Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Der spanische Erbfolgekrieg

Von den Ansprechern der spanischen Erbschaft hatte der kleine Sohn Max Emanuels von Bayern, der Enkel Kaiser Leopolds und seiner ersten Frau, der armen kleinen spanischen Margarethe Theresa, die besten Aussichten. Max Emanuel war am spanischen Hofe beliebt, der König, Karl II., machte ihn zum Statthalter der spanischen Niederlande, als welcher er sich sehr gut bewährte, und seinen Sohn zu seinem Erben. Allein, das kostbare Kind, der kleine Kurprinz, dem eine so reiche Krone winkte, starb; es war einer jener Todesfälle, die den Gang dieser europäischen Frage jäh veränderten. Es begann am Hofe des kränkelnden Königs von neuem der Wettbewerb der französischen und der österreichischen Gesandten mit liebenswürdigem Einschmeicheln und mit Bestechung. In beidem waren die Franzosen Meister und brachten es dahin, daß Karl II. sein ganzes großes Reich einem Enkel Ludwigs XIV., Philipp von Anjou, vermachte. Vielleicht hätte ihn österreichischer Einfluß später einmal bewogen, das Testament umzuwerfen, denn seine Stimmungen wechselten; aber er starb bald nachher, am 1. November 1700. Der Gebrechliche, Lebensschwache war zu einem Alter von beinah 40 Jahren hingepflegt worden. Als am 18. November die Nachricht in Wien anlangte, wurde das dynastische Gefühl Leopolds durch die letztwillige Verfügung so verletzt, daß er, der sonst so lange überlegte, bevor er etwas unternahm, sofort den Entschluß zum Kriege faßte. Auch Prinz Eugen, schon eins mit Österreich, mehr Kaiser als der Kaiser, setzte die Vorsicht beiseite, die er zu beobachten pflegte, und sagte: Marschieren wir, die Bundesgenossen werden sich finden.

Zunächst fehlte es an solchen ganz. Die Seemächte, England und Holland, die, seit Wilhelm von Oranien König von England geworden war, als Einheit betrachtet werden konnten, waren geneigt, das Testament anzuerkennen. Max Emanuel von Bayern, der sich Hoffnung auf den Besitz der spanischen Niederlande machte und dem Kaiser ohnehin entfremdet war, folgte dem alten bayrischen Zuge und trat auf die Seite Frankreichs und mit ihm sein Bruder, der Kurfürst von Köln. Es ist auffallend, daß Leopold seinem Schwiegersohn, der ihm bedeutende Türkensiege erfochten hatte, den Königstitel versagte, während er ihn dem Kurfürsten von Brandenburg gewährte; die beiden Fürsten hatten gemeinsam darauf angetragen. Man muß wohl den österreichisch-bayrischen Gegensatz bedenken, um das Verhalten Leopolds zu verstehen, wozu noch der Umstand kam, daß Max Emanuel als Mitbewerber um die spanische Erbschaft, und zwar erfolgreich, auftrat. Hatte doch beim Tode des Kurprinzen ein schrecklicher Verdacht gegen den kaiserlichen Hof sich regen können. Der Kurfürst von Brandenburg dagegen, es war nicht mehr Friedrich Wilhelm, sondern sein Sohn, Friedrich, wurde durch die Königswürde gewonnen. Um die Zeit, als der König von Spanien starb, erklärte sich Leopold bereit, sie anzuerkennen, obwohl Prinz Eugen jede Machterweiterung des Brandenburgers ungern sah; zwei Monate nach dem Tode Karls II. fand in Königsberg die Krönung statt.

