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Kapitel 18

Die große Rede von Jesus in den nächsten fünf Kapiteln. Beleuchtung der schlechten seitherigen Geisteskost Roberts, Hinweise auf die Bibel und deren Verständnis, sowie deren Mißbrauch und üble Folgen daraus; vom Zinsgroschen, über Menschenfurcht und Todesfurcht von Jesus und Paulus. Notwendigkeit des Gehorsams gegen die bestehende Obrigkeit

Am 24. Dezember 1848

1 Rede Ich: »Mein geliebter Bruder! Siehe, mit rein weltlichen Augen, und mit einem ebenso weltlichen Verstande (hast du) diese deine Sache nun in der ziemlich gedehnten Antwort aus dir betrachtet, und dich dabei aber auch mit jeder noch so freien, und dabei nur zu oft allen gesunden Sinnes mangelnden Übersetzung, sowohl der Evangelisten, als auch der Briefe Paulus sich begnügend, zu dem allem aber noch den Geist der Weltphilosophie mehrerer deutscher Atheisten mit großen Zügen in sich geschlürft zu haben, da kann es wohl nicht anders sein, als so, wie es mit dir ist und steht, und – wie du denkst und handelst.

2 Ich sage dir, lieber Freund, hättest du je selbst dir die volle Mühe gegeben, die Schrift des Alten und auch die des Neuen Testamentes von A bis Z genau durchzugehen; und zwar nach einer guten Übersetzung, wie da ist die des Martin Luther oder auch die sogenannte Vulgata, und auch die griechische Urbibel in dieser Zeit, so würdest du sicher zu ganz anderen Urteilen gekommen sein, als du auf deinem sogenannten »radikalen« Wege gekommen bist; der aber durchaus kein radikaler ist, da er außer Hegel, Strauß, Ronge und Czerski wenig – oder gar keine Wurzeln hat! Welche Wurzeln aber so gut wie gar keine sind, da sie nur – nebst mehreren andern – als bloße Schmarotzerpflanzen auf dem großen Baume der Erkenntnis vorkommen; du aber als ein irdischer »Pomologe« (Obstbaumzüchter) wirst es wohl wissen, wie die Wurzeln der Schmarotzerpflanzen beschaffen sind?! – Da du das weißt, so wirst du auch wissen, wie viel an deinen Vorleitsmännern gelegen ist in Meinen Augen!

3 Siehe, wenn man die Bibel erstens übersetzt, wie man sie für seine Grundsätze gerade haben will, und dann nur gerade jene Texte heraushebt, die bei einer beliebigen Übersetzung am ersten einen Doppelsinn zulassen, dann ist es auch gar keine Kunst, so zu argumentieren, wie du von Mir nun argumentiert hast.

4 Aber siehe, es ist dem nicht also; denn für's erste lauten die angeführten Texte, als da ist Mein bekannter Tempelspruch bezüglich des Zinsgroschens, und besonders der des Paulus aus dem Briefe an die Römer im 13.Kapitel, und im Briefe an Titus, wohl nicht so, wie du sie Mir vorgeführt hast; und für's zweite – kann weder bei Mir, und ebenso wenig auch beim Paulus schon darum nie von einer Fürstenfurcht die Rede gewesen sein, da Ich es hoffentlich wohl mehr als handgreiflich vor Pilatus und Herodes, wie zuvor vor dem Kaiphas bewiesen habe, wie gar nicht Ich Mich vor allen diesen damaligen Weltmachtträgern gefürchtet habe?! Denn wer den Tod nicht fürchtet, da Er sein Herr ist und ewig bleibt, der hat wohl doch noch weniger bei weitem Grund, die eitlen Geber des bloß leiblichen Todes zu fürchten!

5 Ebensowenig aber wie Ich nur den leisesten Grund hatte, Mich vor den Machthabern der Erde zu fürchten, ebensowenig hatte auch Mein Paulus irgend einen Grund dazu! – Nero war unter allen Machthabern Roms doch bekanntlich der grausamste; und siehe – Paulus suchte Schutz wider die ihn verfolgenden finsteren und geistig bösen Juden bei ihm, und fand ihn auch, so lange er desselben irdisch vonnöten hatte. Hatte er darum aber etwa eine Furcht vor den Juden? O nein; auch vor diesen hatte er keine Furcht; denn obschon er gar wohl wußte, wie sehr sie ihn anfeindeten, so ging er dennoch, trotz allen Widerratens einiger seiner intimsten Freunde, nach Jerusalem.

6 Daraus kannst du aber schon einigermaßen entnehmen, daß weder Ich, und ebensowenig auch der Paulus, aus irgend einer Fürstenfurcht unsere gleichen obrigkeitlichen Gebote, eigentlich vielmehr »Räte« von uns gegeben haben, sondern bloß nur rein der notwendigsten Weltordung der Menschen wegen; denn das mußt du denn doch einsehen, daß gar keine menschliche Gesellschaft ohne Leiter bestehen kann, und es daher denn doch auch nötig ist, als Lehrer den Menschen die Notwendigkeit zu zeigen, auch diesen Leiter gehorsam zu sein!?

7 Oder bist du wohl der Meinung, daß da auf der Erde auch ganze große menschliche Gesellschaften ohne alle Leitung bestehen könnten? – Siehe, das wäre die größte Unmöglichkeit von der Welt und wäre sogar wider die natürlichste Ordung, nicht nur allein des Menschen, sondern auch wider die Ordnung aller irdischen Dinge!

8 Damit du aber das etwas tiefer einsiehst, so will Ich dich ein wenig nur durch die verschiedenen Reiche der ganz natürlichen Dinge mit meinem Munde führen, und so höre Mich weiter!«


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