttliche Liebe, Weisheit, Erbarmung und Gnade dazu?« –

2 Rede Ich, Jesus, weiter: »Lieber Freund! Ich wußte es wohl, daß du mit dieser Frage kommen wirst; dagegen frage Ich dich aber auch, ob du Mir sagen kannst, – wer denn diesen Prasser so ganz eigentlich in die Hölle geworfen hat? Hat das etwa die Gottheit getan? Mir ist so was wahrlich nicht bekannt!

3 Oder hat dieser in seiner notwendigen Qual sich etwa an die Gottheit und Ihre Liebe und Gnade gewendet, um von seiner Qual befreit zu werden? – Ich weiß nur, daß er sich an den Geist Abrahams, und nicht an die Gottheit gewendet hat! Der Geist Abrahams ist aber, obschon als ein geschaffener Geist überaus vollkommen, doch ewig die Gottheit nicht, die allein nur helfen kann; und ist auch in solchen Fällen die alleinige unübersteigliche Kluft, über die sich die Geister heterogenster (fremder) Art nie die Hände reichen können und dürfen, denn da wirkt allein Gottes geheimste und tiefste Weisheit und Liebe!

4 Wenn dieser Prasser sich aber im großen Elende befindet, kann da die Gottheit darum, so er sich allgewaltigst selbst hineingestürzet hat? – Was meinst du nun wieder zu diesem Punkte? – Kann dem Selbstwollenden ein Unrecht geschehen, so ihm geschieht, was er will? Sage Mir nun wieder deine Meinung!«

Am 14. Januar 1849

5 Robert Blum: »Ja, ja, das ist wieder ganz richtig; volenti non fit injuria; aber so die Gottheit voll der höchsten Liebe ist, was Sie auch sein wird, wie ich's nun mehr und mehr einsehe, da fragt es sich von selbst: – Wie wohl konnte diese Gottheit einen so qualvollen Ort oder Zustand statuieren, in welchem ein Geist zuvor unbeschreibliche Schmerzen auszustehen hat, bis er möglicherweise irgend einer Vollendung sich nähern und durch diese in einen etwas gelinderen Zustand übergehen kann? Muß denn eine Hölle sein? und müssen solche Geister schmerzfähig sein? Könnte denn das alles nicht auf eine andere weniger grausamere Art eingerichtet sein?«

6 Rede Ich, Jesus: »Höre, Mein lieber Freund! meinst du denn, daß da die Gottheit die Hölle also eingerichtet habe ? ? ? – O, da bist du in einer großen Irre! Siehe, das haben von alten Urzeiten her die argen Geister selbst getan; die Gottheit hat es ihnen nur zugelassen, um sie ja nicht im geringsten zu beirren in ihrer Freiheit, aber daß Sie eine Hölle je erschaffen hätte, das kann in allen Himmeln kein Wesen sich auch nur im allerentferntesten Sinne denken; denn so die Gottheit eine Hölle erschaffen könnte, da müßte in Ihr auch die Sünde, und somit Böses sein, was für die Gottheit eine eigentliche Unmöglichkeit wäre; denn es ist nicht möglich, daß die Gottheit wider Ihre ewige Ordnung handeln könnte, – – und so ist es auch unmöglich zu denken, daß die Gottheit aus Sich im eigentlichsten Sinn des Wortes und der Bedeutung nach eine Hölle erschaffen könnte; aber zulassen kann und muß Sie es – den freiesten Geistern, so sie aus ihrer ganz verkehrten ursprünglichen Gottesordnung heraus sich selbst Zustände bereiten, die allerdings sehr arg und schlimm sind!

7 In der ganzen Unendlichkeit aber wirst du nirgends einen Ort finden, der da schon von der Gottheit aus als eine barste Hölle gestaltet wäre; denn es gibt nirgends eine Hölle, außer im Menschen selbst nur; so aber der Mensch ganz freiwillig in sich die Hölle in einem fort durch die gänzliche Nichtbeachtung des Gotteswortes gestaltet und ausbildet, und kehret sich nimmer an die leichte Beachtung der Gottesgebote, was kann da die Gottheit dann dafür, so ein Geist Sie freiwillig flieht, verspottet und lästert!?

8 Da aber die Gottheit doch allein nur das wahre Leben und auch das Licht alles Lichtes ist, und sonach auch die alleinige wahre vollste Seligkeit aller Wesen, so ist es dann aber ja auch gar wohl erklärlich, daß ein gottloser Zustand durchaus nichts angenehmes an sich haben kann; da es ohne Gott kein wahres Leben, kein Licht, also kein Wahres und kein Gutes geben kann!

9 Ein Mensch aber, der die Gottheit verläßt, und Sie aus sich herausschaffet, und keine mehr annehmen will, muß dann ja in sich eine wahre Hölle gestalten, die in allem böse und arg sein muß, weil er freiwillig die Gottheit aus sich schaffet! Wenn es dann solch einem gottlosen Menschengeiste notwendig sehr schlecht ergehen muß, und je länger er in dem gottlosen Zustande beharret, desto schlechter, da kann die Gottheit nichts dafür; denn würde die Gottheit sich durch Ihre Macht eines Wesens trotzdem bemächtigen, obschon das Wesen aus seinem eigenen freiesten Willen Ihr auf das Hartnäckigste und Entschiedenste widerstrebt, so würde das solch ein Wesen augenblicklich gänzlich vernichten, was wider alle göttliche Ordnung wäre, –

10 denn so die Gottheit nur ein kleinstes Wesen, das einmal aus Ihr frei gestellet ward, vernichten möchte, so wäre das ein Anfang zur gänzlichen Vernichtung aller Wesen! So aber die Gottheit ihre Ordnung dahin für ewig also unwandelbarst feststellet, daß solcher Ordnung zufolge kein Wesen, möge es in der Folge sich gestalten, wie es wolle, unmöglich vernichtet werden kann, so ist dadurch allen Wesen die ewige Fortdauer gesichert, und zugleich auch für jedes Wesen die freie Möglichkeit gestellet, ein überglückliches werden zu können; – aber natürlich auch – so lange ein unglückliches zu verbleiben, als es selbst es will! –

11 So jemand einen Weinberg besitzt, in den lauter edle Reben gepflanzet sind, von denen der Besitzer auch die besten Früchte zu erwarten berechtigt ist; dieser Besitzer aber dann freiwillig hergeht, und nicht nur die edlen Reben nicht pflegt, sondern sie sogar ausrottet, und an ihre Stelle Dornen und Disteln setzet, weil ihn derlei Wildgewächse mehr freuen, als der einfache Weinstock; sage, ist auch da die Gottheit schuld, so dieser dumme Weingartenbesitzer keine Weinernte machen wird, und wird darob zum Bettler, und zu einem mittellosen elenden Menschen?

12 Siehe, also ist es auch mit allen Geistern der Fall, die sich die Ordnung Gottes nicht wollen gefallen lassen, und wollen nicht pflegen den herrlichen Gottsweinberg in ihnen! – So sie dann Dornen und Disteln, anstatt der herrlichen Trauben ernten, und elend werden, sage Mir, kann da wohl die Gottheit dafür? Kann Sie als Schöpferin solches Unheiles angeschuldet werden? Sage Mir, was du darüber denkst?«


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