Die Aussichten des Kaisers besserten sich dadurch, daß Ludwig XIV. kurzsichtig genug war, England nicht die Handelsbegünstigungen zuzugestehen, die es von dem künftigen Monarchen Spaniens verbürgt haben wollte; denn auf den Handelsverkehr mit Spanien und den spanischen Kolonien in Amerika kam es England hauptsächlich an, das im Begriff war, sich zur größten europäischen Handelsmacht aufzuschwingen. Vollends als im Jahre 1701 der vertriebene Jakob II. in Frankreich starb und Ludwig dessen Sohn als König von England anerkannte, schlug die Stimmung in England, die bis dahin überwiegend friedliebend gewesen war, vollständig um. Die beiden großen Parteien des Landes, die Tories, die das Interesse des Grundbesitzes, die Whigs, die das von Kapital und Handel vertraten, und die zum Kriege gedrängt hatten, waren nun bis auf einige Hochtories einmütig im Verlangen, Frankreich zu bekämpfen. Im Mai 1702 erklärten die Seemächte den Krieg. Denjenigen, der diesen Kampf als die Aufgabe seines Lebens betrachtet und ihn mit unendlicher Geduld vorbereitet hatte, raffte ein tragisches Geschick vor der Erfüllung hinweg: Wilhelm von Oranien starb schon im März, 52 Jahre alt. Doch erlebte er, der, obwohl Sohn einer englischen Prinzessin, als Fremdling auf englischem Boden angesehen worden war, so daß er sich zwischen Mißtrauen und kaum verhaltener Feindseligkeit nur durch verzichtvolle Vorsicht hatte halten können, noch den Umschwung des Volkes, das ihn umjubelte. Der Kriegswille hatte die Engländer so stark ergriffen, daß der Tod des Königs, der ihn angefacht hatte, keinen Rückschlag mehr bedeutete. Seine Träger waren in England John Churchill, Graf von Marlborough, und in den Generalstaaten der Ratspensionär von Holland, Anton Heinsius. Es ist merkwürdig, daß beide Männer anfänglich Gegner Wilhelms gewesen waren, Churchill als Anhänger Jakobs II., Heinsius als Vertreter der patrizischen, antioranischen Partei; beide schlossen sich später Wilhelm an, Heinsius in engster persönlicher Freundschaft. Der trockene, zurückhaltende, unauffällige Mann hielt während der Dauer des Krieges die Fäden der europäischen Politik in der Hand.

Beim Abschluß der Allianz mit dem Kaiser hatten die Seemächte die Teilung der spanischen Erbschaft im Auge; nach dem verhängnisvollen Schritt Ludwigs XIV. setzten sie sich als Ziel, die gesamte Monarchie dem Hause Habsburg zuzuwenden. Sie geleiteten Karl, den jüngeren Sohn Leopolds, der zum König von Spanien auserkoren wurde, in das ihm bestimmte Land, das Philipp von Anjou bereits in Besitz genommen hatte, und führten dort den Krieg für ihn, wobei sie den alten Gegensatz zwischen Kastilien und Aragon benützen konnten.

Im Beginn des Krieges war die Lage des Kaisers nichts weniger als günstig. In Ungarn flammte der Aufruhr der sogenannten Malcontenten, geschürt von Tököly, wieder auf, in Italien wurde Prinz Eugen dermaßen von der Verwaltung im Stiche gelassen, daß alle seine Findigkeit, Treue und Tapferkeit kaum ausreichten, um den Zusammenbruch zu verhindern. Er hatte weder Geld noch Pferde, noch Munition, noch Getreide, womit er den Krieg hätte führen können, und ihm gegenüber stand die wohlausgerüstete, wohlgenährte französische Armee! Seine Verzweiflung erreichte einen solchen Grad, daß er daran dachte, den Dienst zu quittieren. Eine Besserung trat erst ein, als er seine Klagen selbst nach Wien brachte und das Amt des Hofkriegsratspräsidenten selbst übernahm. Als solcher trat er der in allen Ämtern herrschenden Gleichgültigkeit und Schläfrigkeit rücksichtslos entgegen, brachte Geld und was sonst zur Kriegführung nötig war zusammen. Leopold ließ seinen mächtigen Diener schalten; er erlebte noch die Schlacht bei Höchstädt, durch die er Bayern eroberte, nicht lange darauf starb er, Österreich und das Reich einem sehr unähnlichen Nachfolger überlassend. Joseph I. hatte das rötlichblonde Haar und die blauen Augen der Habsburger, unterschied sich aber auffallend von Vater und Großvater: er war rasch, unbedenklich, ehrgeizig, kriegslustig, ein Gegner der Jesuiten, die auf Leopold Einfluß gehabt hatten. Eine seiner ersten Handlungen war, die Acht über die Kurfürsten von Bayern und Köln zu verhängen. So sehr war durch die Siege des Prinzen Eugen sein Ansehen im Reiche befestigt, daß er die Zustimmung der übrigen Kurfürsten dazu gewann. In den überlieferten Formen wurde im Rittersaal der Burg das altertümliche Strafmittel vollzogen, wurde verkündet, daß sich jedermänniglich an dem unglückseligen Leib Max Emanuels verfreveln dürfe, worauf der Kaiser die Lehensbriefe der treulosen Vasallen zerriß und bereitstehende Herolde sie vollends zerfetzten und aus dem Fenster warfen. Ein seltsamer Auftritt, ebenso aus der Zeit herausfallend wie das, was er zur Anschauung bringen sollte: Josephs Absicht, der kaiserlichen Macht wieder Geltung zu verschaffen.

