Horaz
Oden
Horaz

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27. An Galatea.

            Frevler leit' unselig der Schreier Grünspecht,
Leit' ein Hund schwerwandelnd mit Frucht, die Füchsin,
Welche warf, und. rennend vom Lanuviner-
        Felde, die Wölfin.
Eine Schlang' auch hemme des Weges Fortgang,
Wenn sie schnell seitwärts wie ein Pfeil daherschießt
Und die Rößlein schreckt. Doch wem ich bekümmert
        Spähe die Vorschau,
Werd' ich, eh' zum stehenden Sumpf der Vogel
Wiederkehrt, der nahenden Guß herabkrächzt,
Durch Gebet aufrufen des Raben Deutungs-
        Stimme vom Ausgang.
Lebe wohl. wo lieber du auch es wünschest;
Eingedenk nur bleib' Galatea, meiner,
Störe nicht dein Scheiden ein linker Specht noch
        Flatternde Krähen.
Doch du schaust, mit welchem Tumult Orion
Dort zum Absturz eilt. O ich weiß, was ansagt
Hadrias tiefdunkelnde Bucht, was heiter
        Brütet Japyx!
Ha der Feind' Eh'weiber vielmehr und Kinder
Treffe blind herzuckende Wut des Auster,
Wann geschwärzt aufbrauset das Meer und dumpfem
        Schlage der Strand bebt.
So vertraut' Europa dem argen Stier einst
Ihren Marmorwuchs, bis umher Gewimmel
Grauser Meerscheusal' und Betrug erblassend
        Schaute der Kühne.
Eben noch um Blumen der Au geschäftigt
Und den Kranz Feldnymphen zum Danke windend,
Sah sie jetzt in dämmernder Nacht nur Sterne
        Rings und Gewässer.
Als sie Kreta nun, das Gebiet der hundert
Städt' erreicht: O Vater, entweiht ist deiner
Tochter Nam'; ihr frommes Gefühl, begann sie,
        Tilgte der Wahnsinn!
Ach woher doch kam ich? wohin? Nur ein Tod
Ist zu leicht jungfräulicher Schuld! Bewein' ich
Wach der Schand' Abweg? Ist genaht der Fehler-
        reinen ein Trugbild,
Das vom Thor anschwebend des Elfenbeines
Mir den Traum herführt? Wie erschien's doch besser
Durch der Meerflut Räume zu gehn, als frische
        Blumen zu pflücken?
Wenn den ruchlos schaltenden Stier doch einer
Meinem Zorn darböte; mit Stahl zerfleischt' ich
Ihm den Leib, ab räng' ich das Horn dem jüngst so
        Teueren Untier!
Ich (o schamlos!) floh die Geschlechtspenaten,
Ich (o schamlos!) säume den Tod! Du Gottheit.
Die noch anhört, laß mich entblößt einhergehn
        Unter den Bergleun!
Ehe noch vor hagerem Gram der Anmut
Volle Wang' einsinkt, und der zarten Beute
Jugendsaft wegdorrt, in der Schönheit möcht' ich
        Weiden die Tiger!
Fern auch drängt, Ehrlose, der Grimm des Vaters;
Stirb, Europa! Säumst du? Da ragt die Esche,
Wo der Gurt abschwebend, der wohl dir folgte,
        Leicht dich erdrosselt!
Oder reizt Felshang und zum Mord gezacktes
Steingeklipp dich mehr, o wohlan, vertraue
Raschem Sturmwind dich, wo im Frohn nicht lieber
        Wolle du abspinnst,
Königsblut, und schmählich wie Nebengattin
Dienst dem Barbarweib. In der Klag' erschien ihr
Venus, falsch anlächelnd, zugleich mit schlaffem
        Bogen Cupido.
Satt der Spottred' endlich: O laß doch, sprach sie,
Deinen Zorn ausruhn und die Glut des Haders,
Bis der unwillkommene Farr zum Stümmeln
        Dir das Gehörn reicht.
Weißt du nicht, Zeus Gattin zu sein, des Herrschers?
Hemme doch dein Schluchzen und lern' ertragen
Großes Glück anständig; von dir empfäht einst
        Namen ein Weltteil!

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