Den dramatischen Reiz und farbigen Glanz verliehen diesem Kriege die Persönlichkeiten des Prinzen Eugen und des Herzogs von Marlborough und ihre Siege, die sie über die vorzüglichen, auf ihre Lorbeeren stolzen Armeen Frankreichs davontrugen. Glücklicherweise verband die beiden sehr verschiedenen Männer gleich bei der ersten Begegnung ausgesprochene Sympathie. Marlborough war ebenso blendend schön, wie Eugen erschreckend häßlich war, Marlborough war nicht frei von Habgier und äußeren Einflüssen zugänglich, Eugen war großartig uneigennützig, unentwegt dem Kompaß des Gewissens folgend. Die Übereinstimmung in der Sache, die gegenseitige Erkenntnis ihrer genialen Schlachtenlenkerbegabung war wohl die Grundlage ihrer Freundschaft. Allerdings gehörte Prinz Eugens Mangel an kleinlichem Ehrgeiz dazu, die Zusammenarbeit so fruchtbar zu machen wie sie war: er begnügte sich, wenn eine Schlacht bevorstand, mit der geringeren Zahl Soldaten, mit der ungünstigeren Stellung, wenn nur der Zweck erreicht würde. Jedenfalls konnten durch das Einverständnis der beiden Feldherren die Nachteile, die den Koalitionen im allgemeinen anhaften, eine Zeitlang überwunden werden.

Trotz entscheidender Schlachtensiege gelang es den Verbündeten nicht, den Krieg in Frankreich hineinzutragen und nach Paris vorzudringen. Ein Angriff auf Toulon, dem Prinz Eugen als unausführbar widerriet, den aber die Seemächte in ihrem Interesse wünschten, verlief ergebnislos. Die glorreichen Schlachten forderten den äußerst tapfer und geschickt kämpfenden Franzosen gegenüber sehr große Verluste, die nicht sofort ersetzt werden konnten und die entsprechend auszunützen deshalb nicht möglich war. Immerhin war die Lage der Alliierten sehr günstig. Nachdem fast ganz Italien und durch die Siege von Oudenarde und Malplaquet auch die spanischen Niederlande erobert waren, legten die Malkontenten in Ungarn die Waffen nieder. Joseph I. kam denen, die sich bereit erklärten, ihm zu huldigen, mit klugem Großmut entgegen. Dadurch wurden die Truppen, die dort hatten verwendet werden müssen, für andere Kriegsschauplätze frei. Am Rhein wurden wenigstens die Angriffe der Gegner zurückgewiesen, in einem Teil Spaniens behauptete sich Karl. Vor allen Dingen zeigten sich jetzt die entsetzlichen Folgen von Ludwigs Eroberungspolitik im Inneren seines Landes. Die Kräfte des Volkes, das mehr als 30 Jahre lang die Kosten für Ausrüstung und Verpflegung der Heere hatte aufbringen müssen, waren erschöpft.

Zwei Männer hatten in dem despotisch regierten Frankreich Edelsinn und Mut genug, den König auf das Elend seiner Untertanen hinzuweisen, es waren Vauban und Boisguillebert. Sebastian le Prêtre de Vauban, Marschall von Frankreich, Erbauer der Festungen, die Frankreich uneinnehmbar machten, hatte schon die Hugenottenverfolgung mißbilligt. Im Jahre 1699 verfaßte er eine Schrift, in der er die trostlose wirtschaftliche Lage darstellte; er überreichte sie dem König handschriftlich, um den Vorwurf zu vermeiden, er habe Fragen gefährlicher Art in der Öffentlichkeit erörtert. Da der König das Manuskript nicht las, entschloß er sich im Jahre 1706, es in Druck zu geben. Boisguillebert, Beisitzer am Gerichtshof von Rouen, war weniger vorsichtig als Vauban und veröffentlichte in den Jahren 1697 und 1707 zwei Schriften ähnlichen Inhalts, Détail de la France und Factum de la France. Nach Vauban lebten von den 18 Millionen Einwohnern Frankreichs 1/10 vom Bettel, 5/10 standen dem Bettel nah, 3/10 befanden sich in bedrängten Verhältnissen, Vio in guten. Das Kapital hatte sich in so wenig Hände zusammengezogen, daß von dem letzten Zehntel nur 10 000 Familien als reich bezeichnet werden konnten. So hatte Ludwig XIV. den Staat, der unter der Verwaltung Colberts aufgeblüht war, heruntergewirtschaftet. Die Antwort des Königs war, daß Vaubans Schrift zur Einziehung und Einstampfung verurteilt wurde; er starb einige Wochen darauf im Alter von 74 Jahren. Dem drohenden Staatsbankerott zu entgehen, wußte Ludwig kein anderes Mittel als Münzverschlechterung und Ausgabe von Papiergeld. Der absolute Herrscher, der sich Gott gleichsetzte, wagte es nicht, die privilegierten Stände, auf die er sich stützte, dem Steuerzwange zu unterwerfen, wozu Vauban und Boisguillebert geraten hatten. Die äußere Lage Frankreichs war so schlimm wie die innere. Durch seine Gewalttätigkeit hatte sich Ludwig alle seine Nachbarn zu Feinden gemacht, mit Ausnahme von Bayern und Köln standen sie in Waffen gegen ihn, der Reichtum Hollands, das er hatte vernichten wollen, stand ihnen zur Verfügung. Für den durch Erfolg und Schmeichelei verwöhnten, im Gefühl seiner Gottähnlichkeit schwelgenden Monarchen, war es eine unerhörte Demütigung, sich besiegt bekennen und ein Friedensangebot machen zu müssen. Die Gunst dieses großen Augenblicks verscherzten die Alliierten. Ludwig war bereit, nicht nur auf die spanische Erbschaft zu verzichten, sondern auch das Elsaß samt Straßburg zurückzugeben; dagegen bestand er auf einer Schadloshaltung seines Enkels in Italien und weigerte sich, seine Truppen mit denen der Alliierten zu vereinigen, um Philipp, seinen Enkel, aus Spanien zu vertreiben, falls dieser sich weigern sollte, den Frieden anzuerkennen. Es ist nicht verständlich, daß so vorteilhafte Anerbietungen zurückgewiesen, und so unbillige Forderungen erhoben werden konnten. Die Verblendung rächte sich bald.

Die glückliche Lage der Alliierten beruhte auf einem Zusammenschließen allseitiger Anstrengungen und glücklicher Zufälle zu einer ausgereiften Frucht, die sofort hätte gepflückt werden müssen. Während man zögerte, verschoben sich die Umstände. Österreich besaß eine Anzahl tüchtiger Generale, aber doch nur einen Prinz Eugen, der sich hätte in Stücke schneiden müssen, um auf allen Kriegsschauplätzen und an allen Höfen nutzbar zu werden. Auch reiste er nach seinem eigenen Ausdruck wie ein Postillion in Europa herum. Das schlimmste war, daß die Friedenspartei in England allmählich die Überhand gewann. Die eingefleischte Angst der englischen Bevölkerung vor einem stehenden Heer, in dem man nicht mit Unrecht ein Werkzeug des Despotismus sah, verstärkte stets die Gründe, die von den Tories für den Frieden vorgebracht werden konnten. Je mehr die eigentlich englischen Interessen befriedigt waren, desto mehr drang der englische Grundsatz durch, sich nicht in die festländischen Angelegenheiten zu mischen, welcher unter Führung Wilhelms III. zu Gunsten des europäischen Gleichgewichts durchbrochen worden war. In Holland hielt zwar der Ratspensionär Heinsius an Wilhelms Politik fest; aber doch hatte Prinz Eugen Mühe, die Staaten zu dauernder Zahlung der Hilfsgelder anzuhalten. War schon durch den Umschwung der Stimmung in England die Kriegführung gelähmt, so griff vollends im Anfang des Jahres 1711 noch einmal das Schicksal in die Waage: Joseph I. starb erst 32 Jahre alt an den Blattern, ohne einen Sohn zu hinterlassen. Nun kam sein jüngerer Bruder Karl, sein Nachfolger in Österreich und in der Kaiserwürde, als Ansprecher des spanischen Thrones nicht mehr in Betracht: keine europäische Macht hätte das Entstehen eines Reiches geduldet, das dem Karls V. ähnlich gewesen wäre. England gab sofort eine Erklärung in diesem Sinne ab und knüpfte Verhandlungen mit Frankreich an. Marlborough, der auch aus privaten Gründen in die Ungnade des Hofes gefallen war, wurde zurückberufen und sogar der Veruntreuung von Staatsgeldern angeklagt.

Prinz Eugen bereiste die Höfe der Kurfürsten, um für die Kaiserwahl zu sorgen, reiste nach England, um Königin und Parlament für die Fortführung des Krieges zu gewinnen, reiste zum selben Zwecke nach Holland, konnte aber gegen den veränderten Sachverhalt nichts ausrichten. England schloß mit Frankreich einen Frieden ab, der ihm die gewünschten Handelsvorteile in Spanien und Gewinn an Kolonien eintrug. Karl VI., der kein hervorragender Geist, aber selbstbewußt und starrsinnig war und das ihm liebgewordene Spanien nicht aufgeben wollte, setzte den Krieg allein fort, mußte aber die Vergeblichkeit seiner Anstrengungen einsehen. So bezogen denn Prinz Eugen und der Marschall Villars das Schloß von Rastatt, um die Friedensbedingungen festzusetzen. Die beiden berühmten Heerführer, die sich im Felde bekämpft hatten, überhäuften einander mit Artigkeiten, während sie sich Vorteile für die von ihnen vertretenen Länder abzustreiten suchten; die geistige Überlegenheit Eugens brachte einen für Österreich günstigen Frieden zustande. Konnte nicht verhindert werden, daß Spanien im Besitz des Bourbonen Philipp blieb, so fiel doch der kostbarste Teil des spanischen Erbes an Österreich: die spanischen Niederlande, Mailand, Neapel und Sizilien. Nach den großen Siegen Eugens bei Peterwardein und der Eroberung Belgrads in den Jahren 1716 bis 1718 erreichte Österreich den größten Umfang, jedoch nur für kurze Zeit.

Im Spanischen Erbfolgekrieg war eine Verschiebung der Machtverhältnisse zur Vollendung gekommen, deren Ergebnis das Übergewicht Englands im Abendland war. Während des Krieges, im Jahre 1707, hatte sich Schottland, wirtschaftlichem Zwange nachgebend, mit England vereinigt, das sich nunmehr Großbritannien nannte. Die Macht des Staates, die fortwährend zunahm, beruhte auf der Beherrschung des Meeres, den amerikanischen Kolonien und dem Handel. Holland, das vor einigen Jahrzehnten sich durch die Heldentaten seines großen Admirals de Ruyter des englischen Angriffs erwehrt hatte, sank zu einer Macht zweiten Ranges und fast zu einem Anhängsel Englands herab. Kleine föderative Staaten konnten neben den mehr oder weniger zentralisierten Großmächten nur noch eine bescheidene Rolle spielen. Auf dem Festlande blieb Frankreich zunächst noch die ansehnlichste und angesehenste Macht, besonders da Österreichs gewaltiger Aufschwung nachließ und gänzlicher Untergang sogar es bedrohte, allein der innere Schaden, die Verelendung des Volkes war nicht gutzumachen und führte gegen das Ende des Jahrhunderts zu einer Umwälzung, die Europa erschütterte.

Neben dem spanischen Erbfolgekrieg ging im Osten ein Krieg her, der auch dort eine neue Ordnung der Dinge herbeiführte: in den Kreis der alten Mächte trat eine neue, schreckhaft gewaltige, und eine andere, die im Dreißigjährigen Kriege erstarkt und weit vorgedrungen war, Schweden, wurde entscheidend geschwächt und mußte aus der Reihe der die Geschicke Europas bestimmenden Staaten scheiden.


 << zurück weiter >>